Bundesfinanzrahmen 2016 bis 2019
 und Bundesvoranschlag 2016

 

erstellt am
14. 12. 15
11:00 MEZ

Große Herausforderungen für die Budgetpolitik durch Steuerreform, Zukunftsinvestitionsbedarf und Konsolidierungsvorgaben
Wien (wifo) - Die Einnahmen des Bundes steigen laut Bundesfinanzrahmen zwischen 2014 und 2019 von 71,5 Mrd. € auf 79,3 Mrd. € (im Jahresdurchschnitt +2,1%), die Ausgaben des Bundes von 74,7 Mrd. € 2014 auf 80,3 Mrd. € 2019 (+1,5% p. a.). Die Bruttosteuereinnahmen des Bundes erhöhen sich von 78,5 Mrd. € 2014 auf 90,5 Mrd. € 2019 (+2,9% p. a.), die Nettosteuereinnahmen (Bruttosteuereinnahmen nach Abzug der Ertragsanteile von Bund und Ländern sowie der EU-Anteile) von 47,5 Mrd. € 2014 auf 54,6 Mrd. € (2014/2019 +2,8% p. a.). Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit erscheinen die Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik relativ eng budgetiert; auch könnten die Bankenhilfen 2016 höher ausfallen als geplant. Das Defizit fiele 2016 auch höher aus, falls das angestrebte Volumen der Maßnahmen zur Gegenfinanzierung der Einnahmenausfälle aus der Steuerreform 2015/16 verzögert realisiert werden sollte. Vor diesem Hintergrund und auch, um verstärkt in wichtige Zukunftsbereiche investieren zu können, sollte die Umsetzung von Effizienzreformen im öffentlichen Sektor forciert werden.

Vor Ausbruch der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/09 wurde die Schuldenquote des Staates auf 64,8% des BIP im Jahr 2007 gesenkt; gemäß den aktuellen Budgetplanungen erreicht sie 2015 ihren bisher höchsten Wert mit 86,5% des BIP und sinkt in der Folge bis 2019 auf knapp unter 80% des BIP. Die Revision des Europäischen Systems Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 2010) im Herbst 2014 erhöhte die Schuldenquote um mehrere Prozentpunkte (2010 +10% des BIP, 2014 +7,3% des BIP); dieser Effekt wirkt auch in den nächsten Jahren fort. Die Bankenhilfen bewirken eine Steigerung der Schuldenquote 2014 um 8,7 Prozentpunkte, 2015 um 10,5 Prozentpunkte und 2016 um 9,8 Prozentpunkte.

Langfristig nehmen die wichtigsten Transferausgaben des Bundes nicht nur absolut, sondern auch in Relation zu den Gesamtausgaben zu (2000: 33,2%, 2016: 45,7% der Gesamtausgaben des Bundes). Mit +3,8% p. a. wuchsen sie seit 2000 mehr als doppelt so rasch wie die Gesamtausgaben des Bundes (+1,8% p. a.). Die Ausgabendynamik ließ aber in den letzten Jahren etwas nach (2010/2016 +3% p. a.).

Die Bankenhilfen erhöhten in allen Jahren seit 2009 den Finanzierungssaldo in Maastricht-Abgrenzung, am stärksten 2014 (5.103 Mio. € oder 1,5% des BIP). Kumuliert ergibt sich bis Ende 2014 ein defiziterhöhender Effekt von 11.195 Mio. €. Zwar verbuchte der Bund in allen Jahren auch Einnahmen, sie blieben aber teilweise merklich unter den Ausgaben. Einschließlich der Einnahmen aus der Bankenabgabe ergibt sich lediglich im Jahr 2011 ein per Saldo defizitsenkender Effekt. Die Bankenhilfen betreffen das strukturelle Defizit nicht, da sie als Einmalmaßnahmen klassifiziert werden. Der Bruttoschuldenstand wurde hingegen Ende 2014 durch die Bankenhilfen um insgesamt 28.667 Mio. € (8,7% des BIP) erhöht.

Die Steuerreform 2015/16 setzt einen wichtigen Schritt zur Entlastung der Arbeitseinkommen. Die Gesamtbelastung vor allem der niedrigen und mittleren Einkommen der unselbständig Beschäftigten durch die Lohnsteuer, insbesondere aber auch durch Sozialversicherungsbeiträge bleibt aber hoch, ebenso die lohnbezogenen Arbeitgeberabgaben. Zur Verbesserung der Wachstums- und Beschäftigungsfreundlichkeit, der ökologischen Nachhaltigkeit und verteilungspolitischen Ausgewogenheit des Abgabensystems wären somit weitere Schritte zur Verlagerung der Abgabenlast vom Faktor Arbeit zu Umweltsteuern sowie vermögensbezogenen Steuern (vor allem Erbschafts-und Schenkungssteuer sowie Grundsteuer) zu setzen. Mit Mehreinnahmen aus dem weiteren Abbau von Ausnahmen in der Einkommen- und der Umsatzsteuer, einschließlich ökologisch kontraproduktiver Steuerbegünstigungen, könnten nominelle Steuersätze gesenkt und gleichzeitig das Steuersystem einfacher und transparenter gemacht werden. Parallel zur Verbesserung der Abgabenstruktur ist der Budgetspielraum zu schaffen, der mittelfristig auch eine Senkung der überdurchschnittlichen Abgabenquote ermöglicht.

Der Bundesvoranschlag 2016 weist aufgrund einiger Unwägbarkeiten Budgetrisiken nach oben auf. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit erscheinen die Ausgaben für die Arbeitsmarktpolitik relativ eng budgetiert; auch könnten die Bankenhilfen 2016 höher ausfallen als geplant. Das Defizit fiele auch höher aus, falls das angestrebte Volumen der Maßnahmen zur Gegenfinanzierung der Einnahmenausfälle aus der Steuerreform 2015/16 kurzfristig nicht erreicht werden sollte. Ambitioniert erscheinen insbesondere die Erwartungen zu den Einnahmen aus der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Sozialbetrug, deren volle Realisierung bereits 2016 einer gewissen Unsicherheit unterliegt. Wie die erwarteten Einsparungen von 1,1 Mrd. € (Bund 0,7 Mrd. €, davon 0,5 Mrd. € in der Verwaltung und 0,2 Mrd. € im Bereich der Förderungen; Bundesländer 0,4 Mrd. €) konkret zu erzielen sind, ist noch offen.

Eine gewisse Unsicherheit birgt auch die weitere Zinssatzentwicklung für die (Re-)Finanzierung der Staatsschuld.

Schwierig zu prognostizieren sind die Mehrausgaben für die Flüchtlingshilfe. Die mittelfristige Budgetbelastung wird auch davon abhängen, wie erfolgreich zugewanderte Personen in das (Aus-)Bildungssystem sowie in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Die Aufstockung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit, die in den letzten Jahren de facto stagnieren, hat in diesem Zusammenhang an Dringlichkeit gewonnen.

Die Erreichung eines strukturell nahezu ausgeglichenen Haushaltes setzt schließlich auch die Umsetzung der Konsolidierungsmaßnahmen der vergangenen Jahre im geplanten Umfang voraus (insbesondere Ausgabendämpfung im Gesundheitswesen, Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters).

Angezeigt ist möglichst bald eine Evaluierung der bisher gesetzten Konsolidierungsmaßnahmen: Insbesondere sollte unverzüglich das seit längerem angekündigte Pensionsmonitoring umgesetzt werden. Zudem steht eine Überprüfung des Umsetzungsstandes der 2013 beschlossenen Gesundheitsreform an, die den Ausgabenpfad bis 2016 mit ausgabendämpfenden Maßnahmen im Umfang von insgesamt 3,4 Mrd. € (Bundesländer 2,1 Mrd. €, Sozialversicherungsträger 1,4 Mrd. €) deckeln und den Anstieg der öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) bis 2016 an das zu erwartende nominelle Wirtschaftswachstum heranführen soll.

Nicht zuletzt sind im öffentlichen Sektor weitere Maßnahmen zur Reform der Budgetstruktur erforderlich, um Spielräume für die erforderliche Ausweitung der Investitionen in Zukunftsbereiche und längerfristig für eine Senkung der auch nach der Steuerreform überdurchschnittlich hohen Abgabenquote zu schaffen. Dies betrifft insbesondere die überfällige Reform des österreichischen Föderalismus, die in den laufenden Verhandlungen über eine Nachfolgevereinbarung zum bis Ende 2016 befristeten aktuellen Finanzausgleich forciert werden sollte. Überfällig ist aber auch eine umfassende Reform des Fördersystems, das von Mehrgleisigkeiten geprägt ist und in dem klare Ziele und regelmäßige Evaluierungen fehlen.

Eine wichtige Aufgabe der Budgetpolitik ist es, Spielraum für eine weitere Ausweitung von Zukunftsinvestitionen zu schaffen. Auf der Grundlage des aktuellen Ausgabenpfades sowie der gesetzten steuerlichen Anreize ist etwa eine Erreichung des Zieles der Regierung, die Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf 3,76% des BIP im Jahr 2020 zu erhöhen, unwahrscheinlich. Auch das Ziel, bis 2020 2% des BIP für den tertiären Bildungsbereich auszugeben, kann auf der Basis der aktuellen Ausgabenpläne kaum erreicht werden. Im Bildungsbereich bleibt 2016 die strukturelle Unterfinanzierung bestehen. Die seit 2008 verfolgte Initiative des Bundes zum Ausbau der Betreuungskapazitäten insbesondere für die unter Dreijährigen und in der schulischen Nachmittagsbetreuung ist ebenfalls fortzuführen und zu verstärken: Zwar stieg die Betreuungsquote (einschließlich Tageseltern) von 16,1% im Jahr 2008 inzwischen auf 25,9% und wird 2017 voraussichtlich das Barcelona-Ziel von 33% erreichen. Doch bestehen auch dann noch quantitative und qualitative Defizite, wie auch im Bereich der schulischen Nachmittagsbetreuung.

 

 

 

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