Nationalrat setzte sich mit Asylfragen auseinander

 

erstellt am
18. 03. 16
11:00 MEZ

Abgeordnete warnen vor Blankoscheck für die Türkei – Frauen auf der Flucht bedürfen besonderen Schutzes – Rücknahme von Flüchtlingen: Nationalrat fordert mehr Druck auf Herkunftsländer
Wien (pk) - Europa darf der Türkei keine Zugeständnisse bezüglich Visaerleichterung und EU-Beitritt machen. Im Vorfeld des Brüsseler Flüchtlingsgipfels warnten die Abgeordneten im Nationalrat am 17.03. vor einer Aufweichung der europäischen Haltung gegenüber Ankara in Sachen Menschenrechte, waren aber uneins über das nunmehrige Vorgehen. Während die Regierungsparteien nach wie vor von einer Lösung mit der Türkei ausgingen, dabei aber von einem "schwierigen Partner" sprachen, stieß dies auf Skepsis und Ablehnung bei der Opposition. Die Freiheitlichen deponierten einmal mehr ihre Forderung nach einer Sperre der EU-Außengrenze, die Grünen hingegen drängten auf eine europäische Lösung des Flüchtlingsproblems und kritisierten nationale Alleingänge. Grundlage der Debatte war dabei der Bericht über die EU-Jahresvorschau in der Außenpolitik, der neben der Flüchtlingsfrage auch Themen wie Brexit oder die EU-Erweiterung behandelt und mit den Stimmen der Regierungsparteien und der NEOS zur Kenntnis genommen wurde.

Thema im Plenum waren heute aber auch Krisenherde in Afrika, wobei die Abgeordneten jeweils mit großer Mehrheit zu einer friedlichen Lösung des blutigen Konflikts in Burundi aufriefen und darüber hinaus ein entschlossenes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt in bewaffneten Auseinandersetzungen – so etwa in der Demokratischen Republik Kongo – forderten.

SPÖ: Türkei ist schwieriger Partner für Verhandlungen in der Flüchtlingsfrage
Ein schwieriger Partner sei die Türkei, gab Hannes Weninger (S) zu bedenken. Wenn die Europäische Union ihre Außengrenze sichern und die Flüchtlingsströme einschränken will, dann muss sie aber mit Ankara verhandeln. Dies dürfe aber nicht dazu führen, dass Europa seine politischen Standpunkte in entscheidenden Fragen wie etwa den Menschenrechten aufweicht. Bei der Erforschung des Mars funktioniere die Europäische Zusammenarbeit sehr gut, dies sollte nun Ansporn sein, auch auf anderen Gebieten wieder erfolgreich zu handeln, leitete Weningers Fraktionskollegin Christine Muttonen zum Thema Europäische Integration über. Die außenpolitische Sprecherin der SPÖ erwartet sich dabei vor allem ein stärkeres Engagement der Union, um einen neuen Rahmen für die wirtschaftlichen Beziehungen mit Russland zu finden und damit zur Entspannung in der Region beizutragen. Für Josef Cap wiederum stellen der griechische Schuldenschnitt und Brexit neben der Migrationskrise existentielle Herausforderungen der EU dar. Er appellierte an die Bundesregierung, sich gestaltend einzubringen und bemerkte überdies, das nationale Element könnte in Zukunft stärker an Bedeutung gewinnen, ohne dass man dabei das Gemeinsame der EU verlassen muss.

ÖVP gegen Blankoscheck an Ankara
Vorsicht ist bei der Kooperation mit der Türkei auch nach Einschätzung von Reinhold Lopatka (V) geboten. Ankara dürfe kein Blankoscheck für Visaerleichterungen und EU-Beitritt ausgestellt werden, warnte der ÖVP-Klubobmann und fügte dabei die Mahnung an, die Menschenrechtslage nicht außer Acht zu lassen. In der Flüchtlingsfrage ist Europa noch nicht in die Gänge gekommen, befand Nikolaus Berlakowich (V). Nationale Maßnahmen seien sinnvoll und notwendig, um der Politik des Durchwinkens von Flüchtlingen ein Ende zu bereiten. Handlungsbedarf ortete der ehemalige Umweltminister aber auch beim Klimaschutz, gelte es doch, Vorsorge gegen weitere Migrationsströme zu treffen.

FPÖ für Sicherung der Außengrenzen
Namens der FPÖ sprach Reinhard Eugen Bösch dem Bundeskanzler in der Flüchtlingspolitik jegliche Glaubwürdigkeit ab und bezeichnete den Umschwung Faymanns als "Wendehalspolitik". Solange die EU ihrer Verpflichtung, die Außengrenzen zu sichern, nicht nachkommt, müssten die Nationalstaaten Maßnahmen setzen. Die Willkommenskultur bezeichnete Bösch als den falschen Weg. Vielmehr gehe es darum, den Menschen klarzumachen, dass eine illegale Einwanderung in die EU nicht mehr möglich ist. Andreas Karlsböck (F) wandte sich der Außenkomponente im Wissenschaftsbereich zu und kritisierte fehlende Inländerbevorzugung beim Studienzugang in Österreich. Es wäre an der Zeit, zumindest Ausgleichszahlungen zu verlangen, meinte er und forderte Österreich auf, sich am Vorbild Großbritanniens zu orientieren und seine Interessen in der EU mit mehr Nachdruck zu verfolgen. Jessi Lintl (F) wiederum mahnte mehr Integrationswillen bei den MigrantInnen ein und brachte die muslimischen Kindergärten zur Sprache. Das Integrationsministerium habe als Kontrollorgan total versagt, stellte sie fest.

Grüne fordern Rückkehr zu europäischen Lösungen
Schwere Bedenken gegen das einseitige Handeln Österreichs in der Flüchtlingskrise meldeten die Grünen an. Die Schließung der Grenzen an der Balkan-Route sei bloß innenpolitisch motiviert gewesen, zeigte sich Tanja Windbüchler-Souschill überzeugt, die im Vorgehen der Bundesregierung eine Abkehr von der österreichischen Politik des Dialogs und des Brückenbauens sah. Heftig kritisierte sie auch Einschränkungen bei der Dotierung des World Food Programms für Hilfe vor Ort in Syrien, wobei sie bemerkte, man könne nicht die Grenzen schließen und gleichzeitig die Menschen in Syrien hungern lassen. Ihr gemeinsam mit den NEOS eingebrachter Antrag auf sofortige Erhöhung der Beiträge um mindestens 5 Mio. € blieb bei der Abstimmung allerdings in der Minderheit. Alev Korun zweifelte an der Verfassungskonformität der Asylobergrenze und sprach kritisch von einem "Grenzen-Zu-Domino", das nun dazu geführt habe, dass Flüchtlinge im Schlamm von Idomeni leben müssen. Sie forderte die Bundesregierung auf, ihre Linie zu überdenken und wieder zu einer gemeinsamen europäischen Politik zurück zu kehren.

NEOS gegen weitere Ausnahmen für Großbritannien
Christoph Vavrik von den NEOS griff das Thema Brexit auf und wandte sich gegen die weitere Gewährung von Ausnahmen für Großbritannien. Besser wäre es gewesen, die EU tiefgreifend zu reformieren und näher an ihre BürgerInnen zu bringen. Stattdessen habe man aber unter dem Druck Londons die Freizügigkeit der EU eingeschränkt und die Idee einer engeren Zusammenarbeit in der Union aufgegeben. Möglicherweise wäre einem Schrecken ohne Ende mit Großbritannien ein Ende des Schreckens ohne das Königreich vorzuziehen, fasste Vavrik seinen Unmut über die Politik David Camerons zusammen.

Team Stronach pocht auf Rücknahmeabkommen
Christoph Hagen vom Team Stronach klagte, die Abschiebung nach einem negativen Asylbescheid funktioniere derzeit nicht. Er drängte auf den Abschluss von Abkommen zur Rücknahme von Flüchtlingen und schlug im Übrigen vor, abgeschobene MigrantInnen in eigens eingerichtete Camps in Nordafrika zu überstellen.

Konfliktherde Burundi, Kongo: Nationalrat schlägt Alarm
Die blutigen Auseinandersetzungen in Burundi und in der Demokratischen Republik Kongo sind auch für den Nationalrat Handlungsauftrag. Auf Basis eines Antrags der Regierungsparteien, der auch von FPÖ und Team Stronach unterstützt wurde, appellierten die Abgeordneten an Außenminister Kurz, sich auf internationaler Ebene für eine gewaltfreie Verhandlungslösung zwischen den burundischen Konfliktparteien einzusetzen. Eine Initiative der Grünen war wiederum Ausganspunkt für einen einstimmig angenommenen Aufruf der Regierungsparteien, in dem unter Hinweis auf Massenvergewaltigungen im Kongo ein vehementes Vorgehen gegen sexuelle Gewalt in bewaffneten Konflikten gefordert wird.

In den gegenwärtigen Konflikten ist es gefährlicher, eine Frau zu sein als ein Soldat, brachte Christine Muttonen (S) die Brisanz und Dramatik der Lage in den Kampfgebieten auf den Punkt und verurteilte ebenso wie Claudia Durchschlag (V), Carmen Schimanek (F), Tanja Windbüchler-Souschill (G) und Christoph Hagen (T) den Einsatz von sexueller Gewalt als Kriegsinstrument. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen wandte sich aber dagegen, die Aussetzung von EZA-Geldern als Sanktion anzudrohen und stimmte mit ihrer Fraktion gegen den Antrag betreffend Burundi. Ihre Initiative, nur jene Entwicklungsgelder auszusetzen, die direkt an die Behörden fließen, fand keine Mehrheit. Namens der FPÖ wies Andreas Karlsböck auf österreichische Wirtschaftsinteressen im Kongo hin und gab zu bedenken, die Rebellen im Kongo seien bereits zurückgedrängt worden, der Antrag sei "schlecht recherchiert".

   

Asylfragen standen nach einer heftigen außenpolitischen Debatte auch im Zentrum vom Menschenrechtsblock der Nationalratssitzung. Eine Forderung der NEOS nach einem nationalen Asyl-Aktionsplan fand zwar keine Mehrheit, dafür gab es einstimmigen Zuspruch zum Aufruf sämtlicher Parteien, die Bundesregierung solle verstärkt für flüchtende Frauen und Kinder aktiv werden.

Forderung nach nationalem Asyl-Aktionsplan abgelehnt
Angesichts der großen Zahl an AsylwerberInnen in Österreich fordern die NEOS einen konkreten Plan von der Regierung, um langfristig Unterbringung und Integration von Flüchtlingen sowie die Finanzierung der notwendigen Maßnahmen zu gewährleisten. Antragsteller Nikolaus Scherak (N) gestand Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zwar zu, schon lange vor Einsetzen der Flüchtlingsbewegungen nach Österreich die damit verbundenen Herausforderungen vorhergesagt zu haben, aber auf weitgehend taube Ohren gestoßen zu sein. Er kritisierte jedoch massiv das Krisenmanagement der Regierung, als dann tatsächlich die ersten großen Gruppen Asylwerbender in Österreich angekommen sind. Auch wenn die Unterbringung der Schutzsuchenden nun besser funktioniere als noch letzten Sommer, meinte Scherak, immer noch würden die Bundesländer ihre Unterbringungsquoten nicht erfüllen. Nicht einmal dort, wo die föderale Zuständigkeit seitens der Grünen verwaltet werde. Bundesweite Vorgaben in diesem Bereich sind für Scherak folglich höchst an der Zeit.

Bestätigt wurde Scherak von Alev Korun (G), die ebenfalls einen Masterplan für Asyl einforderte, um Bund, Ländern und Gemeinden eine rechtliche Grundlage für eine funktionierende Flüchtlingspolitik zu geben. Immerhin seien viele Schutzsuchende weiterhin in Zwischenquartieren untergebracht, ungeachtet des großen Engagements vieler BürgermeisterInnen bei der Flüchtlingsbetreuung, für das sich Korun ausdrücklich bedankte; das sie im gleichen Atemzug aber sämtlichen Gebietskörperschaften empfahl. "Bemühen wir uns gemeinsam mehr, denn diese Herausforderung ist nur gemeinsam zu meistern".

Eine andere Bewertung der Situation erfolgte durch die ÖVP-Mandatare Georg Vetter und Johann Rädler. Sie bezeichneten den NEOS-Antrag als überholt, denn die Regierung habe in den letzten Monaten vom Durchgriffsrecht des Bundes zur Flüchtlingsversorgung über die Bereitstellung von Mitteln für Integrationsmaßnahmen bis hin zur Festlegung einer Aufnahme-Obergrenze und des Grenzmanagements zahlreiche zielführende Maßnahmen gesetzt. Nicht zuletzt zum Erhalt der öffentlichen Ordnung. Rädler räumte allerdings ein, auf einige Gemeinden müsse man noch mehr Druck ausüben, um sie zur Aufnahme von Flüchtlingen zu bewegen.

Die SozialdemokratInnen Nurten Yilmaz, Ulrike Königsberger-Ludwig und Harry Buchmayr lehnten Scheraks Vorstoß ebenfalls nicht aus inhaltlichen Gründen ab, sondern da die Forderungen zur Wohnraumbeschaffung und Bereitstellung finanzieller Mittel "schon auf Schiene sind", wie Yilmaz betonte. Auch wenn es nach wie vor noch Gemeinden gebe, die keinen einzigen Flüchtling aufgenommen haben, sei zu beachten, dass die gesetzliche Grundlage dafür bereits besteht. Um "positive Meinungsbildung" in den Gemeinden und eine europäische Lösung mit einem anderen Aufnahmeregime als dem Dublin-System warb Königsberger-Ludwig, um eine solidarische Aufteilung der AsylwerberInnen in Österreich und der EU zu erreichen. Rasche humanitäre Hilfe in der Krisenregion und an der griechisch-mazedonischen Grenze, wo derzeit unzählige Flüchtende gestrandet sind, mahnte sie überdies ein. Buchmayer nutzte seine Wortmeldung dafür, Klubobmann Robert Lugar (T) den Rücktritt nahezulegen, nachdem dieser gestern im Plenum einen Vergleich zwischen "Neandertalern" und Flüchtlingen gezogen hatte.

Ein Aktionsplan sei nötig, um das bestehende "Asylchaos" abzuarbeiten, nahm FPÖ-Abgeordneter Günther Kumpitsch (F) wiederum direkt Bezug auf den Debattengegenstand. Die Anliegen der NEOS haben sich seiner Meinung nach inzwischen erübrigt. Er gab die Verantwortung für die aktuelle Situation vor allem der deutschen und der österreichischen Bundesregierung, wenn auch letztere nun eine Richtungsänderung vollzogen habe. Keinesfalls dürfe Fremden, die nur aus ökonomischen Gründen in Europa um Asyl ansuchen, Schutz gewährt werden, unterstrich der Freiheitliche. Kumpitschs Argumentationslinie schloss sich der fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid nur insoweit an, als dass auch er "Wirtschaftsflüchtlingen" keinesfalls Asylrecht zugesteht. Tatsächlich aber brauche die Republik schon zum Erhalt von Wohlstand und Beschäftigung ein klares Konzept zur Integration von MigrantInnen, gewann Schmid dem NEOS-Antrag durchaus Positives ab – zumal die Europäische Union im Asylmanagement offenbar völlig versage.

Frauen auf der Flucht: Gemeinsamer Auftrag an die Bundesregierung
Schutz- und Hilfsmaßnahmen für die Frauen beziehungsweise Kinder unter den Schutzsuchenden, die Opfer von Menschenhandel, Missbrauch oder anderen Formen von geschlechtsspezifischer Gewalt geworden sind, ist allen Frauensprecherinnen im Nationalrat ein Anliegen. Dabei sehen sie nicht nur das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR gefordert, das die Sicherheit und adäquate Versorgung für Frauen in Flüchtlingslagern sicherstellen soll. Auch die österreichische Bundesregierung habe im Rahmen der Unterstützung humanitärer Hilfsprogramme die Situation und Bedürfnisse von Frauen speziell zu berücksichtigen. Weiters sei auf die Einhaltung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul Konvention) zu achten, heißt es in einem Allparteien-Entschließungsantrag.

Konsens besteht unter den Antragstellerinnen Gisela Wurm (S), Dorothea Schittenhelm (V), Carmen Schimanek (F), Aygül Berivan Aslan (G), Claudia Angela Gamon(N) und Martina Schenk (T), die aktuellen Konflikte und die davon ausgehende Flüchtlingsbewegung erhöhen das Risiko für Frauen, Opfer von Gewalt oder Diskriminierung zu werden. "Frauen und Kinder benötigen einfach mehr Schutz", besonders auf der Flucht, erklärte Schimanek und verwies auf die Situation in türkischen Lagern, wo syrische Frauen und Mädchen "als Zweit- und Drittfrau" verkauft würden, was auch Schenk ansprach. Missbrauch von Frauen und Kindern unter Asylwerbenden ist den beiden Politikerinnen zufolge mittlerweile sogar in der Europäischen Union Realität.

Schittenhelm verdeutlichte die Dringlichkeit des überparteilichen Antrags mit dem Beispiel einer jungen Asylwerberin, die sagte: "Ich habe Angst davor, verrückt zu werden", und aus Furcht vor Übergriffen kaum zu schlafen wage. Alleinreisende Frauen, egal welchen Alters, seien auf den Flüchtlingstrails extrem gefährdet, meinte die ÖVP-Mandatarin. Da derzeit der Großteil der Flüchtlinge weiblich sei, brauche es verstärkt Maßnahmen wie die bereits begonnenen Schutzinitiativen von UNHCR und dem heimischen Innenministerium. Die Mehrfachdiskriminierung und Gewalt, denen Frauen auf Fluchtrouten ausgesetzt sind, machte Wurm in ihrer Wortmeldung augenscheinlich. Auf gesetzgeberischer Ebene lobte sie in diesem Zusammenhang, dass Österreich mehrere UN-Abkommen zum Schutz von Frauen in Krisenherden ratifiziert hat, wobei sie wie Aslan das Mitwirken von Frauen an Friedensprozessen als entscheidend hochhielt. Die Grünen-Mandatarin warf grundsätzlich weiten Teilen der Politik vor, durch eine Abschottungspolitik die Lage in Kriegsgebieten lange missachtet zu haben, worunter Frauen und Mädchen besonders litten. Exemplarisch nannte sie die von der afrikanischen Terrororganisation Boko Haram entführten Schülerinnen sowie die Christinnen und Yesidinnen, die der Terrormiliz IS zum Opfer gefallen sind. "Hätte die internationale Gemeinschaft viel früher reagiert, wären Tausende von Frauen und Mädchen heute noch am Leben". Gamon verlangte, die Forderungen im Allparteienantrag mit tatsächlichen Taten zu erfüllen, gerade in finanzieller Hinsicht. Menschenhandel und Ausbeutung dürften in Europa nicht länger zugelassen werden, weswegen legale Einreisemöglichkeiten für Asylsuchende unumgänglich seien, folgerte sie.

Franz Leonhard Eßl (V) und Andrea Gessl-Ranftl (S) bekräftigten, Frauen und Kinder bildeten die schutzbedürftigste Gruppe unter den Flüchtlingen. Wie ihre Fraktionskollegin Petra Bayer führte Gessl-Ranftl Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe sowie Zwangsprostitution als gängige Gefahren an, mit denen weibliche Flüchtlinge konfrontiert sind. Abgesehen vom Schutz davor benötigten Frauen in den Flüchtlingsunterkünften aber auch entsprechende sanitäre und psychologische Betreuung. Der Anteil an Schwangeren in der Flüchtlingspopulation sei ebenfalls zu bedenken, wenn es um die medizinische Versorgung von Flüchtlingen geht, so Bayer.

Deutlich plädierte Eßl angesichts der Gefahrenquellen für Frauen auf der Flucht für ein internationales Entgegensteuern, weil die Flüchtlingsfrage letztlich ein globales Problem darstelle. Abgesehen davon gab er zu verstehen, Hilfe in Form von Asyl könne nur jenen zukommen, die tatsächlich an Leib und Leben bedroht sind.

 

 

Rücknahme von Flüchtlingen: Nationalrat fordert mehr Druck auf Herkunftsländer

Mit zwei Entschließungen endete der umfangreiche außenpolitische Block der Nationalratssitzung. Zum einen sprachen sich die Abgeordneten mehrheitlich dafür aus, den Druck auf die Herkunftsländer von Flüchtlingen zu erhöhen, um die Rückführung von MigrantInnen ohne legales Bleiberecht in Österreich sicherzustellen. Im an die Regierung gerichteten Appell ist von Anreizsystemen und Sanktionsmechanismen die Rede. Außerdem drängen die ParlamentarierInnen darauf, das Mandat für den UN-Sonderberichterstatter zur Menschenrechtslage im Iran zu verlängern. Gerade vor dem Hintergrund der Aufhebung der Sanktionen und der Umsetzung der Atomvereinbarung sei es notwendig, besonderes Augenmerk auf die tagtäglichen massiven Menschenrechtsverletzungen im Iran zu legen, schloss sich die Mehrheit der MandatarInnen einer Initiative der Grünen an.

FPÖ will EZA-Leistungen an Kooperation bei Abschiebungen knüpfen
Grundlage für die Diskussion über die oft schwierige Rückführung illegal in Österreich eingereister MigrantInnen und abgelehnter AsylwerberInnen in ihr Heimatland bildete ein Antrag der FPÖ. Geht es nach Abgeordnetem Andreas Karlsböck, sollen künftig nur noch jene Länder Mittel aus dem Topf der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) erhalten, die sich bereit erklären, ihre aus Österreich ausgewiesenen StaatsbürgerInnen unverzüglich und bedingungslos zurückzunehmen. Derzeit würden die meisten außereuropäischen Abschiebungen an der mangelnden Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer scheitern, verweist er auf Informationen aus dem Innenministerium.

Aus den meisten Ländern, die Gelder aus der österreichischen EZA erhalten, kämen kaum Flüchtlinge nach Österreich. Daher sei es nicht zu unterstützen, bei den ärmsten der Armen zu sparen, so Harald Troch (S). Vielmehr sei auf bestimmte Länder, aus denen markante Flüchtlingsströme kommen, Druck auszuüben, argumentierte der Abgeordnete im Sinne eines vom Außenpolitischen Ausschuss empfohlenen alternativen Entschließungstext es, der allgemein auf Anreize und Sanktionen abzielt. Eine Kürzung der EZA-Gelder führe zu einer Vergrößerung der wirtschaftlichen Unterschiede zwischen der EU und den betroffenen Entwicklungsländern, argumentierte Anton Heinzl (S) und sprach sich für Kooperationen auf Augenhöhe aus. Für Fraktionskollegin Petra Bayr war es unverständlich, arme Menschen für die Unwilligkeit ihrer Regierungen zu bestrafen. Der Druck müsse auf völkerrechtlicher Ebene ausgeübt werden, die EZA sei dafür das falsche Mittel.

Ziel der Entwicklungszusammenarbeit sei die Bekämpfung von Armut in bestimmten Ländern, machte Alev Korun (G) aufmerksam und trat dafür ein, diese nicht durch Erpressung von Rückübernahmen ihrem Zweck zu entfremden. Zudem äußerte sie die Befürchtung, dass es durch Kürzung der Gelder zu einem "Bumerang-Effekt" komme. Die Armut in den betroffenen Ländern werde steigen, wodurch die Menschen sich zur Abwanderung entschließen.

Korrupte Regime mit Milliardenbeträgen zu unterstützen, sei keine Hilfe für die Bevölkerung dieser Länder, wandte Christoph Vavrik (N) ein. Aus diesem Grund ist es seiner Ansicht nach notwendig, Entwicklungszusammenarbeit an politische Forderungen zu koppeln um dadurch die Einhaltung internationaler Abkommen zu erzielen. Dies gelte jedoch nicht für humanitäre Hilfe, die von der EZA zu unterscheiden ist. Außenminister Sebastian Kurz solle sich für den Abschluss von Rückführabkommen einsetzen, um ausreichend Platz für tatsächlich schutzbedürftige Menschen zu schaffen, bekräftigte Franz-Joseph Huainigg (V). In diesem Sinne seien Anreize für Entwicklungszusammenarbeit zu setzen und jene Staaten zu sanktionieren, die nicht kooperationsbereit sind.

Für das Anliegen der FPÖ verwehrten SPÖ, ÖVP und Grüne ihre Zustimmung. Stattdessen nahmen die Abgeordneten den vom Außenpolitischen Ausschuss empfohlenen Entschließungstext mit den Stimmen der Regierungsparteien, NEOS und Team Stronach an. Der FPÖ gingen die Bestrebungen nicht weit genug, weshalb sie ihre Zustimmung verweigerte. Das Team Stronach unterstütze zum Schutze der österreichischen Bevölkerung beide Anliegen, erklärte Christoph Hagen (T). Auch Marcus Franz (o.F.) gab beiden Forderungen seine Zustimmung, um betroffene Länder durch finanziellen Druck zur Rücknahme illegaler MigrantInnen zu bewegen.

Iran: Breite Mehrheit für Mandatsverlängerung des UN-Sonderberichterstatters
Aufgegriffen wurde vom Nationalrat eine Initiative der Grünen betreffend die Verlängerung des Mandats des UN-Sonderberichterstatters zur Menschenrechtslage im Iran. Die Abgeordneten fordern die Regierung, insbesondere Außenminister Sebastian Kurz, auf, sich auf internationaler Ebene für die Mandatsverlängerung stark zu machen sowie an die iranische Regierung zu appellieren, die Ermittlungen des UN-Sonderberichterstatters nicht zu behindern und dessen Einreise zuzulassen. Im Iran gebe es nach wie vor eine große Zahl von Hinrichtungen, heißt es in der Begründung des Antrags, wobei Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill RegimegegnerInnen, MenschenrechtsaktivistInnen, FrauenrechtlerInnen, JournalistInnen, aber auch religiöse und ethnische Minderheiten in besonderem Maß als Opfer willkürlicher Festnahmen, unfairer Gerichtsverfahren und von Folter sieht.

Der Beschluss im Nationalrat fiel mehrheitlich, wobei sich neben Grün-Abgeordneter Alev Korun auch Bernd Schönegger (V) und Josef Cap (S) ausdrücklich hinter die Initiative stellten. Es gebe zwar, was Reformen betrifft, einige Signale aus dem Iran, die Grund zu Hoffnung geben, sagte Schönegger, die Menschenrechtssituation sei aber nach wie vor prekär. So wären Dutzende Jugendliche unmittelbar von der Todesstrafe bedroht. Auch insgesamt liege das Rechtssystem im Iran hinter internationaler Standards. Schönegger hält es in diesem Sinn für notwendig, weiter Druck auf die Regierung auszuüben. Auch Korun sprach von einer verheerenden Menschenrechtslage.

Für eine ausdrückliche Unterstützung der Reformkräfte im Iran trat Abgeordneter Cap ein. Er ist überzeugt, dass das langfristig mehr Sicherheit in der Region bringen werde.

Viel Licht, aber auch viel Schatten sieht Außenminister Sebastian Kurz derzeit im Iran. Auf der einen Seite gebe es weiter eine schlechte menschenrechtliche Situation, auf der anderen Seite sei der Iran durch das in Wien abgeschlossene Atomabkommen wieder in den weltweiten Dialog zurückgekehrt, skizzierte er. Gerade bei jungen Menschen habe das Abkommen große Hoffnungen ausgelöst. Kurz versicherte den Abgeordneten, dass sich Österreich weiter für eine Verbesserung der Menschenrechtslage im Iran einsetzen werde, wobei ihm unter anderem ein Mehr an Religionsfreiheit und eine Stärkung der Minderheitenrechte ein Anliegen sind. Auch die hohe Zahl an Todesurteilen dürfe nicht hingenommen werden.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

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