Nationalrat befasst sich mit Schutz von
 Kulturgütern und Haus der Geschichte

 

erstellt am
18. 03. 16
11:00 MEZ

Ostermayer: Umsetzung des Projekts in der Hofburg ist kostengünstige Variante
Wien (pk) - Nach der Fragestunde bestimmten Kulturthemen auch den Anfang der Nationalratssitzung vom 17.03. Mit den Stimmen der Koalitionsparteien wurden Änderungen im Bundesmuseengesetz beschlossen, mit der das Projekt "Haus der Geschichte Österreich" einen organisatorischen und budgetären Rahmen erhält. In der dreijährigen Errichtungsphase ab 2016 sind für das Projekt rund 53 Mio. € vorgesehen. Weiters wurde eine Entschließung des Kulturausschusses angenommen, die die rasche Vorlage eine Studie über die Umgestaltung des Heldenplatzes inklusive Finanzierungsdetails vorsieht.

Beschlossen wurde zudem ein Gesetz, mit dem die Rückgabe von illegal verbrachten Kulturgütern auf eine eindeutige rechtliche Basis gestellt wird. Die Dokumentationspflichten des Kunsthandels über den Erwerb von Objekten werden ebenfalls ausgeweitet. Dieses Gesetz fand eine breite Mehrheit im Plenum.

Klare Regeln sollen illegalen Handel mit Kulturgütern unterbinden
Mit dem Kulturgüterrückgabegesetz (KGRG) wird die Geltendmachung von Rückgabeansprüchen und Entscheidungen darüber auf eine gesicherte Rechtsgrundlage gestellt. Neu an dem Gesetz ist, dass diese Regelung auch für Staaten gilt, die nicht der Europäischen Union angehören. Das Gesetz sieht zudem eine bessere Kommunikation zwischen den für Kulturgüterschutz zuständigen Behörden (den "Zentralen Stellen") der Mitgliedsstaaten vor, in Österreich sind diese das Bundesdenkmalamt bzw. im Fall von Archivalien das Österreichische Staatsarchiv. Der Kulturausschuss hatte in der Regierungsvorlage per Abänderungsantrag, der von Abgeordneten SPÖ, der ÖVP und der Grünen eingebracht worden war, die Dokumentationsfrist des Handels auf dreißig Jahre ausgedehnt.

Eine Ablehnung des Gesetzes mit Verweis auf die vom Ausschuss noch beschlossene Ausweitung der Dokumentationspflicht kam von der Rednerin des Team Stronach, Ulrike Weigerstorfer. Sicher müsse gegen illegalen Kulturhandel vorgegangen werden, doch dieses Gesetz lege dem Kunsthandel übertriebene bürokratische Lasten auf, hier sollte eine andere Lösung gefunden werden.

Kulturraub sei ein Versuch, kulturelles Erbe zu zerstören, daher müsse das Kunstrückgabegesetz sehr streng sein, meinte dagegen Christine Muttonen (S). Gerade in Konfliktregionen werde Kulturgut geraubt, gleichzeitig blühe der internationale Schwarzmarkt mit Antiquitäten und sei ein Milliardengeschäft geworden. Österreich bekenne sich zum Kampf gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern, schaffe einheitliche Standards und erhöhe die Sorgfaltspflicht. Ruth Becher (S) wies darauf hin, dass man mit dem Erwerb von Raubkunst terroristische Organisationen wie den IS in Syrien und im Irak unterstütze, daher sei es wichtig, dagegen vorzugehen. Das Gesetz schaffe strenge Einfuhr- und Ausfuhrbestimmungen, die sie für ausreichend halte, sagte Becher.

Kulturgut sei in allen Teilen der Welt durch Plünderungen und Raubgrabungen gefährdet, weshalb EU und UNESCO rechtliche Handhaben dagegen geschaffen haben, erklärte Beatrix Karl (V). Nun setze Österreich erstens eine Richtlinie um, die den Handel innerhalb der EU regle, und berücksichtige weiters ein darüber noch weit hinausgehendes UNESCO-Übereinkommen. Man stelle damit klar, dass Österreich keine Plattform für den illegalen Kulturgüterhandel sei. Das neue Gesetz sei sehr zu begrüßen, meinte auch ihre Fraktionskollegin Martina Diesner-Wais. Zum Schutz des kulturellen Erbes sei es wichtig, den Markt für Raubkunst auszutrocknen.

Auch Wolfgang Zinggl (G) meinte, angesichts der Gefährdung von Kulturgut sei das Gesetz wichtig und richtig. Er begrüßte die Erhöhung der Dokumentationsfrist, wobei seiner Meinung nach auch dreißig Jahre noch zu knapp bemessen sind. Ihn störe aber, dass Stiftungen hier nicht einbezogen wurden, und brachte einen entsprechenden Abänderungsantrag ein. Ohne Einbeziehung von Stiftungen in die Sorgfaltsverpflichtung öffne man dem Missbrauch Tür und Tor, befand Zinggl, konnte sich mit dieser Forderung aber nicht durchsetzen.

Nikolaus Alm (N) sagte, er unterstütze den Antrag der Grünen, die Sorgfaltspflicht auf Stiftungen und zudem auf Kulturgut, bei dem der Verdacht auf NS-Raubgut besteht, auszuweiten. Eine Verbesserung des Gesetzes wäre auch jetzt noch möglich. Der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler meinte ebenfalls, dass Stiftungen in die Sorgfaltspflicht einbezogen werden sollten.

Kulturminister Ostermayer freute sich über die breite Zustimmung zum Gesetz. Mit der gesetzlichen Regelung setze man beim Handel an, das sei der einzig praktikable Weg, um illegale Geschäfte mit Kulturgütern zu unterbinden.

Haus der Geschichte Österreich erhält einen gesetzlichen Rahmen
Eine Änderung des Bundesmuseengesetzes gibt dem Projekt "Haus der Geschichte Österreich" einen organisatorischen und budgetären Rahmen und klärt damit seinen rechtlichen Status innerhalb des Verbands der Bundeskultureinrichtungen. Vor allem wird das Verhältnis von Nationalbibliothek, Haus der Geschichte und Staatsarchiv zueinander festgelegt und auch der Rahmen für die Kooperation mit den Ländern umrissen.

Für die Mehraufwendungen, die der ÖNB daraus in der geplanten dreijährigen Errichtungsphase entstehen, wird ebenfalls Vorsorge getroffen und die Basisabgeltung für die ÖNB ab 2016 um einen entsprechenden Betrag erhöht. Ab 1. Jänner 2016 beträgt die Basisabgeltung der ÖNB daher 24,19 Mio. €, 2017 werden es 24,89 Mio. € und 2018 26,69 Mio. € sein. Für das Haus der Geschichte selbst sind während der Errichtungsphase von 2016 bis 2018 insgesamt rund 53 Mio. € vorgesehen. Dabei handelt es sich um Bundesmittel, die teils aus den Mitteln der Bundesmuseen, teils der Burghauptmannschaft kommen werden. Ab 2019 wird damit gerechnet, dass der Bund 3,6 Mio. € jährlich zum Betrieb des Hauses beiträgt.

Wendelin Mölzer (F) meinte, das aktuelle Projekt für ein Haus der Geschichte stehe wir frühere Projekte vor dem Scheitern. Neben konzeptuellen Mängeln des Vorhabens seien auch die finanziellen Planungen, die im Gesetz getroffen werden, nicht haltbar. So gehe etwa der Rechnungshof von weit höheren Kosten aus. Geschichte sei die Form, in der eine Kultur sich Rechenschaft über ihre Vergangenheit gebe, hielt Barbara Rosenkranz (F) fest und kritisierte davon ausgehend den aus ihrer Sicht zu engen Fokus des so genannten "Hauses der Geschichte". Sie sah ein politisch tendenziöses Projekt, das Österreich als multikulturelle Einwanderungsgesellschaft präsentieren wolle, während man alles Österreichische "wegretuschiere". Ihr Fraktionskollege Walter Rosenkranz kritisierte, dass das Gesetz keinen internationalen Beirat vorsehe und die Sammlung alter Musikinstrumente unter einer Neuaufstellung leiden werde. Das Projekt sei eine ideologische Fehlplanung der SPÖ, sagte Rosenkranz.

Das nun mehr beschlossene Projekt sei eine große Chance, demokratisches Bewusstsein zu fördern, replizierte Elisabeth Hakel (S). Sie vertraue den mit der Konzeption befassten ExpertInnen und sehe auch den gewählten Standort als ideal an, da er eine Verbindung von Geschichte, Gegenwart und Zukunft ermögliche. Harald Troch (S) unterstrich die Wichtigkeit der Vermittlung von Wissen über das zwanzigste Jahrhundert, dafür sei der Heldenplatz der passende Ort. Ganz sicher werde es kein parteipolitisch geprägtes Museum, dafür garantiere der wissenschaftliche Beirat. Katharina Kucharowits (S) betonte, die hohe Wertschätzung für die Sammlung alter Musikinstrumente in der Hofburg. Die Neuaufstellung eröffne das Möglichkeit, neue Publikumsschichten anzusprechen. Das Haus der Geschichte sei zudem eine Chance, Kunst und Kultur für alle zu erschließen. Josef Cap (S) sah die Chance zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der österreichischen Identität und Geschichte im Zentrum des Projekts.

Aufarbeitung der Vergangenheit sei zweifellos wichtig, betonte Wolfgang Zinggl (G). Er bezweifle aber, dass diesem Ziel mit einem neuen großen "Museumssaurier" gedient sei, der knappe Ressourcen über eine lange Zeit bindet. Konzepte einer Musealisierung von Geschichte und von Identitätspolitik seien an sich schon problematisch. Besser wäre es aus seiner Sicht, bestehende Institutionen zu fördern und den Zeitgeschichteunterricht an den Schulen auszubauen. Harald Walser (G) sah die Diskussion um das Haus der Geschichte von gegenseitigen parteipolitischen Vorwürfen anstelle von fruchtbaren Diskussionen geprägt. Ein Haus der Republik in der Hofburg, dem zentralen Symbol der Monarchie, ist aus seiner Sicht der falsche Zugang. Dem Konzept fehlten zwei zentrale Voraussetzungen für ein Gelingen, nämlich ein brauchbares Finanzkonzept und Unabhängigkeit.

Maria Theresia Fekter (V) betonte, dass Österreich die Verantwortung gegenüber seiner Vergangenheit wahrnehme. Mit dem Haus der Geschichte werde ein brauchbares Konzept umgesetzt. Allerdings seien noch nicht alle Kosten der Umsetzung bekannt, da dafür ein vollständiges Museumskonzept für die Neue Burg notwendig wäre. Sie wies den Kulturminister auf die Entschließung des Kulturausschusses hin, die ein Gesamtkonzept für den Heldenplatz einfordert, und sagte, sie erwarte gespannt die entsprechende Detailstudie als Diskussionsbasis. Wichtig sei, dass es tatsächlich ein Haus der Geschichte Österreichs, kein SPÖ-Museum werde, unterstrich die ÖVP-Kultursprecherin. Karlheinz Töchterle (V) meinte, Vermittlung von jüngster Geschichte sei sehr schwierig, Egon Friedell habe deshalb von der "Unmöglichkeit der Zeitgeschichte" gesprochen. Es werde noch vieler Diskussionen bedürfen, um das Projekt zu einem Erfolg zu machen.

Die Idee eines "Haus der Geschichte der Republik" könne seine Fraktion durchaus unterstützen, sagte Nikolaus Alm (N), dem vorgelegten Konzept werde sie aber nicht zustimmen. So werde offenbar ein Prestigeprojekt finanziert, das gleichzeitig eine museale Minimallösung darstelle. Auch das geplante Publikumsforum verdiene seiner Ansicht nach den Namen nicht, meinte Alm, es handle sich nur um ein weiteres sozialpartnerschaftliches Gremium.

Das "Haus der Geschichte" habe selbst schon eine lange Geschichte, meinte Ulrike Weigerstorfer (T). Der nun geplante erste Schritt zur Schaffung einer gesetzlichen Grundlage nenne zwar Kosten, lasse aber offen, woher das Geld kommen solle. Auch sie sprach von einem teuren Prestigeprojekt, das in der derzeitigen budgetären Situation verantwortungslos sei.

Kulturminister Ostermayer dankte allen Abgeordneten, die sich zum Haus der Geschichte bekennen. Er unterstütze ausdrücklich die nunmehr gewählte Variante der Umsetzung eines bereits in mehreren Regierungsprogrammen festgehaltenen Projekts, sagte der Kulturminister. Die Idee eines Neubaus eines "Hauses der Geschichte" sei mehrmals gescheitert. Daher habe er die Chance ergriffen, das Projekt mittels einer neuen Raumnutzung in der Hofburg umzusetzen, was viele Vorteile bringe. Ein hochrangiger internationaler Beirat habe ein Konzept erarbeitet, das keinerlei parteipolitische Färbung aufweise, betonte er. Das "Andocken" an die Österreichische Nationalbibliothek biete auch eine Chance, Overhead-Kosten zu reduzieren und in der Hofburg kostengünstig ein modernes "Museumsquartier Zwei" zu schaffen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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