Internethandel - Bundesrat schickt
 kritische Mitteilung nach Brüssel

 

erstellt am
31. 03. 16
11:00 MEZ

EU-Ausschuss befürchtet komplizierte und sachlich ungerechtfertigte Bestimmungen zum Gewährleistungsrecht
Brüssel/Wien (pk) - Zum wiederholten Male standen auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses des Bundesrats. die Vorschläge der EU zum Internethandel. Dazu hagelte es bereits in der letzten Sitzung Kritik. Man vermutet dahinter den Versuch, das im Jahr 2015 aufgrund massiven Widerstands zurückgezogene Paket zum Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht durch die Hintertür wieder einzuführen. Am 30.03 schickten die Bundesrätinnen und Bundesräte einstimmig eine Mitteilung nach Brüssel, in der allgemein befürchtet wird, dass das Instrument zu einem komplizierten und parallelen Gewährleistungsregime führen könnte, das sachlich nicht gerechtfertigt ist.

"Das Gewährleistungsrecht ist im UnternehmerInnen-VerbraucherInnen-Bereich durch die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie ohnehin bereits mindestharmonisiert, sodass der von dieser Richtlinie inhaltlich abweichende Vorschlag für ein spezifisches Gewährleistungsregulativ zu einer unnötigen und sehr bedenklichen Rechtsfragmentierung führen würde", argumentieren die LändervertreterInnen. Außerdem bestehen große Vorbehalte gegenüber dem Vollharmonisierungsansatz. Man gibt auch zu bedenken, dass die Verhandlungen zur Verbraucherrechte-Richtlinie deutlich gemacht haben, dass die Vorschriften über die Gewährleistung aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Mitgliedstaaten und Institutionen nicht sinnvoll vollharmonisiert werden konnten. In diesem Sinne warnen die Bundesrätinnen und Bundesräte auch davor, dass die Kommission beabsichtigt, den Richtlinienentwurf auch auf den klassischen stationären Einzelhandel auszudehnen.

Abgelehnt wird auch der Vorschlag im Hinblick auf die Bereitstellung digitaler Inhalte, obgleich hier die Ausschussmitglieder einräumen, dass in diesem Bereich auf europäischer Ebene noch keine einheitlichen Vorschriften existieren und es begrüßenswert wäre, ein angemessenes Niveau für den Verbraucherschutz bei der Bereitstellung von digitalen Produkten sicherzustellen. Nach Ansicht der Länderkammer enthält der Entwurf jedoch zu viele Unstimmigkeiten und Unklarheiten. In der Mitteilung wird in diesem Zusammenhang unter anderem die Frage nach der Vereinbarkeit mit anderen unionsrechtlichen Vorschriften im Bereich des Verbraucherschutz-, Urheber- und Datenschutzrechts aufgeworfen. Für innovativ, aber gleichzeitig nicht unproblematisch hält man den weiten Anwendungsbereich, der sich auch auf Verträge erstrecken soll, bei denen der Verbraucher "aktiv eine andere Gegenleistung als Geld in Form von personenbezogenen oder anderen Daten" erbringt. Außerdem fehlen zwingende objektive Kriterien für die Gewährleistungspflicht.

Breite Front der Ablehnung
Diese Analyse der zwei Richtlinienentwürfe durch den Bundesrat geht vollkommen konform mit der Meinung des Justizressorts. Die Mitteilung bringe die Dinge auf den Punkt, sagte der zuständige Sektionschef.

In den Richtlinienentwürfen geht es zunächst "um bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte". Dadurch sollen Vorschriften über die Vertragsmäßigkeit der digitalen Inhalte, ferner über Rechte, die VerbraucherInnen bei nicht vertragsgemäßen digitalen Inhalten zustehen, harmonisiert werden. Ebenso ist vorgesehen, bestimmte Aspekte im Hinblick auf das Recht, langfristige Verträge zu beenden, bzw. digitale Inhalte zu ändern, zu vereinheitlichen. Vom Schutzbereich der Richtlinie sollen auch jene Verträge umfasst sein, bei denen digitale Inhalte nicht gegen Geld, sondern gegen die Preisgabe von (personenbezogenen) Daten geliefert werden.

Ein Großteil dieser Regelungen sei im österreichischen Gewährleistungsrecht abgedeckt, heißt es aus dem Justizministerium. Man stelle sich einer kritischen Diskussion, der Vorschlag komme aber eindeutig zu früh, meinen die heimischen ExpertInnen aus dem Ressort. Zum jetzigen Zeitpunkt sei nämlich noch nicht abschätzbar, ob die seit eineinhalb Jahren in Kraft stehende Verbraucherrechte-Richtlinie oder andere neue Instrumente tatsächlich den erwarteten "Turboschub" für den Binnenmarkt bringen werden. Erst wenn hier positive Ergebnisse vorliegen, sollte man neue Vorschriften im Bereich des Vertragsrechts andenken. Auch die Wirtschaftskammer teilt diese Auffassung. Es gebe schon so viele Vorschriften, man müsse dieses Netz erst überprüfen, bevor man wieder neue Regelungen erlässt, meinen die UnternehmervertreterInnen.

Mit der Richtlinie über "bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren" soll im Wesentlichen ein neues Gewährleistungsregime für den Warenkauf im Fernabsatz eingeführt werden. Dadurch sollen KonsumentInnen europaweit in den Genuss eines hohen Verbraucherschutzniveaus kommen, wirbt die Kommission für den Vorschlag. Gleichzeitig will man es Unternehmen leichter machen, Waren EU-weit zu verkaufen. Im Interesse der KonsumentInnen ist eine Frist von zwei Jahren (bisher sechs Monate) vorgesehen, um Waren bei auftretenden Mängeln zurückgeben zu können.

Dieser Vorschlag findet weder bei den UnternehmervertreterInnen noch bei den KonsumentenvertreterInnen Unterstützung. Warnen die einen vor einem unsachlichen Hinaufschrauben des Konsumentenschutzes durch die Vollharmonisierung, sehen die anderen das geltende Konsumentenschutzniveau gefährdet. Die EU-Kommission wiederum erwartet sich durch den Abbau der Unterschiede im Vertragsrecht der Mitgliedstaaten im grenzüberschreitenden elektronischen Handel ein rascheres Wachstum des digitalen Binnenmarkts.

Monika Mühlwerth (F/W) meinte, die Richtlinien würden das Gegenteil dessen bringen, was man eigentlich beabsichtige, und Stefan Schennach (S/W) wiederholte seinen Vorwurf, die Kommission wolle den abgelehnten vollharmonisierten Verbraucherschutz mit diesen Vorlagen umgehen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

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