Bundespräsident Heinz Fischer trifft
 Amtskollegen Milos Zeman

 

erstellt am
12. 04. 16
11:00 MEZ

Im böhmischen Schloss Lany erörterten der Bundespräsident und der Präsident der Tschechischen Republik ihre Ansichten zum Thema Flüchtlingskrise, den EU-Türkei-Deal und die Bemühungen um "gerechte Lösungen"
Lany/Prag/Wien (hofburg) - Der tschechische Präsident Milos Zeman sieht im EU-Türkei-Deal über die Flüchtlingskrise seitens Ankaras "eine Erpressung". Die Türkei "hätte ursprünglich drei Milliarden Euro erhalten sollen, jetzt bekommt sie sechs Milliarden und in den Hinterzimmern wird davon gesprochen, dass sie 20 Milliarden verlangt", sagte Präsident Zeman nach einem Gespräch mit Bundespräsident Heinz Fischer am 11.04. im böhmischen Schloss Lany.

Auch Bundespräsident Heinz Fischer äußerte eine gewisse Skepsis gegenüber der Vereinbarung. Er habe "Zweifel, ob das so funktioniert" und "es gibt etliche Gründe, mit vorschnellem Optimismus vorsichtig zu sein". Der Bundespräsident plädierte für sichere und direkte Wege nach Europa, statt Flüchtlinge, die von der Türkei nach Griechenland gekommen sind, wieder in die Türkei zurückzuschicken und dafür andere Menschen nach Europa zu lassen. Präsident Zeman wiederholte seine Ablehnung der Verteilung von Migranten auf die EU-Staaten, weil "am Ende dann doch alle nach Deutschland wollen".

Heinz Fischer dagegen meinte, dass kein Land, auch nicht Deutschland, die Flüchtlingskrise allein lösen könne: In Österreich, das von der Frage besonders betroffen sei, gebe es "den Ruf nach gerechten Lösungen". Vor allem müsse klargestellt werden, dass "Deutschland auch nicht alle nehmen kann" und dass sich die Flüchtlinge ihr Ziel nicht aussuchen können. Zeman kündigte an, dass Tschechien die Grenzen zu Österreich schließen werde, sollten mehrere Tausend Migranten pro Tag ins Land wollen. Von solchen Zahlen sei man aber weit entfernt: Derzeit würden zehn bis 30 Menschen pro Woche aufgegriffen.

Bundespräsident Heinz Fischer betonte als überzeugter "Europäer gegen das Schließen europäischer Binnengrenzen" zu sein. Er verteidigte die österreichische Politik: Die Pläne für den Brenner "verstehe ich nicht so, dass wir am Brenner eine Mauern machen oder einen Stacheldraht". Er verstehe sie als Grenzmanagement, das den freien Waren- und Personenverkehr möglichst wenig behindert, aber "mehr Kontrollen schafft, wer da nach Europa hinein will", sagte der Bundespräsident. Die Asylobergrenze von 35.000 Flüchtlingen, die Österreich pro Jahr aufnehmen will, sei "nicht ein Schwert, das einen scharfen Schnitt setzt". Es handle sich um einen "Richtwert", damit es nicht wieder wie im Vorjahr zu über 80.000 Asylanträgen komme. Bundedspräsident Heinz Fischer und Präsident Zeman lobten beide die bilateralen Beziehungen und sahen gleichzeitig noch Problem bei den Verkehrsverbindungen.

"Immer, wenn wir glauben, wir sind auf dem guten Weg, kommt die EU-Kommission in Brüssel und denkt sich einen neuen Unsinn aus", beklagte Zeman und sprach damit die geforderte neuerliche Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für die geplante Autobahn Budweis-Linz an. Heinz Fischer sprach von Bemühungen, aus der "toten Grenze der Vergangenheit eine lebendige Grenze zu machen". Auch über das Streitthema Atomenergie redeten die beiden Präsidenten. Bundespräsident Heinz Fischer betonte, dass der Informationsaustausch und das "gegenseitige Zuhören in Bezug auf Kernkraftwerke viel besser geworden" sind.

Jedes Land sei berechtigt, über seine Energiepolitik selbst zu entscheiden. Das sei aber noch "kein Liebesbekenntnis zur Kernkraft". Äußerst freundliche Worte fanden die Staatsoberhäupter zum jeweils anderen. Präsident Zeman drückte sein Bedauern aus, dass Heinz Fischer nach zwei Amtszeiten abtrete. Heinz Fischer sagte, er "empfehle", dass "Zeman für eine zweite Amtszeit kandidiert, wenn das sein freier Wille ist". Und auch wenn dies sein letzter Staatsbesuch sei, so werde er sicher wieder nach Tschechien reisen, versprach Bundespräsident Heinz Fischer.

ade/fat/at / Quelle: APA/PrK

 

 

 

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