Doskozil will die Truppe stärken

 

erstellt am
21. 04. 16
11:00 MEZ

Erster Auftritt des Ministers im Verteidigungsausschuss
Wien (pk) - Im Rahmen der Strukturveränderung im Bundesheer soll es zu einer Umschichtung von Personal und Ressourcen in Richtung Truppe kommen. Bei seinem ersten Auftritt im Verteidigungsausschuss bekräftigte Bundesminister Hans Peter Doskozil am 20.04. seine Reformpläne und trat vor allem für eine Verschlankung in der Zentralstelle ein. Antworten auf den konkreten Handlungsbedarf wird ein Bericht geben, den der Ressortleiter für 10. Juni ankündigte. Budgetzahlen oder Detailmaßnahmen wollte Doskozil noch nicht nennen, er deutete aber an, dass etwa in der Frage der Kasernenschließungen aus seiner Sicht das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.

Beim Thema Migration pochte der Minister auf eine europäische Lösung, die auch die Frage der Rückführungen erfassen müsse. Das Bundesheer könne bis zu 2.200 SoldatInnen im Assistenzeinsatz an der Grenze zur Verfügung stellen. Einen Grenzzaun im Südburgenland schloss Doskozil aus heutiger Sicht aus.

Lebensarbeitsplatz statt Zeitsoldatenmodell
In der Aussprache konzentrierte sich das Interesse der Abgeordneten erwartungsgemäß auf die Reformpläne des Ministers, was ÖVP-Wehrsprecher Bernd Schönegger mit der Frage auf den Punkt brachte, was nun mit dem "Geldsegen" geschehe. Es wäre unseriös, heute schon konkrete Budgetzahlen auf den Tisch zu legen, gab Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil zu bedenken, kündigte aber Strukturveränderungen mit dem Ziel einer Verschlankung in der Zentralstelle und eines Aufwuchses bei der Truppe an. Gedacht ist dabei an die Einsparung einer Sektion im Ministerium sowie an die Reduzierung der Zahl der nachgeordneten Kommanden von derzeit 16 auf neun. Parallel dazu soll die Regionalität der Militärkommanden vor Ort gestärkt werden. Eine Attraktivierung beim Kaderpersonal erwartet sich der Ressortleiter vor allem durch das Angebot eines Lebensarbeitsplatzes anstelle des bisherigen Zeitsoldatenmodells.

Investitionen sollen primär in die Truppe gehen
Investieren will Doskozil prioritär in die Ausrüstung der Truppe und der Miliz, wobei bei letzterer, wie er etwa gegenüber NEOS-Mandatar Nikolaus Alm bestätigte, Defizite zu beheben sind. Ein weiterer Investitionsschwerpunkt wird die Kasernen betreffen. Bezüglich möglicher Schließungen von Standorten, die von FPÖ-Abgeordnetem Christian Lausch heftig kritisiert wurden, wollte sich Doskozil noch nicht festlegen. Zunächst gehe es darum, die Aufgaben zu definieren und danach Rückschlüsse auf die notwendige Infrastruktur zu ziehen. Erste Ergebnisse wird der Bericht des Ressorts am 10. Juni liefern. Dem FPÖ-Mandatar Axel Kassegger teilte Doskozil überdies mit, dass derzeit 604 Flüchtlinge in den Kasernen untergebracht sind.

Doskozil rechnet mit Zuspitzung der Flüchtlingskrise
Breiten Raum nahm auch das Thema Migration ein, das u.a. von SPÖ-Sicherheitssprecher Otto Pendl zur Sprache gebracht wurde. Die Flüchtlingslage entwickle sich wie letztes Jahr, "aber mit höheren Zahlen", skizzierte Doskozil die aktuelle Herausforderung. Nach der Schließung der Balkanroute habe vor allem die Schlepperei zugenommen, die Zahl der Aufgriffe im Burgenland steige wieder. Besorgt zeigte sich der Minister auch über den Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer nach Italien, wobei er die Reaktion der Europäischen Union als zaghaft kritisierte. Mit Nachdruck pochte Doskozil überdies auf eine europäische Lösung. So gehe es darum, bereits in den Hotspots nach europäischen Standards über die Zuerkennung des Asylstatus zu entscheiden und dann die Flüchtlinge gerecht auf Europa aufzuteilen. Teil der Lösung müsse aber auch die Rückführung jener MigrantenInnen sein, deren Asylanträge abgelehnt worden sind. Was eine Abschiebung mit Hercules-Maschinen durch das Bundesheer betrifft, will Doskozil noch ein entsprechendes Gutachten abwarten. Auf Kritik von Grün-Abgeordnetem Peter Pilz replizierte der Minister, es könne abgewiesenen Flüchtlingen durchaus zugemutet werden, ein Flugzeug zu besteigen, mit dem auch schon der Bundespräsident und zahlreiche Minister geflogen sind.

Bis zu 2.200 SoldatInnen im Assistenzeinsatz für das Bundesheer verkraftbar
Angesichts der Zuspitzung der Lage an der ungarischen Grenze und der nach wie vor fehlenden europäischen Lösung bleibt für Doskozil der Assistenzeinsatz des Bundesheers weiterhin Thema. 2.000 bis 2.200 SoldatInnen im dauerhaften Einsatz an der Grenze könne das Bundesheer verkraften, dies allerdings unter der Voraussetzung einer Beteiligung der Miliz. Derzeit sind nach den Angaben Doskozils 600 SoldatInnen überwiegend aus dem Milizbereich an den Grenzen stationiert. Die Errichtung eines Grenzzaunes im Südburgenland ist derzeit nicht geplant, teilte der Minister der ÖVP-Abgeordneten Dorothea Schittenhelm mit. Zunächst gelte es, gemeinsam mit Ungarn die Grenze zu kontrollieren, bei der Klärung eines allfällig notwendigen weiteren Vorgehens sind dann die Experten des Ressorts am Zug.

Weitere Themen: Russland-Besuch, Militärmusik
Die Aussagen von Generalstabschef Othmar Commenda beim Staatsbesuch von Bundespräsident Fischer in Moskau seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, betonte Doskozil Peter Pilz (G) gegenüber, der das Vorgehen Russlands aufs Schärfste verurteilt und eine Reaktion Österreichs gefordert hatte. Die Angelegenheit ist für das Ressort erledigt, unterstrich der Minister und fügte an, es gelte die Linie der EU und der Bundesregierung.

Der Bedeutung und Tradition der Militärmusik ist sich Doskozil durchaus bewusst. Auf das Plädoyer Christoph Hagens (T) für eine Wiederherstellung in Orchesterstärke bemerkte der Minister, Ziel der Reform auf diesem Gebiet sei es, unter relativer Aufkommensneutralität zu einem Zustand zu finden, "der dem früheren sehr nahe kommt".

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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