Kern will neues Politikverständnis und New Deal

 

erstellt am
20. 05. 16
11:00 MEZ

Neuer Bundeskanzler präsentiert im Nationalrat seine Pläne gegen Stillstand und Vertrauensverlust
Wien (pk) - Ein anderes Politikverständnis – unter dieses Motto könnte man die Regierungserklärung stellen, die der neue Bundeskanzler Christian Kern am 19.05. im Nationalrat unter Anwesenheit von Bundespräsident Heinz Fischer abgegeben hat. Er rief zu einem "New Deal" auf, geprägt von einer deutlich akzentuierteren Politik. In den letzten Jahren seien die politischen Inhalte durch taktischen Opportunismus ersetzt worden, blickte Kern kritisch zurück, damit müsse man brechen. Wofür die Menschen brennen, das seien Grundsätze und Haltungen und nicht Kompromisse.

Vom neuen Bundeskanzlern ist auch insofern ein neuer Stil zu erwarten, als er bekräftigte, sich der Schnelllebigkeit entziehen zu wollen. Es sei nicht notwendig, jedem hingehaltenen Mikrophon eine Wortspende zu erteilen. Das Land könne sich keine politische Führung leisten, die sich keine Zeit zum Nachdenken nimmt, machte er klar.

Der Eindruck des Stillstands, der jedoch nicht die Realität wiederspiegle, sei in der Bevölkerung weit verbreitet, die Menschen hätten das Bedürfnis, dass ein Ruck durch das Land geht und die Dinge grundlegend geändert werden. Der neue Regierungschef räumte ein, dass die Erwartungshaltung groß sei, und er sei sich dessen bewusst, dass nicht alles gelingen wird und dass es auch Enttäuschungen geben kann. Als Herausforderung bezeichnete Kern die vielen Interessenslagen in der Republik, den Lobbyismus und den deutlich ausgeprägten Föderalismus. Er könne aber mit jeder Faser des Wollens und der Leidenschaft versprechen, die Dinge in die richtige Richtung zu bringen.

Im Jahr 2016 braucht man Visionen und Mut, nicht billigen Populismus
Einen Grund für das entstandene Bild des Stillstands ortet Kern in der Kombination zwischen pragmatischen Lösungsversuchen und Rhetorikgewitter, denn dabei seien Zukunftsbilder und Orientierung verlorengegangen. In dieses geistige Vakuum krieche dann umso leichter das Vorurteil und die billige Pointe, bemerkte er. Im Jahr 2016 brauche man im Gegensatz dazu Visionen und Mut, betonte er und merkte in Abwandlung eines Zitats an, dass derjenige, der keine Visionen hat, tatsächlich einen Arzt brauche.

In diesem Zusammenhang erteilte er dem billigen Populismus eine klare Absage. "Wir wollen die Köpfe und Herzen nicht dem billigen Populismus überlassen", sagte er, "ab heute läuft der Countdown um die Herzen in diesem Land." Er wolle nicht die Menschen in ihren Ängsten und Sorgen bestärken, sondern vielmehr die Hoffnung nähren, dass Probleme gelöst werden können. Die Regierung wolle eine Politik des Zukunftsglaubens der Hoffnungslosigkeit gegenüberstellen, eine Politik der Weltoffenheit der geistigen Verengung gegenüberstellen und eine Politik der Heimatverbundenheit und des Patriotismus dem Chauvinismus und der Hetze gegenüber Minderheiten gegenüberstellen.

Das Land braucht eine neue politische Kultur
Kern rief auch zu einer neuen politischen Kultur auf. Es gehe nicht darum, über Dogmen und Doktrinen zu reden, sondern er stehe für eine offene Diskussion. Dabei sieht der Regierungschef die Verantwortung nicht nur bei der Regierung selbst, sondern auch bei der Opposition. Die Politik müsse in den Dialog mit den Menschen treten, damit die Menschen wieder motiviert werden, sich mehr politisch zu engagieren, so seine Bitte an die PolitikerInnen auf allen Ebenen.

Seine Ziele umriss Kern mit der Feststellung, in einer Gesellschaft leben zu wollen, in der alle Kinder gleiche und faire Chancen haben und die mit Respekt vor der Menschenwürde versucht, die Flüchtlingsdebatte zu lösen. Er wolle in einem Land leben, in dem nicht nur kleine Minderheiten von der Wohlstandsentwicklung profitieren und in dem Politik und Zivilgesellschaft Hand in Hand gehen. Bei all dem dürfe man nicht vergessen, soziale, innere und äußere Sicherheit zu gewährleisten.

Ein "New Deal" zur Stärkung der Investitionsbereitschaft
Kern ging auch kurz auf seine wesentlichen kurzfristigen und mittelfristigen Pläne ein. Mit dem Projekt eines "New Deal" will er vor allem die private Investitionsbereitschaft stärken. Der entscheidende Hebel für ihn ist, die Stimmung im Land zu heben, denn schlechte Laune sei eine Ursache für die Wachstumsbremse. Nicht aus der sozialen Verantwortung lassen möchte er jedoch die Unternehmen, unterstrich Kern. Jobs seien wichtig, Menschen müssen von ihrem Einkommen aber auch leben können. Kern sprach sich in diesem Zusammenhang für mehr Spielraum bei öffentlichen Investitionen aus, und diese Diskussion ist er entschlossen, auf die EU-Ebene zu tragen.

Mittelfristig plant Kern mit seinem Team einen Plan für Österreich 2025 zu entwickeln. Auf Basis klar definierter Zukunftsbilder müssen seiner Meinung nach private und öffentliche Investitionen vernetzt werden, die Hochschulen und der gesamten politische Rahmen sei darauf abzustimmen. Das Land müsse sich auch der Globalisierung, der Internationalisierung und der Digitalisierung stellen und die entsprechenden Voraussetzungen dafür schaffen. Diese Kräfte werden die Wertschöpfungskette verändern, der Dienstleistungssektor wird signifikant weniger ArbeitnehmerInnen brauchen, ließ der Bundeskanzler keinen Zweifel am Reformbedarf. Damit verknüpft seien Fragen der Arbeitsverteilung, des Sozialversicherungssystems und der Ausrichtung des Bildungssystems.

Mitterlehner: Ich will und unsere Seite will es auch
"Ich will, und ich glaube, unsere Seite will auch", knüpfte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner an die Rede des Bundeskanzlers und dessen Aufruf zu einem neuen Politikstil und einem neuen Politikverständnis an. "Wenn wir gemeinsam Probleme angehen, sollen sich Anspruch und Wirklichkeit verbinden." Die Art der Politik müsse sich ändern, unterstrich auch Mitterlehner, es brauche ein anderes und respektvolles Miteinander in der Politik.

Mitterlehner warnte aber auch vor überhöhten Erwartungen. Selbstkritik hält er für notwendig, aber diese sei nicht nur bei der Regierung, sondern auch bei der Opposition angebracht, meinte er übereinstimmend mit Kern. Er rief daher die Opposition auf, sich konstruktiv einzubringen.

Im Hinblick auf den Vertrauensverlust merkte Mitterlehner an, Bundeskanzler Faymann sei kein Einzelunternehmer gewesen, "wir alle waren Teil dieser Politik und der Bilder, die wir abgegeben haben." Bei aller Notwendigkeit der Selbstkritik hält der Vizekanzler jedoch Selbstgeißelung für nicht angebracht, zumal nicht alles schlecht gewesen sei. Er erinnerte daran, dass die Wirtschaftskrise noch immer nicht überwunden sei, die Regierung aber Maßnahmen gesetzt habe, um Unternehmen und Arbeitsplätze in die Gegenwart zu retten, und dafür 12 Mrd. € investiert habe, ohne diese wieder ins Budget zurückführen zu können. Man habe auch aus der Energiekrise gelernt und den Energiebereich umgestellt, sagte Mitterlehner und schließlich sei es gelungen die HETA-Problematik in ruhiges Fahrwasser zu bringen, eine Lösung zu finden und den Schaden möglichst klein zu halten. Er erteilte auch den parteipolitischen Postenbesetzung der Vergangenheit eine Absage und meinte, ihm sei das Parteibuch egal, es komme auf Qualifikation und Kompetenz an. Auch die Steuerreform hält er für eine wichtige Weichenstellung in Richtung Wachstum. Im Bereich der Flüchtlingspolitik habe es die Regierung geschafft, internationale Solidarität zu erzwingen.

Mitterlehner drängt auf Entbürokratisierung und Deregulierung der Wirtschaft
Dem Land gehe es also nicht so schlecht, schlecht sei aber die Stimmung, resümierte er. Das Gefühl des Stillstands resultiere aus einer oft überzogenen Erwartungshaltung, aus einer überbordenden Bürokratie, aber auch aus Verdrängungsängsten und Zukunftsängsten. Um dem entgegenzuwirken, unterstützt Mitterlehner den "New Deal" für eine zukunfts- und wettbewerbsfähige Wirtschaft, wobei er Entbürokratisierung und Deregulierung in den Vordergrund stellte. Mehr Wettbewerb forderte er auch für die Sozialsysteme, sprich Gesundheitsbereich, Arbeitsmarkt und Pensionen. Das Engagement müsse mehr belohnt werden und das Geld, das man verteile, müsse vorher erarbeitet werden. Mitterlehner will davon abgehen, Transferleistungen in den Mittelpunkt zu stellen.

 

 

Bundeskanzler Kern mit hohen Erwartungen, Skepsis und Ablehnung konfrontiert
Der neue Regierungschef Christian Kern wurde von der Opposition im Nationalrat abwartend positiv, teilweise mit leichter Skepsis begrüßt, bei den Freiheitlichen stand harte Kritik im Vordergrund. Von Seite der Regierungsparteien war uneingeschränkte Zustimmung und das Bekenntnis zur Zusammenarbeit zu hören. Von den Freiheitlichen und den NEOS kam der Ruf nach Neuwahlen. Die Klubobleute, die in einer ersten Runde auf die Regierungserklärung reagierten, richteten auch einige Wünsche an die zukünftige Reformpolitik.

Strache fordert Neuwahlen
Mit schweren Geschützen fuhr gleich FPÖ-Klubobmann Christian Strache gegen den neuen Kanzler und die Regierungspolitik auf. Den von Kern präsentierten Plan zu einem "New Deal" hält er in weiten Bereichen für eine "Luftblase", eine nachhaltige Kursänderung ist für ihn nicht in Sicht. Die Regierung trage seit 3 Jahren Verantwortung und habe massiven Schaden angerichtet – angefangen von der hohen Arbeitslosigkeit und Steuerbelastung bis hin zur falsch verstandenen Willkommenskultur, vollzogen durch einen Rechtsbruch. Es sei daher höchst an der Zeit, so Strache, Fehlentwicklungen einzugestehen und Neuwahlen auszuschreiben, forderte er. Strache ortete weniger Politikverdrossenheit in der Bevölkerung als vielmehr Ärger gegen die Koalition, die nicht bereit sei, Lösungen anzugehen. Die FPÖ erwarte sich von einer zukunftsorientierten Politik die Absicherung des Wirtschaftsstandorts, die Senkung der Lohnnebenkosten und Maßnahmen zur Beendigung der Kreditklemme.

Strache griff Kern auch insofern an, als er darauf hinwies, dass sich der neue Bundeskanzler noch keiner demokratischen Wahl gestellt hat. Auch sei der öffentliche Zuschuss zur ÖBB unter Kerns Leitung gestiegen. Die nunmehrige Zusammensetzung der Regierung bewertet die FPÖ als "neue Mannschaft mit altem Programm". Besonders kritisch äußerte sich Strache gegenüber der neuen Staatssekretärin Muna Duzdar, der er als palästinensisches Einwandererkind eine einseitige Position in Bezug auf die israelisch-arabische Politik vorwarf und sie in die Ecke des linken Antisemitismus rückte.

Schieder: Verunsicherung und Ängste in Hoffnung umwandeln
"Das war old school", reagierte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder verärgert auf die Ausführungen Straches. Dieser habe offensichtlich den neuen Geist nicht verstanden, sagte Schieder. In aller Deutlichkeit wies er die "Anschüttungen" in Richtung Muna Duzdar als falsch zurück. Nicht die Religion zähle, sondern der Inhalt.

In Anlehnung an die Regierungserklärung rief Schieder ebenfalls zu einer neuen Diskussionskultur auf. Am Ende einer sachlichen Auseinandersetzung könne auch der Kompromiss stehen, und das sei kein Umfaller, sondern ein Ringen darum, dass im Land etwas weitergeht, hielt er fest.

Laut Schieder geht es nun darum, Verunsicherung und Ängste in Hoffnung und in ein zukunftsorientiertes Leitbild umzuwandeln. Die SPÖ trage noch immer die "globale Mega-Idee" im Herzen, dass es eine soziale und faire Gesellschaft geben kann. Für entscheidende Punkte des neuen Politikverständnisses hält er die Arbeit an und für die Gesellschaft. Essentiell seien Beschäftigung, Wachstum und Wirtschaftsstandort genauso wie innere, äußere aber auch soziale Sicherheit. Bildung, Wissenschaft und Forschung bezeichnete Schieder als Treibstoff für die wirtschaftliche Entwicklung, der Klimawandel stelle sowohl eine ökologische als auch eine wirtschaftspolitische Herausforderung dar.

Glawischnig-Piesczek: Kern der Reform sind Arbeitswelt und Bildung
Die Forderung nach einem neuen politischen Stil hält auch die Klubobfrau der Grünen Eva Glawischnig-Piesczek für mehr als angebracht. Umso mehr bedauerte auch sie die Rede von Heinz Christian Strache als "unglaublich respektlos." Als einen zentralen Reformpunkt bezeichnete die Grüne Klubchefin die sozialpolitischen Herausforderungen, die über den Arbeitsmarkt hinausgehen. Die geänderte Arbeitswelt erfordere es, den Menschen mehr Sicherheit aber auch mehr Freiheit zu geben, zumal es heute viel mehr Brüche im Lebenslauf gebe. Dazu komme der gesamte Bereich der Pflege. Als unbefriedigend bezeichnete Glawischnig-Piesczek besonders die Situation der Frauen, die weitgehend im prekären Bereich arbeiten.

Ein großes Anliegen ist den Grünen der Bildungsbereich, wobei Glawischnig-Piesczek darauf drängte, nicht wieder zurück zum Start zu gehen, sondern Lösungen im Sinne der besten individuellen Förderung zu suchen. Sie hoffe auch auf ein neues Verständnis für die Situation der Universitäten und für die Grundlagenforschung. Die Grüne Klubobfrau warnte einmal mehr vor den negativen Auswirkungen von TTIP, denn dieses Abkommen würde eine Nivellierung nach unten bringen und die wirtschaftliche Handlungsfreiheit einschränken. Deshalb brachte sie seitens ihrer Fraktion einen Entschließungsantrag ein, in dem die Regierung aufgefordert wird, CETA abzulehnen, sich gegen eine vorläufige Anwendung des Abkommens auszusprechen und die TTIP-Verhandlungen unverzüglich zu stoppen.

Lopatka schlägt Einrichtung eines "Standort-Konvents" vor
Der Wille der ÖVP-Fraktion zur Zusammenarbeit wurde auch von Klubobmann Reinhold Lopatka bekräftigt. Eine Entschuldigung für seine kritischen Äußerungen gegenüber Kern war insofern herauszuhören, als Lopatka meinte, diese seien in die Vergangenheit gerichtet gewesen, er wolle sich jetzt der Zukunft widmen. In dem Bestreben um gute Zusammenarbeit zwischen Regierung und Parlament will er auch die Opposition einbinden und beispielsweise für eine transparente Wahl des neuen Rechnungshofpräsidenten sorgen.

Da für Lopatka keine Zeit zu verlieren ist, schlug der ÖVP-Klubobmann in seiner Rede gleich inhaltliche Pflöcke ein. Er zeigte sich froh darüber, dass Kern den eingeschlagenen Kurs in der Flüchtlingsfrage unterstützt, da die Willkommenskultur ohne Grenzsicherung nicht funktioniere. Toleranz gegen Intolerante sei nicht möglich, sagte er und wiederholte die Position der ÖVP zum Thema Mindestsicherung. Wenn wir das Gesundheits- und Sozialsystem sichern wollen, dann müssen wir jetzt handeln, sagte Lopatka, und in diesem Zusammenhang auch darüber diskutieren ob man jene, die noch keinen Beitrag zum System geleistet haben, nicht anders behandeln soll als jene, die seit Jahren ihren Beitrag leisten. Vor allem sollten sich jene Menschen, die in ihrer Erwerbsarbeit nicht viel verdienen, gerecht behandelt fühlen. Lopatka bekräftigte die Forderungen nach Entbürokratisierung und Senkung der Steuerlast im Interesse der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik und schlug die Einrichtung eines "Standort-Konvents" vor, um daraus ein Standortpaket entwickeln zu können. Österreich ist stabil und stark und wird es auch bleiben, wenn die Bereitschaft zur Reform da ist, zeigte sich Lopatka abschließend überzeugt; wenn Mut vorhanden ist, dort Grenzen zu setzen, wo sie notwendig sind, und wenn man mit dem notwendigen Weitblick an die Aufgaben herangeht.

Strolz: Konstellation der Großen Koalition ist falsch für Österreich
Respekt für seine Regierungserklärung zollte eingangs NEOS-Klubobmann Matthias Strolz dem neuen Bundeskanzler. Darin habe viel Zuversicht gesteckt und viel Entschlossenheit sei mitgeschwungen. Trotz dieses positiven Zugangs verhehlte Strolz nicht seine Skepsis, da am Ende das Erreichte zählt. Kern habe die richtige Analyse getroffen, und das sei auch notwendig, weil man einen Blick auf den Status Quo brauche. Die Analyse sei aber zu wenig, sagte Strolz und begründete seinen Zweifel am Gelingen der Pläne mit der Feststellung, dass die Konstellation der großen Koalition für Österreich falsch ist. Es habe schon zu viele Versuche für Neustarts gegeben, und man spüre, dass ÖVP und SPÖ miteinander nicht mehr können und wollen. Strolz sprach sich daher auch für einen Neuanfang und damit für Neuwahlen aus, er räumte jedoch ein, dass er sich gerne eines Besseren belehren lassen wolle.

Ein dringendes inhaltliches Anliegen ist den NEOS die Bildung, da heute ca. ein Drittel der SchulabgängerInnen gleich in Richtung AMS gehen und damit zu einer verlorenen Generation werden. Als einen Ausweg aus der Krise sieht Strolz, den Schulen mehr Verantwortung und Autonomie zuzugestehen. Als notwendig erachtet er zudem eine Arbeitszeitflexibilisierung, da die gesetzliche Situation mit der heutigen Realität nichts mehr zu tun habe und eine falsche Bevormundung darstelle. Auch Strolz unterstützte die Bekenntnisse zu einem neuen politischen Stil und hatte dabei besonders die Sozialpartnerschaft und die Landeshauptleute im Visier, weil diese als "rot-schwarzes Machtkartell" das Parlament blockieren. Er appellierte zudem, wie auch bereits Grünen Chefin Eva Glawischnig-Piesczek, nicht alle Oppositionsanträge von vornherein zu vertagen oder abzulehnen.

Lugar drängt auf Lösung der Flüchtlingsproblematik
Auch Team Stronach Klubobmann Robert Lugar stimmte vollinhaltlich mit der Analyse von Bundeskanzler Kern überein, das Problem zu kennen sei aber nur die halbe Miete. Ihm hat das Bekenntnis zu gemeinsamen Lösungen gefehlt und er ortete innerhalb der Regierung noch immer ein riesiges Spannungsfeld. Dennoch unterstrich Lugar, er wünsche sich im Interesse Österreichs, dass die Regierung erfolgreich ist.

Das könne sie vor allem in Bezug auf die Flüchtlingsproblematik zeigen, denn die bisherige Politik sei vom Streit über einen Zaun geprägt gewesen. Die Regierung sei nicht in der Lage gewesen, für Recht und Ordnung zu sorgen. Sollte diese widerhergestellt werden, dann komme auch das Vertrauen wieder zurück, zeigte sich Lugar überzeugt.

 

 

Mehrstündige Nationalratsdebatte zum Neustart der Regierung
Freundliche Begrüßungsworte für den neuen Bundeskanzler und die neuen Mitglieder der Bundesregierung sowie politische Kooperationsangebote vieler RednerInnen prägten die mehrstündige Debatte über die Regierungserklärung Christian Kerns im Nationalrat. Kritisch bis ablehnend äußerte sich die FPÖ zur jüngsten Regierungsumbildung. Sie konnte dem "gefühlten hundertsten Neustart der SPÖ-ÖVP-Regierung" nichts abgewinnen und drängte vehement auf Neuwahlen. Die Sprecher der anderen Fraktionen bewerteten die große Regierungsumbildung hingegen positiv und sagten Unterstützung bei der Bewältigung der großen Aufgaben in Bildung, Verkehr, Technologie, Innovation, Kunst und Kultur, in der Wirtschaft sowie für die Frauen und vor allem bei der Überwindung der Arbeitslosigkeit zu. Einen von der Grünen-Abgeordneten Berivan Aslan eingebrachten gemeinsamen Entschließungsantrag von SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach für die Achtung von Grund- und Menschenrechten, von Rechtsstaatlichkeit und für die Fortsetzung des Friedensprozesses in der Türkei verabschiedete der Nationalrat einstimmig. Mehrere Entschließungsanträge der Opposition fanden keine Mehrheit.

Kickl: Gefühlter hundertster Neustart der Regierung
Negativ reagierte Herbert Kickl (F) auf die Rede des neuen Bundeskanzlers. Kern versuche, Stillstand und inhaltliches Vakuum auf der Regierungspolitik mit Floskeln zu überdecken. Der gefühlte hundertste Neustart zeige, dass diese Bundesregierung das Problem sei und nicht die Lösung. Die Regierungsbank präsentiere sich als politische Gegengesellschaft zur österreichischen Bevölkerung und "spricht weit weg von den Themen, die die Menschen betreffen". Die Lücke zwischen den Menschen und dem politischen Paralleluniversum der Bundesregierung könne auch Christian Kern keinen Millimeter kleiner machen, sagte Kickl. Denn die aktuellen Probleme, die Arbeitslosigkeit und die Flüchtlingswelle, seien nicht über Nacht gekommen, sondern das Ergebnis jahrelanger Versäumnisse. Statt um einen Vertrauensvorschuss zu bitten, sollte die Regierung den ÖstereicherInnen vertrauen und den Weg zu Neuwahlen freigeben. "Man kann auch durch Wahlen Bundeskanzler werden", gab Kickl Kern zu bedenken. Aufgabe des neuen Bundespräsidenten werde es sein, auf die Einhaltung der Versprechen zu achten, die die Regierung heute macht, um sich mit ein paar neuen Köpfen über die Runden zu retten, schloss Kickl.

Cap zur FPÖ: Die Grenzen populistischer Rhetorik werden sichtbar
In dieser Rede Kickls werden die Grenzen populistischer Rhetorik sichtbar, sagte Josef Cap (S), der jede inhaltliche Stellungnahme der FPÖ zur Regierungspolitik vermisste. Deren Redner strapazierten eine "Wirklichkeitsrhetorik", die nichts mit Wirklichkeit zu tun habe. Es genüge nicht mehr, den Menschen "Fürchtet euch" zuzurufen. Gefragt sind Antworten auf die Auswirkungen der Finanzkrise und europäische Lösungen bei der Bewältigung der Wanderungsbewegungen. Diese Antworten kann die FPÖ laut Cap nicht geben. Kein Wort zur Bildungsreform, zur Sicherung des Pensionssystems und keine Auseinandersetzung mit den Veränderungen der Gesellschaft in Zeiten der Globalisierung. Während Bernie Sanders in den USA fordert, dass Menschen durch Krankheit nicht länger in Obdachlosigkeit und Armut geraten dürfen, gelte es in Österreich, einen gut ausgebauten Sozialstaat und ein hervorragendes Gesundheitssystem zu verteidigen. Es gibt keinen Anlass dieses Land schlecht zu reden, sagte Cap und fügte hinzu: "Ich glaube an Österreich".

Er hoffe, dass der neue Bundeskanzler nicht nur den Neustart schaffe, sondern den klaren Bruch mit bisherigen Praktiken herbeiführe, meinte Albert Steinhauser (G). Eine weitere Erosion des Vertrauens in die Regierung berge die Gefahr, dass auch das Vertrauen in die Demokratie allgemein schwindet, warnte er. Nach sieben Jahren Wirtschaftskrise stelle sich die Frage der sozialen Gerechtigkeit mehr denn je. Zu den Zukunftsthemen, bei denen es gelte, in längeren Zeiträumen zu denken, gehört für Steinhauser die Klimapolitik, hier hoffe er auf die richtigen Entscheidungen.

Der neue Bundeskanzler habe wichtige Politikfelder aufgezeigt, meinte Wolfgang Gerstl (V), der bei den wichtigen Verfassungsfragen, die es zu lösen gelte, auf eine konstruktive Zusammenarbeit aller Fraktionen hofft.

Christian Kern habe das Bild einer fairen Gesellschaft entworfen, an deren Verwirklichung er gerne mitarbeiten wolle, sagte Wolfgang Katzian (S). Einsatz müsse sich lohnen, aber auch die weniger Erfolgreichen der Gesellschaft dürfen nicht ins Abseits gedrängt werden. Die Politik sollte Themen wie Teilzeitarbeit, Prekariat und Neuverteilung der Arbeit und Einkommen aufgreifen, sagte Katzian.

Erwin Angerer (F) wies darauf hin, dass die Regierung bisher die Politik der ständigen Neuverschuldung immer weiter betrieben habe, er könne keine Änderung erkennen.

Hammerschmid: Gleiche Bildungschancen für alle Kinder
"Ich will in einem Land leben, in dem alle Kinder die gleichen Chancen haben, unabhängig davon, wo sie wohnen und wer ihre Eltern sind" – diesen Satz aus der Regierungserklärung des neuen Bundeskanzlers Christian Kern stellte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid an die Spitze ihrer ersten Rede im Nationalrat. Österreich braucht ein gutes Bildungssystem, weil es seine wirtschaftlichen Erfolge nicht mit Rohstoffen, sondern mit Ideen für neue Produkte, Verfahren und Dienstleistungen erziele. Österreich müsse auf seine kluge Köpfe setzen. "Wir brauchen motivierte PädagogInnen, die mit Leidenschaft unterrichten und Kinder fördern" sagte Hammerschmid. Bildungspolitik ist das beste Instrument erfolgreicher Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, sagte die neue Bildungsministerin.

Die Chance des Neuanfangs in der Regierung will Harald Walser (G) nutzen und sagte der neuen Bildungsministerin seine Unterstützung bei der Umsetzung der Bildungsreform zu. Eine Schonzeit könne es nicht geben, die Gespräche sollten rasch aufgenommen werden, noch vor dem Sommer "Nägel mit Köpfen" gemacht und Ergebnisse erzielt werden. Die Gesellschaft habe sich dramatisch verändert, nicht aber die Schule.

Auch Walser verlangt einen New Deal, und zwar in der Bildungspolitik. Wie Hammerschmid sieht er in Ausbildung und Bildung die beste soziale Absicherung.

Das Versagen der Regierungsparteien in der Bildungspolitik kritisierte Walter Rosenkranz (F), der die neue Bildungsministerin auf ihre positiven Bildungserfahrungen in einer ländlichen Hauptschule ansprach. Ebenfalls keinen Anlass für eine Schonfrist für Hammerschmid sah Rosenkranz. Zu sehr drängten die Probleme in den Schulen, zuletzt etwa bei der Zentralmatura, wo bis zu zwei Drittel der SchülerInnen in Mathematik durchfielen. "Das zentrale Maturasystem hat versagt", hielt Rosenkranz fest. SchülerInnen dürfen nicht zu Versuchskaninchen der Bildungspolitik gemacht werden, schloss Rosenkranz.

Claudia Gamon (N) würdigte die neue Wissenschaftsministerin als Kämpferin für faktenbasierte Vernunft sowie für Wissenschaft und Forschung und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass es Hammerschmid gelingen werde, die Wertschätzung für Wissenschaft und Forschung zu verbessern und im Bildungssystem dafür zu sorgen, dass nicht länger Geld in die teure Schulverwaltung fließe. Es brauche eine Reform des Föderalismus gegen den Widerstand der Landesfürsten. Die NEOS bieten dabei ihre Zusammenarbeit an. In der Frauenpolitik gehe es um mehr Kinderbetreuung und bessere Arbeitsmarktchancen der Frauen. Frauen sollen endlich ihre Träume verwirklichen können, egal ob sie diese in Pippi Langstrumpf oder Barbie verkörpert sehen.

Es sei gut, wenn laut den Erklärungen der neuen Regierungsmitglieder das Bildungsministerium als Schlüsselressort betrachtet wird, stellte Elisabeth Grossmann (S) fest. Bildung sei der Schlüssel zur Zukunft, sie hoffe auf einen nationalen Konsens über die Bildungsreform. Nicht nur reine Wissensvermittlung sei in der Schule von heute gefragt, sondern auch Persönlichkeitsentwicklung und vieles mehr.

In der Bildungsreform sei bereits einiges gelungen, meinte Brigitte Jank (V). Sie wünsche der neuen Bildungsministerin, die das wichtigste Ressort innehabe, viel Erfolg. Als Handlungsfelder angesichts der Digitalisierung sah sie neue Lehr- und Lernformen und auch neue Inhalte, wie etwa Wirtschafts- und Finanzwissen. Besonders wichtig sei auch die Stärkung der Schulautonomie.

Krise gut bewältigt, nun muss die Stimmung wieder besser werden
Hoffnungen stärken, statt Ängste schüren, sagte Andrea Kuntzl (S) in Übereinstimmung mit dem Politikverständnis Christian Kerns. Österreich sei gut aus der Krise gekommen, die Stimmung sei aber nicht so gut, wie sie sein sollte, meinte Kuntzl und plädierte für einen Innovationsschubs in der Politik. Bildung sollte dabei im Zentrum stehen – als Basis für die Lebenschancen aller Kinder. Diese Chancen dürfen nicht länger davon abhängen, welchen Vornamen man trägt, in welchen Stadtteil man aufwächst und wie groß die Brieftasche der Eltern ist, schloss Kuntzl.

Über die gute Stimmung auf der Regierungsbank freute sich Jakob Auer (V), weil die Hälfte der Konjunktur von der Stimmung abhänge, wie er sagte. Es gelte Österreich wieder stark zu machen und Lösungen für die Probleme von Unternehmen, ArbeiternehmerInnen und Lehrlingen zu finden, die nicht sinnerfassend lesen können. Die BäuerInnen leiden unter einer beispiellosen Marktkrise, Wetterkatastrophen und Russlandsanktionen. Sie arbeiten 365 Tage im Jahr, liefern hochwertige Lebensmittel und pflegen mit der Landschaft die Grundlage des Tourismus in Österreich. Jetzt brauchen sie Hilfe, sagte Auer und schlug vor, die Sozialversicherungsleistungen für die BäuerInnen einen Monat lang auszusetzen. Auer begrüßte das Engagement des neuen Bundeskanzlers und äußerte Bewunderung für dessen Bereitschaft, einen Topjob zu verlassen und mit der Absicht in die Politik zu gehen, Österreich zukunftsfit zu machen.

 

 

Christoph Hagen (T) registrierte große Erwartungen in die Worte des neuen Bundeskanzlers, merkte aber an, dass dieser sein Vertrauen erst verdienen müsse. Wenn er Jobs verlange, von denen die Menschen auch leben können, müsse er sich auch dem Problem stellen, dass es Flüchtlingsfamilien gebe, die nicht arbeiten und mehr als 5.000 € Unterstützung pro Monat erhalten, während andere Menschen hart arbeiten, Steuern zahlen und mit viel weniger Geld leben müssen. Großen Nachholbedarf sah Hagen in der Bildungspolitik und kündigte die Unterstützung bei Reformen an. Den Verkehrsminister erinnerte Hagen an zahlreiche Anträge der Opposition, die nicht länger vertagt werden sollten. Mit Staatssekretärin Muna Duzdar möchte Hagen über die Verbesserung des Dienstrechts der ExekutivbeamtInnen sprechen.

Nur eine starke Wirtschaft schafft Voraussetzungen, damit wieder mehr Menschen an steigenden Wohlstand der Enkelgeneration glauben können, hielt Peter Haubner (V) fest. An dieser Stelle wies der Redner darauf hin, dass zwei Drittel der Arbeitsplätze in Österreich von kleinen und mittleren Unternehmen gesichert werden und warnte davor, die Leidensfähigkeit der KMU durch bürokratische Schikanen überzustrapazieren. Es gelte den Unternehmergeist zu stärken, denn nur Betriebe, die Gewinne machen, können Steuer zahlen. Haubner plädierte auch für eine Flexibilisierung der Arbeitszeit.

Österreich hat das Potenzial, um Erfolgsgeschichten zu schreiben, zitierte Waltraud Dietrich (T) aus der Rede des neuen Bundeskanzlers Christian Kern. Viele der fleißigen ÖsterreicherInnen, die schwer arbeiten, haben aber dennoch ein schweres Leben, klagte Dietrich und kritisierte den politischen Stillstand trotz der hohen Arbeitslosigkeit. Kern verdiene Lob, weil als erster Politiker eingestehe, dass die ÖsterreicherInnen seit vielen Jahren Reallohnverluste erleiden. Als konkrete Rezepte für einen Aufschwung empfiehlt Dietrich, die Kriminalisierung von UnternehmerInnen zu beenden, bürokratische Belastungen abzubauen und den teuren Föderalismus endlich zu reformieren. Der Neubeginn könne aber nur gelingen, wenn die ÖVP ihre politische Doppelrolle als Opposition in der Regierung aufgebe, meinte Dietrich.

August Wöginger (V) zeigt sich erfreut über den Willen zur Zusammenarbeit, auch bei Teilen der Opposition. In wichtigen Fragen habe die Regierung bisher besonders dann Erfolge erzielt, wenn sie das Parlament von Anfang an eingebunden habe, gab Wöginger dem neuen Kanzler mit. Eine der anstehenden Fragen sei die Mindestsicherung. Er bekenne sich zu ihr als Instrument der sozialen Absicherung, doch müsse diese ausgewogen gestaltet werden.

Die Bevölkerung erwarte sich von der Politik Berechenbarkeit, Sicherheit und Stabilität, sagte Leopold Steinbichler (T) dem neuen Regierungsteam. Er sehe Ansätze zu einer positiven Entwicklung. Handlungsbedarf bestehe bei der Stärkung der Investitionskraft, vor allem im ländlichen Raum, der nicht nur gesunde Nahrungsmittel produziere, sondern auch von vielen Klein- und Mittelbetrieben geprägt sei.

Österreich habe als Industrie- und Wirtschaftsstandort viele Erfolge vorzuweisen, unterstrich Rainer Wimmer (S). Daher hoffe er, dass dem neuen Kanzler die Trendwende zu einer besseren Stimmung in der Wirtschaft gelinge. Die Digitalisierung, welche die Arbeitswelt massiv verändere, brauche Antworten, etwa wenn es um Mitbestimmung, um die Verteilung von Arbeit und Einkommen und um Flexibilisierung geht. Auch an einer Arbeitszeitverkürzung werde kein Weg vorbeiführen.

Sie hoffe, dass die Aufbruchsstimmung dieser Tage sich in einer modernen Wirtschaftspolitik niederschlägt, sagte Ruperta Lichtenecker (G). Österreichs Innovationskraft müsse gestärkt werden. Dazu gehörten die Förderung von Universitäten, Wissenschaft und Forschung. Eine leistungsfähige Breitband-Infrastruktur und Datensicherheit seien Voraussetzungen, um die Herausforderungen der digitalen Revolution meistern zu können.

Auch die fraktionslose Abgeordnete Susanne Winter zeigte sich positiv beeindruckt von der Antrittsrede des neuen Kanzlers. Er habe viele Dinge richtig angesprochen, und sie hoffe, es werde ihm gelingen, die Stimmung zu drehen.

Breite Zustimmung zu Leichtfrieds "Verkehrspolitik für Menschen"
Für den neuen Verkehrsminister Jörg Leichtfried geht es in der Verkehrspolitik um die Menschen. Allzu lange habe man im Verkehr nur technische Probleme lösen wollen. Die Menschen nutzen öffentliche Verkehrsangebote, wenn attraktive Züge mit Tempo und zu einem guten Preis unterwegs sind. Auch im Güteverkehr – wichtig für das Exportland Österreich – seien gute Preise und flexible Angebote entscheidend. Menschen brauchen gute Luft, Schutz vor Lärm und schätzen zunehmend die Vorteile der Elektromobilität, daher geht es Leichtfried um eine ökologische Verkehrspolitik". Im Straßenverkehr ist für Leichtfried mehr Sicherheit gefragt, denn auf österreichischen Straßen sterben doppelt so viele Menschen wie in Schweden. Um den Herausforderungen durch die Digitalisierung der Wirtschaft begegnen zu können, müsse Österreich so viel "Hirnschmalz" wie möglich einsetzen und in der Produktion auf Innovation statt auf Quantität setzen. Als positives Beispiel nannte Leichtfried die Obersteiermark, die in der Metallurgie zu einem europäischen Kompetenzzentrum geworden ist.

Seiner Freude über die Bestellung Jörg Leichtfrieds äußerte Georg Willi (G) und begrüßte dessen Aussagen für eine flächendeckende LKW-Maut. Es sei nicht einzusehen, dass Verkehrsunternehmen ein Benützungsentgelt auf 100% des Schienennetzes, aber nur auf 3% des Straßennetzes leisten. Willi sagte Leichtfried Unterstützung in einer ökologischen Verkehrspolitik zu, die den Zielen Klimaschutz geringere Ölabhängigkeit und höhere Kostenwahrheit dient, die Umwelt schützt und die Entwicklung von Elektrofahrzeugen vorantreibt.

Die Kooperation seiner Fraktion bot auch Michael Pock (N) dem neuen Verkehrsminister Leichtfried an und begrüßte eine ökologische Verkehrspolitik als Voraussetzung für die Erfüllung der internationalen Verpflichtungen Österreichs beim Klimaschutz. Zudem plädierte Pock für mehr Wettbewerb, um etwa Arbeitsplätze in Fernbusunternehmen zu sichern. Einschränkungen des Wettbewerbs im Telekomsektor lehnt Pock ab.

Gerhard Deimek (F) verlangte vom neuen Verkehrsminister Jörg Leichtfried ein verkehrsträgerübergreifendes und internettaugliches Österreichticket für alle Systeme des öffentlichen Verkehrs. Die Verkehrssicherheit müsse verbessert werden, ohne die Geschwindigkeit auf den Straßen unnötig einzuschränken. Bei den ÖBB gelte es, den schaffnerlosen Fahrbetrieb zu beenden, die Lockführer besser auszubilden, die Umfallverhütung zu verbessern und die Politik der Vertuschung von Umfallursachen zu beenden. In einem Entschließungsantrag forderte Deimek auf, TTIP und CETA in der EU eine Absage zu erteilen.

Das Rückgrat einer modernen Verkehrsinfrastruktur ist die Bahn, sagte Anton Heinzl (S), bei deren Ausbau Österreich große Fortschritte gemacht habe. Auch der Ausbau des Breitbandnetzes sei ein Gebot der Stunde. Der neue Verkehrsminister verfüge über einen reichen Erfahrungsschatz in der Verkehrspolitik, sagte Heinzl, er freue sich auf eine gute Zusammenarbeit mit ihm im Verkehrsausschuss. Die gute Ausschussarbeit betonte auch Andreas Ottenschläger (V). Ihm sei es wichtig, ein vernünftiges Miteinander von Straße und Schiene zu erreichen.

Drozda für Dialog mit ParlamentarierInnen und KünstlerInnen
Der neue Kanzleramts- und Kulturminister Thomas Drozda, der sich als Mann mit politischen Erfahrungen in den Kabinetten der Bundeskanzler Vranitzky und Klima und mit unternehmerischen Erfahrungen in mehreren Kulturbetrieben vorstellte, nahm die Angebote zur Zusammenarbeit mit den ParlamentarierInnen mit Freude auf und bekannte sich seinerseits zum Dialog mit dem Parlament einerseits und mit den KünstlerInnen andererseits. Er sei sich seiner großen Verantwortung bewusst, gilt doch Österreich international zu Recht als eine große Kunst- und Naturnation, sagte Drozda.

Wolfgang Zinggl (G) warnt den neuen Kulturminister vor der Fortsetzung des bisherigen Kurses in der Kulturpolitik, die seiner Ansicht nach allzu sehr auf die Absicherung der Bundesmuseen und -theater gerichtet sei. Kein Skandal konnte diesen Kurs bislang ändern, maximal wurde der eine oder andere Manager ausgetauscht. Vor allem sollte Drozda aber auch an die KünstlerInnen abseits der großen Institutionen denken.

Nikolaus Alm (N) erhoffte sich vom neuen Kulturminister eine Kehrtwende gegenüber bisherigen Praktiken und die richtige Schwerpunktsetzung im Einsatz der Mittel. Eine Neuausrichtung müsse vor allem die Medienpolitik erfahren, sie dürfe nicht als Mittel des Machterhalts gesehen werden, es geht um offene Kommunikation. Alm überreichte Minister Drozda dazu ein zwanzigseitiges Positionspapier.

Eine Neuausrichtung der Schwerpunkte der Kunstförderung auf neue Initiativen forderte Elisabeth Hakel (S). Wichtig sei auch die gerechte Entlohnung kreativer Arbeit, dazu sei ein starkes Urheberrecht und vor allem ein Urhebervertragsrecht notwendig. Hakel sprach sich auch für Förderung der Musikwirtschaft und der Kunstvermittlung aus, wobei Frauen besonders zu berücksichtigen seien.

Auch für Maria Theresia Fekter (V) zählte die Vergabe von Fördermitteln zu den wichtigen Fragen. Hier müsse mehr Transparenz hergestellt werden, zudem sei es wichtig, dass die Länder ihre Daten in die Transparenzdatenbank einspeisen. Sie sei zuversichtlich, dass hier mehr Effektivität erreicht werden kann.

"Mutig in die neuen Zeiten", will Gisela Wurm (S) gehen und neue Jobs schaffen, insbesondere auch für Frauen. Die Einkommensschere zwischen den Geschlechtern müsse endlich geschlossen werden. Dem neuen Bundeskanzler sagte Wurm die Unterstützung der Frauennetzwerke zu. Wurms Vision für die Frauen lautet: "Die Hälfte der Welt für die Frauen und die Hälfte der Familien für die Männer."

Ein eigenes Frauenministerium forderte Aygül Berivan Aslan (G), die auch auf die Wichtigkeit der Friedenspolitik hinwies. Die Türkei sei gerade dabei, sich mit der geplanten Aufhebung der Immunität von 138 Abgeordnetem im türkischen Parlament von der Friedenspolitik in den kurdischen Gebieten zu verabschieden. Aslan brachte dazu einen gemeinsamen Entschließungsantrag von SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach ein, der die Regierung auffordert, sich für die Achtung von Grund- und Menschenrechten, der Rechtsstaatlichkeit und die Fortsetzung des Friedensprozesses in der Türkei einzusetzen.

Duzdar will Stimmung bei Migrationsfragen heben
Staatssekretärin Muna Duzdar dankte für den Vertrauensvorschuss, der ihr gegeben werde. Sie wolle im Team des Aufbruchs von Kanzler Kern mitarbeiten und helfen, die negative Stimmung, die in Migrationsfragen herrsche, zu verändern. Sie verstehe die Ängste vieler Menschen und auch Gefühle wie Zorn und Resignation. Hier werde von der Politik zurecht erwartet, dass sie Akzente setze.

Die neue Staatssekretärin im Bundeskanzleramt sollte mit einigen Beamtenprivilegien aufräumen, sagte Gerald Loacker (N) und brachte dazu einen Entschließungsantrag ein, der fordert, dass auch für BeamtInnen das Prinzip "Rehabilitation vor Pension" umgesetzt wird.

Dorothea Schittenhelm (V) formulierte ihre frauenpolitischen Wünsche gegenüber der neuen Frauenministerin: Förderung der Gendermedizin, eine anonymisierte Abtreibungsstatistik und Maßnahmen gegen die Gewalt an Frauen und Kindern. Man dürfe nicht zulassen, dass Frauen und Mädchen sich im öffentlichen Raum nicht mehr sicher fühlen. 

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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