Prognose: Gemeindefinanzen bis 2019

 

erstellt am
18. 05. 16
11:00 MEZ

Steuerreform zeigt sich 2016 und 2017 mit geringem Anstieg der Ertragsanteile – bei weiter wachsenden Sozialtransfers
Wien (städtebund/rk) - Die österreichischen Gemeinden (ohne Wien) werden 2015 einen Überschuss der laufenden Gebarung in Höhe von knapp 1,7 Mrd. Euro schreiben. Aufgrund der Steuerreform und der höheren Ausgaben im Sozialbereich wird der Überschuss im Jahr 2017 um rund 130 Mio., im Worst-Case bis zu 400 Mio. Euro, gegenüber 2015 sinken. Für das Jahr 2019 wird ein Wert prognostiziert, der real um ein Sechstel geringer ist, als noch im Jahr 2007.

Den Gemeinden (ohne Wien) wird aus der laufenden Gebarung im Jahr 2015 ein Überschuss von voraussichtlich 1,7 Mrd. Euro verbleiben. Dieser Spielraum für Investitionen und Schuldentilgungen liegt in realen Werten um 16 Prozent unter dem Vor-Krisen-Niveau von 2007. Die Städte und Gemeinden sind weitgehend redlich bemüht ihre Haushalte zu konsolidieren, jedoch übersteigen die Ausgaben die Einnahmen. Die Gemeinden (ohne Wien) erhalten rund 6,2 Mrd. Euro Ertragsanteile aus dem Bundestopf, davon werden 2,7 Mrd. bzw. 44 Prozent über Transfers (für Krankenanstalten, Sozialhilfe und Landesumlage) wieder an die Länder (sowie teilweise Verbände) zurück überwiesen. Die Transferlast ist demnach zwischen 2007 und 2015 um 952 Mio. Euro gestiegen.

Für Gestaltungs- und Handlungsspielräume und somit Autonomie bleibt den Gemeinden zu wenig in der laufenden Gebarung. Besonders auffallend sind dabei die unterschiedlichen Werte bei Ertragskraft und freier Finanzspitze in den einzelnen Bundesländern. Die höchsten Werte finden sich demnach im Burgenland und in Salzburg, den geringsten Spielraum haben die Bundesländer Kärnten und Steiermark.

„Die Ergebnisse zeigen einmal mehr, wie dringend Reformen beim Finanzausgleich nötig sind: Aufgaben sollten direkt finanziert werden („Geld folgt Leistung“). Durch eine sinnvolle Aufgabenentflechtung und entsprechende Neuordnung der Mittelzuweisung erübrigen sich viele Verflechtungen, Transfers und Umlagen. Das bringt Kostenwahrheit, Transparenz und klare Verantwortlichkeiten“, sagte dazu Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes.

Gemeindefinanzprognose bis 2019
Die Steuerreform macht sich 2016 weniger stark bemerkbar als angenommen. Trotzdem entzieht sie den Gemeinden (ohne Wien) auch im Jahr 2017 2 Prozent der Ertragsanteile, das bedeutet 125 Mio. Euro weniger Einnahmen. Denn auch die Ertragsanteile wachsen 2016 mit einem Plus von 1,7, aufgrund der offensichtlich besser funktionierenden Gegenfinanzierung. Rund 12 Prozent werden den Gemeinden 2016 aus der laufenden Gebarung für Investitionen und Schuldentilgungen über bleiben – 2007 waren es noch 15 Prozent.

Haupt-Szenario: Der Überschuss der laufenden Gebarung wird bis 2019 leicht auf 1,7 Mrd. Euro steigen, das sind 11,5 Prozent der laufenden Gebarung und bedeuten einen Wert der real ein Fünftel unter jenem von 2007 liegt.

Worst-Case-Szenario: Der Überschuss der laufenden Gebarung bis 2019 wird auf 1,2 Mrd. Euro, oder 7,6 Prozent zurückgehen, wenn die Sozialausgaben wie vom Bundesministerium für Finanzen und vom Fiskalrat prognostiziert steigen werden. Weitere Faktoren sind, dass die Gegenfinanzierung der Steuerreform stagniert und die Gemeinden sie in noch größerem Maße mittragen und die Konjunktur schwächer ausfällt. Gegenüber dem Jahr 2015 zeigt sich ein Rückgang von 451 Mio. Euro.

„Es ist erfreulich, dass sich die Steuerreform 2016 weniger stark zu Ungunsten der kommunalen Ebene entwickeln wird. Jedoch zeigt sich auch 2017 noch ein unzureichender Anstieg der Ertragsanteile, weshalb die künftige Entwicklung die finanziellen Spielräume der Gemeinden weiter einschränken wird. Die Reformideen die zahlreich vorhanden sind und auch Zustimmung finden müssen auch umgesetzt werden. Aufgabenreform auf allen staatlichen Ebenen und ein neuer Finanzausgleich sind notwendig, um die kommunale Finanzierung für alle Bürgerinnen und Bürger zu sichern“, meint Peter Biwald, Geschäftsführer des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung.

Sozialausgaben für Flüchtlinge und AsylbewerberInnen
Das Bundesministerium für Finanzen wie auch der Fiskalrat erwarten für 2016 Mehrausgaben von 1 Mrd. Euro für die Betreuung und Unterbringung von Asylwerbenden sowie von anerkannten Flüchtlingen. Die Bedarfsorientierte Mindestsicherung soll dabei um 0,7 Mrd. Euro anwachsen. Hier wird auf die Städte eine Mehrbelastung zukommen, da sie zwischen 40 und 50 Prozent mitfinanzieren. Summa summarum wird eine Mehrbelastung für Städte und Gemeinden von 280 bis 350 Mio. Euro erwartet. Insbesondere sind hier die Städte stark gefordert, da sich dort Ballungsorte von AsylwerberInnen und Flüchtlingen finden.

Handlungserfordernisse

  • Aufgabenreform auf allen Ebenen, die Gebietskörperschaftsübergreifend wirkt.
  • Synergien durch Strukturreformen auf Gemeindeebene noch stärker zu nutzen.
  • Flächendeckende Kooperationen
  • Region Neu bzw. Gebietsgemeinde schaffen
  • Grundlegende Reform des Finanzausgleichs
  • Aufgaben, Ausgaben, Finanzierung in einer Hand [z. B. Krankenanstalten auf Länderebene und Kinderbetreuung auf Gemeindeebene]
  • Aufgabenorientierter Finanzausgleich [ z. B. mit Kinderbetreuung beginnen]
  • Transfers vereinfachen durch bundesweit einheitliche Regeln sowie einen einheitlichen Lastenausgleich für zentralörtliche Aufgaben wie auch Ressourcenausgleich für finanzschwache Gemeinden
  • Kommunale Abgabenautonomie ausbauen [z. B. durch Grundsteuerreform]

 

 

 

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