Doskozil kündigt Verbesserungen
 bei der Ausrüstung der Truppe an

 

erstellt am
22. 06. 16
11:00 MEZ

Landesverteidigungsausschuss debattiert über Jahresbericht der Parlamentarischen Bundesheerkommission
Wien (pk) - 2015 gab es wieder weniger Beschwerden beim Bundesheer. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil sieht trotzdem einen "gewissen Nachholbedarf", vor allem was den Umgang mit Grundwehrdienern und Frauen betrifft, und kündigte am 21.06. in der Debatte im Landesverteidigungsausschuss über den aktuellen Bericht der Parlamentarischen Bundesheerkommission zudem Verbesserungen bei der Ausrüstung und der Mobilität als Folge der nunmehr geänderten Budgetsituation im Ressort an.

Anzahl der Beschwerden rückläufig
Insgesamt nahmen 2015 2.795 Personen die Kommission in Anspruch, wobei in 398 Fällen (2014: 508 Fälle) ein Beschwerdeverfahren durchgeführt wurde. Den größten Anteil der Beschwerdeführer stellten dabei mit 30% die Rekruten. Wie schon in den vorangegangenen Jahren war auch diesmal der Bereich Ausbildung und Dienstbetrieb häufigster Anlass für Beschwerden (63%), gefolgt von Personalangelegenheiten (18%) und Infrastruktur (12%).

Abgeordnete sehen Handlungsbedarf bei Sicherheitsausrüstung, Fahrzeugen und Infrastruktur
SPÖ-Abgeordneter Otto Pendl leitete als amtsführender Vorsitzender der Kommission konkreten Handlungsbedarf aus den Beschwerden ab. So sei der Sold der Grundwehrdiener mit knapp über 300 € pro Monat zu niedrig, Defizite gebe es nach wie vor auch bei der Ausrüstung, bei der baulichen Infrastruktur und im Fahrzeugbereich. Ko-Vorsitzender Michael Hammer (V) sprach von einer produktiven Arbeit der Kommission und begrüßte insbesondere die Verzahnung mit dem Ausschuss. Als positiv hob er die zahlreichen Prüfungsbesuche bei der Truppe hervor, bei der sich die Kommission ein Bild von der Situation vor Ort machen konnte.

Hermann Brückl (F) zeigte sich ebenso wie die Abgeordneten Christoph Hagen (T) und Rainer Hable (N) besorgt über Mängel bei der Ausrüstung vor allem bei Auslandseinsätzen und meinte, es gehe nicht an, dass sich Soldaten Sicherheitswesten und Ähnliches selbst kaufen müssen. Grünen-Mandatarin Tanja Windbüchler-Souschill will entsprechende Sicherheiten für die Grundwehrdiener, damit diese ihre Beschwerden ohne das Risiko von Repressalien vorbringen können.

Doskozil: Heer muss attraktiver Arbeitgeber werden
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil schickte voraus, zahlreiche Beschwerden über die Personalsituation oder über Ausrüstungsmängel seien Folgen der budgetieren Situation der Vergangenheit. Durch die strukturelle Budgeterhöhung auf 2,5 Mrd. € bis 2020 sei es nun möglich, wesentliche Verbesserungen bei der Schutzausrüstung sowie bei Mobilität und Infrastruktur abzudecken. Die von ÖVP-Abgeordnetem Georg Vetter geforderte Attraktivierung des Grundwehrdienstes sieht Doskozil im Zusammenhang mit der Infrastruktur, wobei er anfügte, hier seien noch einige Hausaufgaben zu erledigen. Klar ist für den Ressortchef auch, dass das Bundesheer ein attraktiver Arbeitgeber werden muss. Durch ein Lebens-Arbeitszeit Modell soll in diesem Sinn jungen Menschen eine berufliche Perspektive angeboten werden.

Debatte im Landesverteidigungsausschuss über Bericht zum Strukturpaket ÖBH 2018
Der Verteidigungsminister bekräftigte, er beabsichtige nicht, Kompetenzen des Innenministeriums an sich zu ziehen. Das Bundesheer sei im Rahmen von Assistenzeinsätzen vielmehr dort tätig, wo die Exekutive mit ihren Kräften nicht zu Rande kommt. Im Lichte der neuen Herausforderungen durch die Terrorbedrohung sei die Abgrenzung der Zuständigkeiten aber unklar, hier gelte es noch, eine offene Diskussion zu führen. Doskozil reagierte damit auf Vorwürfe der Grünen, das Verteidigungsministerium würde zunehmend Aufgaben des Innenressorts übernehmen. Hintergrund der Debatte war ein Bericht, in dem der Minister Anpassungen des Strukturpakets ÖBH 2018 präsentierte und dabei vor allem das Augenmerk auf zusätzliche Investitionen und die Reform der Grundstruktur des Bundesheers legt.

Zur Diskussion über die Zukunft des Bundesheers steuerte das Team Stronach einen Entschließungsantrag mit der Forderung nach einer etappenweisen Anhebung des Heeresbudgets auf 1,4% des BIP im Jahr 2018 bei. Die NEOS wiederum griffen das Flüchtlingsthema auf und sprachen sich in einer Initiative gegen Abschiebungen von abgewiesenen AsylwerberInnen mit Transportmaschinen des Bundesheers aus. In einem weiteren Antrag brachten die NEOS ihre Kritik an den Plänen des Ressorts zum Ausdruck, das Bundesheer zum Objektschutz heranzuziehen. Sämtliche Anträge der Opposition wurden allerdings vertagt.

Einstimmige NR-Entschließung forderte Anpassung des Strukturpakets ÖBH 2018
Die Abgeordneten hatten bereits in einer einstimmig angenommenen Entschließung des Nationalrats vom 26.11.2015 massive Einwände gegen den Sparkurs beim Bundesheer vorgebracht und eine Überprüfung des unter dem Titel ÖBH 2018 vom damaligen Ressortleiter Gerald Klug vorgelegten Strukturpakets gefordert. In seinem Bericht (III-284 d.B.), der den Ausgangspunkt der Debatte im Ausschuss bildete und mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Team Stronach zur Kenntnis genommen wurde, teilte Hans Peter Doskozil nun die Bedenken der sechs Parlamentsfraktionen und bekannte sich zur Korrektur der ursprünglich vorgesehenen Personalkürzungen sowie zur Forcierung von Investitionen in die wesentlichen Fähigkeitsbereiche des Bundesheers – von der Ausrüstung bis zur Miliz.

Reaktion des Ministeriums trifft auf viel Zustimmung
Die mittlerweile von der Bundesregierung zugunsten des Bundesheers gesetzten Maßnahmen stießen auf ein positives Echo bei den Regierungsparteien und auch bei FPÖ und Team Stronach. Nun gehe es an die Umsetzung, betonte SPÖ-Wehrsprecher Otto Pendl, der sich mit Nachdruck für die Autarkie und die Erhaltung der Einsatzfähigkeit der militärischen Verbände aussprach. Klar ist für Pendl auch, dass bei der geplanten Personalaufstockung des Bundesheers die Frage der Einkommenshöhe im Mittelpunkt stehen wird. Das Ministerium sei bereits auf die Kritikpunkte und Vorschläge des Berichts eingegangen, stellte namens der ÖVP Bernd Schönegger fest, dem auch Reinhard Eugen Bösch von der FPÖ beipflichtete.

Die einstimmige Entschließung des Nationalrates sei eine Sternstunde des Parlamentarismus gewesen, zumal man eine Änderung der Politik im Verteidigungsressort bewirken konnte, stellte der Wehrsprecher der FPÖ fest. Bösch begrüßte insbesondere die Neustrukturierung des Bundesheers in vier große Verbände und stellte überdies anerkennend fest, die nunmehr bewilligte Sonderfinanzierung habe den freien Fall gestoppt. Er sagte Doskozil die Unterstützung seiner Fraktion auf dem Weg der Stärkung des Bundesheers zu, gab aber zu bedenken, es werde einer kontinuierlichen Zuführung von Budgetmitteln bedürfen, um den nachhaltigen Aufbau der Struktur sicherzustellen. Lob für den Sonderinvest spendete auch Team Stronach-Abgeordneter Christoph Hagen, der in diesem Zusammenhang von einer Notmaßnahme sprach und weitere Budgetmittel für eine längerfristige Planung als unbedingt notwendig erachtet.

Inlandseinsätze des Bundesheers: Bedenken von Grünen und NEOS
Aus dem Chor der Zustimmung scherten Grüne und NEOS aus. Peter Pilz (G) setzte mit seiner Kritik am Prozedere an und zeigte sich irritiert darüber, dass das Parlament den Bericht erst jetzt vor sich habe, wo doch die wesentlichen Strukturveränderungen bereits vorgenommen wurden. So übernehme das Verteidigungsressort immer mehr Aufgaben, die bisher noch vom Innenministerium erfüllt wurden. Schwere Bedenken meldete der Sicherheitssprecher der Grünen dabei vor allem gegen die Heranziehung des Bundesheers bei der Bekämpfung des Terrorismus an, wobei er einwandte, dies sei niemals mit den Abgeordneten diskutiert worden, noch gebe es dafür einen entsprechenden parlamentarische Beschluss. Im Visier der Kritik hatte Pilz überdies auch Maßnahmen wie Crowd-Control und den Einsatz von Drohnen. Ähnlich äußerte sich auch Rainer Hable von den NEOS, der Inlandseinsätze durch das Bundesheer als Reaktion auf Migration und Terrorismus grundsätzlich für problematisch hält, wobei er vor allem entsprechende rechtliche Grundlagen vermisst.

Doskozil: Verteidigungsressort will keine Kompetenzen des Innenressorts
Sein Ressort wolle keine Kompetenzen des Innenministeriums an sich ziehen, es gehe aber darum, vor dem Hintergrund der neuen Herausforderungen die Kompetenzfrage zu diskutieren und rechtlich zu klären, schickte Hans Peter Doskozil voraus. So leiste das Bundesheer Assistenz im Bereich Katastrophenschutz und Grenzschutz und unterstütze dabei die Exekutive, ohne originär zuständig zu sein. Bei der Terrorbekämpfung sei die Kompetenzlage aber unklar, zumal hier auch die Exekutive zur Unterstützung der Justiz herangezogen wird.

Die von Pilz kritisierte Crowd Control sieht Doskozil in erster Linie im Zusammenhang mit Auslandseinsätzen. Im Inland komme eine derartige Maßnahme unter Umständen im Rahmen des Grenzschutzes in Frage. Was die Drohnen betrifft, befinde man sich, wie der Minister unterstrich, derzeit in einer Testphase. Das Bundesheer habe diesbezüglich einen Nachholbedarf, Beschaffungs- oder Einführungspläne gebe es aber nicht.

NEOS gegen Abschiebungen mit Transportmaschinen des Bundesheers
Pläne des Ressorts, abgewiesene Flüchtlinge mit C-130 "Hercules"- Maschinen des Bundesheers abzuschieben, stoßen auf ein dezidiertes Nein bei den NEOS. Es bestehe kein Bedarf, die ohnehin sehr knappe militärische Transportkapazität für Außerlandesbringungen heranzuziehen, argumentiert Rainer Hable in einem Entschließungsantrag (1722/A(E)) und tritt vielmehr für kostengünstigere Charter-Rückführungen ein. Auch würde die europäische Grenzschutzagentur FRONTEX bei Sammelrückführungen aus mehreren Mitgliedstaaten die Koordination und in den meisten Fällen auch die Finanzierung übernehmen.

Demgegenüber hielt Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil fest, dass gerichtliche Entscheidungen durchzusetzen seien. Hercules-Flugzeuge sollen nicht nur für Reisen des Bundespräsidenten und den Transport von Soldaten und Gütern in Krisen- und Katastrophenfällen eingesetzt werden, sondern auch bei der Rückführung von Flüchtlingen, die in Österreich kein Asyl bekommen. Sammelrückführungen der FRONTEX seien nicht kostengünstiger, klärte Doskozil auf. Diese Ansicht unterstützten ausdrücklich die Abgeordneten Christian Lausch (F), Harald Troch (S) und Georg Vetter (V). Der Antrag wurde mit der Mehrheit der Regierungsparteien vertagt.

NEOS problematisieren Assistenzleistung des Bundesheers beim Objektschutz
Bedenken melden die NEOS auch gegen die von Doskozil beabsichtigte Heranziehung des Bundesheers zur Unterstützung der Polizei beim Objektschutz in Wien an. Auch hier sieht Rainer Hable keine unbedingte Notwendigkeit und meint zudem, eine Anforderung militärischer Assistenzleistungen bloß aus "Bequemlichkeit" oder aus Gründen der Kostenersparnis sei nicht rechtmäßig. Seine Initiative (1762/A(E)) mit der Forderung nach einer schriftlichen Begründung des Ressorts unter spezieller Bedachtnahme auf die verfassungsrechtlichen Normen wurde allerdings vertagt.

Während Antragsteller Rainer Hable (N) den Einsatz von Bundesheersoldaten im Inneren als grundsätzlich heikel und nur in begründeten Ausnahmefällen für rechtlich möglich hielt, merkte Christoph Hagen (T) kritisch an, der Antrag sei unvollständig, weil er keine Vorschläge für die Behebung des Personalbedarfs bei der Sicherheitsexekutive enthalte. Hagen hielt es, wie auch Peter Pilz (G), für richtig, dass Soldaten die Exekutive beim Objektschutz entlasten. Pilz unterstützte Hables Antrag aber insoferne, als es um die Klärung von Rechtsfragen beim Assistenzeinsatz gehe.

An dieser Stelle räumte Bundesminister Doskozil ein, dass der Assistenzeinsatz beim Objektschutz durch den Ministerratsbeschluss vom letzten September rechtlich nicht gedeckt sei und kündigte eine Ergänzung an. Der Antrag wurde auf Vorschlag von Hermann Krist (S) mit der Mehrheit der Koalitionsparteien vertagt.

Team Stronach für etappenweise Anhebung des Verteidigungsbudgets
Christoph Hagen (T) konkretisierte seine Kritik an den Sparmaßnahmen überdies mit einem Entschließungsantrag (1521/A(E)) und forderte eine stufenweise Anhebung des Verteidigungsbudgets auf einen BIP-Anteil von 1,4% im Jahr 2018. Diese Initiative vertagten die Regierungsparteien mit dem Argument, dass sie mit der Anhebung des Verteidigungsbudgets um 1,7 Mrd. € bis 2020 bereits überholt sei.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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