Österreichs Industrie von
 Brexit-Entscheidung unbeeindruckt

 

erstellt am
28. 07. 16
11:00 MEZ

Bank Austria EinkaufsManagerIndex signalisiert im Juli mit 53,5 Punkten solides Industriewachstum: nur leichte Abschwächung der Dynamik gegenüber Vormonat
Wien (bank austria) - Die der Brexit-Entscheidung folgende Verunsicherung hat die Erholung der heimischen Industrie bisher nicht stoppen können. Die Industriekonjunktur hat jedoch zu Beginn der zweiten Jahreshälfte geringfügig an Schwung verloren. „Der Bank Austria EinkaufsManagerIndex hat im Juli das 5-Jahreshoch des Vormonats zwar nicht mehr erreicht, mit 53,5 Punkten signalisiert die erste Erhebung des Indikators nach der Brexit-Entscheidung aber eine weiterhin solide Wachstumsperformance der österreichischen Industrie. Der aktuelle Indikator erreicht immerhin den zweithöchsten Wert der vergangenen zweieinhalb Jahre“, meint Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer. Die leichte Verlangsamung der Industriekonjunktur zeigt sich in der Umfrage unter österreichischen Einkaufsmanagern auf breiter Ebene. Fast alle Teilkomponenten des Indikators weisen im Juli auf einen etwas schwächeren Aufwärtstrend als im Vormonat hin. „Die moderatere Industriekonjunktur im Juli wird bestimmt durch ein geringeres Produktionsplus, eine niedrigere Nachfragedynamik, geringere Zunahme der Auftragspolster und der Einkaufsmengen sowie dem nur noch schwachen Anstieg der Einkaufspreise. Dagegen hat sich das Tempo des Jobaufbaus im Juli etwas erhöht“, fasst Bruckbauer die wichtigsten Teilergebnisse zusammen.

Die heimische Industrie konnte im Juli abermals mehr Neu- und Folgeaufträge als im Vormonat verbuchen. Das Tempo des Zuwachses ließ allerdings etwas nach. „Angesichts des schwächeren Auftragswachstums haben die österreichischen Betriebe im Juli auch das Tempo der Produktionsausweitung etwas zurückgenommen. Insbesondere die Nachfrage aus dem europäischen Ausland hat im Juli kaum mehr zugelegt, während die Aufträge aus dem Inland weiterhin solide zunehmen“, sagt Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl. Die heimischen Betriebe haben die Produktionskapazitäten nicht rasch genug angepasst, die Auftragspolster sind im Juli weiter gestiegen, jedoch spürbar langsamer als im Vormonat.

Ungeachtet der moderaten Verlangsamung der Industriekonjunktur stieg die im Juli als Folge der seit mehr als einem Jahr andauernden Expansion der Produktion die Beschäftigung weiter. „Seit fast einem Jahr schaffen die heimischen Betriebe der Sachgüterindustrie wieder neue Jobs und zu Beginn der zweiten Jahreshälfte 2016 hat sich der Aufwärtstrend im Gegensatz zu den sonstigen Teilergebnissen des Bank Austria EinkaufsManagerIndex sogar beschleunigt“, so Pudschedl. Während im Gesamtjahr 2015 die Beschäftigung noch um rund ein halbes Prozent im Jahresvergleich zurückging, sind derzeit mit saisonbereinigt über 580.000 Arbeitskräften um rund 2.000 Personen mehr in der Sachgüterindustrie beschäftigt als vor einem Jahr.

Die Verlangsamung der Industriekonjunktur spiegelt sich im Juli auch in den Preistrends wider. Die Einkaufspreise, die fast ein Jahr lang rückläufig waren, erhöhten sich zwar den zweiten Monat in Folge, der Anstieg hat sich aber deutlich verringert. Gleichzeitig wurden die Verkaufspreise angesichts des scharfen Wettbewerbs am Markt stark zurückgenommen. „Die Preisentwicklungen im Ein- und Verkauf verursachten den dritten Monat in Folge im Durchschnitt eine geringfügig höhere Ertragsbelastung für die heimischen Betriebe im Vergleich zum Vormonat“, so Pudschedl. Um der Verschlechterung der Ertragslage entgegenzuwirken, setzen die österreichischen Industriebetriebe weiterhin auf ein sehr vorsichtiges, kostenbewusstes Lagermanagement. Im Juli wurden sowohl die Vormaterialien- als auch die Fertigwarenlager deutlich abgebaut.

Die erste Erhebung nach der Entscheidung der Briten über einen Austritt aus der Europäischen Union zeigt eine nur leichte Verringerung des Bank Austria EinkaufsManagerIndex gegenüber dem Vormonat. Auch in der Eurozone und insbesondere in Österreichs wichtigsten Handelspartnerland Deutschland sind die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes nur geringfügig von 52,8 auf 51,9 im Juli bzw. von 54,5 auf 53,7 Punkte zurückgegangen. Die Befürchtung eines deutlichen Einbruchs in den Ländern der Eurozone nach dem Rückgang des Einkaufsmanagerindex im Vereinigten Königreich auf 49,1 Punkte und damit unter die Wachstumsschwelle ist nicht eingetreten. Die Industriekonjunktur in der Eurozone wie auch in Österreich zeigt sich belastbar und hat sich nur geringfügig verlangsamt. „Ein Brexit-Schock ist ausgeblieben. Die aktuellen Umfrageergebnisse bestätigen, dass sich der wirtschaftliche Schaden erwartungsgemäß auf das Vereinigte Königreich konzentrieren dürfte. Wenn auch die Folgen für die Eurozone und Österreich über den Außenhandel mit Zeitverzögerung noch stärker spürbar werden, ist mit keinem Einbruch der Industriekonjunktur zu rechnen. Die Folgen des Brexit für die österreichische Industrie sollten überschaubar bleiben“, ist Bruckbauer überzeugt. Die Industriedynamik dürfte nach Einschätzung der Ökonomen der Bank Austria ihren Höhepunkt zur Jahresmitte zwar erreicht haben, da sich die infolge der Brexit-Entscheidung im aktuellen Bank Austria EinkaufsManagerindex abzeichnende Verlangsamung der Industriekonjunktur in den kommenden Monaten fortsetzen sollte. Mit rund 2 Prozent im Gesamtjahr 2016 wird die Industrie jedoch zumindest das Wachstumstempo des Vorjahres erreichen. 2017 wird aufgrund der dann stärker spürbaren Folgen des Brexit das Industriewachstum in Österreich die 2 Prozent-Marke voraussichtlich nicht erreichen.

 

 

 

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