Österreichische Getreideernte steigt heuer auf 3,7 Mio. t

 

erstellt am
04. 08. 16
11:00 MEZ

Griesmayr: Hohe Erträge und durchschnittliche Qualität - Importbedarf sinkt
Wien (ama) - Die österreichischen Landwirte haben heuer eine mengenmäßig sehr gute Getreideernte erzielt. Die Erträge sind im Mittel relativ hoch ausgefallen, die Qualität wird als durchschnittlich bezeichnet. Rund 85% der Ernte sind bereits eingebracht. "Die diesjährige Getreideproduktion wird derzeit auf rund 3,7 Mio. t geschätzt und liegt damit um 16% über dem Vorjahreswert wie auch spürbar über dem Niveau der letzten fünf Jahre. Inklusive Mais erwarten wir eine heimische Gesamtproduktion von 5,7 Mio. t (+17%). Diese Menge beeinflusst die österreichische Getreidebilanz positiv. Bei einem gleichbleibenden Inlandsverbrauch verringert sich der im Vorjahr hohe Netto-Importbedarf von 800.000 t im Wirtschaftsjahr 2016/2017 um 75% und wird voraussichtlich 200.000 t erreichen - vorausgesetzt die Maisernte entspricht den derzeitigen Erwartungen", informierte Günter Griesmayr, Vorstandsvorsitzender der Agrarmarkt Austria (AMA), am 03.08.

Regenfälle ließen Ernte zu Zitterpartie werden
"Mai und Juni boten ideale Witterungsbedingungen für die entscheidenden Phasen der Ertragsbildung des Getreides. Dieser Wetterverlauf brachte allerdings auch einen erhöhten Krankheitsdruck mit sich. Die heuer vermehrt aufgetretenen Hagelschäden verursachten regional große Einbußen, wirken sich aber auf die Getreidebilanz nicht entscheidend aus", berichtete der Vorsitzende des AMA-Verwaltungsrats, Franz Stefan Hautzinger. "Regenphasen zu Beginn und während der Ernte strapazierten jedoch die Nerven der Bäuerinnen und Bauern und ließen die Druscharbeiten vielfach zu einer Zitterpartie werden. Abgesehen vom Alpenvorland und den klassischen Spätdruschgebieten im Waldviertel konnten die Erntearbeiten aber mittlerweile in den meisten Regionen abgeschlossen werden", so Hautzinger. Insbesondere auf Böden mit niedriger Bonität liegen die Erträge weit über dem Durchschnitt.

Deutliche Flächenverschiebung zwischen den Kulturen
Die österreichische Getreideanbaufläche umfasst heuer 570.286 ha (ohne Mais und Ölsaaten) und ist damit gegenüber dem Vorjahr nahezu gleichgeblieben. Weichweizen hat um 4.917 ha zugelegt, während die Hartweizenfläche mit einer Ausdehnung von 4.172 ha relativ gesehen (+21,9%) am stärksten unter allen Getreidearten zugenommen hat. Roggen folgt dem Abwärtstrend der letzten Jahre (-2.121 ha), während Triticale ausgedehnt wurde (+1.165 ha). Der große Verlierer bei den diesjährigen Flächenverschiebungen ist die Sommergerste mit einem Minus von 12.781 ha, hingegen wurden auf 1.544 ha mehr Wintergerste gegenüber dem Vorjahr ausgesät.

Die Flächenzuwächse werden bei Hartweizen auf die attraktiven Preise zurückgeführt, bei Triticale auf die zunehmende Verwendung dieser Frucht im industriellen Bereich. Niedrige Roggenpreise aufgrund der guten Versorgung im letzten Jahr und geringere Erträge der Sommergerste gegenüber der Wintergerste sind die Gründe für den Flächenrückgang bei diesen Getreidearten. Die Körnermaisfläche folgt dem rückläufigen Trend der letzten zwei Jahre (seither -31.752 ha). Hauptursache dafür war das vermehrte Auftreten des Maiswurzelbohrers.

Ölsaatenfläche - Trend durchbrochen
Beim Anbau der Sojabohne ist es heuer zu einem Rückgang von 12,4% (-7.048 ha) gekommen. Bei Raps ist überraschenderweise die Fläche wieder leicht ausgedehnt worden (um 5,6% auf 39.600 ha), sie liegt aber weiterhin deutlich unter dem Niveau von 2014 (52.800 ha). Ölkürbis zählt mit einer Zunahme von 7.295 ha (22,7%) zu den großen Gewinnern der diesjährigen Flächenverschiebungen. Österreichweit übertrifft heuer erstmals die Kürbisanbaufläche (39.470 ha) jene von Roggen (37.406 ha).

Weichweizen: Erntemenge bei rund 1,96 Mio. t
Die Erntemenge von Weichweizen - die Kultur mit dem höchsten Flächenanteil in Österreich - wird voraussichtlich rund 1,96 Mio. t betragen und liegt somit um rund 19% über dem Vorjahreswert. Sie zeichnet sich durch gute Qualitäten - hohe Fallzahlen und gute Hektolitergewichte - aus. Der Proteingehalt kann allerdings mit den Werten des Vorjahres nicht mithalten. Zudem werden hervorragende innere Qualitätsmerkmale gemessen. Erste Ergebnisse der Untersuchungen aus der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung in Wien weisen bis dato sehr gute Knet- und Backeigenschaften auf. Bundesweit dürfte sich die Ernte auf rund 20% Premium- und Qualitätsweizen sowie 63% Mahlweizen aufteilen. "Die Qualitätsverteilung ist damit nicht so optimal wie in den vergangenen Jahren, die Vermarktungschancen für Österreich bleiben aber intakt, weil die bisher geernteten Qualitäten in Frankreich, Ungarn und Deutschland unter den Werten von Österreich liegen. Insgesamt können wir auch heuer alle Absatzschienen bedienen - auch den Export nach Italien", so Hautzinger.

Bei Hartweizen werden heuer gute Erträge erzielt, die Gesamtmenge wird auf rund 120.000 t geschätzt. Die bis zum ersten Starkregen geernteten Bestände sind von sehr guter Qualität (der Anteil der glasigen Körner erreicht 80 bis 90 %).

Winter- und Sommergerste konnten die guten Vegetationsbedingungen ausnutzen, die Erträge sind gut - insgesamt werden es voraussichtlich etwa 890.000 t sein. Die Braugersten-Qualitätskriterien (insbesondere der Proteingehalt) sind zufriedenstellend. Roggen, nach Weizen das zweitwichtigste Brotgetreide in Österreich, liefert bis jetzt zufriedenstellende Mengen und Qualitäten, wobei die Ernte im Hauptanbaugebiet Waldviertel noch aussteht. Bei Raps werden leicht überdurchschnittliche Hektarerträge erzielt, diese Kultur hat jedoch unter dem Spätfrost Ende April (kleinere Kornausbildung) gelitten.

Bioflächen weiter im Vormarsch
In den vergangenen acht Jahren nahm die heimische Bioackerfläche stark zu (+34,5%). Heuer wurde gegenüber 2015 ein Zuwachs von 10% auf 129.600 ha verzeichnet. Der stärkste Biogewinner gegenüber dem Vorjahr war Dinkel mit einem Plus von 4.717 ha, gefolgt von der Sojabohne mit einer Flächenausdehnung von 1.583 ha. Attraktive Preise, verbesserte Absatzmöglichkeiten sowie die Aufhebung des Einstiegstopps für Biobetriebe waren dafür ausschlaggebend. Bioweichweizen bringt zufriedenstellende Erträge. Die Proteingehalte sind analog zum konventionellen Sektor niedrig. Krankheitsbefall mit Gelbrost trat auch bei Bioweizen häufig auf. Biodinkel erzielte ebenfalls gute Erträge auf einer stark ausgeweiteten Fläche, damit steht hier eine große Menge zur Vermarktung bereit.

Preise für Futtergetreide unter Druck
Die großen Getreidemengen, hohe Lagerbestände, ein erhöhter Anteil an Mahl- und Futterweizen sowie eine prognostizierte Maisernte von rund 2 Mio. t belasten derzeit den Markt, vor allem bei Futtergetreide. Dementsprechend niedrige Notierungen verzeichnet aktuell die landwirtschaftliche Produktenbörse in Wien. Mahlweizen der neuen Ernte wird mit einer sehr weiten Bandbreite gehandelt (130 bis 147 Euro/t). Die inneren Eigenschaften wie Teigstabilität, Teigverarbeitung und Dehneigenschaften könnten das entscheidende Merkmal für diese Differenzierung sein. Für Qualitätsweizen werden heuer höhere Preisaufschläge aufgrund der aus derzeitiger Sicht qualitativ schwachen Ernten in Deutschland, Frankreich und Ungarn erwartet. "Der Wermutstropfen bei der heuer mengenmäßig sehr guten Ernte ist, dass die Preise auf einem niedrigeren Niveau liegen und daher die Deckungsbeiträge schlechter als in den vergangenen Jahren ausfallen werden", fasste Hautzinger die Situation im Getreidebau zusammen.

 

 

 

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