EU-Unterausschuss: Grünes Licht
 für Unterzeichnung von CETA

 

erstellt am
17. 10. 16
11:00 MEZ

Mitterlehner: Eine Ablehnung wäre ein großer politischer Schaden
Wien (pk) - Der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Kanada (CETA) steht aus österreichischer Sicht nichts mehr im Wege. Allerdings machte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder im EU-Unterausschuss am 14.10. klar, dass die SPÖ ihre Zustimmung nicht als einen Freibrief verstehe, sondern als eine Chance, weitere Verbesserungen bis zur parlamentarischen Ratifizierung zu erreichen. Vor allem müsse für Österreich auch das gelten, was das deutsche Verfassungsgericht in Karlsruhe festgelegt hat. Auch sieht die SPÖ noch Klärungsbedarf bei den Investitionsgerichten. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner unterstrich einmal mehr die Wichtigkeit von Handelsverträgen für ein Exportland, wie es Österreich ist, und argumentiere gegenüber den Gegnern des Abkommens, gerade in Zeiten der Globalisierung sei es wichtig, globale Spielregeln zu entwickeln. Sollte CETA scheitern, so entstünde dadurch weniger ein wirtschaftlicher als vielmehr ein politischer Schaden. Ein Scheitern hätte negative Auswirkungen auf die Außenhandelspolitik der EU und deren handelspolitische Stellung.

Für die NEOS positionierte sich Claudia Gamon einmal mehr als Befürworterin von CETA und kritisierte die Rhetorik in der öffentlichen Diskussion. Diese sei von Populismus und Desinformation getragen und schüre Panik.

Im Gegensatz dazu lehnen sowohl die Freiheitlichen als auch die Grünen das Abkommen weiter ab. Barbara Rosenkranz (F) warf der Regierung vor, nicht offen und ehrlich zu sein und betonte, die Zusatzerklärung habe keinerlei rechtliche Bindung, was von SPÖ-Abgeordnetem Christoph Matznetter heftig in Abrede gestellt wurde. Die Grünen wiederum sehen in erster Linie das Vorsorgeprinzip ausgehöhlt und darum das EU-Primärrecht verletzt. Beide Oppositionsfraktionen verlangten in Anträgen auf Stellungnahme, CETA abzulehnen und nicht zu unterzeichnen. SPÖ, ÖVP und NEOS lehnten diese Initiativen jedoch mehrheitlich ab.

Mitterlehner: Bis Dienstag ist eine gemeinsame Linie gefunden
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner zeigte sich überzeugt davon, dass man innerhalb der Regierung für Dienstag – an diesem Tag sollen die Handelsminister endgültig grünes Licht für das Abkommen geben – eine gemeinsame Linie finden werde. Das Abkommen sei ein gutes Abkommen, unterstrich der Minister und meinte in Hinblick auf die von der Landeshauptleutekonferenz vorgebrachten Bedenken, man werde diese im Rahmen einer eigenen Stellungnahme ausräumen können. Innerhalb der EU seien alle Länder bis auf Belgien für die Unterzeichnung von CETA, informierte er auf eine Anfrage der FPÖ-Abgeordneten Jessi Lintl, die Vorbehalte einzelner Staaten konnten geklärt werden. Über das Wochenende werde man auch versuchen, die Einwendungen des wallonischen Regionalparlaments zu überwinden.

Der Vizekanzler stimmte mit Bundeskanzler Christian Kern überein, dass die Bedingungen, die die Verfassungshüter in Karlsruhe für Deutschland formuliert haben, auch für Österreich gelten müssen, er sieht dabei aber keine unüberwindbaren Hürden. So hat Karlsruhe festgelegt dass es eine demokratische Rückbindung des CETA-Lenkungsgremiums, des sogenannten gemischten Ausschusses, geben müsse. Außerdem könne der Ratsbeschluss vorläufig nur für jene Teile gelten, die in die Kompetenz der EU fallen. Darüber hinaus legt Karlsruhe fest, dass Deutschland aus dem Abkommen aussteigen muss, falls ein späteres Urteil das Abkommen für verfassungswidrig erklärt.

ÖVP und NEOS für CETA
Die uneingeschränkten Befürworter von CETA befanden sich in der Diskussion bei der ÖVP und den NEOS. Kanada sei in seinem Wertesystem und seiner Kultur der europäischen Haltung sehr ähnlich, warb Angelika Winzig (V) für die Unterzeichnung. Sie unterstrich die Notwendigkeit des Abkommens auch im Hinblick auf das Transpazifische Abkommen und betonte, dass die nunmehrigen Schiedsgerichte zu unabhängigen und überparteilichen Investitionsgerichten ausgebaut worden seien.

Diese Investitionsgerichte seien ganz anders als die bisherigen Schiedsgerichte, pflichtete ihr auch Claudia Gamon von den NEOS bei. Bei den Gegnern von CETA ortete sie eine Antiglobalisierungstendenz, die jedoch ihr Ziel nicht erreiche. Vielmehr brauche man moderne Abkommen, um die ökosoziale Marktwirtschaft zu stärken sowie bestehende Unterschiede und die Armut zu bekämpfen, gab sie zu bedenken. Es gehe um einen fairen Markt, betonte sie. Kritische Worte fand Gamon auch in Hinblick auf die öffentliche Diskussion, wodurch die Demokratie Schaden genommen habe. Sie forderte die Regierung auf, die Bevölkerung umfassend und ehrlich zu informieren.

SPÖ: Es ist noch nicht alles gut
"Es ist noch nicht alles gut, aber die Entwicklung der letzten Tage und Wochen hat einiges bewirkt", begründete SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder die Zustimmung seiner Fraktion zur Unterzeichnung. CETA stellt für ihn eine Wegkreuzung dar, die Gefahren in sich birgt, aber auch Chancen, für die zukünftige Weiterentwicklung bessere Standards zu schaffen. Entscheidend sei, dass die hohen europäischen Standards nicht durch die Schiedsgerichtbarkeit ausgehebelt werden können. Man habe klargestellt, so Schieder, dass die Daseinsvorsorge und die öffentlichen Dienstleistungen nicht gefährdet werden dürfen. Schieder zeigte sich zufrieden damit, dass die Investitionsgerichte aus der vorläufigen Anwendbarkeit herausgenommen werden konnten. Als wesentlich für die SPÖ-Zustimmung wertete Schieder sowie sein Klubkollege Christoph Matznetter die Rechtsverbindlichkeit der Zusatzerklärung.

Matznetter unterstrich zudem, dass das Recht der ausländischen Investoren nicht stärker als jenes der inländischen sei, und bekräftigte, dass die Forderungen des Entschließungsantrags, der im September 2014 im Nationalrat angenommen wurde, durch die Zusatzerklärung erfüllt seien. So habe man sich damals dafür ausgesprochen, die Einhaltung hoher sozialer, datenschutzrechtlicher und ökologischer Mindeststandards abzusichern und beim Freihandelspartner die Ratifikation sowie Umsetzung ihrer Verpflichtungen aus dem international anerkennten ILO-Übereinkommen zu erreichen. Man habe sich ferner für die Stärkung der Transparenz der Verhandlungen eingesetzt und verlangt, dass derart umfassende Freihandelsabkommen weiterhin als gemischte Abkommen klassifiziert werden. Außerdem habe man den Schutz öffentlicher Dienstleistungen eingefordert.

FPÖ bezweifelt Rechtsverbindlichkeit des Zusatzabkommens
Dem widersprach Barbara Rosenkranz von den Freiheitlichen vehement. Ihrer Auffassung nach hat die Zusatzerklärung keinerlei rechtliche Verbindlichkeit. Auch sie bezeichnete CETA als eine Wegkreuzung, wobei dieses Abkommen weit über ein klassisches Freihandelsabkommen hinausgehe und ein Regulierungsabkommen darstelle. Der Lobbyismus werde auf ein Niveau gesetzt, welches der europäischen politischen Kultur nicht entspreche, warnte Rosenkranz. Das Abkommen eröffne die Möglichkeit, dass ein Staat auf die Gesetzgebung eines anderen Staates Einfluss nimmt.

Grüne sehen Vorsorgeprinzip verletzt
Auch die Grünen sehen diese Zusatzerklärung als völlig unzureichend an. Sie mache gerade im Hinblick auf das Vorsorgeprinzip und die Schiedssysteme wenig Sinn, argumentierte Werner Kogler. Dem Bundeskanzler warf er vor, nur eine "Ehrenrunde auf der Galerie" gedreht zu haben; Kern erwecke fälschlicherweise den Eindruck, man könne noch etwas reparieren, was nicht der Fall sei, meinte Kogler. Die Karlsruher Richter hätten klar signalisiert, dass es ein Problem gibt, sagte der Grün-Mandatar und erinnerte auch an die negative Stellungnahme der Landeshauptleute.

Sowohl Werner Kogler als auch sein Klubkollege Wolfgang Pirklhuber sehen das Vorsorgeprinzip ausgehebelt und durch den wissenschaftsbasierten Ansatz ersetzt, wodurch das Primärrecht verletzt werde, führte Pirklhuber aus. Das Vorsorgeprinzip sei in CETA nach wie vor nicht verankert. So sei auch im Vertrag für den Marktzugang in der Biotechnologie der wissenschaftsbasierte Ansatz explizit vorgegeben. Die EU-Kommission bezichtigte Pirklhuber in diesem Zusammenhang, die EU in die Sackgasse geführt zu haben. Dem widersprach Vizekanzler Mitterlehner, indem er mit Nachdruck auf die Zusatzerklärung hinwies.

SPÖ-Abgeordnete im EU-Parlament gegen CETA
Keine Zustimmung zu CETA kam auch von der Europaabgeordneten des Europäischen Parlaments Karoline Graswander-Hainz (S). Wesentliche Punkte seine noch nicht erfüllt, sagte sie und kritisierte die Vorgangswiese der Kommission scharf. Sie trat dafür ein, der Kommission ein neues Verhandlungsmandat zu geben, um Nachbesserungen zu erreichen.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

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