Nationalrat: Generaldebatte zum Budgetentwurf 2017

 

erstellt am
14. 10. 16
11:00 MEZ

Unterschiedliche Positionierungen, auch auf der Regierungsbank – Diskussion über Pensionserhöhung, Mindestsicherung und Flüchtlinge
Wien (pk) – Am 12.10. hielt Finanzminister Hans Jörg Schelling im Nationalrat seine Budgetrede, am 13.10. waren die Abgeordneten am Wort. Der Budgetentwurf für 2017 ( 1260 d.B.) wurde in Erste Lesung genommen und dazu eine Generaldebatte abgehalten. Grundlage dafür war ein Bundesvoranschlagsentwurf 2017 mit folgenden Eckdaten: Bei Einzahlungen von 73,18 Mrd. € und Auszahlungen von 77,46 Mrd. € soll das administrative Defizit -4,3 Mrd. € oder 1,2% des BIP ausmachen. Im Ergebnishaushalt beträgt die Differenz zwischen Erträgen (73,2 Mrd. €) und Aufwendungen (82,1 Mrd. €) netto -9 Mrd. €. Das Maastricht-Defizit des Gesamtstaates wird mit -1,2% veranschlagt, das strukturelle, um Einmaleffekte und Konjunkturauswirkungen bereinigte Defizit des Gesamtstaates wird mit -0,5% des BIP ausgewiesen. Die öffentliche Verschuldung soll nach 83,2% des BIP im Jahr 2016 im kommenden Jahr auf 80,9% des BIP sinken. Die Bundesregierung geht beim Budgetvoranschlag 2017 von folgenden Konjunkturannahmen für das kommende Jahr aus: Das reale BIP-Wachstum sinkt von 1,7% (2016) auf 1,5%, während die Inflation von 1% auf 1,7% und die Arbeitslosigkeit von 9,2% auf 9,4% steigen.

Der Budgetausschuss wird seine Beratungen über den Budgetentwurf für 2017 samt Begleitgesetzen am Montag, dem 14.11.2016, mit dem traditionellen Budgethearing mit externen Finanzexperten aufnehmen. Daraufhin wird der Ausschuss die 33 Untergliederungen des Voranschlagsentwurfs mit den jeweils zuständigen MinisterInnen beraten. Die Schlussabstimmungen im Budgetausschuss sind für Freitag, den 18.11.2016 geplant. Der Budgetbeschluss 2017 im Nationalratsplenum ist für den 25.11.2016 geplant.

Schieder (S): New Deal heißt Wachstumspolitik für Menschen
Bei der Bewertung der Budgetrede des Finanzministers teilte Andreas Schieder (S) namens der SPÖ das Ziel Schellings, die Politik der Sparsamkeit weiter zu verfolgen. Mit einem weiter sinkenden Defizit, einer rückläufigen Staatsschuldenquote und einem strukturellen Nulldefizit weise der Budgetentwurf für 2017 damit in die richtige Richtung. Es gelte aber auch, die Wirkungen der Budgetpolitik genau zu analysieren und wirtschaftspolitische Herausforderungen ernst zu nehmen. Die wichtigste Herausforderung sei die Arbeitslosigkeit. Dazu komme die Bewältigung der Flüchtlingsproblematik und die Belebung der Konjunktur. Schieder unterstrich das Start-up-Paket und bekannte sich nachdrücklich zu mehr aktiver Arbeitsmarktpolitik, um endlich eine Trendwende am Arbeitsmarkt einzuleiten. Die Politik müsse dafür sorgen, dass neue Arbeitsplätze entstehen können. Dafür braucht es laut Schieder Investitionen. Die Steuerreform sei wichtig gewesen, sie habe den Konsum gestärkt und die Binnennachfrage erhöht. Notwendig seien aber auch öffentliche Investitionen in die Infrastruktur, in Schiene und Breitbandausbau sowie Investitionen in die Bildung. Falsch wäre es, wie die "schwäbische Hausfrau" durch Ausgabeneinsparungen notwendige Investitionen einschränken.

Eine Absage erteilte der SPÖ-Klubobmann auch Kürzungen bei den Pensionen und allen Ideologien des Sozialabbaus. Auf Aussagen des Finanzministers über steigende Pensionskosten reagierte Schieder mit einem Shakespeare-Zitat aus Othello: "Behauptung ist kein Beweis". Tatsächlich liegen die Pensionsausgaben laut Schieder unter den Erwartungen, weil die Reformmaßnahmen wirken, das Pensionsantrittsalter steige und die Beschäftigung zunehme. Zudem warnte Schieder davor, den New Deal als einen "Kuhhandel" zu verstehen. Tatsächlich gehe es um eine wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik in deren Mittelpunkt der Mensch steht.

Lopatka (V) sieht Schelling auf dem Weg zum Austro-Schäuble
Der Auffassung, es sei wichtig, für Wachstum zu sorgen, schloss sich Reinhold Lopatka (V) an und argumentierte: "Wenig Wachstum zieht höhere Defizite nach sich". Budgetkonsolidierung sei daher mit Wachstumspolitik zu kombinieren. Denn ohne Wachstum seien die Herausforderungen nicht zu bewältigen. Noch ist die Finanzkrise nicht vorbei und darüber hinaus müsse man die Flüchtlingswelle, die demographische Entwicklung, den höheren Sicherheitsbedarf und Herausforderungen in der Landwirtschaft sowie beim Klimaschutz meistern.

Voraussetzung für Wachstumspolitik ist für den ÖVP-Klubobmann eine richtige Standortpolitik. Daher begrüßte Lopatka die Einigung, die Finanzminister Schelling mit den HETA-Gläubigern herbeigeführt habe – somit ist dieses Thema endlich vom Tisch und das internationale Vertrauen in die österreichische Politik gestärkt. Gegenüber Schieder sah Lopatka keinen Anlass, die Politik der "schwäbischen Hausfrau" zu kritisieren und meinte, Schelling habe gute Aussichten, ein "Austro-Schäuble" zu werden. Mit Disziplin werde es gelingen, das Ziel der schwarzen Null im Budget zu erreichen. Die ÖVP werde diese Politik unterstützen.

Beim Thema Pensionen rechnete Lopatka vor, dass das durchschnittliche Antrittsalter der ÖBB-PensionistInnen zwischen 2002 und 2013 bei 52,49 Jahren lag. Dieser Aussage hielt Anton Heinzl (S) entgegen, dass das Durchschnittsantrittsalter zuletzt 60 Jahre betragen habe.

Strache (F): Schönen Worten folgen keine Taten
"Die Überschriften stimmen, aber sie halten der Realität nicht stand", sagte Heinz-Christian Strache (F) und richtete Schellings Shakespeare-Zitat aus der Budgetrede - "Worte zahlen keine Schulden" – kritisch gegen die Regierung. Schönen Worten folgen keine Taten. Vom Nulldefizit werde schon lange geredet, sagte Strache und meldete Zweifel an, dass die Neuverschuldung tatsächlich sinke. Immerhin mache das Minus im Ergebnishaushalt 9 Mrd. € aus und die Staatsschulden steigen weiter. Die Verschuldung werde kaum mehr finanzierbar sein, wenn die derzeit niedrigen Zinsen wieder steigen, warnte Strache. Offene Fragen seien der noch nicht ausverhandelte Finanzausgleich mit Ländern und Gemeinden sowie die Abschaffung der kalten Progression, die zwar angekündigt, aber nicht umgesetzt wurde. Daher werden höhere Löhne zu höheren Steuerbelastungen führen.

Um den Wirtschaftsstandort wieder attraktiver zu machen, werde es notwendig sein, die Steuern zu senken und eine Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Industrieoffensive zu starten. Österreich braucht Investitionen, die Zuwanderung von Betrieben und eine Überwindung der Kreditklemme. Für PensionistInnen forderte Strache eine Mindestpension von 1.250 €, eine 100.€-Einmalzahlung reiche nicht aus. Die Stopptaste will Strache in der Migrationspolitik drücken und dafür sorgen, dass die Zuwanderung in das Sozialsystem aufhört. Es gehe nicht an, dass Zuwanderer, die nie in das System eingezahlt haben, Sozialleistungen erhalten. "Österreich ist kein Sozialamt für Zuwanderer aus aller Herren Länder", schloss Strache.

Glawischnig (G): Österreich soll Chancen beim Klimaschutz nützen
"Die Regierungsparteien haben einen Budgetentwurf nicht miteinander, sondern gegeneinander vorgelegt", sagte Eva Glawischnig-Piesczek (G). Positiv bewertete die Klubobfrau der Grünen an dem konservativen, der Erfüllung europäischer Fiskalregeln orientierten Budget die besserer Dotierungen von Entwicklungszusammenarbeit, Integration, Arbeitsmarkt und Bildung. Das Einverständnis zwischen SPÖ und ÖVP in den großen Zukunftsfragen, vor allem beim Klimaschutz fehle. Die Steuern auf Arbeit müssen sinken, der Kampf gegen die Armut intensiviert und Investitionen in die soziale Absicherung verbessert werden. Familien mit Kindern die Mindestsicherung zu kürzen, sei dazu kein Beitrag, hielt Glawischnig fest.

Der Weltklimavertrag von Paris und das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu setzen, sei nur mit großen Investitionen erreichbar, von denen Österreich vielfach profitieren könnte, insbesondere durch die Schaffung von Zukunftsjobs. Glawischnig sprach von Ignoranz und Zukunftsblindheit, die Förderung klimaschädlicher Investitionen aufrechtzuerhalten, statt in die Dekarbonisierung zu investieren. Der vorliegende Budgetentwurf enttäusche sie, er entspreche nicht der New Deal-Ansage des Bundeskanzlers und lasse die Uneinigkeit zwischen SPÖ und ÖVP in wichtigen Zukunftsfragen erkennen.

Strolz (N) sieht Schelling in Geiselhaft versteinerter Parteien
"Ein Rekorddefizit bei der Gemeinsamkeit zwischen den Regierungsparteien", registrierte Matthias Strolz (N). Die Partnerschaft zwischen SPÖ und ÖVP sei kaputt. Die Worte des Finanzministers hörten sich zwar sympathisch an, hätten aber nichts mit der Realität zu tun, sagte der Klubobmann der NEOS. "Jeder Tag ohne Reform ist ein verlorener Tag", habe Hans-Jörg Schelling beim Amtsantritt gesagt. Auf die Umsetzung seiner Reformpläne müsse man aber weiter warten, kritisierte Strolz und sah Schelling "in der Geiselhaft versteinerter Parteien und eines verkrusteten politischen Systems".

Den vorliegende Budgetentwurf kritisiert Strolz als Nullnummer für die Menschen. An fünf Anforderungen habe sich der Finanzminister vorbeigeschwindelt. Von einem Finanzausgleich, der das System der Verantwortungslosigkeit überwindet sei nichts zu sehen. Statt einer Reform ist nur eine "Verlängerung des Elends" zu erwarten, formulierte Strolz. Die kalte Progression wirke weiter, obwohl alle wissen, dass die hohe Steuerbelastung Arbeitslosigkeit nach sich ziehe. Die Bildungsreform wurde nur in winzigen Bruchstücken umgesetzt und vom Bürokratieabbau zur Entlastung der Betriebe lese man im Budget ebenso wenig wie von einer Pensionsreform, obwohl die Pensionskosten bis 2020 auf 23,4 Mrd. € weiter steigen werden. Es sei verantwortungslos, diese Budgetpolitik fortzusetzen und zusätzliche Belastungen von 4 Mrd. € jährlich in Kauf zu nehmen, wenn die Zinsen wieder steigen.

Lugar (T) vermisst Reformen und Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit
Robert Lugar (T) sah Finanzminister Schelling in einer Zeitschleife von Ankündigungen gefangen und vermisste die Umsetzung von Reformen. Wer hindere den Finanzminister daran, die Löcher zu schließen, aus denen Tag für Tag Geld aus dem Budget rinne, fragte der Redner. Ausreden auf den Koalitionspartner gelten nicht, sagte Lugar und warf Hans Jörg Schelling vor, auf Zeit zu spielen und dringende Probleme nicht zu lösen. Bei der Arbeitslosigkeit genüge es nicht, diese nur zu verwalten. Schelling weiß das, sagt es auch, tue aber nichts, meinte Lugar. Gewaltiger Druck bestehe auch bei der finanziellen Bewältigung der Flüchtlingskrise, konstatierte Lugar und machte auf das Problem der illegalen Flüchtlinge aufmerksam.

Auch Bundeskanzler Kern will vom Reden zum Handeln kommen
Bundeskanzler Christian Kern stellte klar, dass der Budgetentwurf von der Regierung gemeinsam erarbeitet wurde und von beiden Regierungsparteien unterstützt werde. Er freue sich über budgetäre Verbesserungen sowie über einen geringeren Zuschussbedarf zu den Pensionen für 2017 als noch im Frühjahr angenommen. Kern bekannte sich zur Fortsetzung einer sparsamen und sorgfältigen Budgetpolitik und bezeichnete den Budgetentwurf als solide, fügte aber hinzu, dass das nicht genug sei. Der Haushalt müsse konsolidiert und zugleich in die Wirtschaft investiert werden, sagte Kern. Denn es gelte Menschen wieder in Arbeit zu bringen, durch den Ausbau der aktiven Arbeitsmarktpolitik, durch das Start-up-Paket und durch öffentliche Investitionen, die 2017 um 800 Mio. € auf 5,2 Mrd. € angehoben werden. Mehr Geld brauchen auch die Bildung und die Sicherheit. Dabei sei das vorliegende Budget noch kein großer Durchbruch, eine Pflichtübung, der die Kür noch folgen müsse. Der Test, ob diese Bundesregierung reformfähig sei, werde der Finanzausgleich sein, sagte Kern und antwortete auf die Shakespeare-Zitate in der Debatte mit Elvis Presley: "A little less conversation, a little more action" (Weniger Worte, mehr Taten).

Als Schlüsselherausforderungen sah Kern die Wachstumspolitik, um Beschäftigung und Einnahmen zu schaffen. Wer darauf verzichte, Beschäftigung zu schaffen, betreibe eine Politik der Zukunftsvergessenheit, sagte der Bundeskanzler und schlug einmal mehr einen klugen Mix aus öffentlichen und privaten Investitionen vor. Investitionen bei den ÖBB seien nur ein Durchlaufposten hin zu kreativen Industriebetrieben und sicherten dort zehntausende Arbeitsplätze. Diese exportorientierten Firmen seien auf die Bahn, auf ihren Heimmarkt, angewiesen, sagte der Bundeskanzler und empfahl dringend, die ÖBB als Partner der Wirtschaft Österreichs zu sehen.

Bei den Pensionen sieht Bundeskanzler Kern das eigentliche Problem in der großen Zahl von Teilzeitbeschäftigten und Einpersonenunternehmen, die nicht in die Pensionskassen einzahlen und das Risiko tragen, im Alter zu verarmen. Kern forderte Maßnahmen für diese Menschen. Genau anschauen will sich Kern die Wirtschaftsförderung, die Familienpolitik und die Forschungsförderung, wo er fragt, warum Österreich schon lange keinen Nobelpreis erhalten habe und bei den Patenten im internationalen Vergleich schwach abschneide.

In der Landwirtschaft brach Kern eine Lanze für die kleinen Bauern, die nach wie vor nur einen geringen Anteil der Agrarförderungen bekommen. Eine Absage erteilte der Bundeskanzler einer Politik des Klientelismus und bekannte sich dazu, hypertrophe Verwaltungen abzubauen, etwa in der Schulverwaltung. Start-Ups will Kern ermöglichen, sich mit einer digitalen Signatur den Weg zum Notar zu ersparen. Beim Klimaschutz, der für ihn viel Wachstumspotential berge, will Kern die Ökostromförderung auf verdeckte Subventionen, etwa bei der Biomasse und bei Biogas prüfen. Die SPÖ bremse bei Reformen nicht, sondern ist bereit, für eine klarere Handschrift zu sorgen, schloss Kern.

Vizekanzler Mitterlehner für Deregulierung und Entbürokratisierung
Diese Rede des Bundeskanzlers sei keine Darstellung des Budgets, sondern eine Standpauke, was die Frage aufwerfe, wem sie gelte, sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und hielt fest, dass der Budgetentwurf – bei ideologischen Unterschieden der Regierungsparteien - ein Gesamtwerk der Bundesregierung sei. In der Budgetpolitik gebe es Potential nach oben, räumte Mitterlehner ein und forderte dazu auf, auch beim Arbeitsmarkt und bei den Pensionen die Pflicht zu erledigen. Auch werde der Der Bundeskanzler "die ÖVP an seiner Seite haben, wenn es darum geht, vom Reden zum Handeln zu kommen", sagte Mitterlehner.

Als Erfolg wertete Mitterlehner die Aufrechterhaltung des strukturellen Nulldefizits, höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie mehr Universitätsabsolventen in MINT-Fächern - was von der OECD ausdrücklich gewürdigt werde. Er sei keineswegs gegen ÖBB-Investitionen, sagte Mitterlehner, trat aber zugleich für junge innovative Unternehmen ein, die unverzichtbar seien, um die Zukunft zu bewältigen. Die Lohnnebenkosten wurden gesenkt, womit 12.000 Arbeitsplätze gesichert wurden, sagte Mitterlehner weiters und unterstützte beim Thema kalte Progression den konkreten Vorschlag von Finanzminister Schelling. Die Verschuldung Österreichs, die auf die Bewältigung der Finanzkrise zurückgeht, sei geringer als in den anderen Ländern, hielt der Vizekanzler fest. Darüber hinaus habe die Steuerreform den Konsum belebt. Optimismus in der Wirtschaft sei wichtig, damit die Unternehmen investieren. Die ÖVP unterstütze als Wirtschaftspartei alle darauf gerichteten Anstrengungen. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen werde den erfolgreichen Weg Österreichs fortzusetzen und die großen Reformvorhaben, etwa die Entbürokratisierung, gemeinsam umzusetzen.

Der Schlagabtausch geht weiter
Kai Jan Krainer (S) wies drauf hin, dass der Faktor Arbeit den größten Teil der Steuerlast trage, man sollte daher redlicherweise über einen größeren Beitrag des Faktors Kapitals diskutieren. Als größtes politisches Problem sah Krainer in Österreich und in der EU die Arbeitslosigkeit, die teilweise auch auf erfolgreiche Politik zurückgehe: eine höhere Frauenerwerbsquote, mehr ältere Menschen in Arbeit die Attraktivität Österreichs, die viele Menschen aus Deutschland und Ungarn anziehe. Dass die Beschäftigung steige, reicht laut Krainer nicht aus, denn die Arbeitslosigkeit ziehe hohe Kosten nach sich. Daher sei es wichtig, der Beschäftigungspolitik nach dem Vorbild der USA Priorität zu geben.

Gabriele Tamandl (V) wandte sich gegen Parteitagsreden in der Budgetdebatte und warnte vor der Illusion, den Staat mit neuen Steuern und Schulden voranbringen zu können. Österreich bewege sich erfolgreich auf einem Konsolidierungs- und Wachstumspfad, gewährleiste den Menschen Sicherheit und entlaste den Faktor Arbeit durch die Steuerreform und die Senkung der Lohnnebenkosten. Finanzminister Schelling trete für eine Senkung der kalten Progression ein, die SPÖ meine aber, man solle nicht jene entlasten, die hohe Steuern zahlen, sondern jene, die wenig ins System einzahlen. "Wir haben in Österreich viel Umverteilung – wir brauchen nicht noch mehr Umverteilung", sagte Tamandl. Ausdrücklich bekannte sich die Vorsitzende des Budgetausschusses zum Ziel einer "schwarzen Null" im Bundeshaushalt.

Roman Haider (F) beobachtete, wie er sagte, ein Wahlkampfgeplänkel zwischen Bundeskanzler und Vizekanzler auf der Regierungsbank, während Finanzminister Schelling immer mehr politisches Vertrauen verspiele. Konkret kritisierte Haider steigende Staatsschulden bei hoher Steuerbelastung und Rekordarbeitslosigkeit. Haider empfahl den Blick nach Deutschland, wo die Arbeitslosigkeit zurückgehe und der Finanzminister Budgetüberschüsse erwirtschafte. Den Jubel über das strukturelle Nulldefizit hält Haider für unangebracht und wies darauf hin, dass diese Budgetgröße durch Herausrechnen von Einmaleffekten, konjunkturellen Auswirkungen und neuerdings auch der Migrationskosten ermittelt werde. Der Fiskalrat habe aber errechnet, dass jeder Flüchtling jährlich bis zum Jahr 2060 277.000 € an Kosten verursachen werde. Das vorliegende Budget ist ein in Zahlen gegossenes Bild des Scheiterns, sagte Haider.

Einmal mehr wies Bruno Rossmann (G) die Aussage von Finanzminister Schelling zurück, im österreichischen Bundeshaushalt bestünden Ausgabenprobleme. Tasächlich sinke seit Jahren die Ausgabenquote. Als "Milchbubenrechnung" bezeichnete Rossmann die Rede von der Unfinanzierbarkeit des Pensionssystems und wandte sich gegen eine Pensionsreform. Schellings Aussage, "die Schuldenbremse ist der Motor des modernen Staates", teilte Rossmann nicht und machte die Austeritätspolitik der EU für steigende Arbeitslosigkeit und die wachsende Armut verantwortlich. Österreich und die EU brauchten eine grundsätzliche budgetpolitische Diskussion, sagte Rossmann und zitierte dazu Stimmen aus dem Internationalen Währungsfonds.

Die zusätzlichen Mittel für die aktive Arbeitsmarktpolitik reichten ebenso wenig die vorgeschlagenen Investitionen, kritisierte Rossmann und forderte mit Nachdruck, umweltschädliche Förderungen einzustellen, dies auch deshalb, weil damit 40.000 bis 60.000 Jobs geschaffen werden könnten. Die Lohnnebenkosten seien deutlicher zu senken und die Armut entschlossener bekämpfen, forderte Rossmann.

Rainer Hable (N) wandte sich entschieden gegen einen Budgetentwurf, der die österreichische Tradition fortsetzt, Jahr für Jahr Schulden auf Schulden zu häufen. Was in der Kameralistik nur undeutlich zum Ausdruck komme, werde in der kaufmännisch strukturierten Ergebnisrechnung deutlich: Österreich drohe 2017 ein negatives Budgetergebnis von 9 Mrd. €. Auf der Regierungsbank vermisste Hable Gemeinsamkeiten zwischen den Regierungspartnern. Die Steuerreform könne er nicht als Reform werten, sie habe nur die kalte Progression ausgeglichen. Eine mutige reformorientierte Politik sieht anders aus, schloss Hable.

Leopold Steinbichler (T) problematisierte die ungebremste Klientelpolitik von SPÖ und ÖVP und warf der Bundesregierung angesichts eines Schuldenbergs von 292 Mrd. € und einer Zinsbelastung von 9 Mrd. € Verantwortungslosigkeit vor. "Wir zahlen mit den Scheckkarten unserer Kinder und Enkelkinder", sagte Steinbichler und forderte einmal eine enkelgerechte Politik.

Schelling will Spielraum für mehr Investitionen schaffen
Finanzminister Hans Jörg Schelling wusste sich mit Bundeskanzler Kern in dem Ziel einig, in Zukunft keine neuen Schulden mehr zu machen und unterstrich die Notwendigkeit, alle Budgetausgaben auf ihre Effizienz hin zu prüfen. Das sei keine Kritik an notwendigen Investitionen, klärte Schelling auf und verwahrte sich gegen den Vorwurf, Investitionen in Frage gestellt zu haben. Alle Länder haben in der Krise ihre Budgetdefizite erhöht, von einer europäischen Austeritätspolitik könne keine Rede sein, entgegnete Schelling Abgeordnetem Rossmann. Die Frage lautet, ob es nicht sinnvoller sei, mehr in Forschung und Entwicklung zu investieren als in Pensionszuschüsse. Investitionen in den Klimaschutz seien nur auf einer rechtlichen Grundlage möglich, also erst dann, wenn eine Klimaschutzstrategie vorliegen werde.

Flüchtlingskosten dürfen nur in den Jahren 2016 und 2017 aus dem strukturellen Budget herausgerechnet werden, informierte Schelling. Noch sein siebenter Amtsnachfolger werde von den aktuellen niedrigen Zinsen profitieren, weil diese von den Finanzschuldenmanagern sehr langfristig genützt werden, obwohl das aktuelle Budget noch von hohen Zinsen aus der Vergangenheit belastet werde. Über Fortschritte bei den Verhandlungen für einen neuen Finanzausgleich versprach Schelling den Nationalrat laufend zu informieren. Zur kalten Progression liegen seine Vorschläge auf dem Tisch, sagte der Finanzminister, der sich dazu bekannte den budgetpolitischen Kurs Österreichs fortzusetzen und zu beschleunigen um Spielraum für Investitionen zu schaffen.

   

Nach der Generaldebatte wandten sich die Abgeordneten einzelnen Budgetbereichen zu, wobei es in den ersten beiden Debattenböcken um Soziales und Innere Sicherheit ging. Neben der vorgesehenen Budgetaufstockung für das Innenressort wurden unter anderem die Themen Pensionen, Arbeitsmarkt, Zuwanderung, Flüchtlinge und Cyberkriminalität zur Sprache gebracht. Die ÖVP drängte erneut auf Kürzungen bei der Mindestsicherung, FPÖ und Team Stronach äußerten Zweifel daran, dass die versprochene Personalaufstockung bei der Exekutive tatsächlich umgesetzt wird.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch bekannte sich dazu, mehr Mittel für die Polizei und das Bundesheer zur Verfügung zu stellen. Ein genauso wichtiger Bereich sei für ihn aber die soziale Sicherheit, wo es ein wenig an Entschlossenheit mangle. So verteidigte er auch die Forderung von Bundeskanzler Christian Kern, allen PensionistInnen zusätzlich 100 € zukommen zu lassen. Außerdem müsse die Ausgleichszulage für Menschen, die mindestens 30 Jahre gearbeitet haben, auf 1.000 € angehoben werden, forderte Muchitsch.

ÖVP-Mandatar August Wöginger wies darauf hin, dass mehr als 51% des Budgets für die Bereiche Arbeit, Soziales, Pensionen, Gesundheit und Familien aufgewendet werden. Österreich gehöre damit zu den Ländern mit den weltweit höchsten sozialen Standards; darauf sollte man auch stolz sein. Um dieses gute System im Sinne der nächsten Generationen nachhaltig abzusichern, müsse man, so wie vom Finanzminister eingemahnt, die Entwicklung des Zuschusses zu den Pensionen im Auge behalten. Was die Mindestsicherung betrifft, so zielten die ÖVP-Vorschläge darauf ab, dass es einen klaren Unterschied zwischen Erwerbseinkommen und Sozialleistungen gibt, betonte Wöginger.

Die "unverantwortliche Willkommenspolitik" der Bundesregierung habe massive Auswirkungen auf das Gesamtbudget, und dabei vor allem auf den Bereich Soziales, konstatierte FPÖ-Vertreter Herbert Kickl. Trotz Mehrausgaben in diesem Kapitel gebe es immer mehr Arbeitslose und eine steigende Armutsgefährdung vor allem bei der Gruppe der PensionistInnen; all diese Menschen hätten nichts vom "statistischen Wohlstand". Gleichzeitig schütte man Gelder für Personen aus, die noch keinen einzigen Tag gearbeitet und auch keinen Cent einbezahlt haben. Kickl forderte die Regierung auf, zunächst einmal an ihre eigenen StaatsbürgerInnen zu denken und im Hinblick auf die Pensionen, die Sozialleistungen und den Arbeitsmarkt entsprechend für sie zu sorgen.

Es gebe eine Reihe von Herausforderungen für das Sozialsystem, räumte Judith Schwentner von den Grünen ein. Diese sollten aber sachlich und ohne Angstmacherei angegangen werden. Sie machte z.B. darauf aufmerksam, dass in den nächsten 30 Jahren eine Million Menschen in Pension gehen werde; dafür müsse man natürlich rechtzeitig vorsorgen. Wenig hielt Schwentner vom Pensionshunderter-Vorschlag der SPÖ, dies wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Gefragt sei vielmehr ein gerechtes und nachhaltiges Konzept "mit gleichen Beiträgen, gleichen Regeln und gleichen Leistungen".

Bei den Pensionen gehe es in Summe um 20 Mrd. €, mehr als jeder vierte Budget-Euro fließe in diesen Bereich, zeigte Gerald Loacker von den NEOS auf. Dies sei viel zu viel. Wenig abgewinnen konnte er auch der vermeintlichen Jubelmeldung, wonach der tatsächliche Pensionszuschuss im Jahr 2017 niedriger ausfallen wird als im Jahr 2016. Der Grund dafür liege nämlich im "dreckigen Bank-Austria-Pensionsdeal", der dazu führt, dass im Jahr 2017 Millionen in die Pensionsversicherung fließen werden. Auch durch die Tatsache, dass Gelder aus der Arbeitslosenversicherung in das Pensionsbudget gestopft werden, würden die Zahlen geschönt, urteilte Loacker. Dringenden Handlungsbedarf sah er auch bei der Notstandshilfe, bei der eine massive Zunahme an BezieherInnen feststellbar ist. Er schlug diesbezüglich eine Zusammenführung mit der Mindestsicherung vor.

Zu einem sehr negativen Urteil bezüglich der Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung in den letzten Jahren kam Waltraud Dietrich vom Team Stronach. Sie stimmte mit Finanzminister Schelling darin überein, dass zwar immer mehr Geld in das System hineingepumpt wurde, der Output aber immer schlechter werde. Einen dringenden Reformbedarf ortete Dietrich bei den Pensionen, wo es derzeit viele Ungerechtigkeiten gebe. Das Team Stronach will ein faires System, das alle ÖsterreicherInnen gleich behandelt und in dem es keine Privilegien mehr für einzelne Gruppen gibt.

Budget des Innenressorts wird um 440 Mio. € aufgestockt
Angela Lueger von der SPÖ betonte, dass innere und soziale Sicherheit die Basis für sozialen Frieden seien. In diesem Sinn begrüßte sie auch die Budgetaufstockung für das Innenressort. Im kommenden Jahr stehen ihr zufolge insgesamt 3,47 Mrd. € zur Verfügung, um 440 Mio. € mehr als heuer. Das Geld werde unter anderem in die Terrorismusbekämpfung, mehr Personal für die Polizei und das Bundesamt für Fremdenwesen und in eine bessere Ausrüstung der Exekutive fließen.

Kritik an den hohen Ausgaben für Flüchtlinge wies Lueger zurück. Österreich habe und hatte eine große Herausforderung durch die außergewöhnliche Flüchtlingsbewegung: "Das hat sich niemand ausgesucht." Die SPÖ stehe aber zu einem geordneten Ablauf von Asylverfahren und der Einhaltung von Grund- und Menschenrechten.

"Wir investieren wirklich viel in die innere Sicherheit und wir tun das rechtzeitig", bekräftigte ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon. Durch die Budgetaufstockung werde Vorsorge dafür getroffen, dass Österreich eines der sichersten Länder der Welt bleibe.

Was die Aussage seiner Vorrednerin betrifft, wonach innere und soziale Sicherheit Garant für den sozialen Frieden seien, meinte Amon, man müsse aufpassen, dass die Akzeptanz der Bevölkerung nicht verloren gehe. Die Menschen verstünden nicht, dass jemand, der sein ganzes Leben gearbeitet habe, die gleiche Mindestsicherung bekomme, wie jemand, der gerade Asylstatus erhalten hat. Das sei wirklicher Sprengstoff für den sozialen Frieden, warb Amon für Einschränkungen bei der Mindestsicherung und einen Deckel.

Walter Rosenkranz (F) bemängelte, dass die Regierung zu wenig gegen illegale Zuwanderung unternehme. Er hält die Zahl der außer Landes gebrachten Personen für ein "Armutszeugnis". "Wenn jemand da ist, dann bleibt er da", kritisierte er. Rosenkranz wies überdies darauf hin, dass die FPÖ schon lange vor Innenminister Sobotka darauf hingewiesen habe, dass Asylwerber im Asylverfahren oft lügen.

Eine Schimäre ist nach Meinung von Rosenkranz die zugesagte Personalaufstockung bei der Exekutive. Da es zu wenig PolizistInnen in Ausbildung gebe, gehe sich das schlicht und einfach nicht aus, erklärte er. Empört ist Rosenkranz darüber, dass man einer arbeitslosen Frau einen Job als Putzfrau in einem Asylheim angeboten hat, während die Flüchtlinge dort untätig herumsäßen.

Für verstärkte Integrationsbemühungen warb Grün-Abgeordnete Alev Korun. Die Integration von Flüchtlingen sei bisher gut gelungen, meinte sie mit Hinweis auf Beispiele wie den Bundespräsidentschafts-Kandidaten Alexander Van der Bellen und einen jungen Start-Up-Gründer. Man müsse auch in Zukunft jegliche Anstrengung unternehmen, damit Flüchtlinge ihr Potential nutzen können. In diesem Sinn wertete Korun auch die zusätzlichen Mittel für Integrations- und Deutschkurse als positiv.

Nikolaus Alm (N) machte darauf aufmerksam, dass jene 440 Mio. €, die das Innenministerium im nächsten Jahr zusätzlich bekommt, in etwa dem gesamten Kulturbudget entsprechen und rund dreimal so viel sind, wie die Regierung für das Start-Up-Paket zur Verfügung stellt. Man müsse sich auch fragen, wofür diese Zusatzmittel verwendet werden, sagte er. Ein Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe könnte schließlich auch sein, dem Boulevard Inseratengelder zu entziehen. Bedauert wurde von Alm, dass die Mittel für den wichtigen Bereich der Bekämpfung der Cyberkriminalität im Budget nicht extra ausgewiesen werden.

Seitens des Team Stronach äußerte Christoph Hagen Zweifel daran, dass die innere Sicherheit durch die Budgetaufstockung für das Innenressort erhöht wird. Bei der Polizei gebe es "eine schwarze Null", die 440 Mio. € würden zur Gänze in Bereiche fließen, die Flüchtlingen zugutekommen. Hagen kritisierte in diesem Zusammenhang die mangelhafte Ausrüstung der Polizei und nannte als Beispiel fehlende Laptops zur Abnahme von Fingerabdrücken. Ein Problem sieht Hagen auch darin, dass viele BeamtInnen kündigen, weil sie den beruflichen Stress nicht aushalten, während Nachwuchs fehle.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at