Tourismusausschuss verabschiedet Verbot von
 Bestpreisklauseln auf Buchungsplattformen

 

erstellt am
19. 10. 16
11:00 MEZ

Steuern, Investitionen, Nachfrage: Wohin bewegt sich der heimische Tourismus?
Wien (pk) - Im Vorgehen gegen Bestpreisklauseln für Onlinebuchungen gab es am 18.10. im Parlament einen ersten Erfolg. Der Tourismusausschuss des Nationalrats beschloss einstimmig einen Novellenvorschlag zum Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), der es Hotelbuchungsplattformen verbietet, gegenüber den von ihnen angebotenen Hotels Bestpreisklauseln einzufordern. Miterledigt wurde eine Antrag aller Oppositionsparteien, in dem faire Spielregeln und Wettbewerbsbedingungen im Tourismusvertrieb gefordert werden.

Vertagt wurden weitere Initiativen der Opposition, die sich ebenfalls mit dem touristischen Wettbewerb auseinandersetzen. FPÖ und Grüne urgieren eine Neuausrichtung der Steuerpolitik im Tourismusbereich, um Abschreibungen zu erleichtern und Steuererhöhungen in Beherbergungsbetrieben zurückzunehmen. Die NEOS wollen die Marketingaktivitäten der heimischen Freizeitwirtschaft besser koordiniert sehen.

Mahrer begrüßt geplante Evaluierung des Gesetzes
Bisher konnten Buchungs- und Vergleichsplattformen im Wege von Bestpreisklauseln den Hotels untersagen, auf anderen Vertriebswegen oder auf der eigenen Homepage günstigere Preise anzubieten, wodurch die freie Preisbildung beeinträchtigt wurde. Eine Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ( 1251 d.B.) reagiert nun auf diesen Umstand mit einem Verbot dieser Klauseln. Ziel ist zu verhindern, dass die wettbewerbliche Betätigungsfreiheit eines Beherbergungsunternehmens nachhaltig beeinträchtigt wird. Ähnlich lautet die Forderung von FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach im Zusammenhang mit der Zimmerbuchung über Internetplattformen, die mit der Beschlussfassung der Vorlage als miterledigt gilt. Die Antragsteller kritisieren darin speziell die Bestpreisklausel von Online-Plattformen wie booking.com, da sie günstigere Preisangebote der Beherbergungsbetriebe auf deren eigenen Websites unterbinde ( 1572/A(E)).

Kein Vermieter kann nun bestraft werden, wenn er auf seiner eigenen Homepage einen günstigeren Preis als die Buchungsplattform anbietet. Was in der Praxis teilweise schon gemacht wurde, ist damit legalisiert, freute sich ÖVP-Tourismussprecher Gabriel Obernosterer. Mit unserem heutigen Beschluss setzen wir den politischen Willen der österreichischen Hoteliers um, pflichtete ihm Maximilian Unterrainer (S) bei, dem sich auch Georg Willi (G), Gerald Hauser (F) und Josef Schellhorn (N) anschlossen. Das Gesetz bringt nun fairere Wettbewerbsbedingungen für die Tourismusbetriebe, unterstrich Staatssekretär Harald Mahrer und begrüßte überdies die Evaluierung der Bestimmungen nach fünf Jahren.

FPÖ und Grüne sehen Steuernachteile für Tourismusbranche
Monetäre Belange beschäftigten den Ausschuss auch im weiteren Sitzungsverlauf. So forderte die FPÖ, die Zeiträume für steuerliche Abschreibungen von Investitionen in Tourismusbetrieben an die tatsächliche Nutzungsdauer von Gebäudeinvestitionen anzupassen ( 910/A(E)). Die steuerrechtlich festgelegten 33 Jahre bzw. 3% pro Jahr für Abschreibungen von Herstellungskosten eigenständiger Gebäudeteile wie Wellnessbereich oder Klimaanlage entsprächen nämlich in keiner Weise deren viel kürzeren Lebensdauer. In einem weiteren Antrag ( 1174/A(E)) wenden sich die Freiheitlichen gegen die geplante Streichung von Ausnahmen im Steuerrecht und warnen, mit einer Erhöhung der Mehrwertsteuer würde der Tourismus in die Verlustzone getrieben.

Die zur Finanzierung der Steuerreform 2015 beschlossene Erhöhung der Umsatzsteuer auf Beherbergungen von 10% auf 13% kritisiert Grünen-Tourismussprecher Georg Willi genauso ( 1368/A(E)). Die neuen Berechnungsvorgaben für die Besteuerung von Dienstleistungen in der Beherbergungsbranche seien außerdem zu kompliziert und kaum administrierbar – weder für die Tourismusbetriebe noch für die Reisebüros. Willis Vorschlag lautet auf Einhebung eines "Nächtigungseuro", wie ihn die Österreichische Hoteliervereinigung anregt.

Die Anträge wurden mit den Stimmen der Regierungsparteien vertagt, wobei SPÖ und ÖVP die Anliegen der Opposition in einem breiteren Themenspektrum behandeln bzw. die Auswirkungen der Steuerreform noch abwarten wollen.

Tourismus-Marketing: NEOS für einheitlichen Auftritt
Eine bessere Koordinierung der verschiedenen Marketingaktivitäten im österreichischen Tourismus verlangt NEOS-Sprecher Josef Schellhorn. Neben der Österreich Werbung starten auch neun Landestourismusorganisationen und regionale Tourismusverbände Werbekampagnen, ohne sich abzustimmen, wie er moniert. Die Gesamtausgaben dafür betragen nach Schellhorns Berechnung jährlich 450 Mio. €. Zur Effizienzsteigerung fordert Schellhorn ein Konzept zur Umstrukturierung der Kompetenzen in der Tourismuswerbung ( 1446/A(E)). Gleichzeitig kritisiert er, das Budget der Österreich Werbung (ÖW) sei seit 2003 nicht mehr valorisiert worden ( 1532/A(E)).

Auch diese beiden Initiativen wurden von den Regierungsparteien in die Warteschleife verwiesen. Hier seien noch weiterer Gespräche zu führen, argumentierte etwa Andreas Hanger von der ÖVP.

   

ExpertInnen im Tourismusausschuss zu Budgetsituation der Hotellerie und Österreich Werbung
Seit Jahren verzeichnet Österreich steigende Gästezahlen, über diese Fakten besteht Konsens zwischen allen TourismusexpertInnen. Inwieweit aber die Abgabenquote Österreichs eine Belastungsprobe für die Hotellerie darstellt, wie es in einer Studie der Prodinger Tourismusberatungsagentur heißt, darüber gehen unter Fachleuten die Meinungen auseinander. Von der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank wird in diesem Zusammenhang auf einen starken Anstieg an Investitionen in der Beherbergungsbranche hingewiesen, der die pessimistische Sichtweise auf die Lage des heimischen Tourismus widerlege. Im Tourismusausschuss äußerte sich vor allem die Opposition kritisch zu den Auswirkungen der letzten Steuerreform auf den Tourismus. Während die Regierungsfraktionen den Erfolg der heimischen Freizeitwirtschaft hervorhoben, bereiten FPÖ, Grünen und NEOS speziell die Mehrwertsteuererhöhung auf Nächtigungen und die Verlängerung der Abschreibedauer Sorge. Staatssekretär Harald Mahrer, der klare Belege für Wettbewerbsnachteile aufgrund des neuen MwSt-Satzes von 13% vermisst, konnte die Bedenken kaum zertreuen.

Mit einer starken Marke Österreich will Petra Stolba, die im Juli um weitere fünf Jahre als Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW) verlängert worden ist, den Tourismus künftig unterstützen. Die ÖW setze daher auf ein "bestmöglich konzertiertes Auftreten" der verschiedenen Werbeorganisationen – vor allem auch jener der Bundesländer – im Ausland, sagte sie bei der Aussprache mit den Ausschussmitgliedern.

Steuer als Wettbewerbsfaktor
Thomas Reisenzahn und Stefan Rohrmoser von der Prodinger Tourismus Beratung bzw. dem damit verbundenen Wirtschaftstreuhands- und Beratungsunternehmen warnen vor zu viel Optimismus, nur weil die Nächtigungen in den heimischen Tourismusbetrieben steigen. Die Zuwächse würden vor allem bei den 4- und 5-Sterne-Hotels registriert, während die niedrigeren Kategorien in den letzten Jahren stagniert oder verloren hätten, so Reisenzahn. Hinsichtlich Einnahmen habe man zudem erst 2016 wieder das Umsatzniveau von 2006 erreicht. Rohrmoser gab zu bedenken, dass Beherbergungsbetriebe in konkurrierenden Ländern meist weit geringere MwSt-Sätze auf Nächtigungen zu tragen hätten – in Deutschland etwa nur 7%, in Italien 10%. Österreich befinde sich mit nunmehr 13% eindeutig im Nachteil. Die betriebswirtschaftlich relativ gute Allgemeinsituation im Tourismus führen die Experten vorrangig auf die günstige Zinslage zurück – bei einem Zinsanstieg müsse man allerdings mit einem drastischen Anstieg der Entschuldungsdauer von Tourismusbetrieben rechnen. In ihrer Analyse zur Steuerreform 2016 kritisieren Reisenzahn und Rohrmoser neben der MwSt-Anhebung für Nächtigungen von 10% auf 13% und der gesteigerten Immobilienertragsteuer (von 25 auf 30 Prozent) auch Änderungen der Grunderwerbsteuerregelungen bei Betriebsübertragungen auf Nachfolger und die Ausweitung des Abschreibezeitraums bei Einrichtungen in Tourismusbetrieben auf 40 Jahre – hier wären 15 Jahre als Abbild der Realität angemessen.

Abgesehen davon gebe es hierzulande von der Registrierkassenpflicht, über die Brandschutzverordnung bis hin zur Allergenausweisvorgabe für die Gastronomie eine Unmenge an weiteren Belastungen und Bürokratie, bekräftigte Josef Schellhorn (N)."Eine Kuh, die man melken will, muss man auch füttern", riet Georg Willi (G) dazu, anstelle der erhöhten Steuer auf Nächtigungen einen Nächtigungs-Euro einzuführen, der auch gleich das Frühstück abdeckt. Hermann Brückl (F) befürchtet, aufgrund der neuen Abschreiberegelungen und der internationalen Vorgaben zur Bankenregulierung (Basel III und IV) würden viele Betriebe um ihre Finanzierungsmöglichkeiten gebracht.

Änderungen bei der Abschreibedauer seien durchaus anzudenken, räumte Staatssekretär Mahrer ein, er verbat sich jedoch, Probleme der Tourismuswirtschaft alleine der jüngsten Steuerreform anzulasten. Unterschiedliche Regeln, etwa im Bereich Konsumentenschutz, habe es bereits davor gegeben. Ob die 13%-Mehrwertsteuer auf Übernachtungen zur Belastung wird, hänge außerdem von der Situation des jeweiligen Beherbergungsbetriebs ab.

ÖHT registriert steigende Investitionen
Zur Sicherstellung der Kreditfinanzierung für Tourismusbetriebe brauche die Österreichischer Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) fraglos eine Ausweitung der Haftungen, appellierte ÖHT-Geschäftsführer Wolfgang Kleemann im Ausschuss. Das derzeitige Haftungsvolumen von 500 Mio.€, mit dem die zinsfreien Kredite von der ÖHT besichert werden, laufe Ende 2017 aus.

Trotz dieser Mahnung betonte Kleemann, die Investitionen der Freizeitwirtschaft seien in den letzten Jahren gestiegen; von rund 406 Mio.€ 2015 auf bereits 555 Mio.€ heuer. Die Eigenkapitalquote der Branche sei ebenfalls gewachsen und auch die Erträge pro Zimmer stiegen an. Bei den Verbindlichkeiten gebe es kaum Ansuchen um Stundung. "Jede Krise bietet eine Chance", folgerte Kleemann daraus, dass die sich Nächtigungsbetriebe nach einer "Durststrecke" durch konsequentes Wirtschaften und Kostenoptimierung konsolidiert haben und es der Branche relativ gut geht. Letztere Bemerkung zweifelte Abgeordneter Thomas Schellbacher (F) stark an, bei Andreas Hanger (V) und Erwin Preiner (S) stieß sie hingegen auf Zustimmung. Preiner sieht durch die Zahlen belegt, dass "Österreich als Erfolgsland im Tourismus bezeichnet werden kann", wünschenswert wäre nur, die Nächtigungszahlen in allen Hotelkategorien zu heben.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Privatvermietung brachte FPÖ-Tourismussprecher Gerald Hauser zur Sprache, als er deren Anliegen erläuterte: Neben einer gesetzlichen Definition der Privatvermietung sei eine Modernisierung von rechtlichen Rahmenbedingungen wie der Gewerbeordnung hoch an der Zeit.

Österreich Werbung forciert einheitliche Marke im Ausland
"Österreich liegt unter den Top 15 Ländern der Welt", wenn Tourismusdestinationen verglichen werden, stellte die Geschäftsführerin der Österreich Werbung (ÖW) Petra Stolba fest. Ausgenommen das Jahr 2009 sei das Tourismuswachstum der letzten Jahrzehnte immer positiv gewesen. Mit ihren Aktivitäten und Leistungen setze die ÖW daher alles daran, dass dieser Kurs beibehalten wird. Gerade in einem sich immer rascher verändernden Umfeld, etwa im Kommunikationsverhalten der Gäste - Stichwort Social Media - sei es entscheidend, neue Trends von Nachfrage und Bedürfnissen zu erheben und den Betrieben zu vermitteln. Die Gäste von heute blieben immer kürzer, hätten dafür aber ein erhöhtes Interesse an neuen Erfahrungen. In Bezug auf Fernmärkte wie China ziele man darauf ab, erklärte Stolba, Österreich vermehrt als "Monodestination", zu vermarkten.

Damit Österreich im Ausland unverwechselbar ist, sei eine einheitliche Marke wichtig, bestätigte sie in gewisser Weise Willi (G) und Schellhorn (N), die auf eine starke Kooperation der Werbeorganisationen des Landes pochen. Zwar liege die Zuständigkeit für das Tourismusmarketing vorrangig bei den Bundesländern, so Stolba, doch arbeite die ÖW eng mit den neun Landestourismusorganisationen zusammen, etwa bei rechtlichen Belangen. Im Falle von regional unterschiedlichen Marken müsse man auf deren Zusammenwirken achten.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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