Bund und Länder übernehmen Kosten für Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl
Wien (pk) - Der Verfassungsausschuss des Nationalrats hat am 17.10. den Weg für die Einrichtung eines
Zentralen Wählerregisters geebnet. Die Ausschussmitglieder stimmten teils einstimmig, teils mehrheitlich für
einen entsprechenden Gesetzentwurf der Koalitionsparteien. Damit dürfte auch die notwendige Zweidrittelmehrheit
im Nationalrat gesichert sein. Neben der SPÖ und der ÖVP zeigte sich grundsätzlich auch die Opposition
zufrieden, die NEOS verlangten allerdings Nachjustierungen.
Mit der Einführung des Zentralen Wählerregisters wird es künftig auch möglich sein, Volksbegehren
elektronisch bzw. auf allen Gemeindeämtern zu unterstützen. Zudem werden mit dem Gesetzespaket in Reaktion
auf die Aufhebung der Bundespräsidentenwahl durch den Verfassungsgerichtshof erste Anpassungen im Wahlrecht
vorgenommen. So ist etwa geplant, vorläufig zu den alten Wahlkarten ohne Lasche zurückzukehren. Außerdem
werden jene Bestimmungen adaptiert, die die Prüfung und Öffnung von Wahlkarten am Tag nach der Wahl regeln.
Aufgrund der Auflösung des Bezirks Wien-Umgebung kommt es zu einer Änderung bei den Regionalwahlkreisen.
Um die Gemeinden nicht zu belasten, teilen sich Bund und Länder die Kosten für die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl.
Gegen das Zentrale Wählerregister und die Online-Unterstützung von Volksbegehren stimmten die NEOS und
das Team Stronach. Abgeordneter Nikolaus Scherak begrüßte das Vorhaben zwar grundsätzlich und behielt
sich in diesem Sinn auch die Zustimmung seiner Fraktion im Plenum des Nationalrats vor. Er hat aber kein Verständnis
dafür, dass künftig zwar Unterstützungserklärungen für Volksbegehren in jedem Gemeindeamt
abgegeben werden können, nicht aber Unterstützungserklärungen für Parteien, die bei Nationalrats-
oder Europawahlen antreten wollen. Damit würde das Antreten neuer Parteien unnötig erschwert, machte
er sich für eine Nachjustierung des Gesetzes stark. Ein entsprechender Zusatzantrag der NEOS wurde bei der
Abstimmung allerdings lediglich von der Opposition unterstützt und blieb damit in der Minderheit.
Die Zustimmung der FPÖ zum Gesetzespaket begründete Harald Stefan damit, dass gewährleistet sei,
dass das Zentrale Wählerregister keine "Gesinnungsdatenbank" werde. In diesem Sinn erachtet er es
auch für wesentlich, dass Unterstützungserklärungen für Volksbegehren nach Vorliegen des amtlichen
Ergebnisses wieder aus dem Register zu löschen sind. Die Löschung müsse für den Bürger
auch nachvollziehbar sein. Mit dem Wählerregister würden allerdings weniger Probleme gelöst als
von der FPÖ erhofft, sagte Stefan, wobei er als Beispiel das Wählen in allen Wahllokalen ohne Briefwahl-Karte
nannte.
Seitens der Grünen begrüßte Albert Steinhauser das Gesetzespaket. Er sieht in der Einrichtung des
Zentralen Wählerregisters einen wesentlichen Schritt zur Vermeidung von Wahlanfechtungen. Sein Fraktionskollege
Dieter Brosz kritisierte jedoch, dass die Anwendung des Registers für die Länder nicht verpflichtend
sei. Seiner Meinung nach wäre das gerade im Hinblick auf die Zweitwohnsitzproblematik bei Landtags- und Gemeinderatswahlen
in einzelnen Bundesländern dringend geboten.
ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl bedankte sich für die breite Unterstützung und sprach von
einem Meilenstein im Wahlrecht. Durch das Zentrale Wählerregister sei in Zukunft ausgeschlossen, dass WählerInnen
zweimal wählen oder nicht Wahlberechtige zur Wahl gehen können. Man habe die Reform "in unaufgeregter
Art und Weise zustande gebracht", betonte auch Ausschussobmann Peter Wittmann (S). Ihm zufolge ist es auch
sehr wohl so gedacht, dass auch die Länder die Daten des Zentralen Wählerregisters verwenden. Eine größere
Wahlrechtsreform stellten Gerstl und Wittmann für das erste Halbjahr 2017 in Aussicht.
Vorläufig sollen wieder Wahlkarten ohne Lasche verwendet werden
Einig waren sich die Abgeordneten darin, vorläufig zu den alten Wahlkarten ohne Lasche zurückzukehren.
Damit stelle man sicher, dass es im Falle vorzeitiger Neuwahlen im Jahr 2017 nicht zu den gleichen Problemen bei
der Briefwahl kommt wie bei der Bundespräsidenten-Stichwahl, hielt unter anderem ÖVP-Abgeordneter Gerstl
fest. Für alle Fraktionen ist aber klar, dass die alten Wahlkarten "nicht der Weisheit letzter Schluss
sind", wie es Albert Steinhauser und Harald Stefan formulierten. Man müsse im Sinne des Datenschutzes
eine bessere Lösung finden, so Steinhauser.
Um dieses Anliegen zu unterstreichen, fasste der Ausschuss einstimmig eine Entschließung. Demnach fordern
die Abgeordneten die Regierung auf, einen Vergleich mit anderen Ländern anzustellen und bis zum 1. März
Optionen vorzulegen, die nicht nur den Anforderungen der Wahlgrundsätze, sondern auch dem Datenschutz Rechnung
tragen.
Bundespräsidenten-Wahl: Für Zusatzkosten ist budgetär vorgesorgt
Im Rahmen der Debatte hob Gerstl darüber hinaus ausdrücklich hervor, dass die Gemeinden aufgrund der
vereinbarten Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern nicht auf den Kosten für die Wiederholung der
Bundespräsidenten-Stichwahl sitzen bleiben. Für die 9,5 Mio. €, die der Bund übernimmt, ist budgetäre
Vorsorge getroffen. Es gebe bereits eine entsprechende Zusage von Finanzminister Hans Jörg Schelling, teilte
Innenminister Wolfgang Sobotka FPÖ-Abgeordnetem Günter Kumpitsch auf eine entsprechende Frage mit.
Generell unterstrich Sobotka, dass das Zentrale Wählerregister auch bei Landtagswahlen und Gemeinderatswahlen
anzuwenden ist. In Richtung Abgeordnetem Scherak hielt er fest, bevor man die Frage der elektronischen Unterstützungserklärung
für Parteien regle, müsse man sich "das Mengengerüst überlegen". Die Zahl der notwendigen
Unterstützungserklärungen für einen Wahlantritt sei sehr unterschiedlich und zum Teil sehr niedrig.
Zentrales Wählerregister soll Abwicklung von Wahlen erleichtern
Einen ersten Anlauf zur Einrichtung eines Zentralen Wählerregisters haben SPÖ und ÖVP bereits 2013
genommen. Das damals vorgelegte "Demokratiepaket" wurde nach monatelangen Beratungen allerdings wieder
ad acta gelegt, da sich Regierungs- und Oppositionsparteien nicht auf eine automatische Volksabstimmung bzw. Volksbefragung
über erfolgreiche Volksbegehren einigen konnten. Nun hat man, zumindest in Sachen Wählerregister, aber
doch noch einen gemeinsamen Nenner gefunden. Beschleunigt wurden die Verhandlungen nicht zuletzt durch die aufgetretenen
Probleme bei der Briefwahl rund um die Bundespräsidenten-Wahl.
Basis für den heutigen Beschluss im Verfassungsausschuss bildete ein von SPÖ und ÖVP bereits im
Juli vorgelegtes "Wahlrechtsänderungsgesetz 2017" ( 1809/A), das neben der Einrichtung eines Zentralen
Wählerregisters auch Bestimmungen über die elektronische Unterstützung von Volksbegehren enthält.
In diesen Entwurf wurden mittels V-S-Abänderungsantrag weitere Punkte wie die Kostentragungsregelung für
die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl und die nachfolgende Verschiebung des Wahltermins vom 2.
Oktober auf den 4. Dezember eingebaut. Außerdem wurde auf Initiative der FPÖ ausdrücklich klargestellt,
dass Volksbegehren und damit auch dafür abgegebene Unterstützungserklärungen nach Vorlage eines
amtlichen Ergebnisses unwiderruflich aus dem Zentralen Wählerregister zu löschen sind.
Ziel des Zentralen Wählerregisters ist es, die administrative Abwicklung von Wahlen, Volksbegehren, Volksbefragungen
und Volksabstimmungen zu erleichtern und die Datenqualität zu verbessern. So wird es etwa einfacher, Doppelregistrierungen,
insbesondere von AuslandsösterreicherInnen, zu vermeiden. Erstmals werde eine Gesamtsicht auf die Wählerdaten
ermöglicht, heißt es dazu in den Erläuterungen. Darüber hinaus will man die Ausstellung von
Wahlkarten künftig zentral erfassen und damit lückenlos dokumentieren. Die Gemeinden werden in diesem
Sinn angehalten, Anträge auf Ausstellung von Wahlkarten nicht mehr in den Wählerverzeichnissen, sondern
in der Wählerevidenz zu vermerken.
Volksbegehren können künftig elektronisch unterstützt werden
Das Zentrale Wählerregister ist auch Voraussetzung für die Online-Unterstützung von Volksbegehren.
Sobald das Zentrale Wählerregister vorliegt und das Innenministerium eine entsprechende Datenanwendung bereitstellt,
soll es möglich sein, Volksbegehren unter Verwendung der Bürgerkarte bzw. der Handysignatur elektronisch
zu unterschreiben. Alternativ kann weiter eine Unterschrift am Gemeindeamt bzw. beim Magistrat geleistet werden,
dies muss jedoch nicht mehr in der Heimatgemeinde erfolgen. Auch AuslandsösterreicherInnen wird es ermöglicht,
Volksbegehren zu unterstützen.
Detailliert geregelt wird das neue Procedere im "Volksbegehrensgesetz 2018". Demnach wird das System
der qualifizierten digitalen Signatur nicht nur für die Unterzeichnung eines Volksbegehrens in der vom Innenministerium
festgelegten Eintragungswoche, sondern auch schon für das Sammeln der erforderlichen Unterschriften zur Einleitung
eines Volksbegehrens (1 Promille der Wohnbevölkerung) verwendet werden können. Für die Registrierung
eines Anliegens wird eine Gebühr von 500 € fällig. Auch für die Gemeinden gibt es eine Erleichterung:
Sie werden von der Pflicht befreit, Eintragungslokale auch am Sonntag offenzuhalten.
Erste Anpassungen im Wahlrecht
In Reaktion auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs zur Bundespräsidenten-Stichwahl werden erste Anpassungen
im Wahlrecht vorgenommen. So wird, neben der Rückkehr zu den alten Wahlkarten, etwa auch die im Bundespräsidentenwahlgesetz
bereits verankerte Bestimmung nachvollzogen, wonach WählerInnen berechtigt sind, ihr Kuvert selbst in die
Wahlurne zu werfen.
Neu definiert wird die Rolle der einzelnen Wahlorgane beim Registrieren und beim Auszählen von Wahlkarten.
So ist künftig die Bezirkswahlbehörde, "allenfalls unter Heranziehung von Hilfsorganen", dafür
zuständig, die bis zum Wahlschluss eingelangten Wahlkarten am Tag nach der Wahl ab 9.00 Uhr auf die Unversehrtheit
des Verschlusses und das Vorliegen der eidesstattlichen Erklärung zu prüfen. Nach geltender Rechtslage
ist dafür "der Bezirkswahlleiter unter Beobachtung durch die anwesenden Beisitzer" zuständig.
Neue Wahlkreise "Niederösterreich Ost" und "Thermenregion"
In Folge der bevorstehenden Auflösung des niederösterreichischen Bezirks Wien-Umgebung kommt es zu einer
Neuordnung der Regionalwahlkreise in Niederösterreich. Demnach werden die bisherigen Wahlkreise "Wien
Umgebung" und "Niederösterreich Süd-Ost" durch die Wahlkreise "Thermenregion"
(3 F) mit den Verwaltungsbezirken Baden und Mödling und "Niederösterreich Ost" (3 G) mit den
Verwaltungsbezirken Bruck an der Leitha und Gänserndorf ersetzt. Zu einer Mandatsverschiebung soll es dadurch
aber nicht kommen, wie Abgeordneter Gerstl betonte.
Keine finanzielle Zusatzbelastung für Gemeinden durch Wahlwiederholung
Um finanzielle Zusatzbelastungen für Gemeinden durch die Wiederholung der Bundespräsidenten-Stichwahl
zu vermeiden, sieht der Abänderungsantrag schließlich eine Kostenübernahme durch den Bund und die
Länder vor. Konkret wird pro Wahlberechtigtem ein Pauschalbetrag von 1,72 € an die Gemeinden überwiesen,
wobei der Bund und die Länder je 0,86 € übernehmen. Dazu kommen weitere 0,63 € pro Wahlberechtigtem für
die Verschiebung der Stichwahl, die der Bund alleine trägt. In den Erläuterungen wird unter anderem auf
die erhebliche Zahl notwendiger Überstunden in den Gemeinden durch die Wahlwiederholung und die beschlossene
Aktualisierung der Wählerverzeichnisse sowie anfallende Portokosten für Wahlkarten verwiesen.
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