Die Frustwahl der Jugend

 

erstellt am
29. 11. 16
11:00 MEZ

Umfrage zur Bundespräsidentenwahl 2016
Wien (jugendkultur) - Die jungen Österreicher wollen beide Kandidaten nicht! Hoferwähler wählen Hofer um Van der Bellen zu verhindern, Van-der-Bellen-Wähler um Hofer zu verhindern. O-Ton der Jugend: Mit solchen Kandidaten macht man die Demokratie kaputt! Ginge es nach den unter 25jährigen, hätte Alexander Van der Bellen bei den Wahlen am 04.12. die Nase vorne. Er gilt als sympathisch, glaubwürdig und zuverlässig. Norbert Hofer hingegen wird als deutlich moderner wahrgenommen, er punktet mit jugendlichem Charme und Durchsetzungsfähigkeit. Aber so richtig überzeugen kann keiner der beiden Kandidaten. Das ergab eine repräsentative Jungwähler-Umfrage (Altersgruppe: 16 bis 24 Jahre; n=500) des Instituts für Jugendkulturforschung.

Richtig gerne werden die Jungen nicht zur Wiederholung der Stichwahl am 4. Dezember gehen. Nicht nur, weil lediglich ein Drittel von ihnen der Ansicht ist, dass es richtig war, diese Wahl zu wiederholen. Auch mit den beiden Kandidaten kann ein wesentlicher Teil der 16- bis 24jährigen Jungwähler kaum etwas anfangen. So sagt rund die Hälfte der Befragten, dass sie keinem der beiden Kandidaten gerne zuhört. 44 Prozent sind der Meinung, keiner der beiden wäre ehrlich. Und 42 Prozent halten weder Alexander Van der Bellen noch Norbert Hofer für eine Führungspersönlichkeit. Skepsis und Misstrauen der österreichischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen gegenüber der etablierten Politik und das Gefühl, von niemandem mehr repräsentiert zu werden, nehmen rasant zu. Dies zeigt sich etwa daran, dass sich nur die Hälfte der jungen Österreicher (52 Prozent) sicher ist, dass in jener Stichwahl, die nun wiederholt werden muss, alles mit rechten Dingen zugegangen ist. 26 Prozent glauben hingegen, die Wahlen wären manipuliert worden, 22 Prozent sind sich diesbezüglich nicht sicher.

Dennoch hat Alexander Van der Bellen, zumindest bei den Jungen, gegenwärtig die besseren Chancen auf das höchste Amt im Staat. 56 Prozent, darunter überdurchschnittlich viele Frauen, Befragte mit Matura oder Universitätsabschluss und Migrationshintergrund, geben an, Alexander van der Bellen ihre Stimme geben zu wollen. 44 Prozent würden Norbert Hofer wählen.

Worin liegen nun die Stärken und Schwächen der beiden Kandidaten aus Sicht der Jungwähler? Alexander Van der Bellen gilt als der zuverlässigere, glaubwürdigere und alles in allem sympathischere Kandidat. Rund die Hälfte der Befragten gesteht ihm Glaubwürdigkeit zu (Hofer: 21 Prozent), 43 Prozent finden ihn zuverlässig (Hofer: 17 Prozent), 47 Prozent sympathisch (Hofer: 22 Prozent). Alexander Van der Bellen verkörpert also jene Eigenschaften, die bislang an Bundespräsidenten geschätzt wurden. Was spricht also für Norbert Hofer? Kurz gesagt: Er ist der charismatischere Kandidat, derjenige, der es besser versteht, sich im Spektakel eines zunehmend ästhetisierten politischen Umfelds zu positionieren, in dem große öffentlichkeitswirksame Gesten und der geschickte Einsatz von emotional aufgeladenen Symboliken wichtiger ist als der routiniert vorgetragene Appell an Ruhe, Mäßigung und Besonnenheit. Norbert Hofer kommt dabei sein forsches Auftreten zu Gute. 38 Prozent finden, dass er einen jugendlichen Eindruck macht (Van der Bellen: 10 Prozent) und modern wirkt (Hofer: 37 Prozent, Van der Bellen: 17 Prozent). Diese Vitalität lässt ihn auch durchsetzungsfähiger (Hofer: 41 Prozent, Van der Bellen: 28 Prozent) erscheinen als den arrivierten Van der Bellen.

Offensichtlich treten jene Kriterien, an denen die Qualifikation von Politikern bis jetzt festgemacht wurden, bei den Wählern zunehmend in den Hintergrund. Gerade das Staatstragende, die hervorstechende Eigenschaft des idealtypischen Bundespräsidenten, ist heute nur mehr für einen Teil der Wählerschaft von Bedeutung: für die Etablierten, die mit dem Status Quo gut leben können. Für die Jungen, die das Bestehende mit Unbehagen betrachten, ist derjenige, der verspricht, dass sich alles ändern wird, eine genauso interessante Alternative.


Steckbrief der Umfrage:
Titel der Studie: Jungwähler und -wählerinnen Befragung zur Bundespräsidenten-Stichwahl am 4. Dezember 2016

Daten: Repräsentativumfrage unter 500 ÖsterreicherInnen im Alter von 16 bis 24 Jahren; rep. nach Alter, Geschlecht, Bundesland und Bildungshintergrund

Befragungszeitraum: November 2016
Druchführung: Institut für Jugendkulturforschung

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.jugendkultur.at

 

 

 

 

 

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