WIFO: Erhöhte Zuversicht auf den
 Finanzmärkten nach Wahl in den USA

 

erstellt am
07. 12. 16
11:00 MEZ

Wien (wifo) - Nach der Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA verbesserte sich die Einschätzung der Wachstumsperspektiven für die USA auf den internationalen Finanzmärkten. Die britische Wertschöpfung und insbesondere die Bruttoanlageinvestitionen wuchsen nach dem Brexit-Entscheid robust. Im Euro-Raum und in Österreich verbesserten sich die Konjunktureinschätzungen vor dem Verfassungsreferendum in Italien. In Österreich expandierte die Wirtschaft im III. Quartal etwas schneller als im Durchschnitt des Euro-Raumes; der Sommertourismus verlief außergewöhnlich gut. Zuzugsbedingt bleibt die Arbeitslosigkeit aber hoch (insbesondere im Tourismus), obgleich sie heuer kaum mehr stieg, da sich der Beschäftigungszuwachs beschleunigte.

In den USA hält die gute Konjunktur an, nachdem sie im 1. Halbjahr 2016 vorübergehend an Dynamik verlor. Die Arbeitslosenquote ist mittlerweile so weit gesunken (unter 5%), dass der Lohndruck allmählich zunimmt. Die Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA verbesserte die Konjunkturerwartungen zusätzlich: Viele Anleger wechselten von Gold und Staatsanleihen in Aktien aus den USA und erzeugten damit einen Anstieg langfristiger Zinssätze und des Dollarkurses.

Großbritannien verzeichnete in den drei Monaten seit dem Brexit-Votum Ende Juni 2016 - entgegen den meisten Prognosen - ein robustes Wachstum. Selbst die stark von Zukunftseinschätzungen bestimmten Bruttoanlageinvestitionen expandierten. Bislang hat der Brexit-Entscheid die Realwirtschaft nicht beeinträchtigt. Auch ein abwertungsbedingter Preisauftrieb kann noch nicht identifiziert werden.

Im Euro-Raum, der im III. Quartal ein solides Wachstum von 0,3% gegenüber dem Vorquartal verzeichnete, verbesserten sich die Konjunktureinschätzungen zuletzt wieder. Unternehmer und private Haushalte ließen sich durch das Verfassungsreferendum in Italien am 4. Dezember offenbar nicht verunsichern. Volksabstimmungen und Wahlen, die Grundlagen der westlichen Demokratie, wurden in letzter Zeit oft vorschnell zu Unsicherheitsfaktoren für die Realwirtschaft stilisiert.

In Österreich wuchs die Wirtschaft im III. Quartal etwas stärker als im Durchschnitt des Euro-Raumes (Trend-Konjunkturkomponente +0,4%, laut Eurostat-Vorgabe +0,5%). Aktuelle Konjunkturumfragen deuten auf eine weitere Belebung hin. Das Wachstum beruht auf einer robusten Binnenkonjunktur: Der private Konsum gleicht sich allmählich an das durch die Steuerentlastung Anfang 2016 erhöhte verfügbare Einkommen an; die Investitionen wurden abermals ausgeweitet. Der Warenexport laut VGR stagnierte hingegen im III. Quartal. Dagegen ermöglichte die erfolgreiche Sommersaison - die Zahl der Ankünfte erreichte einen neuen Höchstwert - eine Ausweitung des Exports von Tourismusdienstleistungen. Da hier der Spielraum für Produktivitätssteigerungen gering ist, wirkt die hohe Nachfrage zwar preistreibend, es entstehen aber überproportional viele Arbeitsplätze. Da gleichzeitig ein großer Teil der Zuwanderer und Zuwanderinnen im Tourismus Arbeit sucht, ist aber auch die Arbeitslosenquote sehr hoch.

Insgesamt erhöhte sich die Arbeitslosigkeit 2016 aber kaum mehr; der Anstieg betraf überwiegend Asylberechtigte aus Syrien. Die Inländerarbeitslosigkeit nahm heuer erstmals seit dem Konjunkturaufschwung 2010/11 leicht ab, und die Beschäftigung wuchs merklich. Der Großteil der Beschäftigungszunahme, die sich im laufenden Jahr kräftig beschleunigte, wurde aber weiterhin durch Arbeitskräfte aus dem Ausland abgedeckt, vorrangig aus Ungarn und Rumänien. Die Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt hielt zuletzt an: Die Arbeitslosigkeit lag im November unter dem Vorjahreswert, die Arbeitslosenquote betrug 9,0%.


Methodische Hinweise und Kurzglossar
Die laufende Konjunkturberichterstattung gehört zu den wichtigsten Produkten des WIFO. Um die Lesbarkeit zu erleichtern, werden ausführliche Erläuterungen zu Definitionen und Fachbegriffen nach Möglichkeit nicht im analytischen Teil gebracht, sondern im vorliegenden Glossar zusammengefasst.

Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Gegensatz zu den an Eurostat gelieferten und auch von Statistik Austria veröffentlichten "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" der vierteljährlichen BIP-Daten bereinigt das WIFO diese zusätzlich um irreguläre Schwankungen. Diese als Trend-Konjunktur-Komponente bezeichneten Werte weisen einen ruhigeren Verlauf auf und machen Veränderungen des Konjunkturverlaufes besser interpretierbar.

Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.

Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.

Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.

Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.

Reale und nominelle Größen

Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.

Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden, Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.

Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex (VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität innerhalb der Euro-Zone (siehe auch http://www.statistik.at/ ).

Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel und Energie zu verwenden. So werden über 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex (VPI 2015) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.

WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at ). Die Indikatoren sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten Unternehmen.

Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.

Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis:
Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).

Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.

Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen auch Personen mit aufrechtem Dienstverhältnis, die Kinderbetreuungsgeld beziehen bzw. Präsenzdienst leisten. Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.wifo.ac.at

 

 

 

 

 

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