Bisher unbekannter Risikofaktor
 für Arteriosklerose identifiziert

 

erstellt am
09. 01. 17
13:00 MEZ

Aus der Balance geratenes Immunsystem als Ursache
Wien (meduniwien) - Nach einer Infektion im Blut sind IgM-Antikörper die erste Klasse von Antikörpern, die im Immunsystem gebildet werden. Sie sind die „Vorhut“ der Immunantwort, bevor weitere Zellen zur Infektionsbekämpfung aktiviert werden. Manchen Menschen fehlen diese Antikörper oder sie haben einen Antikörper-Mangel, dadurch entwickeln sie eine angeborene Immunschwäche. ForscherInnen der klinischen Abteilung für Medizinisch-chemische Labordiagnostik der MedUni Wien in Zusammenarbeit mit dem CeMM (Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Akademie der Wissenschaften) haben nun herausgefunden, wie dieser Mangel auch zu einem erhöhten Risiko für Arteriosklerose und damit in der Folge auch zu schweren Herzkreislauferkrankungen führen kann.

IgM-Antikörper (Immunglobulin M) haben im menschlichen Immunsystem nicht nur eine primäre Rolle der Immunantwort, sie sorgen auch für eine wichtige Balance: Sie kontrollieren die physiologische Entwicklung von B-Zellen, welche für die Produktion und die Entsorgung von Antikörpern verantwortlich sind. Dadurch regulieren sie auch die Blutspiegel von IgE-Antikörpern und wachen darüber, dass diese in Schach gehalten und ausreichend immer wieder abgebaut werden, um das Immunsystem im Gleichgewicht zu halten. Herrscht allerdings ein Mangel der IgM-Antikörpern, geht diese Balance verloren. Die außer Kontrolle geratenen IgE-Antikörper, die auch bei der Bildung allergischer Reaktionen eine wichtige Rolle spielen, sorgen für vermehrte Bildung von Plaques, Aktivierung von Mastzellen und Entzündungsvorgängen und verengen und schädigen die Gefäße. Das konnte das Team von Christoph Binder und Studienerstautor Dimitrios Tsiantoulas im Tiermodell nachweisen.

„Wir konnten erstmals zeigen, dass IgE-Antikörper selbst Entzündungsreaktionen in Gefäßen hervorrufen können und dass die Hemmung dieser IgE-Antikörper die Schädigung der Gefäße verhindert“, erklärt Binder. Diese Erkenntnis könnte künftig neue Therapie-Optionen eröffnen, indem man versucht, dieses Gleichgewicht im Immunsystem wieder herzustellen. „Wir konnten eine völlig neue Funktion für IgM-Antikörper identifizieren, die möglicherweise auch eine wesentliche Rolle in der Ausprägung von Allergien hat“, ergänzt Tsiantoulas, der Erstautor der Studie.

Der Mangel oder das totale Fehlen von IgM-Antikörpern ist sehr selten. Verminderte Spiegel an IgM-Antikörpern werden jedoch in bis zu 2,5% der Gesamtbevölkerung gefunden.

Medizinische Universität Wien – Kurzprofil
Die Medizinische Universität Wien (kurz: MedUni Wien) ist eine der traditionsreichsten medizinischen Ausbildungs- und Forschungsstätten Europas. Mit rund 8.000 Studierenden ist sie heute die größte medizinische Ausbildungsstätte im deutschsprachigen Raum. Mit 5.500 MitarbeiterInnen, 27 Universitätskliniken und drei klinischen Instituten, 12 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zählt sie auch zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich.

Publikation: „Increased Plasma IgE Accelerate Atherosclerosis in Secreted IgM Deficiency.“ Dimitrios Tsiantoulas, Ilze Bot, Maria Ozsvar-Kozma, Laura Göderle, Thomas Perkmann,
Karsten Hartvigsen, Daniel H. Conrad, Johan Kuiper, Ziad Mallat, Christoph J. Binder. Circ Res. 2017;120:00-00. DOI: 10.1161/CIRCRESAHA.116.309606.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.meduniwien.ac.at

 

 

 

 

 

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