Sobotka: Rascher Zugang von AsylwerberInnen zum
 Arbeitsmarkt wäre zusätzlicher Anziehungsfaktor

 

erstellt am
11. 01. 17
13:00 MEZ

EU-Unterausschuss diskutiert Reformvorschläge zum Europäischen Asylsystem
Brüssel/Wien (pk) - Mit dem Dauerthema Asyl und Migration machte der EU-Unterausschuss des Nationalrats am 10.01. den Auftakt im neuen Arbeitsjahr. Nachdem die jüngsten Flüchtlingsbewegungen die Strukturschwächen des bestehenden europäischen Systems deutlich gemacht haben, hat die EU-Kommission nun einige Gesetzesänderungen vorgelegt, die eine effizientere und besser abgestimmte Vorgangsweise innerhalb der Union gewährleisten soll. Sie zielen insbesondere auf eine Reform der Dublin-III-Verordnung und der Eurodac-Datenbank, ferner auf eine faire Verteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU und die Verhinderung von Sekundärmigration und Asylshopping ab. Um eine möglichst einheitliche Umsetzung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) innerhalb der EU zu gewährleisten, soll eine Europäische Asylagentur geschaffen werden. Es geht darum, den irregulären und gefährlichen Migrationsbewegungen ein Ende zu setzen und Schleppern das Handwerk zu legen. Die EU ist in diesem Sinne auch bestrebt, sichere und legale Wege in die EU zu schaffen, jene, die kein Recht auf Asyl haben, zurückzuführen und die Hilfe in den Herkunftsregionen zu verstärken.

Sobotka: Österreich ist um tragfähigen Kompromiss bemüht
Mit den sieben vorliegenden Rechtsakten habe die EU auf die schwierige Situation reagiert, um das Asylsystem modernen Anforderungen anzupassen, betonte Innenminister Wolfgang Sobotka, der die Initiativen der Kommission als pragmatische Schritte in die richtige Richtung bezeichnete. Er selbst wäre gerne weitergegangen, das Bemühen Österreichs gehe aber dahin, innerhalb Europas, wo es ein breites Meinungsspektrum gebe, einen tragfähigen Konsens zu finden. Kein Nationalstaat sei in der Lage, die Situation allein zu lösen. Ohne europäischen Schulterschluss werde man nur unzureichend reparieren können, so der Minister. Er setze daher auf realistische Maßnahmen und auf Pragmatismus.

Neben Gewalt und ökonomischen Gründen sei für die Fluchtbewegungen zunehmend auch der Islamismus verantwortlich, womit man sich sachlich auseinandersetzen müsse, unterstrich Sobotka, der in diesem Zusammenhang auch die islamische Glaubensgemeinschaft aufgefordert sieht, sich entsprechend einzubringen.

Unterschiedliche Einschätzung der EU-Vorschläge, Anträge der FPÖ abgelehnt
Die Einschätzung der Reformvorschläge zum europäischen Asylsystem fiel unter den Fraktionen unterschiedlich aus. Die beiden Koalitionsparteien SPÖ und ÖVP unterstützten die Pläne der Kommission, wobei die SozialdemokratInnen auf mehr Fairness innerhalb der Union drängten und man seitens der ÖVP hoffte, mit den neuen Regelungen besser gegen Missbrauch vorgehen zu können. Die Grünen wiederum sahen darin einen Versuch, die Grenzen noch dichter zu machen und meinten ähnlich wie die SPÖ, man dürfe nicht nur die Symptome bekämpfen, sondern müsse vielmehr über Eindämmung des Waffenhandels und Neuordnung der Handelsbeziehungen die Fluchtursachen bekämpfen. FPÖ und Team Stronach konnten in den Vorschlägen keine geeigneten Maßnahmen erkennen, um die Migrationsproblematik in den Griff zu bekommen. Alles, was die EU bisher gemacht habe, habe sich katastrophal ausgewirkt, hieß es seitens der Freiheitlichen. Das Team Stronach warf der EU grundsätzlich vor, unter dem Deckmantel der Asylpolitik rund 17 Millionen Arbeitskräfte in die EU holen zu wollen.

Die FPÖ fasste ihre Kritik auch in drei Anträgen auf Stellungnahme zusammen, fand dabei aber bei den anderen Ausschussmitgliedern keine Unterstützung. So forderten die Abgeordneten Johannes Hübner, Reinhard Eugen Bösch, Barbara Rosenkranz und Wendelin Mölzer die Bundesregierung auf, auf EU-Ebene darauf hinzuwirken, dass das europäische Asylsystem auf völlig neue Beine gestellt wird. Ferner wollten sie insbesondere den Innenminister dazu verpflichten, auf EU-Ebene sämtliche Vorschläge der Kommission für Richtlinien und Verordnungen zum Thema Asyl und Migration bis zu einer grundlegenden Neuaufstellung des europäischen Asylsystems abzulehnen. Schließlich traten sie dafür ein, dass die Sicherung der EU-Außengrenzen gegen neue Migrationsströme massiv ausgebaut wird und keine MigrantInnen mehr aktiv nach Europa, wie zum Beispiel durch die EU-Operation SOPHIA, gebracht werden. Sie bezogen sich dabei auf das Versagen der EU im Zusammenhang mit der, wie es im Antrag formuliert ist, "Massenmigrationskrise" sowie auf Aussagen von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, der ebenfalls gemeint hatte, das EU-Asylsystem müsse völlig neu erdacht werden.

Sobotka: Die Zeit des Durchwinkens ist vorbei
Auch Innenminister Wolfgang Sobotka hält den effektiveren Schutz der Außengrenzen für einen essentiellen Aspekt zur Bewältigung der Lage und sieht in diesem Zusammenhang auch die Notwendigkeit, FRONTEX weiter auszubauen. Die Zeit des Durchwinkens sei vorbei, sagte Sobotka und wies darauf hin, dass nach der Schließung der Balkanroute die Zahl der MigrantInnen deutlich reduziert werden konnte. Man müsse in Zukunft wissen, wer über die Grenze kommt, und die Möglichkeit erhalten, die Zuwanderung zu organisieren. "Wir brauchen klare Regelungen, damit das Asylrecht nicht missbraucht wird," so der Innenminister, der dabei große Hoffnung in die Verbesserung des internationalen Datenabgleichs setzte. Er trete dafür ein, dass die Registrierung außerhalb der EU erfolgt, von wo aus man gesichert nach Europa weiterreisen könne. Ziel müsse es sein, diejenigen aufnehmen zu können, die es brauchen, betonte Sobotka und unterstrich, dass es damit nicht getan sein werde, da die Integration viel Mühe koste.

Der Minister machte auch keinen Hehl daraus, dass er das Grenzmanagement innerhalb des Schengenraums über den 15. Februar hinaus aufrechterhalten wolle (bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Grenzkontrollen im Schengen-Raum vorerst begrenzt). Man werde zwar die EU-Außengrenzen nie hundertprozentig schützen können, es gehe darum, einen optimalen Schutz zu gewährleisten. Österreich habe dazu einen überproportionalen Beitrag geleistet, indem man sowohl nach Serbien und Ungarn als auch nach Bulgarien und Mazedonien personelle Unterstützung geschickt habe. Notwendig sei auch, Rückführungsabkommen mit Nordafrikanischen Ländern zu erzielen, die maltesische Präsidentschaft versuche, vor allem Verhandlungen mit Ägypten und Tunesien voranzutreiben.

Reform des Dublin-Systems und des Datensystems Eurodac sowie Schaffung einer Gemeinsamen Asylagentur
Ein Paket im Rahmen der Neuordnung des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems besteht aus drei Säulen, die im ersten Teil des Ausschusses diskutiert wurden: Aus der Reform des Dublin-III-Systems, der Verbesserung des Datenabgleichs (Eurodac-Verordnung) und der Schaffung einer Europäischen Asylagentur.

Die Reform der Dublin-III-Verordnung bezweckt ein tragfähiges, faires System zur Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaats einzuführen. Die Ziele der Dublin-Verordnung – die Gewährleistung des raschen Zugangs zu einem Asylverfahren für AsylwerberInnen und die Prüfung eines Antrags in der Sache durch einen einzigen, eindeutig bestimmten Mitgliedstaat – seien nach wie vor gültig, unterstreicht die Kommission in ihrer Begründung für die Reformschritte. Um dies auch besser durchsetzen zu können, sollen unter anderem Fristen erheblich verkürzt und die Zuständigkeitsübergänge großteils aufgehoben werden, sodass ein Mitgliedstaat dauerhaft für die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständig bleibt.

Zudem will die EU eine gerechte Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen den Mitgliedstaaten sicherstellen, indem das derzeitige System durch einen Korrekturmechanismus für die Zuweisung von Anträgen ergänzt wird. Dieser Mechanismus würde automatisch in den Fällen aktiviert werden, in denen Mitgliedstaaten mit einer unverhältnismäßig hohen Zahl von AsylwerberInnen konfrontiert sind.

Asylmissbrauch und Sekundärmigration soll dadurch entgegengewirkt werden, indem die AntragstellerInnen klar dazu verpflichtet werden, im Mitgliedstaat der ersten Einreise ihren Antrag zu stellen und in dem als zuständig bestimmten Mitgliedstaat auch zu bleiben. Bei Nichteinhaltung ihrer Verpflichtungen drohen AsylwerberInnen Sanktionen.

Wie Innenminister Sobotka dazu erläuterte, gibt es zu diesem Gesetzesvorschlag noch einigen Diskussionsbedarf innerhalb der EU. Die Kritik richtet sich vor allem gegen den Verteilungsmechanismus.

Der Vorschlag zur Neufassung der Eurodac-Verordnung dient der Stärkung des Systems des Datenabgleichs. Eurodac wurde für den Vergleich von Fingerabdrücken zum Zwecke der effektiven Anwendung des Dubliner Übereinkommens geschaffen. Nun soll Eurodac zu einer Datenbank für umfassendere Einwanderungszwecke werden und Rückführungen sowie die Bekämpfung irregulärer Migration erleichtern, heißt es in den Erläuterungen. Konkret können zukünftig die Daten von Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die keinen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, gespeichert und abgefragt werden, wodurch Personen im Hinblick auf ihre Rückführung oder Rückübernahme leichter zu identifizieren sind.

   

Der Vorschlag enthält auch eine klare Verpflichtung für die Mitgliedstaaten, von allen Personen die Fingerabdrücke sowie ein Gesichtsbild zu erfassen und ermöglicht es, Sanktionen für Personen einzuführen, die sich der Erfassung eines Gesichtsbilds oder ihrer Fingerabdrücke verweigern. Österreich war es besonders wichtig, auch eine Gesichtserkennung durchzuführen, informierte dazu der Innenminister. In Zukunft sollen aber auch die Speicherung der personenbezogenen Daten der betroffenen Person wie Name(n), Alter, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit, ferner die Speicherung von Angaben zu den Ausweisdokumenten vorgenommen werden können. Damit kann man die Identität einer Person problemlos feststellen, ohne diese Informationen erst von einem anderen Mitgliedstaat anfordern zu müssen. Fingerabdrücke sollen auch bereits von Kindern ab sechs Jahren – und nicht erst wie bisher ab 14 Jahren – herangezogen werden, was die Identitätsfeststellung für den Fall erleichtert, dass Kinder von ihren Familien getrennt werden. Zudem würde der Schutz unbegleiteter Minderjähriger verbessert.

Die Daten von Personen, die internationalen Schutz beantragen, werden nach wie vor zehn Jahre lang aufbewahrt, in Zukunft aber auch jene Daten von Personen, die internationalen Schutz genießen. Diese Daten können künftig genutzt werden, um Flüchtlinge oder Personen, denen der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wurde, in den Mitgliedstaat rückzuführen, der ihnen diesen Schutz gewährt hat. Daten von illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen, die keinen Asylantrag in der Europäischen Union gestellt haben, aber in der Folge einen Aufenthaltstitel erlangen, sollen in Hinkunft nicht mehr gelöscht, sondern markiert werden, damit dies für andere Mitgliedstaaten nachvollziehbar ist. Die betreffende Person kann dann gegebenenfalls an den Mitgliedstaat überstellt werden, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat.

Die neu zu schaffende Asylagentur der EU (EUAA) soll auf der Arbeit des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) aufbauen, das reibungslose Funktionieren des EU-Asylsystems erleichtern, die unionsweite Einheitlichkeit der Prüfung von Anträgen auf internationalen Schutz sicherstellen und die operative und technische Anwendung des Unionsrechts überwachen. Dazu soll der bereits bestehende Informationsaustausch verbessert, aber auch die Möglichkeiten zur Kooperation mit Drittstaaten ausgebaut werden. Um eine einheitlichere Beurteilung der Schutzbedürftigkeit in der gesamten Union sicherzustellen, soll die Agentur Herkunftslandinformationen zur Verfügung stellen sowie die Lage in Drittstaaten überprüfen, da die EU eine Liste sicherer Herkunftsstaaten vorlegen möchte.

Aufgabe der Agentur wird es auch sein, Leitlinien auszuarbeiten und dadurch die Umsetzung von Unionsrecht zu fördern. Zudem ist geplant, dass die Agentur ein Monitoring der Verfahren in den Mitgliedsländern zur möglichst frühzeitigen Feststellung systemrelevanter Mängel durchführt, damit diese durch geeignete Maßnahmen behoben werden können. Ein Asyl-Einsatzpool sowie Möglichkeiten zur selbständigen Initiative sollen Teil einer technischen und operativen Unterstützung sein, sollte das Gemeinsame Europäische Asylsystem gefährdet sein, etwa wenn ein Land unter starkem Migrationsdruck steht. Einheitliche Standards würden auch die Rückführung erleichtern, sagte Innenminister Sobotka.

SPÖ: EU braucht faireres Asylsystem bei Wahrung des Grundrechtsschutzes
Für ein gerechteres und faireres Asylsystem sprach sich seitens der SPÖ Christine Muttonen aus. Kein Land dürfe sich aus seiner Verantwortung stehlen, sagte sie und unterstützte den angedachten Solidarbeitrag, sollte ein Land sich nicht an einer gerechten Verteilung beteiligen wollen. Gleichzeitig müsse das Recht auf Schutz und Asyl aufrechterhalten bleiben, stellte sie klar. Wie viele andere RednerInnen in der Debatte unterstrich sie die Notwendigkeit, die Außengrenzen besser zu schützen, forderte aber auch eine bessere Zusammenarbeit mit Österreichs Nachbarn sowie mit den Herkunftsländern der Flüchtlinge und MigrantInnen und deren Nachbarländern ein. Die europäische Außenpolitik muss ihrer Ansicht nach verstärkt darauf ausgerichtet sein, die Fluchtursachen zu verhindern.

Ins gleiche Horn stieß ihr Klubkollege Josef Cap, der auf die ökonomische Schieflage aufmerksam machte. Die Wirtschaft konzentriere sich auf bestimmte Teilaspekte, habe aber nie die gesamte Bevölkerung in den Herkunftsländern der Flüchtlinge und MigrantInnen im Auge, kritisierte er und zog den Bogen noch weiter bis hin zur politischen und geographischen Neuordnung im Mittleren und Nahen Osten nach dem ersten Weltkrieg, die Probleme geschaffen habe, die noch heute ungelöst sind. Menschen brauchen eine Perspektive dort wo sie sind, meinte Cap. Er plädierte daher auch für eine realistische Herangehensweise und für Lösungsansätze, die mit den Grundrechten vereinbar sind.

Grüne: Asylsystem bleibt weiterhin unsolidarisch
Ähnliche Aspekte brachte Alev Korun von den Grünen in die Diskussion ein: Wer über Flucht redet, dürfe nicht zum Waffenhandel schweigen; wer über Migration redet, dürfe nicht über Handelsbeziehungen schweigen, welche den Menschen ihre Lebensgrundlage entziehen, appellierte sie. Ihrer Ansicht nach werden auch die neuen von der EU vorgeschlagenen Regeln zum europäischen Asylsystem nicht funktionieren, weil es unsolidarisch bleibe. Griechenland und Italien würden weiterhin allein gelassen. Dies wurde von Innenminister Sobotka in Abrede gestellt. Vor allem Griechenland muss ihm zufolge noch seine Hausaufgaben machen, Österreich habe pro Kopf mehr Flüchtlinge aufgenommen als beide Länder.

Eine Verschärfung der Sanktionen werde das Problem nicht lösen, stellte Korun fest. Sie äußerte auch Sorge hinsichtlich der Liste sicherer Herkunftsländer, die die Asylagentur erstellen soll. Wenn man von individuellen Fluchtgründen abgeht, dann hebelt man das Asylsystem aus, sagte sie.

ÖVP: Missbrauch muss verhindert werden
Für die ÖVP gehen die Vorschläge in die richtige Richtung. Dublin müsse ein bewusstes Asylsystem sein und kein Migrationssystem, sagte Wolfgang Gerstl (V), der sich von den zukünftigen Regelungen einen besseren Mechanismus gegen Missbrauch erhoffte. Das System müsse denjenigen helfen, die es brauchen, so Gerstl, der zu bedenken gab, dass man nicht einen weiteren Pull-Faktor schaffen dürfe, etwa durch die Ausdehnung des Familienbegriffs bei der Familienzusammenführung und bei den verstärkten Rechten für subsidiär Schutzberechtigte. Auch Gerstl hob die Bedeutung des Schutzes der europäischen Außengrenzen und der Save-Live-Initiative hervor. In gleicher Weise äußerte sich Franz Leonhard Eßl (V), der ergänzte, der Innenminister habe auch dafür zu sorgen, die Sicherheit im eigenen Land zu gewährleisten.

NEOS: Vorschläge gehen in die richtige Richtung
Ebenso gehen für die NEOS gehen die Vorschläge in die richtige Richtung, wobei, wie Nikolaus Scherak unterstrich, der Datenabgleich mit dem Datenschutz in Einklang stehen müsse. Scherak hält auch ein einheitliches Vorgehen innerhalb der Union in Hinblick auf die Sanktionen gegen AsylwerberInnen für unerlässlich und hinterfragte, ob es Sinn macht, den automatischen Verteilungsmechanismus als Ausnahme zu konzipieren für den Fall, dass einzelne Staaten überproportional belastet sind.

FPÖ: EU versagt bei Asyl und Migration
Völlig anders waren die Wortmeldungen der Freiheitlichen und des Team Stronach. Johannes Hübner bezweifelte, dass weitere Kompetenzen für die EU im Sinne Österreichs liegen, denn de facto hätten sich bislang alle europäischen Maßnahmen katastrophal ausgewirkt. FRONTEX agiere so, dass es einer Einladung gleichkomme, in die EU einzuwandern, und die Operation SOPHIA bezeichnete der Freiheitliche Mandatar als einen "Werbeknüller" für MigrantInnen, der überdies das Schlepperunwesen fördere. Hübner wandte sich auch massiv gegen, wie er sagte, "Zwangsquoten", denn damit würde man die Regierungen ihrer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung entheben. Sowohl Hübner als auch seine Klubkollegin Barbara Rosenkranz drängten auf eine Änderung der Politik sowie auf eine realistische Einschätzung der Situation.

Team Stronach: EU will über Asylrecht 17 Millionen Arbeitskräfte holen
Robert Lugar vom Team Stronach warf der EU vor, das Asylsystem dazu zu missbrauchen, 17 Millionen zusätzliche Arbeitskräfte in die EU zu holen. Lugar bezog sich dabei auf Aussagen von EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos, zuständig für Migration, Inneres und Bürgerschaft. Nachdem die Migration unkontrolliert verlaufen sei und nicht so viele qualifizierte Arbeitskräfte nach Europa gelangt seien, versuche man nun, die Qualität der Einwanderer zu verbessern. Als einen Beweis für seine These sieht Lugar die Tatsache, dass zu 80% junge Männer in die EU eingereist sind. Außerdem hielt er dem Minister entgegen, dass jemand, der durch mehrere sichere Länder gereist ist, in Österreich kein Anrecht mehr auf Asyl hat.

   

Sobotka: Rascher Zugang von AsylwerberInnen zum Arbeitsmarkt wäre zusätzlicher Anziehungsfaktor
Sekundärmigration und Asylshopping stellen ein großes und ungelöstes Problem innerhalb der EU dar, die immer wieder versuchte faire Verteilung von AsylwerberInnen innerhalb der EU funktioniert nicht. Nach wie vor bestehen erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten in Bezug auf die Art der Verfahren, die Leistungen für Asylsuchende, die Anerkennungsquoten und die Art des Schutzes. Die bisherigen Regelungen im Hinblick auf Vorschriften zur Bestimmung des für Anträge auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaats sowie auf gemeinsame Normen für die Asylverfahren, die Aufnahmebedingungen und die Anerkennung und den Schutz der betreffenden Personen reichen nicht aus. Die noch immer uneinheitlichen Standards haben eine unausgewogene Verteilung von Asylsuchenden und damit eine ungleiche Belastung unter den EU-Mitgliedsstaaten zur Folge.

All diesen Problembereichen versucht die EU-Kommission neben der Änderung der Dublin-III-Verordnung, der Eurodac-Verordnung und der Schaffung einer Europäischen Asylagentur auch mit der Harmonisierung der Aufnahmebedingungen, der Voraussetzungen für die Anerkennung der Anträge sowie der Verfahren beizukommen. Zugleich will man damit auch der Schlepperkriminalität Einhalt gebieten. Darüber hinaus plant die EU, einen Rahmen für die legale Einreise zu schaffen.

Diese Vorschläge diskutierten die Mitglieder des EU-Unterausschusses des Nationalrats im zweiten Teil der heutigen Sitzung. FPÖ-Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch wiederholte die Kritik seiner Fraktion, die bereits zum ersten Teil des Pakets angebracht wurde und betonte, dass vor allem der Anschlag in Berlin das Defizit und die Ineffizienz der europäischen Sicherheitspolitik offenkundig gemacht habe. Bösch sieht das als Beweis an, mehr auf nationale Maßnahme setzen zu müssen. Grundsätzlich mutmaßte er, dass in der EU nicht die Absicht bestehe, das Asylrecht in seinem Kern durchzusetzen, sondern vielmehr, dieses zu einer illegalen Einwanderung zu missbrauchen.

Seitens der Grünen fiel die Beurteilung der Vorlagen gemischt aus. Einheitliche Aufnahmebedingungen machen laut Alev Korun Sinn, ihrer Meinung nach müssen aber die Aufnahmebedingungen stärker angeglichen werden, um keine Schieflage entstehen zu lassen. Sie kritisierte zudem, dass das Anerkennungsrecht für Asyl auf drei Jahre begrenzt wird, denn das mache aufgrund der unsicheren Zukunftschancen die Integration schwierig. Die Resettlementpolitik bezeichnet sie als faktische Aushöhlung des Rechts zur Stellung eines Asylantrags.

Aufgrund der Wortmeldung von Nikolaus Scherak (N) entstand eine Diskussion über den Zugang zum Arbeitsmarkt für Flüchtlinge. Scherak hält einen raschen Zugang zum Arbeitsmarkt für wesentlich im Sinne der Integration. Demgegenüber warnte Innenminister Sobotka davor, die Frist auf sechs Monate zu kürzen, da er darin einen zusätzlichen Anziehungsfaktor sieht. Integration sei wichtig und notwendig, sie müsse aber mit Deutsch und einem strukturierten Tagesablauf durch gemeinnützige Arbeit beginnen, nicht aber mit einem Arbeitsverhältnis, meinte Sobotka, der auf die steigende Arbeitslosigkeit bei Ausländern hinwies. Der Innenminister hält auch die Ausdehnung des Familienbegriffs in Zusammenhang mit dem Familiennachzug für einen zusätzlichen Anziehungspunkt, gegen den er sich in den Verhandlungen auf EU-Ebene ebenso stelle.

Laut Scherak sollte man auch die Residenzpflicht innerhalb Österreichs umsetzen, er meinte auch, dass man innerstaatlich beim Resettlement (dauerhafte Neuansiedlung besonders verletzlicher Flüchtlinge in einem zur Aufnahme bereiten Drittstaat) mehr tun könne. Für subsidiär Schutzberechtigte hält Scherak ein eigenes Verfahren für notwendig.

EU strebt Harmonisierung der Aufnahmebedingungen sowie ...
Die Änderung der Aufnahme-Richtlinie zielt darauf ab, die Aufnahmebedingungen in der EU weiter zu harmonisieren, die Anreize zur Sekundärmigration zu verringern und Maßnahmen zur Förderung der Eigenständigkeit und der Integrationsaussichten zu setzen. Es sei unerlässlich, dass die AntragstellerInnen in dem für sie zuständigen Mitgliedstaat bleiben, unterstreicht die Kommission. So sieht der Richtlinienentwurf die Einführung gezielter Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und eine wirksamere Kontrolle des Aufenthaltsorts der Asylsuchenden sowie strenge Konsequenzen für Verstöße vor. Zudem ist eine weitere Harmonisierung der Möglichkeiten für die Zuweisung eines bestimmten Aufenthaltsorts, die Auferlegung von Meldepflichten und die Beschränkung der im Rahmen der Aufnahme gewährten materiellen Leistungen auf Sachleistungen vorgesehen.

Im Sinne einer besseren Integration drängt die Kommission auf einen rascheren Zugang zum Arbeitsmarkt, konkret innerhalb von höchstens sechs Monaten nach Einreichung des Antrags. Der Zugang zum Arbeitsmarkt müsse in völligem Einklang mit den Arbeitsmarktstandards erfolgen, betont man seitens der Kommission. Der Abbau der derzeitigen erheblichen Diskrepanzen unter den Mitgliedsstaaten sei auch deshalb unerlässlich, um ein beschäftigungsbezogenes Asylshopping und die Anreize zur Sekundärmigration zu verringern.

Von österreichischer Seite wird darauf hingewiesen, dass der erweiterte Arbeitsmarktzugang Kernkompetenzen der Nationalstaaten betrifft. Kritisch sieht man vor allem überbordende Vorgaben hinsichtlich der Notwendigkeit individueller Bescheide bei Wohnsitzfestlegungen und Arbeitsmarktzugang.

... der Anerkennungsvoraussetzungen und ...
Trotz gewisser Angleichungen nationaler Vorschriften im Jahr 2011 gibt es noch immer Unterschiede innerhalb der EU in Bezug auf die Anerkennungsquoten, die Geltungsdauer der gewährten Aufenthaltstitel, ferner beim Zugang zu Rechten sowie bei Entscheidungen über die Art des jeweils gewährten Schutzstatus. Die Anerkennungs-Richtlinie soll nunmehr durch eine in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar geltende Verordnung ersetzt werden. Die geplanten Neuerungen zielen auf eine weitere Harmonisierung der gemeinsamen Kriterien für die Zuerkennung von internationalem Schutz, mehr Konvergenz bei Asylentscheidungen und eine Residenzpflicht der Flüchtlinge ab.

Bei der Prüfung von Anträgen sollen die Mitgliedsstaaten verpflichtet werden, der gemeinsamen Analyse und Orientierungshilfe zur Lage in den Herkunftsländern zu folgen, die von der Asylagentur der EU und den europäischen Netzen für Herkunftsländerinformationen bereitgestellt wurden.

Der Schutz der Asylsuchenden soll lediglich so lange gewährleistet werden, so lange die Gründe für Verfolgung und ernsthafte Gefährdung bestehen. Damit ist die Verpflichtung der EU-Länder verbunden, systematisch und regelmäßig den Status zu überprüfen, wenn sich die Lage im Herkunftsland der betreffenden Personen wesentlich ändert. Außerdem wird klargestellt, dass sich die betreffenden Personen in dem Mitgliedstaat aufhalten müssen, der ihnen Schutz gewährt. Sollte diese in einem anderen EU-Land aufgegriffen werden, so hat das laut Kommissionsvorschlag Konsequenzen – die Kommission spricht von "negativen Anreizen".

Die Rechte von Personen, denen internationaler Schutz zuerkannt wird, soll ebenfalls weiter vereinheitlicht werden. In diesem Zusammenhang sieht Österreich die Ausweitung des Familienbegriffs auf erwachsene Geschwister sowie den erweiterten Zugang zu Sozialleistungen für subsidiär Schutzberechtigte kritisch.

... der Verfahren an
Auch die geltende Verfahrens-Richtlinie plant die Kommission zu einer unmittelbar in den EU-Staaten geltende Verordnung umzuwandeln. Diese sieht ein einheitliches Verfahren zur Gewährung des internationalen Schutzes vor, das laut Kommission "effizient und ausgewogen" sei. Ermessenskriterien werden darin gestrichen, Verfahrensvorschriften vereinfacht, gestrafft und konsolidiert. Damit will die Kommission ein höheres Maß an Harmonisierung und Einheitlichkeit beim Ausgang von Asylverfahren erreichen.

Konkret geht es um einfachere, klarere und kürzere Verfahren anstelle der derzeit uneinheitlichen Verfahrensvorschriften in den einzelnen Mitgliedsstaaten. Die 6-Monats-Frist für die Entscheidungen wird beibehalten, für offensichtlich unbegründete und unzulässige Anträge sind erheblich kürzere Fristen vorgesehen. Enthalten sind darin auch Verfahrensgarantien zum Schutz der Rechte der AntragstellerInnen, um zu gewährleisten, dass Asylanträge im Rahmen eines strafferen und kürzeren Verfahrens angemessen geprüft werden.

Der Entwurf sieht zudem strengere Vorschriften vor, um Missbrauch zu verhindern, offensichtlich missbräuchliche Anträge zu sanktionieren und Anreize zu Sekundärmigration zu beseitigen, indem die Antragsteller während der Dauer des Verfahrens zur Zusammenarbeit mit den Behörden verpflichtet und deutliche Konsequenzen bei Verletzung ihrer Pflichten festgelegt werden. Der Vorschlag enthält insbesondere klare, ausführliche und verbindliche Listen von Gründen für eine beschleunigte Prüfung oder eine Ablehnung von Anträgen als offensichtlich unbegründet oder nicht weiter betrieben.

Zudem legt der Verordnungsentwurf harmonisierte Vorschriften über sichere Herkunfts- und Drittstaaten zur Vereinheitlichung der verfahrensrechtlichen Folgen fest, wobei dieser Prozess schrittweise innerhalb der auf das Inkrafttreten folgenden fünf Jahre erfolgen soll. Danach sollen die nationalen Listen durch europäische Listen oder Benennungen ersetzt werden.

Rahmen für eine legale Einreise in die Union
Schließlich plant die EU, einen stärker strukturierten, harmonisierten und dauerhaften Neuansiedlungsrahmen in der gesamten Union zu schaffen, um Vertriebenen, die internationalen Schutz benötigen, einen legalen Weg zur Einreise in die EU zu ermöglichen. Zwar würden in der EU seit vielen Jahren Neuansiedlungen vorgenommen, doch bislang beruhten alle derartigen Initiativen auf nationalen oder multilateralen Programmen bzw. wurden sie ad hoc durchgeführt. Wie die Kommission in der Begründung für das harmonisierte Konzept festhält, dient Neuansiedlung dem Ziel, denjenigen Schutz zu bieten, die ihn benötigen, und gleichzeitig die Schutzsuchenden von der Nutzung irregulärer und gefährlicher Routen abzuhalten, sodass die Schleppernetzwerke nicht mehr von dieser Situation profitieren können.

Der Entwurf zielt darauf ab, ein gemeinsames Konzept festzulegen, das Drittstaatsangehörigen, die internationalen Schutz benötigen, eine sichere und legale Einreise in die Union ermöglicht und sie damit auch vor der Ausbeutung durch Schleusernetze schützt. Er soll auch dazu beitragen, den durch spontan eintreffende Personen verursachten Druck auf die Asylsysteme der Mitgliedsstaaten zu verringern und die Verantwortung mit Ländern, in die eine große Zahl von Schutzsuchenden vertrieben wurde, zu teilen und sie zu entlasten. Die EU will damit aber auch einen Beitrag zu den globalen Neuansiedlungsbemühungen leisten.

 

 

 

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