Auer: Bauern bei Administrationsfehlern
 beraten statt strafen

 

erstellt am
20. 01. 17
13:00 MEZ

Agrarbürokratie zähmen - Kern soll Dampf machen bei kleiner Ökostromnovelle
Berlin/Wien (bauernbund) - Bürokratieerleichterungen, Verwaltungsreform, Sanktionsminderung - zu diesen oft geäußerten Forderungen der Agrarpolitik will der Bauernbund jetzt Druck machen und kündigt eine Petition an die EU-Kommission an. "Wir haben Kontrollfälle, wo der Prüfer wegen der Gesetzeslage mit extremer Härte durchgreift und ohne jedes Verfahren sofort drakonische Strafen verhängen muss. Das führt zu Härtefällen, wo zum Beispiel eine fehlende Ohrmarke oder eine nicht gemeldete Bestandsänderung ohne jedes weitere Verfahren zu verhältnismäßig harten Bestrafungen führt. Ich möchte aber Beratung statt Strafe", forderte Bauernbund-Präsident Jakob Auer am 20.01. bei einer Pressekonferenz auf der "Grünen Woche" in Berlin.

Agrarbürokratie macht aus jeder Mücke einen Elefanten
Damit sich kleine Fehler nicht zu großen existenzbedrohlichen Folgen auswirken, brauche es eine Verwaltungsreform auf Brüsseler Ebene, so Auer. Fehlende Ohrmarken, abweichende Flächenangaben, irrtümliche Tierbestandsmeldungen oder gar unterlassene Sterbeanzeigen bei der Behörde - der Fehlerkatalog, der in einem landwirtschaftlichen Betrieb passieren kann, sei lang.

"In einem normalen Verwaltungsverfahren prüft die Behörde, ob ein schuldhaftes Verhalten vorliegt. Das sollte auch für landwirtschaftliche Betriebe gelten. Die jetzigen Regeln machen aus jeder Mücke einen Elefanten", mahnte Auer mehr Verhältnismäßigkeit und Vertrauensschutz ein. Da es vor allem um EU-Rechtsnormen gehe, werde der Bauernbund schon demnächst eine entsprechende Petition zur Verwaltungserleichterung und Entbürokratisierung an die EU-Kommission übergeben. "Brüssel muss seine Normen überarbeiten", verlangte der Bauernbund-Präsident, damit Bürokratie und administrative Aufgaben für die Bauern zu bewältigen seien.

Agrarmarktaufsicht gegen Dumping und Produzentenerpressung ausbauen
Ein Jahr lang hat die Kommission nun auch die Wettbewerbsbedingungen entlang der Wertschöpfungskette für agrarische Produkte untersucht, jetzt liegen die Ergebnisse dieser Task Force vor. "Es ist bewiesen, dass es durch monopolartige Strukturen des Lebensmittelhandels zu Marktverzerrungen kommt", sieht Auer den Bauernbund-Vorstoß, eine Ombudsstelle für Beschwerden bei möglichen Wettbewerbsverletzungen entlang der Lieferkette einzurichten, bestätigt. Die 'normale' Preisbildung sei für Fleisch, Milch oder Getreide tatsächlich ausgehebelt. "Die EU-Kommission sollte jetzt endlich Nägel mit Köpfen machen und unfairen Vertragspraktiken, hinausgezögerten Zahlungszielen, dem Diktat von Konditionen und Lieferbedingungen, Listungsgebühren und nachträglichen Werbekostenbeiträgen, die vom Lieferanten berappt werden müssen, einen Riegel vorschieben", forderte Auer. Dazu könne man eine Agrarmarkt-Control auf EU-Ebene einrichten beziehungsweise den Mitgliedstaaten vorschreiben, will der Bauernbund-Präsident ein schweres Ungleichgewicht der Marktteilnehmer korrigiert wissen.

Hunderte Biogas-Anlagen vor dem Zusperren
Ungleichgewichte und fehlende Kostenwahrheit ortet der Bauernbund indes auch im Bioenergie-Sektor. "Ökoenergie, Green Jobs und bahnbrechende Innovation sind die Schlagworte im Energiebereich - Österreich hängt hier gern das grüne Fähnchen heraus. Wenn es aber darum geht, Innovationen nachhaltig abzusichern, lässt man Betriebe, die einst Pioniere waren, im Regen stehen. Mit Biogas wurde seinerzeit eine junge Technologie gefördert, die heute von der Politik im Stich gelassen wird. Mit jedem weiteren Tag, an dem es keine ordentliche Lösung bei der Ökostromgesetzesnovelle gibt, müssen Biogasanlagen zusperren", kritisiert Auer, dass die kleine Ökostromnovelle, ein seit drei Jahren anhängiges Gesetzesvorhaben, permanent auf die lange Bank geschoben wurde.

Heimische Bioenergie vor Importstrom aus Kohle und Atom
"Hier geht es um Existenzen von 1.000 Bauernfamilien, die meist mit anderen Betrieben gemeinsam insgesamt 260 Biogasanlagen betreiben", informierte Auer. "Es liegt in unserer politischen Verantwortung, dass Betriebe, die unternehmerisch sowie innovativ gehandelt und auf eigenes Risiko investiert haben, heute nicht von den unvorhersehbaren Marktentwicklungen erschlagen werden", appellierte der Präsident an Bundeskanzler Christian Kern. Vielleicht habe dieser bei seinen Überlegungen zu einer nachhaltigen Energiestrategie noch nicht alle Argumente gehört. "Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass Sie, Herr Bundeskanzler, lieber Importe aus Atom- und Kohlestrom in Kauf nehmen und heimische Bioenergie in Frage stellen", sagte Auer an die Adresse von Kern. "Das soziale Argument darf keine ideologische Brille haben, weil auch hier Tausende Arbeitsplätze in Gefahr sind und Betriebe bankrottgehen. Wir sollten Dampf machen bei der kleinen Ökostromnovelle", betonte der Bauernbund-Präsident. Er will in den nächsten Tagen auch eine Informationsinitiative im Bundeskanzleramt starten.

 

 

 

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