Rüben in der Badewanne

 

erstellt am
03. 02. 17
13:00 MEZ

Den südlichsten Zipfel des ehemals salzburgischen Rupertiwinkels sicherte einst Burg Staufeneck
Salzburg (lk) - Warum die Salzburger Geschichte des Rupertiwinkels in Piding begann, warum für ein christliches Begräbnis eine Eheschließung vonnöten war, wo Bayern einst in Salzburg absahnten und warum die Berchtesgadener Milch einen Salzburger Beigeschmack hat, verrät dieser "Salzburger Grenzfall" aus der gleichnamigen monatlichen Serie.

Gar nicht weit vom Autobahn-Grenzübergang Walserberg, der heute durch wiedereingeführte Kontrollen als trennend auffällt, erhebt sich linkerhand der A8 in Richtung München an den Hängen des 1.771 Meter hohen Hochstaufen eine wehrhafte Anlage auf einem vorgelagerten Felsen. Die weiß leuchtende Burg Staufeneck in Piding kontrollierte bis vor etwas mehr als 200 Jahren den südlichen Teil des Salzburger Gebiets westlich der Salzach und der Saalachmündung, das heute als Rupertigau zu Bayern gehört. Piding war der erste Ort im Gebiet des heutigen Rupertiwinkels, in dem die Salzburger Kirche Güter besaß und kann somit auf die ältesten Beziehungen zu Salzburg zurückblicken.

Die Salzburger Geschichte begann mit den Grafen von Plain. Als die Mitte des 13. Jahrhunderts ausstarben, gerieten die Staufenecker, die als Burggrafen die Burg verwalteten, zwischen die Fronten der bairischen Herzöge und der Salzburger Erzbischöfe. Ihren Versuch, sich als lehensunabhängig zu betrachten, bestraften die Erzbischöfe mit Exkommunikation. Dadurch war ein Begräbnis der Burggrafen in geweihter Erde unmöglich, weshalb sich 1285 zwei Staufenecker Cousins wieder den Salzburgern unterwarfen. Obendrein musste einer der beiden eine Dame aus Salzburger Adel heiraten – Staufeneck war also politisch und dynastisch für Salzburg gesichert.

Ertragreiche Mautstation mit Besitzerwechsel
Stete Einnahmen sicherte die unterhalb der Burg gelegene Mautstation. Besonders nach Errichtung der Staufenbrücke über die Saalach in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts war das Mauthaus für die Staufenecker als Besitzer äußerst lukrativ, mussten doch alle Salzfuhrwerke von Reichenhall Brückenzoll entrichten. Unklugerweise verkauften die Burggrafen die Mautstelle, die in Folge in die Hände der Bayernherzöge geriet. Diese besaßen nun eine echte "cash cow" auf Salzburger Territorium – Streit war damit vorprogrammiert. Die Salzstraße vom bayerischen Reichenhall ins bayerische Traunstein erlaubte große Fuhrwerke, allerdings führte sie etwa 25 Kilometer durch salzburgisches Gebiet.

Badewanne mit Folterkammer
Die Staufenecker verarmten und die Salzburger bauten die Burg zum regionalen Verwaltungs- und Gerichtszentrum mit Folterkammer aus. "Schadenzauberer, Hexen und Unholde" wurden auf Staufeneck Ende des 16. Jahrhunderts eingekerkert und "peinlich befragt". Über dem Eingangsportal aus rotem Adenter Marmor prangt das Rüben-Wappen Leonhard von Keutschachs zusammen mit der Inschrift "Ertzb[ischof] Leonhart zu Salzb[urg] hat das Slos paut und volbracht anno Dom[in]i 1513 Iar". Rund hundert Jahre später ist die Burg, die der Volksmund wegen ihrer länglichen Form "Badewandl" getauft hat, in der noch heute sichtbaren Form als Schloss vollendet. Den einzigen Angriff erlebte Staufeneck in einer stürmischen Herbstnacht anno 1799 ausgerechnet durch Einheimische. Zuvor bestrafte Wildschützen versuchten mit Unterstützung bairischer Gesinnungsgenossen vergeblich, die Feste sturmreif zu schießen.

Übrigens: Die Burg Staufeneck gibt es sogar zwei Mal: Auch die Ruine einer Spornburg in der Gemeinde Salach – Namenszufall - im Landkreis Göppingen in Baden-Württemberg trägt diesen Namen. Mit der Abtretung des Rupertigaus an Bayern 1816 wurde das Landgericht Staufeneck nach Teisendorf verlegt, das Schloss kam später in Privatbesitz. Von nun an trennt die Saalach das bayerische Piding vom Salzburger Wals-Siezenheim.

Salzburger Löwe im Wappen
Die kleine bayerische Gemeinde Piding trägt noch heute den Löwenkopf aus dem Wappen des Hochstifts Salzburg im Gemeindewappen. Und auch die gekreuzten Schlüssel, Attribut des heiligen Petrus, sind Salzburgischen Ursprungs. Sie stammen aus dem Wappen des Klosters Höglwörth, so wie Staufeneck auf Pidinger Gemeindegebiet gelegen. Bereits 1125 berief Erzbischof Konrad I. von Salzburg Augustiner-Chorherren hierher und bestimmten die Pröpste als Leiter. Als sich die Chorherren 1308 ihren eigenen Chef wählten, wusste das das Salzburger Domkapitel mit einem verfälschten Privileg Papst Eugens III. zu verhindern und ließ sich die Aufsicht über das Kloster und die Einsetzung des Propstes zusichern. Das Kloster übte die Grundherrschaft in einigen Teilen des Rupertigaus, im Flachgauer Nußdorf und sogar in Arnsdorf in der Wachau aus.

Berchtesgadener Milch mit Salzburger Note
Grenzen spielen heute bei der Milchproduktion zwischen Salzburg und Bayern keine große Rolle mehr. Wenn sich Konsumenten im Kühlregal für Berchtesgadener Land-Milchprodukte entscheiden, trinken oder essen sie ein Stückchen Salzburg mit. Seit 1998 liefern Salzburger Bauern auch an die 1920 gegründeten Milchwerke Berchtesgadener Land Chiemgau. "Heute erfassen wir im angrenzenden Österreich, also in Salzburger Land und Oberösterreich, die Milch von 225 Landwirten, davon sind 91 Biobauern. Das macht rund 40 Millionen Kilogramm im Jahr aus, davon 17 Millionen Kilo Biomilch", erläutert Barbara Steiner-Hainz von den Milchwerken in Piding.

Kurioses über Grenzen hinweg
Die Salzburger Grenzfälle versammeln Kuriositäten rund um die Grenzen Salzburgs und bilden eine aufschlussreiche Lektüre zu Geschichte, Landeskunde und Politik des Bundeslandes. Der Autor Stefan Mayer beschäftigt sich seit 2002 mit grenzfälligen Besonderheiten in und um Salzburg. Er gestaltet die monatliche Serie "Grenzfälle", von der bereits vier Bücher erschienen sind. Band 4 kann im Webshop des Landes um 6,90 Euro bestellt werden, digitale Versionen der ersten drei Bände stehen dort zum kostenlosen Herunterladen zur Verfügung. Einzelne Grenzfall-Artikel können jederzeit abgerufen werden.

 

 

 

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