Kurz will Anreize für Migration senken

 

erstellt am
16. 02. 17
13:00 MEZ

Flüchtlingskrise und OSZE-Vorsitz im Zentrum der Debatten des Außenpolitischen Ausschusses
Wien (pk) - "Attraktivität senken und Druck auf die Herkunftsländer erhöhen" lautet die Devise von Sebastian Kurz als Reaktion auf die anhaltende Migrationsbewegung. Im Rahmen einer Aussprache mit den Abgeordneten des Außenpolitischen Ausschuss es, die durch eine Debatte über den Außenpolitischen Bericht 2015 und das außenpolitische EU-Arbeitsprogramm 2017 vertieft wurde, verteidigte der Außenminister am 15.02. zudem einmal mehr die Schließung der Balkanroute und trat für mehr Konsequenz bei den Rückführungen ein. Was den aktuellen österreichischen OSZE-Vorsitz betrifft, kündigte er vor allem Akzente zur Deeskalation bestehender Konflikte sowie im Kampf gegen die Radikalisierung an. Am Westbalkan wiederum will Kurz weiterhin aktiv bleiben und sich für eine europäische Perspektive einsetzen.

Kurz: Schließung der Balkanroute war richtig
Die aktuelle Herausforderung durch die Flüchtlingskrise findet auch im Außenpolitischen Bericht 2015 (III-334 d.B.) und im Bericht über das außenpolitische Arbeitsprogramm der EU für das laufende Jahr (III-352 d.B.) ihren Niederschlag, wobei Sebastian Kurz für eine einheitliche europäische Asylpolitik und für einen wirksamen Schutz der EU-Außengrenzen plädiert. Die Schließung der Balkanroute sei wichtig gewesen und habe wesentlich dazu beigetragen, den Zustrom zu reduzieren und das staatlich organisierte Weiterwinken zu beenden, betonte der Minister und widersprach in diesem Zusammenhang dem FPÖ-Abgeordneten Andreas Karlsböck unter Hinweis auf die aktuellen Zahlen. So seien in den letzten vier Monaten auf diesem Weg so viele Menschen gekommen wie im Jahr 2015 an zwei Tagen, rechnete er vor, räumte aber ein, dass es nach wie vor Schlepperei gebe. Handlungsbedarf sieht Kurz nun vor allem auf der Südroute über das Mittelmeer, wo es zu einer Steigerung um 20 % gekommen ist. Es wäre allerdings falsch zu behaupten, der Flüchtlingsstrom habe sich bloß verlagert, vielmehr würden sich nun vor allem MigrantInnen aus Afrika auf den Weg nach Italien aufmachen.

Außenminister will Druck auf Herkunftsländer erhöhen
Für Kurz geht es nun darum, die Attraktivität Österreichs als Aufnahmeland zu senken und gleichzeitig Druck auf jene Länder auszuüben, die sich bisher bei der Rücknahme ihrer Staatsangehörigen nicht kooperationsbereit gezeigt haben. Solange Menschen, die sich illegal in Österreich aufhalten, Grundversorgung durch die Steuerzahler beziehen, dürfe man sich nicht wundern, dass sie sich gegen die freiwillige Rückreise wehren, brachte Kurz seine Position auf den Punkt und pflichtete in diesem Zusammenhang FPÖ-Abgeordnetem Johannes Hübner bei. Klar ist für den Außenminister überdies, dass das Asylwesen kein Weg der Zuwanderung nach Europa sein könne. Ähnlich sah dies auch Reinhard Eugen Bösch (F), der für eine Trennung der beiden Rechtsbereiche Asyl und Zuwanderung eintrat. Rückenwind erhielt Kurz zudem durch Team Stronach-Mandatar Christoph Hagen und dessen Forderung nach Abschluss von Rückführungsabkommen mit den nordafrikanischen Staaten. In diesem Sinn äußerte sich auch Johannes Rauch (V), der allerdings EU-weite Rücknahmeabkommen für sinnvoller als bilaterale Lösungen hielt.

Im Zusammenhang mit der Zuwanderung sprach ÖVP-Abgeordnete Angelika Winzig auch die Überweisungen von Familienbeihilfe ins Ausland an. Kurz bemerkte dazu, Fehlentwicklungen wie diese hätten zur Brexit-Entscheidung geführt, hier müsse es zu einer gesamteuropäischen Lösung kommen. Solange eine Einigung innerhalb der EU nicht möglich ist, werde Österreich nach einem innerstaatlichen Vorgehen suchen.

Österreichischer OSZE-Vorsitz setzt auf Deeskalation, Vertrauensbildung und Kampf gegen Radikalisierung
Im Rahmen des OSZE-Vorsitzes will Österreich einen Beitrag zur Deeskalation von bestehenden Konflikten und zum Aufbau von Vertrauen und zur Zurückdrängung des Blockdenkens leisten. Ein weiterer Schwerpunkt wird, so Kurz, der Kampf gegen die Radikalisierung sein. Hier habe man mit der Einsetzung eines Sonderbeauftragten bereits einen wichtigen Akzent gesetzt. Besorgt zeigte sich Kurz ebenso wie ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka über den Konflikt in der Ostukraine und die bisher mehr als 20.000 Verletzungen des Waffenstillstands. Österreich versuche, auf beide Seiten einzuwirken, um den Waffenstillstand abzusichern und insbesondere auch den Abzug der schweren Waffen durchzusetzen. Auch werde man die OSZE-Beobachtermission stärken. In Sachen Russland-Sanktionen tritt Kurz in Übereinstimmung mit Christine Muttonen (S) für eine Politik des Dialogs ein. Bei Fortschritten in der Umsetzung des Minsker Abkommens sollte es überdies nach dem Motto "Ansporn statt Bestrafung" zu einer Lockerung der Sanktionen kommen.

Türkei: Grüne sprechen von Spitzelnetz in Österreich
Kritische Worte zur Türkei kamen von Grün-Abgeordnetem Peter Pilz, der von einem Spitzelnetz des türkischen Präsidenten Erdogan in Österreich sprach und dabei den Blick auf die Rolle des türkischen Religionsattachés lenkte. Das Außenministerium sei sofort aktiv geworden und habe den türkischen Geschäftsträger ins Außenamt zitiert. Dabei habe Österreich die Zusage erhalten, dass der Religionsattaché das Land verlassen werde, was auch geschehen sei. Bei Verhaftungen österreichischer Staatsbürger in der Türkei wiederum habe Österreich immer interveniert und eine Freilassung erreicht, informierte Kurz.

Weitere Themen: Trump und Brexit
Was den US-Präsidenten Donald Trump betrifft, stellte Kurz fest, er sehe einige von dessen Ankündigungen durchaus mit Sorge. Es bleibe zu hoffen, dass die neue Administration ihre Schwerpunkte in Richtung multilateraler Zusammenarbeit setzen wird. Skepsis sei jedenfalls angesichts eines stärker werdenden Protektionismus angebracht. Beim Brexit, der von NEOS-Mandatar Christoph Vavrik angesprochen wurde, plädierte Kurz mit Nachdruck für eine gemeinsame europäische Linie in den Austrittsverhandlungen.

Der Außenpolitische Bericht wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen, NEOS und Team Stronach zur Kenntnis genommen und kommt damit ins Plenum des Nationalrats. Den Bericht über das EU-Arbeitsprogramm genehmigten SPÖ, ÖVP und NEOS.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
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