Mailath: "Stärken stärken" - durch
 gezielte Impulse für Freies Theater

 

erstellt am
16. 03. 17
13:00 MEZ

Wiener Theaterjury präsentiert Förderempfehlungen für 2018 – 2021; mehr als die Hälfte der eingereichten Konzepte werden unterstützt
Wien (rk) - Die vierjährige Konzeptförderung ist eine tragende Säule der Wiener Theaterlandschaft und zugleich ein wichtiges Instrument, um die freie Theaterarbeit in Wien lebendig zu halten. Am 16.03. präsentierte die Theaterjury die Ergebnisse ihrer Evaluation der Konzeptförderung sowie die nächsten Vierjahresförderungen von 2018 bis 2021. In der Gesamtbetrachtung widerspiegeln die Empfehlungen der Jury das Bestreben, vorhandene Stärken innerhalb der Freien Theaterarbeit in Wien zu stärken, insbesondere das Freie Sprechtheater, die Tanz- und Performanceszene sowie Konzepte mit einem genreübergreifenden und niederschwelligen künstlerischen Ansatz.

Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny würdigte die gewissenhafte Arbeit sowie den großen persönlichen Einsatz der Jurymitglieder und erklärte, dass die Stadt Wien die Förderempfehlungen selbstverständlich umsetzen werde. „Sie entsprechen der Grundidee der Konzeptförderung, gezielte Impulse zu setzen und innovativen Theaterprojekten langfristig eine Chance zu geben. Ich freue mich, dass wir der Freien Wiener Theaterszene die Finanzierung für weitere vier Jahre zusichern können“, so Mailath.

“Ein großer Dank gebührt der Jury für die intensive und qualitätssichernde Arbeit“, so Margulies, der den Stellenwert der Neuausrichtung am Petersplatz betont: “Freien Gruppen fällt es oft schwer, einen leistbaren, passenden und betreuten Raum zu finden. Diesem Grundbedürfnis kommt ein offenes Theaterhaus entgegen. Wir schaffen einen Raum für Menschen mit unterschiedlichen Bühnen-Hintergründen und Theaterbegriffen, und verbessern die Sichtbarkeit der vielfältigen Theaterformen.“

Insgesamt haben 61 Häuser und Freie Gruppen ihre Konzepte für die Genres Sprechtheater, Performance, Tanz, Musiktheater, Theater für junges Publikum, Figurentheater sowie für interdisziplinäre und inklusive Projekte eingereicht. 25 Konzepte werden für eine 4-Jahresförderung empfohlen, darunter vier Freie Gruppen und Häuser, die erstmals in den Genuss einer Konzeptförderung kommen. Weitere sechs Konzepte werden von der Jury – in Abstimmung mit dem Kuratorium für Theater, Tanz und Performance - für eine 2-Jahresförderung empfohlen. „Damit haben mehr als die Hälfte der Einreichungen eine mehrjährige Förderempfehlung erhalten“, freut sich Mailath. Von den rund 25 Millionen Euro, mit denen das Off-Theater in Wien unterstützt wird, entfallen ca. 6,5 Millionen Euro auf die Konzeptförderung und 2,6 Millionen Euro auf die Projektförderung.

Stärkung des Freien Sprechtheaters – in Kunst und Raum
Die Theaterjury – bestehend aus Genia Enzelberger, Doris Happl, Christina Kaindl-Hönig, Matthias Lošek und Stephan Rabl – würdigt in ihrem ausführlichen Gutachten die mannigfaltigen künstlerischen Positionen der eingereichten Konzepte als Ausdruck der Lebendigkeit der Wiener Off-Theaterlandschaft. Insbesondere dem Freien Sprechtheater würde es gelingen, neues Publikum anzuziehen, weshalb die Jury empfiehlt, diesem Trend mehr Raum zu geben. Als Folge dessen findet eine Weiterentwicklung des bestehenden Spielstättenverbundes WerkX statt. Die Spielstätte am Petersplatz wird künftig unter einer autonomen kuratorisch/ dramaturgischen Leitung in erster Linie Freien Sprechtheatergruppen zur Verfügung stehen. Mit dem „Aktionstheater Wien“ (Martin Gruber/Martin Ojster) wird auch eine neue Sprechtheatergruppe in die Konzeptförderschiene aufgenommen. Das erfolgreiche Ensemble überzeugte die Jury nicht nur durch ein interessantes Konzept, sondern auch durch gute Auslastungszahlen, junge Publikumsschichten und einem intensiven Austausch mit den Bundesländern.

Stärkung der Tanz- und Performanceszene
Eine gezielte Aufwertung durch die Jury erfährt die Gruppe "insert". Ihre Protagonistin Doris Uhlich zählt zu den wichtigsten österreichischen Choreographinnen. Durch ihre Arbeit mit Profis, Studierenden, älteren Personen, Laien und Menschen mit Beeinträchtigung gelingt es ihr, breite Publikumsschichten anzusprechen und für den Tanz zu interessieren. Auf Grund dieser Qualitäten und dem Umstand, dass Doris Uhlich weit mehr Projekte in den letzten vier Jahren realisiert hat, als in der ursprünglichen Konzepteinreichung vorgesehen, empfiehlt die Jury eine Erhöhung der 4-Jahresförderung.

Kunstschaffen jenseits des Zentrums
Um die intensive Entwicklung der Wiener Performance-Szene der letzten Jahre gezielt zu unterstützen, wird die national wie international sehr erfolgreiche Gruppe „nadaproductions“ (Amanda Piña/ Daniel Zimmermann) erstmals für eine 4-Jahresförderung empfohlen. Das als Teil ihrer künstlerischen Praxis betriebene nadaLokal in Rudolfsheim-Fünfhaus ist mittlerweile eng mit dem soziokulturellen Umfeld des 15. Bezirks verbunden: Ein Off-Space, in dem lokale und internationale KünstlerInnen ihre transdisziplinären Arbeiten entwickeln, diskutieren und öffentlich präsentieren können, wo Residenz- und günstige Proben-Möglichkeiten geboten werden. Auch die Gruppe „God's Entertainment“ (Boris Ceko/ Maja Degirmendzic/ Simon Steinhauer) erhält erstmals eine Konzeptförderung. Das experimentelle Performance-Kollektiv steht für innovatives, politisches Theater. Charakteristisch für ihre Arbeit ist das Prinzip der Zuschauerpartizipation, die Realisierung von Projekten im öffentlichen Raum und Spontanität.

Starke Positionen – genreübergreifend und niederschwellig
Darüber hinaus regt die Theaterjury eine genreübergreifende Erweiterung der künstlerischen Arbeit an soziokulturellen Projekten an. Dezentrale Räume, offene Workspaces, die verstärkte Interaktion mit der Bevölkerung sowie stärkere Kulturvermittlungs- und Stadtprojekte fördern einen ästhetischen Diskurs und sprechen neue Publikumsschichten an. Diesen Anspruch erfüllt das interdisziplinäre Kollektiv „Theater Ansicht“ (Flo Staffelmayr/ Christina Rauchbauer/ Julia Meinx). Ihr Konzept, basierend auf einem qualitativ hohen und dabei niederschwelligen Zugang zu gesellschaftspolitischen Themen in Form von Bewegungs-, Tanz- und Schreibworkshops sowie Research-Projekten an Schulen, empfiehlt die Jury erstmals für eine 4-Jahresförderung.

Die Empfehlungen im Einzelnen

  • Für den Bereich Musiktheater: Netzzeit, Neue Oper Wien, sirene Operntheater, Wiener Taschenoper
  • Für den Bereich Tanz: insert, liquid loft, SALTO
  • Für den Bereich Performance: nadaproductions (neu), God's Entertainment (neu), WUK performing arts
  • Für den Bereich Figurentheater: Kabinetttheater, Theater Lilarum
  • Für den Bereich Theater für junges Publikum: szene bunte wähne, schallundrauch agency, Theaterverein Ansicht (neu)
  • Für den Bereich interdisziplinäre Projekte: diverCITYLAB, Caritas Brunnenpassage, MAD
  • Empfehlungen für eine 2-Jahresförderung: theatercombinat, SECOND NATURE, DANS.KIAS, Schubert Theater, Wiener Tanz- und Kunstbewegung, Musiktheatertage Wien


Neuerungen in der Arbeit der Jury
Die Jury war knapp ein Jahr mit der Prüfung der Konzepte befasst und traf in diesem Zeitraum 95 Prozent der AntragstellerInnen auch zu einem persönlichen Gespräch. Dieses Novum stieß innerhalb der Freien Szene auf äußerst positives Feedback. Erstmals gab es auch eine Zusammenarbeit mit dem Kuratorium für Tanz, Theater und Performance. So wurden etwa Konzepteinreichungen, die keine Empfehlung für eine 4-Jahresförderung von der Jury erhielten, gemeinsam mit dem Kuratorium erneut geprüft und daraufhin teilweise für eine 2-Jahresförderung empfohlen. Dadurch wurde das bürokratische Prozedere für die FörderwerberInnen vereinfacht und verkürzt.

Die Konzeptförderung wurde im Zuge der Wiener Theaterreform eingeführt mit dem Ziel, Planungssicherheit für die Kulturschaffenden zu ermöglichen. Der Anspruch auf eine Konzeptförderung muss alle vier Jahre überprüft und neu bewertet werden, wodurch Chancengleichheit für neue Gruppierungen bzw. ästhetische Entwicklungen geschaffen wird. Auch die Jury wird alle vier Jahre neu bestellt. Für jene Gruppen und Projekte, die keine Empfehlung für eine Konzeptförderung erhalten haben, gibt es weiterhin die Möglichkeit, zum nächsten Einreichtermin um eine Projektförderung anzusuchen.

 

 

 

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