Nationalrat bestätigt Umsetzung der digitalen Vignette

 

erstellt am
28. 04. 17
13:00 MEZ

BürgerInnen-Petition gegen deutsche Mautpläne unterstützt die Haltung von Verkehrsminister Leichtfried
Wien (pk) – Ab 1. Dezember 2017 wird es die Möglichkeit geben, die Vignette für 2018 auch in digitaler Form zu erwerben. Entsprechende Änderungen im Bundesstraßen-Mautgesetz, passierten am 27.04. den Nationalrat einstimmig. Das Gesetz wird um einige Bestimmungen ergänzt, um die digitale Vignette in die Praxis umsetzen zu können. So wird nun eine Vignettenevidenz im Sinne eines öffentlichen Registers eingeführt, in das jede Person Einsicht nehmen und damit überprüfen kann, ob für ein bestimmtes Fahrzeug eine Vignette erworben wurde. Vorteile bringt die digitale Vignette – sie gilt für einspurige Fahrzeuge und Kfz bis 3,5 Tonnen – vor allem auch für BesitzerInnen von Wechselkennzeichen, die nunmehr eine Vignette für mehrere Fahrzeuge verwenden können. InhaberInnen von Probe- und Überstellungskennzeichen wiederum wird künftig auch eine Jahresvignette angeboten.

Breite Zustimmung zur digitalen Vignette
Anton Heinzl (S) konstatierte, Österreich habe ein EU-konformes Mautsystem und mit der Vignette ein einfach zu handhabendes System. Die digitale Vignette sei eine praktische Ergänzung zum System der Klebevignette, das vor allem BesitzerInnen von Wechselkennzeichen nütze. Der Verkauf der digitalen Vignette für kommendes Jahr werde zeitgleich mit der Klebevignette beginnen. Auch SPÖ-Abgeordneter Gerald Klug (S) freute sich, dass die digitale Vignette umgesetzt werden konnte. Walter Bacher (S) thematisierte das Thema der Mautflüchtlinge auf dem Tiroler Straßennetz, das sich bei Umsetzung der deutschen Mautpläne noch verschärfen würde. Eine flächendeckende LKW-Maut wäre seiner Meinung nach hier eine praktikable Lösung. Die eingehobenen Mittel müssten für die Erhaltung des Straßennetzes zweckgewidmet werden.

Die Vorteile der digitalen Vignette unterstrich auch Andreas Ottenschläger (V). Damit werde ein Schritt in Richtung Digitalisierung gesetzt. Eine intensive Diskussion erwartet sich Ottenschläger in der Frage eines gemeinsamen europäischen Mautsystems. Johann Rädler (V) hob als positiv hervor, dass endlich eine praktische Lösung für die Problematik der Wechselkennzeichen gefunden wurde. Damit sei ein lange geäußerter Wunsch endlich erfüllt worden.

Die digitale Vignette sei ein richtiger Schritt, sagte Gerhard Deimek (F). Er begrüße es aber, dass die Klebevignette als gleichwertiges System erhalten bleibe. Das sei besonders wichtig für Menschen, die Sorge über die Weitergabe persönlicher Daten haben und daher ein digitales System ablehnen. Für erfreulich erachtet er es zudem, dass es nun eine Lösung für BesitzerInnen von Wechselkennzeichen gibt. Grundsätzlich sei aber die Frage zu stellen, wie das Mautsystem sich weiter entwickle, sagte Deimek. Die Einführung einer EU-weiten kilometerabhängigen Maut lehne er jedenfalls ab. Auch Christian Hafenecker (F) und der fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid begrüßten die digitale Vignette.

Georg Willi (G) sah die digitale Vignette grundsätzlich als praktikable Lösung. Ungelöst bleibe aber das Problem, dass TouristInnen, die eine digitale Vignette erwerben wollen, dies bereits 18 Tage vor Reiseantritt tun müssen. Wer rasch eine Vignette wolle, sei damit nach wie vor auf die Vorverkaufsstellen angewiesen. Besser wäre es gewesen, konsequent auf ein System der digitalen Vignette umzusteigen und die Klebevignette ganz abzuschaffen, meinte er. Die Idee einer Ein-Tages-Kurzzeitvignette würden die Grünen unterstützen. Auch Michael Bernhard (N) meinte, dass eine Ein-Tages-Vignette für grenznahe Gegenden eine gute Lösung wäre. Dafür sprach sich auch der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler aus, der sich zudem skeptisch gegenüber Plänen für eine EU-Maut zeigte.

Erfreut über die Umsetzung der digitalen Vignette äußerte sich auch Christoph Hagen (T). Er sprach sich in einem Entschließungsantrag für die Einführung einer Ein-Tages-Vignette aus, diese würde etwa im Bereich Kufstein dazu führen, die Mautflucht hintanzuhalten. Sein Entschließungsantrag blieb aber in der Minderheit.

Die Digitalisierung der Vignette sei eine zeitgemäße Lösung, erklärte Verkehrsminister Jörg Leichtfried. Der Zuspruch zu diesem Produkt sei laut einer Umfrage sehr gut. Er halte es auch für richtig, auf jene Personen Rücksicht zu nehmen, die aus Datenschutzbedenken weiter die Klebevignette wünschen. Das von Abgeordnetem Willi angesprochene Problem der langen Frist für Onlinebestellungen ergebe sich aus der EU-Konsumentenschutzrichtlinie, wonach ein vierzehntägiges Rückgaberecht für online erworbene Produkte gilt. Um das zu ändern, müsse eine entsprechende Änderung auf europäischer Ebene erfolgen. Dann könnte die ASFINAG für eine Kurzzeit-Vignette eine Ausnahmeregelung, wie sie etwa für online erworbene ÖBB-Tickets bereits gilt, in Anspruch nehmen.

Forderung nach zeitweiser Mautbefreiung von Autobahnteilstrecken
Carmen Schimanek (F) benützte die Gelegenheit, einmal mehr Änderungen im Bundesstraßen-Mautgesetz zu fordern, um eine Mautbefreiung von Teilabschnitten der Autobahnen zu fordern. Sie plädierte insbesondere für eine Ausnahme von der Vignettenpflicht im Bereich Kufstein. Außerdem brauche man weitere Maßnahmen, um Kufstein vom Transitverkehr zu entlasten. Ihr Entschließungsantrag dazu blieb in der Minderheit.

SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck widersprach Abgeordneter Schimanek und meinte, die Mautbefreiung würde die Transitproblematik nicht lösen, der Verkehrsminister sei der falsche Ansprechpartner. Vielmehr liege es am Land Tirol und an der Gemeinde Kufstein, ein Gesamtkonzept zu entwickeln. Anders gelagert sei das Problem in Linz, wo seit dem Abriss der Eisenbahnbrücke die Benützung der Mautstrecke die einzige Option für PendlerInnen sei. Hier sei eine gänzlich andere Ausgangslage gegeben und eine zeitweise Mautbefreiung notwendig und gerechtfertigt.

In einer zweiten Wortmeldung sprach sich Andreas Ottenschläger (V) dafür aus, eine Kostenüberprüfung vorzunehmen, ob eine Kurzzeitvignette eine praktikable Lösung sei, um die Probleme von Hotspots wie Kufstein oder Linz zu lösen. Zum Thema der Linzer Donaubrücken und der durch den Abriss der Eisenbahnbrücke entstandene Problematik für PendlerInnen meldeten sich auch die ÖVP-Abgeordneten Michael Hammer und Nikolaus Prinz sowie SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck und der Freiheitliche Werner Neubauer zu Wort. Alle plädierten für rasche Lösungen der Mautfrage zugunsten der PendlerInnen aus dem Linzer Umland.

Verkehrsminister Leichtfried hielt fest, dass die derzeitige Formulierung des Bundesstraßen-Mautgesetzes keine Ausnahmen von der Mautpflicht für Teilstücke von Autobahnen zulasse. Werde eine entsprechende Änderung gewünscht, werde er sich der Forderung nicht verschließen, die Entscheidung liege aber letztlich beim Gesetzgeber.

Neuerliche Kritik des Nationalrats an deutschen Mautplänen
Zum Thema Maut befassten sich die Abgeordneten auch mit einer Petition, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, sich gegen die Einführung einer diskriminierenden PKW-Maut in Deutschland einzusetzen. Abgeordneter Anton Heinzl hatte diese Forderung dem Parlament vorgelegt. Wie bereits im Verkehrsausschuss, unterstützten die Abgeordneten auch im Plenum mit breiter Mehrheit die Petition, um Bundesminister Jörg Leichtfried Unterstützung bei seinem Engagement im Kampf gegen die deutsche PKW-Maut zu geben.

Anton Heinzl (S) sieht die deutschen Mautpläne als klar EU-rechtswidrig an, da sie eine reine Ausländermaut sei. Österreich könne eine solche Ungleichbehandlung nicht hinnehmen, sagte er. Da die Maut zwei Grundfreiheiten des EU-Binnenmarktes widerspreche, unterstütze er eine Klage Österreichs beim EuGH und wolle Verkehrsminister Leichtfried für seinen Einsatz gegen diese Maßnahme danken. Gerald Klug (S) kritisierte, dass Deutschland es in Absprache mit EU geschafft habe, seine diskriminierenden Mautpläne umzusetzen. Österreich sei nicht gegen ein deutsches Mautsystem, aber gegen die Umsetzung in der geplanten Form. Das Vorgehen des Verkehrsministers sei daher richtig.

Die Diskussion über die deutsche Autobahnmaut sollte partnerschaftlich geführt werden, hielt Andreas Ottenschläger (V) fest. Eine EuGH-Klage sei die letzte Konsequenz, wenn ein Verstoß gegen EU-Recht bestehe, der Minister habe dafür die Unterstützung seiner Fraktion. Die Positionsänderung der EU-Kommission zur deutschen Maut ist aus Sicht von Fritz Grillitsch (V) völlig unverständlich. Hier werde eine klare Wettbewerbsverzerrung zugelassen, kritisierte er.

Georg Willi (G) wiederholte seine Kritik an den deutschen Mautplänen. Sie sei nichts als "eine in Gesetzesform gegossene Bierzeltparole der CSU".

Michael Bernhard (N) sprach sich hingegen für eine differenzierte Betrachtung der deutschen Mautpläne aus. In erster Linie habe man es hier mit der Umsetzung eines Wahlversprechens der CSU zu tun, gegen die sich auch viele deutsche PolitikerInnen aussprechen. Österreich könne übrigens ebenfalls eine Rückerstattung der Maut für seine BürgerInnen beschließen, um heimische AutofahrerInnen zu entlasten.

Christoph Hagen (T) zeigte zwar Verständnis für den Wunsch Deutschlands, eine flächendeckende Autobahnmaut einzuführen. Die gewählte Vorgangsweise sei aber falsch. Wie Bernhard regte er an, angesichts der hohen Belastung der österreichischen AutofahrerInnen grundsätzlich zu überlegen, ob Österreich nicht eine vergleichbare Bevorzugung der heimischen AutofahrerInnen und Frächter schaffen und als Druckmittel einsetzen könne.

Wenig Verständnis für das Vorgehen des Ministers in der Frage der deutschen Mautpläne hat hingegen Christian Hafenecker (F). Österreich spiele den Querulanten, besser wäre es, bilaterale Lösungen mit Deutschland zu suchen, etwa in Form von Ausnahmen für den kleinen Grenzverkehr. Die EU-Klage werde vermutlich scheitern, meinte er. Aus seiner Sicht wäre es zudem wichtiger, dass Österreich eine vergleichbare Lösung findet und sich Geld für sein Straßennetz bei jenen ausländischen FahrerInnen und FrächterInnen holt, die mit ihrem Transitverkehr die österreichischen Straßen belasten. Carmen Schimanek (F) bekräftigte den Standpunkt ihrer Fraktion. Österreich solle auf die deutsche Maut nicht mit einer langwierigen Klage mit unklarem Ausgang reagieren, sondern in bilateralen Gesprächen mit Deutschland rasche Lösungen für den Grenzverkehr finden.

Der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler schloss sich der Auffassung an, dass die deutsche Autobahnmaut ungerecht sei und bekämpft werden sollte. Allerdings wäre es wichtig, mit Deutschland Gespräche zu führen, um Entlastungen für PendlerInnen im grenznahen Raum zu erreichen.

Verkehrsminister Jörg Leichtfried erklärte, das Problem an den Plänen Deutschlands bestehe darin, dass die Autobahnmaut als eine reine AusländerInnenmaut konzipiert wurde. Daher sei es das gute Recht und die Pflicht Österreichs, dagegen aufzutreten. In diesem Zusammenhang werde in Deutschland immer wieder kolportiert, Österreich habe anlässlich der Einführung seines Mautsystems einen vergleichbaren Schritt gesetzt, indem die Pendlerpauschale erhöht wurde. Zwischen den beiden Schritten habe damals kein Zusammenhang bestanden, betonte Leichtfried, die Behauptung sei als "Fake News" zu bewerten und zurückzuweisen. Er halte es für grundsätzlich ausgeschlossen, ein vergleichbares Modell in Österreich einzuführen, wie es Teile der Opposition immer wieder fordern. Er und die Bundesregierung stehen nämlich auf dem Standpunkt, dass die deutsche Regelung einen klaren Verstoß gegen EU-Recht darstellt, den man nicht kopieren dürfe.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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