Sie waren NS-Opfer: Gedenken an
 Zeugen Jehovas aus Techelsberg

 

erstellt am
22. 05. 17
13:00 MEZ

LH Kaiser: Gedenktafel gibt Opfern Identität, Ehre und Standpunkt wieder
Töschling/Klagenfurt (lpd) - Sie waren Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes und das wurde jetzt sichtbar gemacht. In Töschling in der Gemeinde Techelsberg wurde am 19.05. in Anwesenheit von Landeshauptmann Peter Kaiser eine Gedenktafel für fünf Zeugen Jehovas enthüllt. Gregor Wohlfahrt sen. (1939), Gregor Wohlfahrt jun. (1942), Anton Uran (1943), Johann Stossier (1944) und Willibald Wohlfahrt (1945) bezahlten es mit dem Leben, dass sie den Kriegsdienst ablehnten, ihrem Glauben nicht abschwörten und den Hitlergruß verweigerten. Bisher schienen die fünf fälschlicherweise auf dem Kriegerdenkmal der Gemeinde als „vermisst“ auf, obwohl ihre Geschichte nicht im Dunkel liegt – sie waren keine Soldaten, sondern wurden von den Nazis wegen ihres Glaubens ermordet. Vom Kriegerdenkmal wurden ihre Namen nunmehr entfernt. Die Tafel gilt aber auch dem Gedenken der weiteren 26 Zeugen Jehovas aus Techelsberg und Umgebung, die Opfer des Nationalsozialismus wurden.

Kaiser zeigte sich bei der Gedenktafelenthüllung sehr berührt. Er sagte, dass viele Gruppen und Einzelne dem Naziregime zum Opfer gefallen seien, weil sie standhaft, wehrhaft und dagegenhaltend gewesen seien. Und das alles sei nicht fernab oder irgendwo passiert. Die Gedenktafel sei eine Korrektur, gebe den Opfern Identität, Ehre und Standpunkt wieder. „Ich bin stolz auf dieses Land Kärnten, in dem Zivilbürgerinnen und -bürger, Nachgeborene Verantwortung übernehmen und nicht locker lassen, bis solch eine Korrektur erfolgt ist“, sagte Kaiser. Dankend hob er den Widerstand der Gemeinschaft der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus hervor. „Der Mut zum aufrechten Gang muss Kennzeichen einer Gesellschaft sein“, betonte er: „Schöpfen wir aus der Kraft der Opfer.“

Der Techelsberger Bürgermeister Johann Koban zeigte sich stolz auf die Umsetzung der Initiative um die Gedenktafel und die damit erfolgte Richtigstellung. Er dankte für das gegenseitige Verständnis auch im Gemeinderat und in der Bevölkerung.

Projektleiter Peter Stocker von den Zeugen Jehovas in Kärnten entstammt der Opferfamilie Wohlfahrt. Er wollte „die Geschichte erzählen und weitertragen“. Die Initiative stand laut ihm unter dem Motto „Ich bleibe fest“, einer Zeile aus einem Gedicht von Franz Wohlfahrt, der das KZ-Außenlager Rollwald überlebt hat.

Peter Gstettner vom Mauthausen Komitee Kärnten/Koroška hob die Wichtigkeit hervor, für die historische Wahrheit einzutreten. Die Gedenktafel sei in diesem Sinne ein herausragendes Zeichen. Hier solle nunmehr ein Ort des Nachdenkens, der Zuversicht und Stärke sein. Die Opfer bezeichnete Gstettner als „Märtyrer des Glaubens“. Er machte klar, dass sie von den Nationalsozialisten ermordet und als „für immer ehrlos“ erklärt wurden.

Vinzenz Jobst vom Verein Memorial Kärnten-Koroška ist die Rehabilitierung von Opfern des Nationalsozialismus wichtig. Es gehe darum, ihre Unbescholtenheit und Ehre wieder herzustellen. Jobst hat sich als Wissenschaftler intensiv mit dem Schicksal und der Geschichte des einfachen Holzarbeiters Anton Uran, einem der fünf Techelsberger Opfer, befasst. Das Schicksal Urans sei untergegangen, die Geschichte über ihn hinweggegangen: „er wurde ganz einfach vergessen“.

Unter den Ehrengästen waren Walter Manoschek vom Institut für Staatswissenschaft, die Zeitzeuginnen Ida Luckinger geb. Wohlfahrt und Hermine Liska sowie Otto Kuglitsch – der Vorstand der Zeugen Jehovas Österreich ist Sohn des KZ-Überlebenden Vinzenz Kuglitsch aus Villach. Ebenfalls anwesend war die Familie des KZ-Überlebenden Franz Wohlfahrt: Sohn Greg Wohlfahrt sowie die extra aus Kanada angereisten Töchter Heidi Lau, Wilma Eschner, Joanna Cook und Schwiegersohn Steve Lau. Gesanglich umrahmt wurde die Feier vom gemischten Chor unter Leitung von Roland Streiner.

Das Gedenkprojekt in Techelsberg wird vom Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus gefördert. Initiiert wurde es von der Familie Wohlfahrt und dem Verein Lila Winkel, der sich für die Rehabilitierung und Unterstützung von NS-Opfern einsetzt. Lila Winkel wurden Zeugen Jehovas in den Konzentrationslagern an der Häftlingsmontur angebracht.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at