Pläne der EU zur Steigerung der Verkehrssicherheit
 und zur Förderung emissionsarmer Mobilität

 

erstellt am
26. 05. 17
13:00 MEZ

EU-Unterausschuss begrüßt Initiative; Minister Leichtfried ortet Divergenz zwischen Ambitionen und tatsächlicher Politik
Brüssel/Wien (pk) - Verkehrsthemen standen am 24.05. im Mittelpunkt des EU-Unterausschusses, die die Abgeordneten ebenfalls mit Bundesminister Jörg Leichtfried diskutierten. Ihnen lag die Deklaration von Valletta zur Steigerung der Verkehrssicherheit und die Mitteilung der Kommission unter dem Titel "Eine europäische Strategie für emissionsarme Mobilität" vor.

EU will 2050 keine Verkehrstoten mehr auf Europas Straßen
Was die Senkung der Verkehrstoten betrifft, so hat die EU sehr ambitionierte Ziele. Von 2020 bis 2030 soll die Zahl der Verkehrstoten und Verletzten halbiert werden, bis 2050 sollte es laut EU-Kommission keine Toten mehr auf den Straßen der Union geben. Grundlegendes Papier dafür ist die sogenannte Valetta-Deklaration, die am 29. März 2017 alle EU-Mitgliedsländer sowie Norwegen, Bosnien-Herzegowina und Albanien unterzeichnet haben. Das Dokument ist ein politisches Bekenntnis zu noch mehr Anstrengungen im Interesse der Verkehrssicherheit. Es umfasst sowohl politische Maßnahmen als auch Maßnahmen im Bereich der technischen Ausstattung, der Infrastruktur und bei der Lenkerausbildung.

Dass es möglich ist, die Zahl der Verkehrstoten durch geeignete Schritte zu reduzieren, beweisen die Zahlen. Im vergangenen Jahr kamen laut Verkehrsministerium 25.500 Menschen auf den Straßen innerhalb der EU ums Leben, das waren 600 Personen weniger als im Jahr zuvor.

Auch innerstaatlich beginnen die gesetzten Maßnahmen zu wirken, versicherte Verkehrsminister Jörg Leichtfried. Als Hauptgrund für die meisten Unfälle nannte er die Ablenkung, insbesondere durch das Telefonieren mit dem Handy. Nicht zu unterschätzen sei eine plötzliche kurzfristige Unachtsamkeit, sagte er. Als großes Problem haben sich auch die junge männlichen Autofahrer erwiesen, weshalb die Ausdehnung des Probeführerscheins der richtige Weg war. Bei der Strategie gegen die nicht angepasste Geschwindigkeit sei man gut weitergekommen, stellte der Minister fest.

Ablenkungen während des Fahrens sind größte Gefahrenquelle
Die Abgeordneten unterstützten den Minister bei seinen Bemühungen weitgehend. Georg Willi (G) sprach sich dafür aus, das Telefonieren oder auch das Spielen mit dem Handy während des Fahrens mit wesentlich härteren Sanktionen zu belegen. Die FahrerInnen verlassen sich auch zunehmend auf Assistenzsysteme, was nach Ansicht Willis ebenfalls zu mehr Unachtsamkeit verleitet. Demgegenüber meinte Christian Hafenecker (F), Assistenzsysteme würden zur Verkehrssicherheit beitragen und sollten gezielt gefördert werden. Für viele seien derartige Systeme nicht leistbar. Das griff der Minister gerne auf, da derartige Systeme aus seiner Sicht durchaus nützlich sind, Unfälle zu vermeiden. Auch aus industriepolitischer Sicht will er über eine solche Förderung nachdenken.

Angesichts der Tatsache, dass die Autos immer größer werden, hält es Willi zudem für erforderlich, weitere Tempolimits zu erlassen, das trage auch wesentlich zur Luftqualität bei. Er regte weiters an, noch mehr Begegnungszonen zu schaffen. Auch damit stand er im Widerspruch zum freiheitlichen Abgeordneten Hafenecker.

Einig waren sich die Abgeordneten darin, mehr auf die FußgängerInnen zu achten, wobei Willi (G) die Verantwortung für die eigene Sicherheit, etwa durch gut sichtbare Kleidung, nicht allein bei den FußgängerInnen sehen möchte. Die Straßenverkehrssicherheit sei eine Gesamtverantwortung aller, wandte dazu Bundesminister Leichtfried im Gleichklang mit den Abgeordneten Hannes Weninger (S) und Andreas Ottenschläger (V) ein. Es gelte, bei allen VerkehrsteilnehmerInnen das notwendige Bewusstsein zu schärfen, waren die beiden Abgeordneten einer Meinung. Abgeordneter Anton Heinzl (S) forderte, etwas gegen jene zu tun, die bei Verkehrsunfällen langsam fahren, fotografieren und filmen und dabei die Hilfsorganisationen behindern. In diesem Zusammenhang verwies er auf das deutsche Beispiel, wo es eine Straferhöhung gegenüber derartigen Gaffern gibt. Er verschließe sich nicht gegen Verschärfungen, meinte dazu Ottenschläger (V), man müsse aber auch an die Vollziehbarkeit denken. Der Vorschlag Hafeneckers (F), die Mittellinien wieder gelb zu markieren, fand bei den anderen Ausschussmitgliedern keine Unterstützung.

Was die LKW-Sicherheit betrifft, so entstehe ein großes Problem durch mangelnde Rundumsicht vor allem im städtischen Raum, erläuterte der Minister. Die LKW-Lobby habe sich bislang erfolgreich gegen eine entsprechende Nachrüstung gewährt, warf Georg Willi (G) ein. Anton Heinzl (S) warnte im Rahmen dieser Debatte davor, die Durchfahrt durch Gigaliner zu erlauben, und erinnerte an den Beschluss aller sechs Fraktionen gegen derartige Groß-LKW.

Abermals scharfe Kritik an deutscher Autobahnmaut
Thema bei diesem Diskussionspunkt war auch die Deutsche Autobahnmaut, die Anton Heinzl (S) einmal mehr als diskriminierende Ausländermaut bezeichnete. Die Anregung von Christian Hafenecker (F), man könnte ja zunächst einmal den kleinen Grenzverkehr bilateral lösen, hielt Hannes Weninger (S) für den falschen Ansatz. Er warnte davor, in einer Phase, in der Österreich geschlossen vorgeht, mit kleineres Kompromissvarianten vorzupreschen.

Nach Auskunft des Ministers müsste Österreich mit der Klage warten, bis die Unterschrift des deutschen Bundespräsiden unter dem Gesetz vorliegt und dieses kundgemacht wurde. Abzuwarten sei zudem das dreimonatige Mediationsverfahren bei der Europäischen Kommission. Der Minister übte auch Kritik an seinem deutschen Amtskollegen, mit dem es nicht möglich gewesen sei, direkt über diese Frage zu sprechen. Der Minister rechnet mit einem erfolgreichen Verfahren vor dem EuGH, alles andere hätte weit über die Maut hinausgehende Konsequenzen, merkte er an.

Allgemein stellte Leichtfried fest, die Maut in Österreich funktioniere gut. Im Zuge der neuen Wegekostenrichtlinie führe man Gespräche, um noch mehr Möglichkeiten zu bekommen.

EU-Vorstoß für emissionsarme Mobilität verbunden mit Innovation und Wirtschaftlichkeit
Mit der im Juli dieses Jahres verabschiedeten europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität will die Kommission Leitprinzipien für die Mitgliedstaaten erstellen, die sowohl der Notwendigkeit der Reduktion von Schadstoffemissionen als auch der der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und dem Mobilitätsbedarf von Menschen und Gütern Rechnung trägt. Die Strategie ist als ein Instrument gedacht, um die europäische Wirtschaft zu modernisieren und den Binnenmarkt zu stärken. Die Kommission wendet mit dieser Strategie aber auch den Blick auf die Bürgerinnen und Bürger, die von einer besseren Luftqualität, weniger Lärm, mehr Verkehrsentlastung und mehr Sicherheit sowie von effizienteren und sparsameren Kraftfahrzeugen profitieren sollen. Die Strategie stützt sich auf bestehende Mechanismen und Fonds, wobei die aktuelle Investitionsoffensive für Europa eine wichtige Rolle spielt.

Bundesminister Jörg Leichtfried begrüßte die Rahmenstrategie als wichtigen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors bis zum Jahr 2050. Die EU-Maßnahmen müssen selbstverständlich durch nationale Schritte ergänzt werden, sagte der Minister, der diesen Schwerpunkt auch als eine große Chance für die österreichische Wirtschaft bezeichnete. Österreich hat als Beitrag zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimavertrags bereits im Dezember des Vorjahres einen Strategierahmen "Saubere Energie im Verkehr" erstellt.

Leichtfried: E-Mobilität bedarf einer ökologischen Energiestrategie
Trotz der positiven Bewertung äußerte Leichtfried aber auch Zweifel an der Durchsetzung, da immer wieder eine Divergenz zwischen Ambitionen und tatsächlicher Politik bei der EU-Kommission zu bemerken sei. Das sehe man beispielsweise auch beim positiven Zugang der Kommission zu den Gigalinern. Intensiv werde derzeit auch die neue Wegekostenrichtlinie diskutiert, insbesondere über von Emissionsklassen abhängige Mauten. Es sei aber noch nicht klar, in welche Richtung das Ganze gehen soll.

Teilweise wurde in der Debatte auch die Befürchtung geäußert, dass durch den zusätzlichen Strombedarf für die E-Mobilität der Atomstrom als vermeintlich saubere Energie gefördert werden könnte (Franz Leonhard Eßl (V) und Christian Hafenecker (F)). Die Bedenken konnte der Minister nicht ausräumen, da man in Europa anders denkt und der Atomstrom weitgehend als sauber anerkannt ist. Grundsätzlich merkte er an, dass die E-Mobilität auch einer Energiestrategie bedarf, und zwar mit Schwerpunkt einer ökologisierten Energie.

Leichtfried sah den Wandel, auch wenn er langsam vorangeht, als eine zusätzliche Chance und für Österreich wird es ihm zufolge darum gehen, dabei vorne und Taktgeber zu sein. Als wesentliche Faktoren dabei sieht er die Forschungsförderung und die Forschungsprämie. Leichtfried wandte sich auch entschieden dagegen, bestimmte technische Lösungen vorzuschreiben, festgelegt werden sollten lediglich Grenzwerte. Die Technologieneutralität sei ihm ein besonderes Anliegen, stellte er fest.

Auch wenn die Strategie allseits unterstützt wurde, kamen von den Abgeordneten Bedenken. So plädierte Andreas Ottenschläger (V) dafür, die Produktionskette und den Lebenszyklus der Fahrzeuge in Betracht zu ziehen. Er warnte davor, Unsicherheit bei Industrie und VerbraucherInnen entstehen zu lassen, und sprach sich dafür aus, klare Signale zu setzen. Damit stieß er auch auf Verständnis beim Minister. Ähnlich argumentierten Abgeordneter Franz Leonhard Eßl (V) und Michael Bernhard (N). Die Wirtschaftlichkeitsberechnung sei genau anzustellen, betonte Eßl. Es seien auch noch Fragen zu klären, wie manche Materialien entsorgt werden können.

Die Kunst sei es, zu fördern und zu fordern, aber so, dass die Leute mitkommen, so der Befund von Georg Willi (G), der auf politische Maßnahmen zur Förderung emissionsarmer Mobilität drängte, auch wenn diese hart sein sollten. Willi führte in diesem Zusammenhang mehrere Beispiele an, wo sich die Industrie zunächst gegen Neuerungen gewehrt und dann sehr rasch die wirtschaftlichen Chancen wahrgenommen hat und umgestiegen ist. Die Industrie ist viel leistungsfähiger als man manchmal denkt, sagte er. Zudem forderte Willi einen fairen Wettbewerb zwischen der Schiene und der Straße.

Minister Leichtfried zeigte sich auch offen für den Vorschlag von Christian Hafenecker (F), das Rechtsabbiegen bei Rot zu erlauben. Das würde vor allem im städtischen Bereich viele schädliche Emissionen sparen, so dessen Argument.

E-Mobilität: EU drängt auf Tempo
Wie das EU-Dokument festhält, sollen digitale Technologien, insbesondere kooperative intelligente Verkehrssysteme, besser genützt werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen und den Verkehr effizienter und attraktiver zu gestalten. Weiter soll die Verkehrsverlagerung auf emissionsärmere Verkehrsträger gefördert und die Effizienz des Verkehrssystems gesteigert werden. Nachdem der Verkehrssektor in der EU noch immer zu etwa 94% vom Erdöl abhängt, drängt man zudem auf die eine raschere Einführung emissionsarmer alternativer Energieträger im Verkehrssektor - u. a. durch fortschrittliche Biokraftstoffe, Strom und synthetische Kraftstoffe aus erneuerbaren Energiequellen – sowie auf den Übergang zu emissionsarmen und emissionsfreien Fahrzeugen. In diesem Zusammenhang misst die Kommission der Förderung von Forschung und Innovation im Hinblick auf emissionsarme Mobilität besondere Bedeutung bei, starke Innovationsanreize sollen beschleunigend wirken. Außerdem sucht man, mehr Synergien zwischen dem Energie- und dem Verkehrssystem zu erzielen. Die Kommission hat auch bereits einige wichtige Maßnahmen in Bezug auf das Verfahren zur Messung und Kontrolle der Abgasemissionen von Fahrzeugen vorgeschlagen und umgesetzt, um sicherzustellen, dass Normen auch etwas bewirken und man sich darauf verlassen kann.

Da die Verkehrsbranche ein wichtiger Arbeitgeber ist, werden ArbeitnehmerInnen im Rahmen der Europäischen Agenda für neue Kompetenzen dabei unterstützt, die für den technologischen Übergang zu emissionsarmer Mobilität notwendigen Fähigkeiten zu erlangen.

Städte und Gemeinden sind zudem aufgefordert, Anreize zur Nutzung emissionsarmer alternativer Energien und Fahrzeuge zu bieten und die Verlagerung des Verkehrs zu öffentlichen Verkehrsmitteln und/oder gemeinsamen Mobilitätslösungen (z.B. Bike-/Car-Sharing und Fahrgemeinschaften) zu fördern und die BürgerInnen zu aktiver Fortbewegung (Rad- und Fußverkehr) zu motivieren. Vor allem ist es in den Augen der Kommission erforderlich, die CO2-Emissionen von LKW, Stadtbussen und Fernbussen zu reduzieren. Auf diese Fahrzeuge entfällt derzeit rund ein Viertel der straßenverkehrsbedingten CO2-Emissionen bei steigender Tendenz.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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