BMF: Rechtssicherheit als Bedingung
 für Fortschritte der Beziehungen mit Iran

 

erstellt am
14. 06. 17
13:00 MEZ

Dreitägiger Arbeitsbesuch in Teheran und Isfahan zur Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen – Hauptthemen: Compliance, Zahlungsverkehr, Zoll, Doppelbesteuerung
Teheran/Isfahan/Wien (bmf) - Österreichs wirtschaftliches Interesse am iranischen Markt, der mit seinen mehr als 80 Millionen Einwohnern (mehr als die Hälfte davon unter 30 Jahre) enormes Potential für österreichische Unternehmen bietet, ist naturgemäß groß. Traditionell gute Wirtschaftsbeziehungen mit dem Iran, insbesondere der bilaterale Handelsaustausch sollen wiederbelebt und auf das Niveau vor der Zeit der Sanktionen gehoben werden. "Es ist wichtig, als Türöffner und Brückenbauer für die österreichischen Unternehmen unterwegs zu sein und daran zu arbeiten, technische wie auch atmosphärische Hürden abzubauen", so Finanzminister Hans Jörg Schelling.

Am Programm standen Gespräche mit dem Wirtschafts- und Finanzminister Ali Tayebnia, mit Außenminister Javad Zarif, Erdölminister Bijan Namdar Zanganeh sowie dem Minister für Industrie, Handel und Bergbau Mohammad Reza Nematzadeh. Ebenso gab es ein Treffen mit dem Gouverneur der Iranischen Zentralbank Valiollah Seif und Generalgouverneur Rasoul Zargarpour.

Mehr als 200 österreichische Firmen sind schon jetzt auf dem iranischen Markt aktiv, 35 davon haben eine Niederlassung im Iran. Zukunftsstarke Bereiche sind insbesondere die Bereiche Handel mit Konsumgütern und Beratungsleistungen, Umwelt und erneuerbare Energie, Infrastruktur, Tourismus und Tourismusausbildung. "Oft scheitert es an den vermeintlich kleinen Dingen, die allerdings große Auswirkung haben. Es ist daher notwendig, begonnene Arbeiten für beispielsweise Geldverkehr und Zoll wieder zu beleben und zu einem für Österreich positiven Abschluss zu bringen", betont Schelling.

Wenig bekannt ist u.a. dass Kredit- und Bankomatkartenzahlungen im Iran größtenteils nicht möglich sind. Sowohl für in den Iran reisende Österreicher als auch für aus dem Iran Reisende nach Österreich. Ohne das Mitführen von Bargeld können Transaktionen wie Hotelbuchungen, Einkäufe u.ä. nicht durchgeführt werden. Insbesondere für den Tourismus wie auch Handel ist dieser eingeschränkte Zahlungsverkehr kontraproduktiv, Erleichterungen bei der Zahlungsabwicklung sind Mitte/Ende 2017 nach dem Abklingen der indirekten Auswirkungen durch die Sanktionen zu erwarten.

Die österreichische Delegation - bestehend aus Vertretern des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank, der Oesterreichischen Kontrollbank, der Oberbank sowie Raiffeisen Bank International und der OMV - nutzte die Gelegenheit, um für österreichische Wirtschaftsinteressen einzutreten und auf der Vorarbeit vorangegangener Wirtschaftsdelegationen aufzubauen. Die größte - mit 250 Personen - war jene, die Bundespräsident Heinz Fischer im Jahr 2015 begleitete.

Grundlage dafür sind für Schelling Rechtssicherheit für die österreichische Wirtschaft und auch die Einhaltung der geltenden Compliance Standards, was insbesondere Transparenz angeht. Die iranischen Banken haben auf diesem Gebiet kaum bis wenig Erfahrung und müssen dieses Know-how erst aufbauen. Für österreichische Banken ist die Einhaltung dieser Regeln jedenfalls Bedingung. Ein entsprechendes Schulungsangebot für iranische Banken gibt es seitens der Oesterreichischen Nationalbank bereits. Die iranische Seite hat ihr hohes Interesse an der Fortsetzung und dem Ausbau dieser Schulungen zum Ausdruck gebracht. "Der Zahlungsverkehr ist neben der Rechtssicherheit die entscheidende Grundlage für die wirtschaftlichen Beziehungen", so der Bundesminister.

Um unterstützend einzugreifen, wurde 2016 seitens des BMF der Haftungsrahmen für österreichische Exporte in den Iran von 280 Millionen Euro auf eine Milliarde erhöht. Neue Exportgarantien und Beteiligungsgarantien wurden bereits für einige kleinere Projekte übernommen, für größere bestehen Grundsatzzusagen durch das BMF und die Oesterreichische Kontrollbank-AG. Mit der österreichischen Exportförderung können Liefergeschäfte und Investitionsvorhaben langfristig gesichert werden. "Wir sehen ein hohes Marktpotential für österreichische Unternehmen in allen Sektoren, da enormer Modernisierungs- und Konsumbedarf besteht“, merkt OeKB Vorstandsmitglied Helmut Bernkopf an. „Mit den Absicherungsmöglichkeiten von Exporten und Investitionen unterstützen wir heimische Unternehmen, die ihre Geschäftschancen im Iran nutzen wollen", so Bernkopf weiter. „Um Zugang zu mittel- und langfristigen Projektfinanzierungen mit Deckung der Österreichischen Kontrollbank zu bekommen, bedarf es eines Rahmenabkommens zwischen einer österreichischen und einer iranischen Kommerzbank“, betonte Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger. „Die Oberbank verhandelt gerade so ein Abkommen“.

Vorort hat der Finanzminister seine Bereitschaft wiederholt, notwendige Maßnahmen durchzuführen, um die Bankenbeziehungen zu normalisieren. "Für die Modernisierung der bestehenden Zoll- und Doppelbesteuerungsabkommen stehen meine Experten im Finanzministerium für weitere Verhandlungen bereit. Was wir tun können, bringen wir gerne ein. Grundlage muss Rechtssicherheit sein", betonte Schelling in den Arbeitsgesprächen. "Die Gespräche waren sehr freundlich im Ton, jetzt geht es aber an die technische Feinarbeit. Die letzten 100 Meter sind oft die schwierigsten. Die Ungeduld, dass es zu langsam geht, ist auf beiden Seiten da, trotzdem muss Rechtssicherheit vor Tempo gehen. Was ich beitragen kann, um zu einem baldigen Abschluss zu kommen, bin ich bereit zu tun", sagte Schelling zum Inhalt der Gespräche.
In beidseitigem Einvernehmen wurde vereinbart, die Gespräche auf technischer Ebene fortzusetzen. Es wurden keine Vereinbarungen oder Verträge unterschrieben.

OMV Generaldirektor Rainer Seele betonte im Gespräch mit Ölminister Zangeneh das strategische Interesse der OMV, die Geschäftsbeziehungen der OMV mit dem Iran im Bereich Upstream und Downstream maßgeblich zu revitalisieren. "OMV und NIOC arbeiten derzeit intensiv daran, konkrete Projekte aufzusetzen", erklärt Seele.

Die lange geplante Reise fand trotz des Anschlages im iranischen Parlament statt, was von iranischer Seite ausdrücklich als wichtiges Signal bedankt wurde. Die österreichische Delegation unter der Leitung des Bundesministers für Finanzen hat ihre Bestürzung über den jüngsten Anschlag im iranischen Parlament zum Ausdruck gebracht und Terror jeglicher Art eine Absage erteilt. Die Reise wie geplant durchzuführen, sollte auch ein Signal gegen den Terror sein.

Die österreichische Delegation ist am 10.06. nach Teheran aufgebrochen und am 13.06. nach Wien zurückgekehrt.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.bmf.gv.at

 

 

 

 

 

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