Mario Lindner und Sonja Ledl-Rossmann ziehen Bilanz über ein Jahr Tätigkeit der Länderkammer
Wien (pk) - Mit jeweils eigener Handschrift prägten die Vorsitze der Steiermark und Tirols die Arbeit
im Bundesrat im abgelaufenen Arbeitsjahr 2016/2017. In ihrem Tätigkeitsbericht blicken Mario Lindner, der
Bundesratspräsident des zweiten Halbjahres 2016, und Sonja Ledl-Rossman, die Bundesratspräsidentin im
ersten Halbjahr 2017, auf zwei arbeitsreiche Funktionsperioden zurück. Lindner legte seinen besonderen Schwerpunkt
auf die Bedeutung von Zivilcourage im digitalen Zeitalter. Die Sicherung und Weiterentwicklung der Pflege war Ledl-Rossmann
ein besonderes Anliegen. Zu beiden Themen fanden auch Parlamentarische Enqueten statt, bei denen der Bundesrat
mit ExpertInnen über die gesellschaftlichen Herausforderungen debattierte und Lösungsansätze suchte.
Der Bundesrat ermutigt zu digitaler Zivilcourage
Bereits in seiner Antrittsrede am 14. Juli 2016 legte Bundesratspräsident Mario Lindner den Fokus auf die
Bedeutung von Mut und Zivilcourage, was die Wirklichkeit zum Besseren verändern könne. Damit stieß
er die Bundesrats-Initiative "Digitale Courage" an, um eine Plattform zur Vernetzung von NGOs, AktivistInnen
und PolitikerInnen zu schaffen, die sich dem Kampf gegen den "Hass im Netz" widmen. Lindner lud dazu
im Sommer und Herbst 2016 verschiedenste Organisationen und Institutionen ins Parlament ein. Das Thema beschäftigte
auch das zweite Lehrlingsparlament. Im Herbst 2016 legte der Bundesratspräsident das "Grünbuch Digitale
Courage" vor, in dem in 16 wissenschaftlich fundierten Beiträgen nationaler und internationaler ExpertInnen
Vorschläge an die österreichische Politik formuliert werden. Die Auseinandersetzung mit dem Thema fand
ihren Höhepunkt im November mit der Parlamentarischen Enquete "#DigitaleCourage". Lindner ging auch
selbst mit gutem Beispiel voran. Er setzte sich für die Gleichberechtigung gleichgeschlechtlicher Paare ein
und machte in einem vielbeachteten Facebook-Posting auf das Problem homophober Gewalt aufmerksam.
Pflege behutsam weiterentwickeln
Den Bundesrat zu einem Sprachrohr für Verbesserungen im Pflegebereich zu machen, war das Ziel von Bunderatspräsidentin
Sonja Ledl-Rossmann im 1. Halbjahr 2017. Ihr Motto lautete "Die Zukunft der Pflege: Schaffbar, sichtbar, leistbar",
das auch titelgebend für eine Parlamentarische Enquete zum Thema Pflege Anfang April 2017 war. Als eine der
Herausforderungen sieht Ledl-Rossmann, die finanzielle Basis für qualitätsvolle Pflege zu gewährleisten.
Diese sei zwar bis 2021 gesichert, betonte sie, doch gelte es, den Zeitraum zu nützen, um unterschiedliche
Modelle der Pflegefinanzierung offen und objektiv zu diskutieren und mit Zahlen darzustellen. Weitere Themen sind
die künftige Angebotsentwicklung im ambulanten und stationären Bereich, flexible Modelle, wie etwa Kurzzeitpflege,
der Ausbau der Unterstützungs- und Beratungsmöglichkeiten für pflegende Angehörige und neue
Wohn- und Betreuungsformen. Auf einer Tour durch die Länder im April bot sich der Bundesratspräsidentin
Gelegenheit, mit vielen Betroffenen und in der Pflege tätigen Menschen in Kontakt zu treten. Mitte Mai 2017
absolvierte Ledl-Rossmann mit einer Delegation des Bundesrats dazu einen dreitägigen Arbeitsbesuch in den
Niederlanden. Neben politischen Gesprächen stand auch der Besuch zweier innovativer Pflegeeinrichtungen auf
dem Programm.
Verabschiedung des Bundespräsidenten 2016, Angelobung des neuen Staatsoberhauptes 2017
Bundesrat und Nationalrat verabschiedeten im Rahmen einer Festsitzung am 8. Juli 2016 in feierlicher Weise Bundespräsident
Heinz Fischer nach seiner zwölfjährigen Amtszeit. Aufgrund der Wahlwiederholung dauerte es dann noch
bis 26. Jänner 2017, dass Alexander Van der Bellen von der 18. Bundesversammlung unter Vorsitz von Bundesratspräsidentin
Sonja Ledl-Rossmann als neuer Bundespräsident angelobt werden konnte. Der Jahresbericht dokumentiert die Reden
von Mario Lindner und Sonja Ledl-Rossmann zu diesen beiden Anlässen.
Bundesrat pflegt internationale Beziehungen
Der Bundesrat widmete sich im abgelaufenen Parlamentsjahr auch der Pflege internationaler Beziehungen. Höhepunkt
war dabei ein Besuch einer chinesischen Delegation mit dem assistierenden Minister des chinesischen Außenministeriums,
Liu Haixing, an der Spitze. In einer Aussprache mit Bundesratspräsident Mario Lindner und der Vizepräsidentin
des Bundesrats, Ingrid Winkler, wurde unter anderem die chinesische Infrastrukturinitiative einer Seidenstraße
für das 21. Jahrhundert "One Belt, One Road" thematisiert.
Der Bundesrat reagierte auch auf internationale Entwicklungen, wie die 2016 breit diskutierte Krise der EU angesichts
von Brexit, Finanz- und Wirtschaftskrise und Flüchtlingsproblematik. Dazu gab der Vizepräsident des Ausschusses
der Regionen (AdR) der EU, Karl-Heinz Lambertz, am 25. Oktober 2016 im Bundesrat eine Erklärung ab. Er machte
sich dabei für die internationale Vernetzung der Regionen stark und hob die Rolle der Zweiten Kammern als
wichtige Organe für die Regionen hervor. Dabei maß er dem Subsidiaritätsprinzip große Bedeutung
bei. In der anschließenden Debatte der Bundesrätinnen und Bundesräte spielte die Frage, inwieweit
es zulässig ist, dass ein Regionalparlament eine Entscheidung von EU-weiter Bedeutung, wie es etwa die Unterzeichnung
des Freihandelsabkommens CETA ist, verhindern kann. Anfang März 2017 absolvierte Bundesratspräsidentin
Ledl-Rossmann gemeinsam mit dem Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf ein zweitägiges Besuchsprogramm
in Brüssel.
Vor Eingang in die Tagesordnung seiner Sitzung vom 17. Oktober 2016 unterzeichnete der Bundesrat eine Erklärung,
in der die türkische Regierung zur sofortigen Freilassung der inhaftierten Abgeordneten und JournalistInnen
sowie zur Achtung der Meinungsfreiheit und der Unabhängigkeit von Justiz und Gesetzgebung aufgefordert wurde.
Zu Beginn der Sitzung am 20. Dezember 2016 gedachte der Bundesrat der Opfer von Terroranschlägen in Berlin,
Zürich und Ankara. Die Antwort auf den Terror müsse ein klares, dauerhaftes Bekenntnis zur Demokratie
sein, erklärte damals Bundesratspräsident Lindner.
Kein Einspruch in 14 Sitzungen des Bundesrats
Einen Überblick über die Arbeit der Länderkammer im Rahmen der Gesetzgebung vom 1. Juli 2016 bis
30. Juni 2017 gibt der statistische Teil des Berichts. In 14 Sitzungen wurden insgesamt 115 Gesetzesbeschlüsse,
29 Staatsverträge, 32 Ressortberichte und ein Bericht der Volksanwaltschaft behandelt. 102 schriftliche Anfragen
an Regierungsmitglieder wurden eingebracht, davon waren vier Dringliche Anfragen. Weiters formulierten die BundesrätInnen
neun selbständige und neun unselbständige Entschließungsanträge, von denen auch einer angenommen
wurde. Neun Aktuelle Stunden, zwei Fragestunden und zwei Enqueten gaben zusätzliche Themen für Debatten
vor. Darüber hinaus waren mit Hermann Schützenhöfer und Günther Platter zwei Landeshauptmänner
im Bundesrat zu Gast.
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