Gewerbeordnungsnovelle: Akzeptables
Ergebnis für die Bauwirtschaft

 

erstellt am
11. 07. 17
13:00 MEZ

Anregungen und Bedenken aus der Bau-Praxis wurden in die Neuregelung aufgenommen
Wien (pwk) - Die am 29. Juni im Nationalrat beschlossene Reform der Gewerbeordnung lässt das Baugewerbe aufatmen. Zwar ist die Ausweitung der Nebenrechte sowohl im reglementierten als auch im freien Gewerbe kritisch zu sehen, letztendlich aber nahmen die politisch Verantwortlichen die aus der Bau-Praxis kommenden Anregungen und Bedenken doch noch auf.

Erdbau sowie Betonbohren und -schneiden bleiben reglementiert
Wie bereits berichtet, wurden alle bisherigen Teilgewerbe aufgehoben und zu freien Gewerben erklärt. Einzige Ausnahme: Die Teilgewerbe Erdbau sowie Betonbohren und –schneiden sind künftig Bestandteil des reglementierten Baumeistergewerbes. Während diese Änderung für das Teilgewerbe Erdbau bereits frühzeitig klar war, lief das Teilgewerbe Betonbohren und -schneiden vorübergehend Gefahr, zum freien Gewerbe erklärt zu werden. „Betonbohren- und -schneiden kann einen erheblichen Einfluss auf die Baustatik haben. Eine unsachgemäße Bearbeitung von statisch relevanten Bauteilen stellt daher eine Gefahr für Leib und Leben dar. Wir sind froh, dass wir mit unseren Bedenken noch Gehör gefunden haben und auch künftig in diesen sensiblen Bereichen Qualitätsnachweise und eine entsprechende Ausbildung Voraussetzung sein werden“, so Bundesinnungsmeister Hans-Werner Frömmel.

Baumeister auch zur Bauaufsicht befugt
Der Umfang des Baumeistergewerbes bleibt an sich unverändert. Neu ist: die Gewerbeordnung stellt nunmehr klar, dass die Befähigung des Baumeisters zur örtlichen Bauaufsicht (ÖBA) explizit nachgewiesen werden muss („Nachsichtsverbot“).
Nebenrechte: Auftragssumme bleibt entscheidendes Kriterium

Im Zuge der Diskussion um die Ausweitung der Nebenrechte, sprich das zulässige Hinüberarbeiten in andere Gewerbe, stand vorübergehend der Jahresumsatz anstatt des bisher geltenden Auftragswertes als neue Bemessungsbasis zur Debatte. Mit der nun beschlossenen Novelle bleibt bei den reglementierten Gewerben auch weiterhin die Auftragssumme das entscheidende Kriterium bei der Beurteilung des Umfangs der Nebenrechte. Künftig ist das Hinüberarbeiten in andere reglementierte Gewerbe bis zu einem Auftragswert von maximal 15 Prozent der beauftragten Leistung zulässig. „Wir haben uns vehement für den Auftragswert als einzig praktikable Bemessungsbasis stark gemacht. Der vorübergehend angedachte Jahresumsatz als neue Bemessungsbasis hätte zu einer massiven Rechtsunsicherheit für Betriebe und öffentliche Auftraggeber geführt. Damit hätte - zumindest in der Theorie – ein Baustoffhändler über die Nebenrechte ein ganzes Einfamilienhaus errichten dürfen – ohne die Baumeisterbefähigungsprüfung abgelegt und die erforderliche praktische Erfahrung erlangt zu haben. Dieses Szenario kann nunmehr ausgeschlossen werden. Wir sind alle naturgemäß erleichtert“, so Frömmel.

Im freien Gewerbe ist künftig das Hinüberarbeiten bis maximal 30 Prozent des Jahresumsatzes zulässig. Das ist ein deutliches Entgegenkommen an die Befürworter einer Gewerbe-Liberalisierung. Ob mit der Ausweitung der Nebenrechte tatsächlich der Wettbewerb positiv angeregt wird, oder doch eher die Qualität der Ausführung leidet, werde die Zukunft zeigen.

Erfahrungen aus der Praxis ernst nehmen
Die Diskussion um die Gewerbeordnungsnovelle hat gezeigt: Argumente rund um die Sinnhaftigkeit von reglementierten Gewerben werden oftmals reflexartig als Wahrung von Eigeninteressen und zünftlerischem Denken der Interessenvertreter abqualifiziert. „Tatsächlich aber kommen diese Argumente aus der Praxis, sind sachlich begründet und gewährleisten Qualität und Sicherheit. Hier hätten wir uns schon mehr Sachlichkeit in der öffentlichen Debatte gewünscht“, so Frömmel abschließend.

 

 

 

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