Ineke Hans: Was ist Loos?

 

erstellt am
31. 08. 17
13:00 MEZ

Ausstellung in der Kunsthalle Wien von 28. September bis 12. November 2017
Wien (kunsthalle) - Mit Was ist Loos? präsentiert die Kunsthalle Wien die erste institutionelle Einzelausstellung der Designerin Ineke Hans in Österreich. Die Designobjekte und Möbelentwürfe der Niederländerin entstehen als Antworten auf konkrete Bedürfnisse an Raum, Funktion und Interaktion. Faltbare Stühle, multifunktionale (monochrome) Tische, grafische Muster, ungewöhnliche Materialien sowie spielerische Formen und Farben - Ineke Hans' Designs zeichnen sich mehr durch einen zeitgemäßen wie humorvollen Umgang mit den Herausforderungen gegenwärtigen Wohnens und Arbeitens aus als durch einen charakteristischen Stil.

Der Titel der Ausstellung verknüpft die Frage nach zeitgemäßer Gestaltung mit einer Anspielung auf den stilprägenden österreichischen Architekten und Kritiker Adolf Loos. Das Denken Loos' beeinflusste die Entwicklung der modernen Architektur und des Möbeldesigns auch deshalb maßgeblich, weil er öffentlich als Kommentator seiner Zeit auftrat. Nicht ohne Übertreibung übte er Kritik an bestehenden ökonomischen wie gesellschaftlichen Verhältnissen und stellte dabei Forderungen in Bezug auf Gestaltung auf, die eine radikal neue Epoche einleiten sollten.

In der Ausstellung Was ist Loos? wirft Ineke Hans einen Blick auf den Status quo des internationalen Designs sowie auf dessen Verknüpfung mit Fragen des
aktuellen Zeitgeschehens und Alltagslebens. Dabei spricht sie DesignerInnen eine gesellschaftspolitische Verantwortung zu, gegenwärtige Problemstellungen in der eigenen Arbeit zu berücksichtigen.

Was ist Loos? wird jüngere Arbeiten von Ineke Hans unter drei thematischen Schwerpunkten zeigen, die sich mit globalen Entwicklungen auseinandersetzen. Dabei werden Produktionsmethoden ebenso angesprochen wie die zunehmende Digitalisierung und die Verknappung von Ressourcen und Wohnraum.

Exemplarisch für letztere stehen zwei für die Ausstellung entwickelte Designobjekte: ein gemeinsam mit Gebrüder Thonet Vienna produzierter Stuhl sowie der Entwurf eines Tisches, der über eine Online-Plattform verfügbar ist.

Das im 19. Jahrhundert für seine Möbel aus gebogenen Holz berühmt gewordene Unternehmen Thonet arbeitete immer wieder mit bedeutenden österreichischen Künstlern, Architekten oder Kunsthandwerkern wie Otto Wagner, Josef Hoffmann und Koloman Moser zusammen. Adolf Loos gestaltete gemeinsam mit Thonet den zur Ikone gewordenen Kaffeehausstuhl für das gegenüber der Kunsthalle Wien Karlsplatz gelegene Café Museum. Ineke Hans' Interesse für konventionelle wie innovative Produktionsmethoden und die regionalen Eigenheiten innerhalb der Designgeschichte spiegeln sich in ihrer Gestaltung des neuen Stuhls wider. Sie greift die Bugholz-Technik von Thonet auf und verbindet diese mit der Praktikabilität von stapelbaren Stühlen, die für Konferenzen und Veranstaltungen genutzt werden können. Als Kunsthalle Wien Chair bleibt der Stuhl mit dem Ort seiner Entstehung verbunden.

Mit dem Instant Desk reagiert Ineke Hans auf den Einfluss von digitalen Technologien und globaler Vernetzung auf die Möbelproduktion. Als digitale Datei kann das Design über die Online-Plattform Opendesk weltweit bezogen und lokal von kooperierenden Produzenten hergestellt werden. Die Plattform gibt einerseits DesignerInnen neue Möglichkeiten der globalen Distribution ihrer Entwürfe und fördert andererseits die lokale Produktion vor Ort.

Neben den neuentwickelten Arbeiten zeigt Ineke Hans eine Auswahl an existierenden Möbelstücken und Objekten, welche sich wandelnde gesellschaftliche Bedingungen für die Designwirtschaft, -produktion und -entwicklung aufzeigen bzw. darauf reagieren.

Der Bereich Making and Making Sense thematisiert Produktionsmethoden, von traditionell gefertigten Objekten über industrielle Verfahren bis zu innovativen Herstellungsweisen. Ineke Hans stellt Fragen danach, was, warum und vor allem wie produziert wird. Durch die Massenproduktion ist vielmals auch das Wissen über traditionelle Produktionsmethoden und Materialien verlorengegangen, welches in einem zeitgenössischen Kontext wieder sinnstiftend eingesetzt werden kann. Ineke Hans geht es dabei um die sinnvolle und sozial engagierte Auseinandersetzung mit verfügbaren Methoden der Herstellung, die über die grundlegende Frage nach Funktion und Stil hinausgehen.

Dealing with the Digital setzt sich mit der zunehmenden Digitalisierung unserer Lebenswelten auseinander. Dies betrifft zum einen unseren Alltag, der durch eine omnipräsente Vernetzung mit dem Internet geprägt ist, zum anderen aber auch Möglichkeiten der technologischen Innovation sowie Online-Distribution und Marketing von Ideen und Entwürfen. In einer nachindustriellen Gesellschaft ist die Verfügbarkeit theoretischen Wissens wichtiger geworden, welches sich über das Internet einfacher denn je teilen lässt. Kooperation und Austausch erlangen neue Bedeutung. Gleichzeitig führt die ständige Erreichbarkeit von Personen auch zur Verschiebung von Arbeits- und Privatleben. Eine von Mobilität und Flexibilität geprägte Lebensführung verändert den Anspruch an Gebrauchsgegenstände.

Heute sind oftmals Multifunktionalität und Hybridität von entscheidender Bedeutung.
Das Thema Less beschäftigt sich mit der Verknappung von Ressourcen. Dabei sind sowohl natürlich vorkommende Ressourcen als Ausgangmaterial für die Produktion gemeint als auch die Ressource Wohnraum. Entwicklungen hinsichtlich Klima und Umwelt verlangen ökologisch verträgliche Produktionen und nachhaltige Nutzung. Recycling und die Reduktion von Abfall rücken in den Fokus. Verstädterung trägt zur Verdichtung von urbanen Gebieten bei und lässt Wohnraum verknappen.

Mit dem Rückgang der Quantität des Raum werden Aspekte wie Qualität und Aneignung von öffentlichem Raum als Raum der Gemeinschaft wieder wichtiger. Im Gegensatz zum monofunktionalen Bauen der Moderne geht es heute um kollektiv nutzbare Räume und hybride Objekte. Indem sie unsere Wohn-, Arbeits- und öffentlichen Räume strukturieren, können funktionale Objekte und Einrichtungsgegenstände soziale Situationen mitgestalten.

Diese drei Themen sind auf das Engste miteinander verknüpft und demonstrieren die Herausforderungen, denen Design heute gegenübersteht. Mit ihren Entwürfen reagiert Ineke Hans auf gesellschaftliche Bedürfnisse und entwickelt Objekte, die in ihrer Funktionalität soziale Dimensionen einbeziehen. Was ist Loos? zeigt Objekte, die als gestalterische Lösungen für aktuelle Anforderungen gelesen werden können.

Ineke Hans wurde 1966 geboren und lebt und arbeitet in London. Sie studierte Produkt- und Möbeldesign in Arnhem und London. 1998 gründete sie ihr erstes Designbüro im niederländischen Arnhem. Darauf folgte 2015 die Gründung des Studio/Salons in London. Gemeinsam mit anderen DesignerInnen, TheoretikerInnen, ProduzentIinnen, KuratorInnen, HändlerInnen und anderen AkteurInnen im Designfeld befasst sie sich dort mit der Zukunft des Designs und der sich wandelnden Rolle von DesignerInnen.

Kuratorin: Juliane Bischoff

Publikation
Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit Beiträgen von Bart Lootsma, Professor für Architektur an der Universität Innsbruck; Deyan Sudjic, Direktor des Londoner Design Museums sowie Oliver Stratford, Chefredakteur des in London ansässigen Disegno Magazins. Gestaltet wird die Publikation von der Niederländerin Irma Boom.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.kunsthallewien.at

 

 

 

 

 

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