Politik bleibt ein Handwerk

 

erstellt am
06. 12. 17
13:00 MEZ

Markus Hengstschläger sprach mit Rainer Nowak, dem Chefredakteur der Tageszeitung „Die Presse“, über Politik als Event, Quereinsteiger, Medien und Falschnachrichten.
Linz (academia superior) - Passend zu den aktuellen Koalitionsgesprächen auf Bundesebene holte sich die ACADEMIA SUPERIOR – Gesellschaft für Zukunftsforschung – am Abend das 4. Dezember mit Chefredakteur Rainer Nowak 21 Jahre journalistische Innenpolitik-Erfahrung nach Linz. Nowak diskutierte mit Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger, dem Wissenschaftlichen Leiter von ACADEMIA SUPERIOR unter anderem über die Zukunft der Demokratie. Für LH-Stv. Dr. Michael Strugl, der als Obmann des Think Tanks zum Abend eingeladen hatte, hat das Thema große Bedeutung: „Wir leben in einer Zeit, in der sich vieles für die Politik und den Journalismus verändert. Ich habe ein wenig die Sorge, dass die Qualitätsinformationen in den Medien in Zukunft verschwinden könnten. Was diese Entwicklung sowie soziale Medien und künstliche Intelligenz für unsere Demokratie bedeuten, wissen wir einfach noch nicht. Deshalb reden wir jetzt schon über diese Themen“.

Mit dem Unpopulären starten
„Welche Reformen wird die neue Regierung als erstes angehen?“ wollte Markus Hengstschläger wissen. „Das kann man nicht genau sagen. Aber eine Regierung sollte am Beginn ihrer Periode mit den unpopulären und nötigen Maßnahmen starten, um sich so Spielräume für später zu schaffen. Daher wird man wohl zuerst versuchen, die Ausgaben im Bund zu bremsen“, meinte Nowak. Persönlich zeigte sich er sich von einer Föderalismusreform nach Schweizer Vorbild angetan: Mehr Kompetenzen, aber auch mehr Verantwortung für die Bundesländer – und mehr direkte Demokratie. „Aber das wird kaum realisierbar sein“, zeigte sich der Chefredakteur skeptisch.

Quereinsteiger in der Politik
Auf die Frage von Hengstschläger, was er von politischen Quereinsteigern halte, kam die klare Antwort: „Quereinsteiger funktionieren selten gut. Oft wird übersehen, dass Politik einfach auch ein Handwerk ist, das man erlernen muss“. Andererseits gäbe es auch immer wieder positive Beispiele: „Leute, die einfach das richtige Gespür für Politik haben, sind in diesem Metier dann auch erfolgreich“, meinte Nowak.

Politik als Event
Oft hatte man im vergangenen Wahlkampf gehört, dass die Politik immer mehr zum populistischen Event werde. Nowak sah das aus seiner Jahrzehntelangen Erfahrung heraus entspannt: „Auch früher waren manche Politiker fast so etwas wie Superstars“, verwies Nowak auf Bruno Kreisky, „oder sie versuchten, wie Hannes Androsch, sich als Top-Manager aus der Wirtschaft zu stilisieren“. Aber laut Nowak ist es gleich, ob die Politik Events inszeniert oder nicht: „Die Geschichte muss stimmen. Wenn die Geschichte zur Person passt, dann funktioniert es und es ist egal, ob man Eventpolitik macht oder nicht“.

Medien und Demokratie
Die Rolle der Medien im demokratischen Prozess ist zentral. Ein neuer Trend ist jedoch, dass der bewusste Medienkonsum abnimmt: „Immer mehr Leute warten, bis die Nachrichten sie in ihren Facebook-Stream von selbst erreichen, lesen keine Zeitungen oder schauen keine Nachrichten mehr“, zeigte sich Nowak besorgt und meinte weiter: „Oft werden dann noch dazu Geschichten nur kurz angelesen und dann sofort geteilt. So verbreiten sich Falschnachrichten oder einfach alte Geschichten immer wieder“. Markus Hengstschläger wollte wissen, was dagegen getan werden könne. „Wenn man seinen Nachrichtenkonsum nach etablierten ‚Medien-Marken‘ ausrichtet, hilft das bei der Orientierung“, war Nowaks Antwort. Man dürfe einfach nicht jede Nachrichtenquelle als seriös betrachten.

Generell stehe der qualitative Journalismus vor einem großen Problem, da die Einkünfte wegbrechen. „Wenn da nicht irgendwie gegengesteuert wird, dann wird es in 10 bis 20 Jahren keine guten Fachjournalisten mehr geben“, prognostizierte Nowak. Es wird in Zukunft sicher neue Technologien geben, neue Kanäle, mit denen berichtet werden kann. Aber der Journalismus werde der Journalismus bleiben. Der einzelne Journalist müsse aber in Zukunft immer mehr Felder beherrschen: „Schon heute muss man für Print schreiben, für Online, muss Videos machen, Soziale Medien bedienen – das wird in Zukunft noch mehr werden“, so der Presse-Chefredakteur.

Dem DIALOG im Südflügel des Linzer Schlosses folgten 400 Besucherinnen und Besucher, darunter Persönlichkeiten wie der ehemalige Staatssekretär Helmut Kukacka, Landespolizeidirektor-Stv. Dr. Alois Lißl, Caritas-Linz-Direktor Franz Kehrer, Kornspitz-Erfinder Peter Augendopler, Efko-CEO Klaus Hraby und Fronius-Aufsichtsrat Klaus Fronius.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.academia-superior.at

 

 

 

 

 

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