Die Kfz-Industrie beendete 2017 mit einem Produktionsplus von vorläufig 2 Prozent und
mit einem um 4 Prozent höheren Umsatz von rund 16 Milliarden Euro
Wien (bank austria) - Österreichs Kfz-Industrie konnte 2017 die Produktionseinbußen der ersten
Jahreshälfte ausgleichen und das Jahr mit einem Produktionsplus von vorläufig 2 Prozent beenden. Der
Branchenumsatz stieg um etwa 4 Prozent auf rund 16 Milliarden Euro. „Angetrieben von den stark gestiegenen Auftragseingängen
einzelner Unternehmen und weiterer Nachfragezuwächse vor allem von Seiten deutscher Hersteller sollte die
Kfz-Industrie wieder zum Wachstumsmotor der heimischen Industrie werden“, analysiert UniCredit Ökonom Günter
Wolf.
Kurze Wachstumsbremse 2017 wird 2018 wieder aufgeholt
2017 konnte sich Österreichs Kfz-Industrie der Verlangsamung der Autoproduktion in Europa, die für einen
wesentlichen Teil der Nachfrage der heimischen Zulieferer verantwortlich ist, nicht ganz entziehen. Die Branche
hat besonders unter den rückläufigen Absatzzahlen von Dieselfahrzeugen in Europa gelitten. Bis Oktober
2017 sind die Exporte von Kfz-Motoren und Motorteilen um 2,2 Prozent gesunken. Das Minus, das großteils vom
Exportrückgang mit Dieselmotoren von fast 10 Prozent stammt, konnte durch die Exportzuwächse mit Ottomotoren
nur zum Teil ausgeglichen werden. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr wurden 2017 Kfz-Motoren und Motorteile im Wert
von 4,8 Milliarden Euro exportiert, davon Dieselmotoren im Wert von 2,2 Milliarden Euro.
„Die heimische Kfz-Industrie erzielte 2017 trotz der Nachfrageausfälle bei Dieselfahrzeugen bis Oktober einen
Exportzuwachs von über 6 Prozent. Damit lag das Ergebnis über dem langjährigen Durchschnitt von
plus 5 Prozent der letzten zwanzig Jahre. Darüber hinaus ist dieser Exportzuwachs ein weiterer Beleg der hohen
Konkurrenzfähigkeit der Branche“, sagt Wolf. Die höheren Exporteinnahmen wurden mit sonstigen Kfz-Teilen
und fertigen Kraftfahrzeugen erzielt, die, hochgerechnet auf das Gesamtjahr 2017, in Summe rund 11,6 Milliarden
Euro zur österreichischen Exportrechnung beitrugen.
Die Aussichten für die Autoindustrie für die nächsten Jahre sind in allen großen westlichen
Herstellerländern gedämpft, wobei sich die Zuwächse der Autoproduktion in Westeuropa von durchschnittlich
3 Prozent in den letzten vier Jahren auf durchschnittlich 1 Prozent im Jahr verringern werden. Der Verband der
deutschen Autoindustrie rechnet für seine Mitgliedsunternehmen zumindest 2018 noch mit einem Produktionsplus
von 2 Prozent, die Premiumhersteller zum Teil mit deutlich höheren Wachstumsraten.
Entgegen dem westeuropäischen Trend in der Kfz-Erzeugung sollte sich das Branchenwachstum in Österreich
2018 beschleunigen. Dafür spricht das Naheverhältnis zur relativ erfolgreichen deutschen Branche und
vor allem das sehr hohe Beschäftigungsplus von 11,5 Prozent 2017 auf rund 36.000 Beschäftigte zu Jahresende.
Die stark gestiegene Zahl neuer Arbeitsplätze ist vor allem dem Kapazitätsausbau einzelner Unternehmen
geschuldet und ein Hinweis auf gefüllte Auftragsbücher sowie einen bevorstehenden Produktionsanstieg
in der Pkw-Erzeugung. Die Kfz-Industrie sollte 2018 wieder ihre Wachstumsvorreiterrolle in der Industrie übernehmen.
Kfz-Zulieferstandort Österreich ist gut positioniert
Die bevorstehenden Veränderungen in der Autoindustrie werden an der heimischen Branche nicht spurlos vorübergehen.
Auf längere Sicht sind vor allem Jobs in der Herstellung von Dieselantrieben gefährdet und kurzfristig
bedroht ein „harter“ Brexit aufgrund möglicher Absatzeinbußen in Großbritannien und steigender
Kosten infolge von Importzöllen die Autoindustrie in Deutschland und damit indirekt auch in Österreich.
Letztendlich werden die Autohersteller und ihre Tier-1-Zulieferer in Europa aufgrund vorhandener Überschusskapazitäten
vermutlich noch einzelne Werke schließen. Dennoch sind tiefe Einschnitte mit stärkeren Arbeitsplatzverlusten
in der deutschen beziehungsweise österreichischen Kfz-Industrie unwahrscheinlich. Beide Branchen sollten sich
auch in Zukunft mit neuen Modellen und technischen Innovationen, wie der Umrüstung ihrer Flotte auf alternative
Antriebe, eine wirtschaftlich nachhaltige Auslastung sichern können.
Grundsätzlich sind die Perspektiven von Kfz-Zulieferern positiv, da sie den Fahrzeugherstellern Kostensparpotenziale
vor allem über Skalenerträge eröffnen, die besonders im Premiumsegment aufgrund kleinerer Produktionszahlen
schwer zu realisieren sind. Zudem wachsen mit dem Innovationsdruck die Ausgaben für Forschung und Produktentwicklung,
weshalb die Autohersteller wahrscheinlich noch mehr Produktionsschritte an ihre Produktionspartner abgeben werden.
Österreichs Kfz-Industrie beweist mit den langfristigen Erfolgen im Export ihre Wettbewerbsstärke. „Obwohl
in Österreich kein Autohersteller angesiedelt ist, konnten mit den Exporteinnahmen der Kfz-Industrie von 2002
bis 2015 die Kfz-Importrechnung vollständig gedeckt werden. Erst in den letzten zwei Jahren ist die Bilanz
aufgrund der stark gestiegenen Autoimporte wieder ins Minus gerutscht. Auf Basis der Zahlen der ersten zehn Monate
wurden 2017 Kfz und Kfz-Teile im Wert von 16,4 Milliarden Euro aus Österreich exportiert und um 17,6 Milliarden
Euro importiert“, sagt Wolf.
Die Stärke der Branche beruht auf ihrem Produktivitätsvorsprung im europäischen Branchenumfeld.
Die Unternehmen können damit die Belastung durch den hohen Personalaufwand kompensieren. Ein Arbeitsplatz
kostet in der Kfz-Industrie in Österreich im Durchschnitt 63.000 Euro, im EU-Schnitt nur 51.000 Euro. Den
Produktivitätsvorsprung sichern sich die Unternehmen mit hohen Innovationsausgaben. Österreichs Kfz-Industrie
zählt seit Jahren zu den innovativsten in Europa, gemessen daran, dass drei Viertel der Unternehmen im Sinne
der Europäischen Innovationserhebung „innovationsaktiv“ sind. Eine Grundlage ihrer Innovationskraft sind überdurchschnittlich
hohe Forschungsausgaben von im Schnitt 3,5 Prozent des Umsatzes. Im europäischen Vergleich sind es 3 Prozent.
|