Kickl strebt Paradigmenwechsel in
 der EU-Migrations- und Asylpolitik an

 

erstellt am
08. 03. 18
13:00 MEZ

Innenminister plädiert für eine stärkere Einbindung der BürgerInnen im Rahmen der Sicherheitspolitik
Wien (pk) - Innenminister Herbert Kickl strebt einen Paradigmenwechsel in der europäischen Migrations- und Asylpolitik an. Europäische Solidarität will er nicht mehr als ein System der Flüchtlingsverteilung unter den einzelnen Mitgliedstaaten verstanden wissen, vielmehr sieht er die europäische Solidarität beim Schutz der Außengrenzen gefordert. Dies habe er auch im Rahmen des letzten Treffens der EU-Innenminister zu verstehen gegeben, betonte er am 7. März gegenüber den Mitgliedern des Innenausschusses im Rahmen der Diskussion über aktuelle EU-Vorhaben.

Zielrichtung in der europäischen Asyl- und Migrationspolitik müsse in erster Linie die Prävention sein, so Kickl. Konkret bedeute dies, die EU-Außengrenzen zu sichern, Schleppern das Handwerk zu legen und Fluchtbewegungen hintanzuhalten. Derzeit werde auch intensiv mit Drittstaaten über Rückführungsabkommen verhandelt, sagte er und sprach sich im Sinne einer Migrationsdiplomatie für einen Gesamtansatz aus, um geordnete Strukturen zu schaffen und die ausverhandelten Regelungen dann auch operativ durchführen zu können. Alles andere wäre nur Reparatur, stellte er fest. Erst dann könne man über legale Möglichkeiten der Migration in die Europäische Union nachdenken, betonte der Minister. Keinesfalls will er das nationale Steuerungsinstrument aus der Hand geben, solange es kein funktionierendes EU-System gibt.

Kickl machte klar, dass sich eine Situation wie 2015/16 nicht wiederholen dürfe. Die Botschaft der damaligen Ereignisse sei jene eines Steuerungsverlustes der politischen Verantwortungsträger gewesen, was zu einem enormen Schaden auch in der EU geführt habe. Das europäische Asylsystem gleicht in den Augen Kickls mehr einer Baustelle als einem Bauwerk. Um wieder mehr Vertrauen gewinnen zu können, müsse daher in Zukunft die Migrationspolitik von der Bevölkerung mitgetragen werden. Als einen wesentlichen Punkt dabei sieht der Innenminister die Notwendigkeit, klar zwischen Migration und Asyl zu trennen, denn gerade in diesem Bereich seien über Jahre hindurch chaotische Zustände eingerissen. Der Ressortchef lehnt zudem zusätzliche Belastungen der Staaten ab und merkte an, dass Österreich bereits einen sehr hohen Beitrag bei der Aufnahme von Flüchtlingen geleistet habe.

Beim Schutz der EU-Außengrenzen kann sich Bundesminister Kickl eine Kooperation zwischen zivilen und militärischen Einheiten vorstellen. Der Assistenzeinsatz an der österreichischen Grenze sei durchaus ein Modell dafür. Sympathie zeigte Kickl auch für die Idee Frankreichs, eine europäische Grenzschutzpolizei auf den Weg zu bringen. Er plädierte zudem für eine weitere Stärkung von Frontex und betonte, dass die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache heute eine ganz andere Rolle spiele als noch vor einigen Jahren, vor allem im Zusammenhang mit der Rückführung von Flüchtlingen.

Kickl: Eine Europäische Sicherheitsunion muss bürgernah sein
Der Innenminister begrüßt vor allem die Bemühungen der EU um eine bürgernahe und krisenfeste europäische Sicherheitsunion. Wesentlich ist für ihn, eine europäische Polizeikultur zu schaffen, die von mehr Bürgernähe geprägt ist. Österreich sei dabei mit seinem Projekt "Gemeinsam sicher" beispielgebend. Sicherheit sei kein eindimensionaler Prozess, sondern müsse vielmehr die Bürgerinnen und Bürger einbinden, unterstrich er.

Aus diesem Grund drängt Österreich auch darauf, den Prozess der Nachhaltigkeit in der europäischen Sicherheitspolitik voranzutreiben, denn innere und äußere Sicherheit seien untrennbar miteinander verbunden. Man spreche in diesem Zusammenhang daher auch vom "Wiener Prozess", der eine möglichst akkordierte Vorgangsweise vorsehe, informierte der Minister. Das Programm laufe aktuell bis 2020 und man versuche, dieses bis 2022 zu verlängern. Dazu werde es im April auch eine Konferenz in Bulgarien geben, kündigte Kickl an. Österreich sehe sich dabei vor allem als Brückenbauer - einerseits zwischen den Mitgliedstaaten, andererseits aber auch zwischen den Mitgliedstaaten und den Institutionen, zwischen den nationalen Behörden und den EU-Agenturen sowie zwischen den EU-Staaten und Drittstaaten.

Als wesentliche Zielrichtungen bei der inneren Sicherheit bezeichnete Kickl den Kampf gegen extremistische Bedrohungen und die Terrorismusbekämpfung. Er befürwortet daher eine Verbesserung des Datenaustausches und eine engere Zusammenarbeit innerhalb der Union. Als präventive Maßnahme hält er eine offensive Kommunikation über die Werte für notwendig, auf die es in Österreich und Europa ankommt. In der Vergangenheit ortet Kickl diesbezüglich eher eine Rückzugsstrategie.

Der Innenminister reagierte mit diesen Ausführungen auf die vielfältigen Fragen der Abgeordneten Karl Mahrer (ÖVP), Reinhold Einwallner, Rudolf Plessl, Angela Lueger (alle SPÖ), Walter Rosenkranz (FPÖ) und Alma Zadic (PILZ).

Der Bericht des Innenministers über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Demnach stehen vor allem die Bekämpfung von Terrorismus, eine gemeinsame Asylpolitik und die bessere Steuerung von Migration weiter ganz oben auf der Agenda der Europäischen Union. Aktuell ist unter anderem geplant, ein neues Ein- und Ausreise-Informationssystem einzurichten und bestehende Datenbanken besser zu vernetzen. Auch über ein gemeinsames Asylverfahren und die Reform der "Blauen Karte" für hochqualifizierte Arbeitskräfte aus Drittländern wird weiter verhandelt. Kickl machte in diesem Zusammenhang klar, dass das heimische System der Rot-Weiß-Rot-Karte aufrechterhalten bleiben muss.

Österreich steht in vielen Bereichen grundsätzlich hinter den Plänen der EU-Kommission, nicht alle Einzelvorschläge werden aber gutgeheißen.

 

 

 

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