"Flugsimulator" ins Gehirn begeistert Neurochirurgen

 

erstellt am
22. 03. 18
13:00 MEZ

Operationssimulator des Kepler Universitätsklinikums Linz verbessert die Qualität der neurochorurgischen Ausbildung und die Patientensicherheit
Linz (pr&d) - Ein hochmoderner Simulator für spezielle Gehirn-OPs stößt auf überwältigende Zustimmung bei erfahrenen Neurochirurginnen und -chirurgen. Dies zeigt ein soeben beendeter Praxistest an der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Kepler Universitätsklinikum Linz. Das Gerät erlaubt erstmals die Simulation komplizierter Behandlungen gefährlicher Arterienerweiterungen unter realitätsnahen Bedingungen. Dies könnte einen wesentlichen Beitrag zur praxisnahen Schulung von Neurochirurginnen und -chirurgen für diese herausfordernden Operationen leisten. Die Ergebnisse wurden nun im internationalen Journal World Neurosurgery veröffentlicht.

Nicht nur Piloten müssen ihr "Arbeitswerkzeug" punktgenau platzieren, auch in der Neurochirurgie entscheidet Präzision über Leben oder Tod. Das Trainieren der benötigten Skills sollte in beiden Fällen aber möglichst ohne Risiko erfolgen. Für Neurochirurginnen und -chirurgen wurde daher jetzt ein leistungsfähiger Simulator an der Universitätsklinik für Neurochirurgie am Kepler Universitätsklinikum Linz entwickelt und von Profis getestet.

Gefühlvolle Innovation
Der Vorstand der Universitätsklinik für Neurochirurgie, Prof. Andreas Gruber, kommentiert den erfolgversprechenden Simulator, der in enger Zusammenarbeit von Expertinnen und Experten aus Neurowissenschaft und Software-Engineering entwickelt wurde, so: "Diese Kooperation ermöglichte erstmals, wirklich lebensechte Bewegungen der Arterienwände sowie den wahren Blutfluss zu simulieren. Beide Aspekte sind für den Erfolg der Behandlung von Aneurysmen, also von gefährlichen Arterienerweiterungen, wesentliche Kriterien. Denn während das korrekte Ansetzen der chirurgisch erforderlichen Clips von der Wandbewegung wesentlich beeinflusst wird, ist die Veränderung des Blutflusses eine wichtige Informationsquelle über den Erfolg der OP."

Doch die Innovation der Simulation an der Universitätsklinik für Neurochirurgie geht noch deutlich weiter: Es können die tatsächlich im OP verwendeten Instrumenten eingesetzt und so eine bis dato unerreichte Realitätsnähe erzielt werden. Aber auch das ist noch nicht alles, denn der Simulator verfügt sogar über Echtzeit-Technologie. Dies bedeutet, dass die Begegnung zwischen dem OP-Instrument und der Gefäßwand ohne Verzögerung berechnet wird - und so den exakten Zeitabläufen einer echten OP entspricht. Dazu Prof. Gruber: "Dies erlaubt, dass die Chirurginnen und -chirurgen unter realitätsnahen Bedingungen lernen können. Nur so können sie entscheidende Fertigkeiten wie Auge-Hand-Koordination, Tiefenwahrnehmung und taktile Unterscheidungsfähigkeit schulen und perfektionieren."

Praktische Evaluation
Jetzt wurde der Simulator erstmals von versierten Neurochirurginnen und -chirurgen mit durchschnittlich über 14 Jahren Berufserfahrung getestet. Dabei dienten den Medizinerinnen und Medizinern Daten von tatsächlich ausgeführten Operationen als Grundlage der Simulation. Dies erlaubte anschließend einen Vergleich des tatsächlich erzielten Operationserfolges mit den Ergebnissen der simulierten OP. Nach Nutzung des Geräts berichten 89% von ihnen über ein verbessertes anatomisches Verständnis - und 94% wollen die Übung am Simulator sogar in die neurochirurgische Ausbildung integriert wissen.

Das Software-System für die virtuellen Aneurysmen-OPs wird seit dem Jahr 2012 von der Universitätsklinik für Neurochirurgie gemeinsam mit der RISC Software GmbH Hagenberg und dem Institut für Neuroradiologie am Kepler Universitätsklinikum entwickelt. Die Herausforderung für die Partner ist vor allem das Erzielen einer möglichst großen Realitätsnähe bei gleichzeitig möglichst kleinem Rechenaufwand. Denn zum einen ist ein anspruchsvolles mathematisches Modell für die Darstellung des Gefäßwandverhaltens notwendig, zum anderen sollen die Berechnungen aber in Echtzeit erfolgen und es damit ermöglichen, einen realistischen OP-Verlauf darzustellen. Durch die Verwendung spezieller Methoden und Algorithmen sowie geschickter Aufteilung verfügbarer Prozessorleistungen gelang es dem Team, die verschiedenen Anforderungen zu meistern.

Wegweisende Simulation
Diese international publizierte Arbeit demonstriert einmal mehr den Wert, den Österreichs größte Universitätsklinik für Neurochirurgie auf wohl erprobte Innovationen für den Klinikalltag legt. Denn, so das Ziel, die Simulation der Aneurysmen-OP soll zukünftig sowohl in der Aus- und Weiterbildung als auch in der präoperativen Planung seinen Einsatz finden.

Über die Universitätsklinik für Neurochirurgie am Kepler Universitätsklinikum
Die Klinik ist die größte neurochirurgische Universitätsklinik in Österreich und kann Patientinnen und Patienten das gesamte Spektrum der neurochirurgischen Diagnostik und Therapie offerieren. Sie bietet auf einer interdisziplinär geführten neurologisch-neurochirurgischen Akutnachsorge-Station Therapieplätze zur Früh-Remobilisation an. Pro Jahr werden 3.600 Patientinnen und Patienten stationär mit einer durchschnittlichen Liegezeit von 6,14 Tagen versorgt. Ambulant sind jährlich 12.700 Frequenzen zu verzeichnen. In fünf Operationssälen werden rund 2.600 Operationen jährlich durchgeführt.

Originalpublikation: Virtual Cerebral Aneurysm Clipping with Real-Time Haptic Force Feedback in Neurosurgical Education. M. Gmeiner, J. Dirnberger, W. Fenz, M. Gollwitzer, G. Wurm, J. Trenkler, A. Gruber. World Neurosurg. 2018 Jan 11, pii: S1878-8750(18)30082-2. doi: 10.1016/j.wneu.2018.01.042.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://kepleruniklinikum.at/

 

 

 

 

 

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