100 Jahre Republik

 

erstellt am
10. 04. 18
13:00 MEZ

Schloss Eckartsau – das letzte Schloss des Kaisers in der Wildnis
Eckartsau/Perchtoldsdorf (bundesforste) - Das letzte Kapitel der Donaumonarchie wurde in den Räumen eines Jagdschlosses geschrieben, das mitten in den Donauauen zwischen Wien und Bratislava liegt: Schloss Eckartsau. Hier fand Kaiser Karl I. im Jahr 1918 seine letzte Zufluchtsstätte vor dem Exil, hier unterzeichnete er die Verzichtserklärung für die ungarische Reichshälfte. Der Christian Brandstätter Verlag und die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) bringen anlässlich des Gedenkjahres „100 Jahre Republik“ nun das erste Buch über dieses verborgene Kleinod in der Wildnis heraus. „Mit Rudolf I. und der Schlacht bei Dürnkrut begann der Aufstieg der Habsburger, mehr als 600 Jahre später ging die Ära der Donaumonarchie unter Karl I. in Schloss Eckartsau für immer zu Ende“, unterstreicht Rudolf Freidhager, Vorstand der Österreichischen Bundesforste, die historische Bedeutung des ehemaligen Jagdschlosses im Marchfeld, das heute in der Obhut der Bundesforste steht. „In den Novembertagen des Jahres 1918 wurde im Schloss Geschichte geschrieben, Eckartsau wurde zum Schauplatz der Weltgeschichte.“

Ein Bildband mit aufsehenerregenden Fotos zeigt nun die Schönheiten dieses vergessenen Barockjuwels, das heute als Geheimtipp unter den Ausflugszielen zwischen Wien und Bratislava gilt. „Der Name des Schlosses ist mit vielen prominenten Persönlichkeiten wie Kaiserin Maria Theresia oder Erzherzog Franz Ferdinand verbunden“, weiß Verleger Nikolas Brandstätter, „das Buch erzählt zum ersten Mal die spannende Geschichte dieser prachtvollen Anlage von den Anfängen an.“ Unter dem Titel „Schloss Eckartsau – Schicksalsschloss in der Wildnis“ wurde das Buch dieser Tage vorgestellt und ist ab sofort im Buchhandel erhältlich.

Jagddomizil als letzter Zufluchtsort
Man schrieb den 11. November 1918. Karl I. brach mit seiner Familie von Schloss Schönbrunn aus in eine ungewisse Zukunft auf. Ziel der Wagenkolonne, die Wien in östliche Richtung verließ, war Schloss Eckartsau, zuletzt Jagdsitz Franz Ferdinands. Das Schloss zählte – im Unterschied zu den Hauptresidenzen – zum Privatbesitz der Habsburger und bot wegen der Jagdmöglichkeiten Schutz vor drohendem Hunger. Nur wenige Stunden zuvor wurde in Wien unter turbulenten Umständen die Republik ausgerufen. Vier Jahre nach der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo war der Krieg für Österreich endgültig verloren, die Monarchie lag in Trümmern. In der Hoffnung auf eine politische Wende und ein Fortbestehen der Monarchie richtete sich der entthronte Kaiser mit Kaiserin Zita und Kindern auf einen längeren Aufenthalt in Schloss Eckartsau ein. Doch die Träume von der Fortsetzung der Monarchie wurden zerschlagen, vergeblich versuchte Kanzler Karl Renner ihn zur Abdankung zu überreden. Am 13. November 1918 schließlich traf eine Delegation aus Ungarn in Eckartsau ein und bewog Kaiser Karl I., auf eine ungarische Regierungsbeteiligung zu verzichten. Damit war das Ende der Monarchie endgültig besiegelt. Ein Faksimile der Verzichtserklärung ist heute noch in Schloss Eckartsau zu besichtigen. Im März 1919 begab sich die Kaiserfamilie zum nahe Eckartsau gelegenen Bahnhof Kopfstetten und trat von dort die Reise ins Exil an. Nach mehr als 600 Jahren ging die Ära der Donaumonarchie für immer zu Ende.

Prachtband mit Luftaufnahmen und einzigartigen Naturfotos
„Das Buch gewährt erstmals Einblicke in das Alltagsleben der Kaiserfamilie in den letzten Tagen der Monarchie“, so Brandstätter. Auf 144 Seiten erzählt der Prachtband die bewegte Geschichte dieses Barockschlosses, dessen Anfänge bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen. Ursprünglich als wehrhaftes Wasserschloss mit Zugbrücke errichtet, wurde es unter Graf Kinsky zum Barockjuwel ausgebaut, bevor es unter Maria Theresia und ihrem Gemahl Franz I. Stephan zum kaiserlichen Jagdschloss avancierte. Eine neuerliche Blüte erlebte Schloss Eckartsau unter dem österreichischen Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand, der dem Anwesen seine heutige Gestalt verlieh. Zahlreiche technische Errungenschaften gehen auf ihn zurück: ein Badezimmer mit großzügiger Einbauwanne und Dusche, eine Toilette mit Wasserspülung, der Prototyp eines Staubsaugers. Das Buch verwebt alte Fotografien, Luftaufnahmen, Schwarz-Weiß-Bilder und Fotos „hinter den Kulissen“ zu einer kunstvollen, kurzweiligen Melange über Schloss Eckartsau ergänzt von einzigartigen Naturaufnahmen aus Schlosspark und Auwäldern.

Geheimtipp zwischen Wien und Bratislava
Heute wird Schloss Eckartsau samt umliegenden Wäldern von den Bundesforsten betreut und dient als Sitz des ÖBf-Nationalparkbetriebs Donau-Auen. „Wir haben die Räumlichkeiten Schritt für Schritt restauriert und das Schloss für alle öffentlich zugänglich gemacht“, betont Rudolf Freidhager. „Allein in den letzten Jahren wurden rund 4 Millionen Euro investiert, jüngst wurde der festliche Stiegenaufgang unter Auflagen des Denkmalschutzes generalsaniert. Wir sehen uns als Bewahrer dieses historischen Juwels nicht zuletzt für die nächsten Generationen.“ Neben zahlreichen Veranstaltungen und der Sonderausstellung „Kaiser Karl I. und Zita im Schatten der Geschichte“ zum Gedenkjahr wird Schloss Eckartsau im September 2018 Austragungsort eines mehrtägigen Zeitgeschichte-Symposiums, bei der sich namhafte Zeithistoriker aus der ganzen Welt mit der Entwicklung von Demokratien heute beschäftigen verbunden mit der Fragestellung „Droht uns ein autoritäres Jahrhundert?“.

Schloss Eckartsau ist von April bis Oktober täglich geöffnet, der Schlosspark ist ganzjährig zugänglich.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.schlosseckartsau.at

 

 

 

 

 

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