Hofer räumt Ausbau der Schiene
im Budget oberste Priorität ein

 

erstellt am
19. 04. 18
13:00 MEZ

Koalition verweist auf hohe Investitionen in Infrastruktur, Opposition kritisiert Kürzungen
Wien (pk) - Der Zukunft des Verkehrs widmeten sich die Abgeordneten am 18. April im Rahmen der heutigen Nationalratssitzung zum Doppelbudget für 2018 und 2019. Minister Norbert Hofer stand den Abgeordneten dazu als Ressortchef des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) Rede und Antwort. Mitverhandelt mit den beiden Bundesfinanzgesetzen 2018 und 2019 wird auch der Bundesfinanzrahmen bis 2022.

Im Verkehrsbereich steht 2018 dem BMVIT ein Budget von 3,82 Mrd. € zur Verfügung, 2019 steigen die Mittel auf 4 Mrd. €. Im Vergleich dazu wurden 2017 laut vorläufigem Budgeterfolg rund 3,7 Mrd. € für Verkehr und Infrastruktur ausgegeben. Die Auszahlungsschwerpunkte des Verkehrsministeriums im Bereich Infrastruktur bilden die mehrjährigen Investitionsprogramme für Schiene (ÖBB und Privatbahnen) und Straße (ASFINAG).

Verkehr: Koalition verweist auf hohe Investitionen, Opposition sieht Einsparungen
SPÖ-Verkehrssprecher Alois Stöger ortete starke Kürzungen des Verkehrsbudgets, vor allem bei den ÖBB-Investitionen. Die Asfinag müsse heuer zusätzliche 100 Mio. € an Dividenden an den Finanzminister abführen, auch das sei Geld, das für die Umsetzung von wichtigen Projekten fehle. Das Einsparen bei den Investitionen bedeute auch den Verlust vom Arbeitsplätzen und eine Verstärkung von Mobilitätsarmut in Regionen, die schlecht an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden sind. Betroffene davon seien unter anderem Studierende, ältere Menschen und Personen mit geringen Einkommen, klagte Stöger. Mit den Kürzungen nehme die Regierung auch die Verschlechterung der Lebensqualität und weniger Verkehrssicherheit in Kauf, sie spare auch hier auf Kosten der Menschen.

Verkehrspolitik hat Einfluss auf viele Lebensbereiche, betonte Jörg Leichtfried (SPÖ). Der öffentliche Schienenverkehr sei dabei ein zentraler Faktor. Zweifellos werde in den nächsten Jahren viel in die Schiene investiert. Die vorherige Regierung hätte aber noch Pläne für weitere 1,8 Mrd. € gehabt, dieses Geld fehle nun für Projekte für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, kritisierte er. Leichfried sprach sich dafür aus, dem Bund eine gesetzliche Möglichkeit zu geben, auch in den Straßenbahnverkehr in Städten wie Graz und Linz zu investieren, da der Ausbau des öffentlichen Verkehrs in städtischen Ballungszentren viel Feinstaubelastung vermeiden würde. Die öffentlichen Verkehrsbetriebe vollbringen hohe Leistungen, sagte Leichtfried, wofür er den MitarbeiterInnen seinen Dank aussprechen wolle.

Erfreut zeigte sich Walter Bacher (SPÖ) über Hofers Plan zu Stadtseilbahnen. Das Verkehrsbudget gebe aber sonst wenig Grund zu Freude. "Dieses Budget ist gut für Schwarz und Blau und ihre GeneralsekretärInnen, aber schlecht für die ArbeitnehmerInnen in Österreich", sagte er. Im Bundesland Salzburg beispielsweise werde im Bereich Verkehr deutlich gekürzt. Minister Hofer ging konkret auf diesen Vorwurf ein und erwiderte mit einer Aufzählung mehrerer millionenschwerer Investitionsprogramme im Straßen- und Schienenbereich in Salzburg.

Deutliche Einsparungen im Verkehrsbudget sah Dietmar Keck (SPÖ) beim ÖBB-Rahmenplan. Diese Reduktion treffe vor allem das Bundesland Niederösterreich, stimmte er mit Melanie Erasim (SPÖ) überein. Der Rückgang an Investitionen gefährde Arbeitsplätze, warf Keck dem Minister vor. Aus der Sicht der PendlerInnen sei das Budget ein Hohn, formulierte Erasim. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist für sie ein Kernelement einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Die Frage des Mitteleinsatzes im Verkehrsbudget stellte Maximilian Unterrainer (SPÖ) in den Raum. Bei Projekten, die von der EU kofinanziert werden, wie etwa dem Brenner Basistunnel, sei Österreich zur Umsetzung verpflichtet. In Hinblick auf den kommenden Brexit dürfe man derartige Verkehrsprojekte nicht aufschieben, mahnte Unterrainer. Bauverzögerungen würden auch zu immer höheren Kosten führen.

NEOS-Verkehrssprecher Douglas Hoyos-Trauttmansdorff forderte den Minister auf, den Fokus der Verkehrspolitik auf die zentrale Infrastruktur zu legen, um alle Regionen optimal zu versorgen. Er plädierte für ein Gesamtkonzept für den Infrastrukturausbau und verlangte das Ende der bisherigen kleinteiligen Klientelpolitik. Der Verkehrsminister läuft aus Sicht von Hoyos-Trauttmansdorff zudem Gefahr, sich in Prestigeprojekte zu verrennen, die budgetär nicht abgedeckt sind. So halt der Abgeordnete etwa die Erwartungen an einen neuen Güterterminal bei Wien für überzogen und unrealistisch. Beim Projekt "Neuen Seidenstraße" seien viele EU-Staaten bereits viel weiter, Österreich könne daher nicht als "First Mover" bezeichnet werden, wie Verkehrsminister Hofer es tue. Zum Ausbau des Breitbandnetzes betonte der NEOS-Abgeordnete, in dieser Legislaturperiode müsse es endlich gelingen, die vorhandenen Mittel auszuschöpfen. Auch Stephanie Cox von der Liste Pilz drängte auf verstärkte Anstrengungen im Bereich der Digitalisierung.

Aus Sicht von FPÖ-Abgeordnetem Christian Hafenecker hat die SPÖ in den letzten Jahren verkehrspolitisch wenig erreicht und der neue Verkehrsminister eine große Baustelle übernommen. Ein beträchtlicher Teil des Verkehrsbudgets fließe in die ÖBB. Hafenecker dankte ausdrücklich den ÖBB-MitarbeiterInnen, die alles tun, um das wichtigste Verkehrsunternehmen der Republik effizient und zukunftsfit zu machen. Der ÖBB-Rahmenplan unter der SPÖ wäre nicht umsetzbar gewesen, daher musste er von Verkehrsminister Hofer angepasst werden. Er habe jedoch kein einziges Projekt gestrichen, sondern Umschichtungen und Streckungen vorgenommen und so zur Einhaltung der Maastricht-Richtlinien beigetragen. Für die Digitalisierung gebe es mehr Budgetmittel, damit Österreich an die Spitze der EU gelangen kann. Ein wichtiges Thema sei auch die Verkehrssicherheit. Die geplanten Maßnahmen, wie etwa Rechtsabbiegen bei Rot unter bestimmten Voraussetzungen, können laut Hafenecker zur Erhöhung des Verkehrsflusses und damit zur Sicherheit beitragen. Ein wichtiges Anliegen ist Hafenecker die Konkurrenzfähigkeit des Flughafens Wien sowie der Ausbau der Breitspur bis Wien im Rahmen der "Neuen Seidenstraße".

Gerhard Deimek (FPÖ) thematisiert die Tatsache, dass nicht alle verfügbaren Mittel für die Digitalisierung abgeholt wurden. Voraussetzung für den Einsatz der Mittel sei, dass es Provider oder Landesgesellschaften gebe, die konkrete Projekte umsetzen wollen. Nicht alle Landesregierungen würden sich jedoch mit der Versorgung peripherer Regionen befassen, kritisierte er. Grundsätzlich verändere die Digitalisierung das Mobilitätsverhalten, viele Menschen seien aber noch immer auf das Auto, auch auf Dieselfahrzeuge, angewiesen. Diese dürften nicht benachteiligt oder bestraft werden. Laut Deimek ist Österreich in Bezug auf China tatsächlich der "First Mover", wie der Verkehrsminister es genannt hat, da es als erstes Land konkrete Vereinbarungen zur "Neuen Seidenstraße" erreicht habe. Den Ausbau der Bahnverbindung mit China begrüßt Deimek, da er eine raschere und logistisch einfachere Abwicklung des Güterverkehrs erlauben werde. Hier handelt es sich um ein bedeutendes Zukunftsprojekt, ist Deimek überzeugt.

Das Streichen von Fahrbahnen als Umweltschutzmaßnahme ist für Günther Kumpitsch (FPÖ) ein Beispiel für verfehlte SPÖ-Verkehrspolitik. Die derzeitige Regierung werde dagegen darauf achten, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen und so tatsächlich umweltfreundliche Verkehrspolitik zu betreiben. Keineswegs denke man aber daran, Dieselfahrzeuge mit neuen Steuern zu belasten. Wichtige Vorhaben im Bahnbereich sind für ihn der integrierte Taktfahrplan, die Weiterentwicklung des europäischen Schienengüterverkehrs sowie die Stärkung der Verbindung zwischen China und Europa durch die Breitspurbahn. Nicht vergessen würden dabei die lokalen Bahnen, bei denen laut Kumpitsch im Verkehrsrahmen insgesamt 2,7 Mrd. für Elektrifizierung und Ausbau von Strecken eingeplant seien.

Das Budget entspreche dem angestrebten Ziel ökologischer und effizienter Mobilität für alle, betonte ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger. Dementsprechend investiere man mehr als je zuvor in den Ausbau der Bahn. Hier von Kürzungen zu sprechen, sei nicht angebracht. Österreich liege bei Investitionen in die Infrastruktur weit über dem Durchschnitt der EU-Staaten. Wichtig sei es jedoch, den Investitionspfad der Konjunktur anzupassen. Beim Straßenverkehr setze man den Ausbau des Straßennetzes fort, vor allem aber unterstütze man die Entwicklung neuer Antriebstechniken. Der Flughafen Wien als wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Ostregion ist ebenfalls ein wichtiger budgetärer Schwerpunkt. Nicht vergessen habe man auch den Ausbau der Wasserstraße Donau, die ein wichtiger Verkehrsträger vor allem im Güterverkehr werden soll.

Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) unterstrich die Wichtigkeit des zügigen Ausbaus des Brenner-Basistunnels. Erfreulich sei, dass er im neuen ÖBB-Rahmenplan oberste Priorität habe. Wichtig sei aber auch der zügige Ausbau der Zulaufstrecken, sie hoffe auf ein Umdenken insbesondere in Deutschland. Auch ihr Fraktionskollege Dominik Schrott setzt in dieser Frage auf die Einsicht bei den Nachbarländern Deutschland und Italien. Die Infrastruktur erhalte in diesem Budget eine klare Strategie, um leistbare und verlässliche Mobilitätsangebote für alle zu sichern, sagte er. Das vorliegende Budget schreibe eine gute Politik fest, meinte auch Franz Leonhard Eßl (ÖVP). Eine große Chance sieht er in der Fortführung der Breitbandoffensive. Eßl wünscht sich insbesondere für das Bundesland Salzburg eine bessere Versorgung mit Glasfaserkabeln. Bisher sei sein Heimatbundesland bei den Breitband-Förderungen benachteiligt, bedauerte er.

Das Bemühen um eine gute Verkehrspolitik gestand Johannes Schmuckenschlager (ÖVP) der vergangenen Bundesregierung zu. Zweifel der ehemaligen Regierungspartei SPÖ an der Umsetzung geplanter Großprojekte im Verkehrsbereich wies er zurück. Die Regierung sorge vielmehr dafür, Projekte zu realisieren und noch Mittel für weitere Investitionen zu haben. Die Kritik der SPÖ an angeblichen Kürzungen sah auch Johann Rädler (ÖVP) als nicht gerechtfertigt, wobei er auf die Vorhaben der Asfinag hinwies. Die Asfinag erhalte keine Finanzierung vom Bund, sondern nehme Mautgebühren ein und finanziere sich über Anleihen am Kapitalmarkt, wofür der Bund hafte, führte Johann Singer (ÖVP) dazu aus. Für ein sicheres Straßennetz sorgen aus Sicht Singers nicht zuletzt die zahlreichen Tunnel in Österreich, um deren Instandhaltung sich die Asfinag ebenso kümmere wie um den Rest des heimischen Straßennetzes.

Hofer: Ausbau der Schiene bleibt oberste Priorität
Verkehrsminister Norbert Hofer betonte, dass die Koalition sich als oberstes Budgetziel auf eine Senkung der Steuer- und Abgabenquote auf etwa 40% verständigt habe. Im Verkehrsbereich sei es gelungen, die notwendigen Mittel zu sichern, ohne dieses Ziel aus den Augen zu verlieren. Für die Bahn sei sogar die höchste Investitionssumme in der Geschichte Österreichs geplant. Das sei wichtig, da die Bedeutung der Bahn als Verkehrsträger laut Hofer weiter zunehmen wird. Einen Schwerpunkt will der Verkehrsminister auch auf die urbanen Räume legen, die vor großen verkehrspolitischen Herausforderungen stehen. Stadtseilbahnen seien hier sinnvolle Projekte, die rasch und kostengünstig zur Lösung der Verkehrsprobleme beitragen können. Er überlege daher, wie der Bund dazu beitragen könne. Der Bund sei zwar für den Fahrradverkehr grundsätzlich nicht zuständig, er wolle hier aber ebenfalls Unterstützung anbieten. Ein Anliegen ist für Hofer der Ausbau sicherer Fahrradwege im ländlichen Raum.

Viele große Bahnprojekte seien bereits in Umsetzung. Hier könne er auf die Vorarbeiten seiner VorgängerInnen im Verkehrsressort aufbauen, die diese Projekte in Angriff genommen haben, wofür er sich auch herzlich bedanken wolle. Zum Breitspurausbau betonte er, dass es gelungen sei, mit China zu einer konkreten Verständigung über den wirtschaftlichen Austausch und Handel zu gelangen. In diesem Sinne habe er Österreich als "First Mover" bezeichnet.

SPÖ zieht Verlangen auf BVT-Untersuchungsausschuss zurück
Im Rahmen der Debatte teilte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka mit, dass die SPÖ ihr Minderheitsverlangen auf einen Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zurückgezogen hat. Der entsprechende Tagesordnungspunkt bei der morgigen Sitzung entfalle daher. Es wird erwartet, dass die SPÖ gemeinsam mit NEOS und Liste Pilz ein neuerliches Verlangen auf Einsetzung eines BVT-Untersuchungsausschusses einbringt.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at