EU-SILC-Studie: Weiterhin geringe Armut in Österreich

 

erstellt am
26. 04. 18
13:00 MEZ

Erfolgreiche und präventive Maßnahmen des Sozialstaats sorgen für weiterhin niedrige Armuts- und Ausgrenzungsgefährdungsquote –Österreich mit rund 18% nach wie vor unter dem EU-Durchschnitt
Wien (bmasgk) - Die jährliche SILC-Erhebung („Community Statistics on Income and Living Conditions“) zu Einkommen und Lebensbedingungen in den EU-Mitgliedsstaaten sowie Norwegen, Island, Türkei, Schweiz, Mazedonien und Serbien stellt Österreich erneut ein positives Zeugnis bei der Bekämpfung von Armut aus. Trotz allem waren auch 2017 insgesamt rund 14,4 Prozent der Bevölkerung armutsgefährdet, das heißt ihr Einkommen liegt unter 60 Prozent des mittleren Einkommens, weitere 3,7 Prozent sind von erheblicher materieller Deprivation betroffen und 8,3 Prozent leben in Haushalten mit keiner oder sehr niedriger Erwerbsintensität.

„Im internationalen Vergleich lag Österreich mit 18,1 Prozent auch 2017 wieder unter dem EU-Durchschnitt von 2016 mit 23,5 Prozent. Doch nach wie vor sind 1.563.000 Menschen in Österreich armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Das sind um 1.563.000 Menschen zu viele. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass wir zwar auf einem guten Weg sind, aber gleichzeitig auch, dass wir weiterhin Maßnahmen zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung ergreifen müssen. Mit den Maßnahmen, die im gemeinsam beschlossenen Regierungsprogramm festgehalten sind, haben wir weitere wichtige Schritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Betroffenen gesetzt. Vor allem bei der Kinder- und Jugendarmut, aber auch bei der Arbeitslosigkeit und Altersarmut haben wir effiziente Konzepte erarbeitet, die die Armuts- und Ausgrenzungsgefährdungsquote weiter senken werden“, sieht Mag. Beate Hartinger-Klein, Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, die europaweite Erhebung als Wegweiser für die weitere Regierungsarbeit.

Maßnahmen in der Sozial- und Steuerpolitik, im Gesundheitswesen und im Bereich Bildung und Ausbildung gegen Kinder- und Jugendarmut
Rund 116.000 Kinder und Jugendliche leiden in Österreich unter manifester Armut. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sind Kinder mit rund 24 Prozent (324.000 Kinder bis 15 Jahre) überproportional von Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung betroffen. Um hier so rasch wie möglich anzusetzen, hat die Regierung Maßnahmen in der Sozial- und Steuerpolitik, im Gesundheitswesen und im Bereich Bildung und Ausbildung geplant. So soll ein neues Sozialhilfe-Grundsatzgesetz mit dem erklärten Ziel, Armut, und damit auch Kinderarmut, zu bekämpfen, verabschiedet werden. Auch Maßnahmen zu Verbesserungen der Wahlfreiheit und Verbesserung des Kündigungsschutzes für Kinderbetreuungsgeldbezieher sind geplant. In der Gesundheit wird ein flächendeckender Ausbau der „Frühen Hilfen“ – ein Angebot für Schwangere und Familien in belastenden Lebenssituationen – angestrebt und auch die kindermedizinische Versorgung wird nachhaltig gestärkt. Im Bereich der Bildung und Ausbildung wird künftig

  • das Kinderbetreuungsangebot ausgebaut
  • eine verbindliche Sprachförderung für Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache ab Kindergarten, zweijährige Verpflichtung zum Besuch eines Kindergartens für Kinder mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen eingeführt
  • die verschränkte Zusammenarbeit von Kindergarten und Volksschule im Rahmen des letzten verpflichtenden Kindergartenjahres gefördert.


JobAktiv gegen Langzeitarbeitslosigkeit
Einer der größten Risikofaktoren für Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung ist nach wie vor die Langzeitarbeitslosigkeit. Rund 56 Prozent der beim AMS ein Jahr oder länger als arbeitssuchend registrierten Personen gelten auch als armutsgefährdet. Bundesministerin Hartinger-Klein sieht daher in der nachhaltigen Senkung der Arbeitslosigkeit den Schlüssel zur Lösung der Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung: „Trotz der zurückgehenden Arbeitslosigkeit sehen wir nach wie vor großes Potenzial bei der nachhaltigen Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit, die unter anderem auf eine Diskrepanz zwischen den für die verfügbaren Jobs benötigten Qualifikationen und dem Ausbildungsniveau der Arbeitssuchenden zurückzuführen ist. Es ist daher essentiell, dass wir Langzeitarbeitslose entsprechend der gefragten Berufe ausbilden, um so diese Schieflage wieder auszugleichen.“

Beispielsweise könnten durch bessere individuelle Förderungen der Arbeitssuchenden freie Stellen im Gesundheitswesen besetzt werden. So erklärt Bundesministerin Hartinger-Klein: „Aus einer aktuellen IHS-Studie geht hervor, dass fast jeder fünfte Arbeitnehmer im weitesten Sinn in der Gesundheitswirtschaft bzw. in Wirtschaftssektoren mit Kernbereich Gesundheit tätig ist. Außerdem wurde unter anderem darin erhoben, dass der Gesundheitssektor aufgrund der hohen Nachfrage nach Gesundheitsleistungen (direkt, indirekt sowie induziert) einen hohen Personalbedarf hat. Diesen gilt es zu decken. Durch individuelle Förderungsmaßnahmen für Arbeitssuchende senken wir nicht nur die Arbeitslosenquote, sondern schaffen auch den Spagat, das Gesundheitswesen, welches seit Jahren händeringend nach Personal sucht, mit eben diesem zu versorgen.“

Darüber hinaus werden ab 1. Juli 2018 die Arbeitslosenversicherungsbeiträge zu Gunsten der Niedrigverdiener gesenkt. Damit werden rund 900.000 Personen in Österreich um jährlich ca. 311 Euro entlastet.

Gesundheitsförderung und Pensionsbonus gegen Altersarmut
In Österreich sind rund 13 Prozent der ab 65-jährigen von Altersarmut betroffen bzw. gefährdet. Für ein finanzielles Auskommen im Alter sorgen das öffentliche Pensionssystem sowie die Ausgleichszulage. Dennoch leben derzeit rund 201.000 Pensionistinnen und Pensionisten unter der Armutsgefährdungsschwelle. Die Gründe dafür sind vielfältig, die Hauptprobleme sind fehlende Erwerbsjahre und dadurch bedingte niedrige Pensionen. Das höchste Risiko haben nach wie vor Frauen, selbst wenn sie eine längere Versicherungsdauer aufweisen, aber in ihrem Leben niedrige Einkommen mit längeren Teilzeitphasen bezogen haben.

Um diesem Problem kurzfristig entgegenzuwirken, gibt es 2018 einen Richtsatz von 1.022 Euro bei 30 Beitragsjahren. Ergänzend dazu hat die Regierung vor kurzem den Pensionsbonus ins Leben gerufen. Der Pensionsbonus soll künftig garantieren, dass Personen, die 40 Beitragsjahre vorweisen können mindestens 1.200 Euro monatlich bekommen. Paare, bei denen mindestens eine der beiden Personen 40 Beitragsjahre vorweisen kann, erhalten mindestens 1.500 Euro.

Zur langfristigen Bekämpfung von Altersarmut sind aber vor allem der Erhalt der Gesundheit und die Verhinderung von Arbeitslosigkeit notwendig. Die Gesundheitsziele Österreich sollen den Rahmen für eine gesundheitsförderliche Gesamtpolitik in Österreich bieten und dazu beitragen, die gesunden Lebensjahre der in Österreich lebenden Bevölkerung bis 2032 zu erhöhen – unabhängig von Bildungsstatus, Einkommenssituation oder Lebensumständen.

Pflegegelderhöhung
Auch in der Pflege hilfsbedürftiger Menschen und deren Angehörigen werden Maßnahmen zur finanziellen Entlastung vorgenommen. So sieht das aktuelle Regierungsprogramm eine Erhöhung des Pflegegeldes ab der Stufe 4 vor, da insbesondere in höheren Stufen ein hoher Bedarf an professioneller Unterstützung besteht. Davon werden künftig mehr als 145.000 Menschen profitieren.

Abschließend stellt Bundesministerin Hartinger-Klein fest: „Gerade in meinem Ministerium, das die Menschen in allen Lebensbereichen und Lebensjahren begleitet, ist es wichtig, dass die Armut in Österreich auch langfristig, zielsicher bekämpft wird.“

 

 

 

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