68. Städtetag

 

erstellt am
07. 06. 18
13:00 MEZ

Häupl verabschiedet sich: „Es war eine gute Zeit“ – Van der Bellen und LH Wallner bei der Eröffnung
Feldkirch/Wien (städtetag) „Wie kann solidarisches Miteinander auf dem Europäischen Kontinent gelingen? Wie kann Europa bei den Menschen ankommen? Wie könnte es gelingen, dass Europa nicht immer nur fern ‚da oben in Brüssel‘ ist? Wie kann es gelingen, dass Europa nicht etwas ist, dem gegenüber man sich abgrenzen muss?“ Diese Fragen stellte Festrednerin Ulrike Guérot, Professorin für Europapolitik und Demokratieforschung an der Donau-Universität Krems und Gründerin des European Democracy Labs in Berlin, an den Anfang ihrer Festrede am 6. Juni bei der Eröffnung des 68. Städtetages im Montforthaus in Feldkirch.

Sie sehe in Österreich viele funktionierende soziale Strukturen in Städten und im ländlichen Raum, betonte Guérot. Genossenschaftliche Modelle, kleine Kassen, dezentrale Strukturen, starke städtische Kommunen – „das ist gut“, so Guérot. Laut ihr seien etwa Griechenland, Rumänien oder Bulgarien von der Europäischen Union „ausgelaugt“, Österreich hingegen nicht.

Guérot fragte weiter, wie es gelingen könnte, dass Europa nicht etwas ist, gegenüber dem man sich abgrenzen muss und Europa nicht immer nur fern liegt und „da oben in Brüssel“ ist. Es gehe darum, wie Europa im 21 .Jahrhundert ein politisches Projekt werden könnte, mitten unter uns, von und für die Menschen, immer und jeden Tag: „ein animiertes Gemeinwesen Europa, das nicht mehr in Frage gestellt wird!“ Österreich werde in einem schwierigen, wenn nicht gar sehr schwierigen europäischen Umfeld die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Sie nennt den Brexit und den EU-Finanzrahmen als Beispiele. Der französische Präsident Emmanuel Macron habe Pläne zu Eurozone, Asylpolitik, Außen- und Sicherheitspolitik vorgestellt. Die Ergebnisse sollen auf dem EU-Rat im Dezember 2018 der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Guérot fragte die RepräsentantInnen der Städte: „Haben Sie schon in Ihrem Rathaus offiziell über Europa diskutiert?“ Sie fragte weiter, wie könne in dieser angespannten Situation – Trump, Handelskrieg, Putin, Syrien oder die „Geflüchtetenkrise“ – eine Politik des gelingenden Miteinanders verwirklicht werden.

Derzeit lasse sich laut Guérot für Europa nur mit dem Verweis auf Sicherheit – vor Terror und Flüchtlingen – mobilisieren. „Aber gefragt werden muss, was wir schützen wollen? Unsere Werte? Unsere Sicherheit? Oder unseren Reichtum?“, so die Festrednerin. Der kamerunische Politikwissenschaftler Achille Mbembe schreibe Europa mit seinem Buch „Die Politik der Feindschaft“ ins Stammbuch: „dass „unsere Freiheit und unser Wohlstand nur möglich waren, aufgrund der Unfreiheit und Ausbeutung von anderen Teilen der Welt“. Guérot meint daher, dass im zukünftigen Miteinander Europas mit Afrika die eigentliche Herausforderung für das friedliche und solidarische Miteinander innerhalb Europas liege. Das Miteinander Europas mit Afrika, werde uns als EuropäerInnen entweder in Populismus zerreißen oder in europäischer Demokratie vereinen.

Aber schon unter den sogenannten europäischen Nationen sei es nicht immer gut um die Solidarität in Europa bestellt gewesen, denn vor der „Geflüchtetenkrise“ lähmte die „Banken-, Euro- und Sparkrise“ die EU. „Sie hat Europa eine ökonomisch wie politisch eine ganze Dekade verlieren lassen“, so Guérot.

Europa brauche aus dieser Krise heraus eine neue Souveränität, politische Legitimität und eine neue Identität, sprich einen europäischen Neuanfang, „in dem die Städte wiederum – denn hier sind die Menschen zuhause – eine große Rolle zukäme“. Außerdem kritisierte Guérot den Euro, denn eine Währung sei ein Sozialvertrag, der Euro aber wolle ohne Sozial- und Fiskalunion auskommen, ohne Transfers und ohne Haftung funktionieren. „Das ist natürlich eine Lebenslüge“, so die Professorin. Dies koste Europa die Abwendung vieler BürgerInnen. Der Euro soll daher laut Guérot in eine Finanzverfassung eingebettet werden. Solidarität solle – egal ob es um Griechenland oder Italien gehe – nicht mehr beliebig sein. Sie vertrat auch die Meinung, dass die europäische Demokratie einen Wert habe, und wir diesen Preis bezahlen sollten. Es gehe, wie Martin Schulz im „Spiegel“ schrieb, nicht um ein paar Millionen, sondern um die Zukunft Europas. Angela Merkels Satz „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“ drehte sie um, richtig sei: „Bleibt der Euro, wie er ist, scheitert die europäische Demokratie“.

Für ein gelingendes Europa sei wichtig, zu einem europäischen Markt und eine Währung eine europäische Demokratie hinzuzufügen. Und: „Wir stellen Rechtsgleichheit über Nationalität. Wir begreifen, dass die Bürgerinnen und Bürger, nicht die Nationalstaaten der Souverän sind.“ Es müsse um ein grenzüberschreitendes europäisches Tarifrecht oder eine europäische Arbeitslosenversicherung gehen. Es gehe um „Verrechtlichung und nicht um Identität, um Parlamentarisierung nicht um Zentralisierung, und um Gewaltenteilung, nicht um Kompetenzübertragung in Europa. So wäre eine Europäische Sozialversicherungsnummer ein „konkreter Ausdruck einer europäischen Staatsbürgergemeinschaft“, Ausdruck von égalité und fraternité, Ausdruck eines gelingenden Miteinanders in Europa.

 

 

Häupl verabschiedet sich: „Es war eine gute Zeit“
„Für ein neues Miteinander“, das Motto des 68. Städtetages in Feldkirch, stand auch im Mittelpunkt der Reden bei der feierlichen Eröffnung im Montforthaus.

Städtebund-Präsident Häupl erinnerte anlässlich der 800-Jahrfeier der gastgebenden Stadt Feldkirch an die Städte im Mittelalter, die von Beginn an als „Tore zur Welt“ fungierten und – im Gegensatz zu den Klöstern –Zentren des Handels und des Austausches waren, in denen der „Geist der Erneuerung“ wehte. An diesen Geist appellierte auch Häupl und verwies auf das Motto „Bleib offen, Feldkirch“, „diesem Motto wird Feldkirch auch in Zukunft gerecht werden“, so Häupl.

Häupl ging in seiner Rede auf das Thema Stadtregionen am Beispiel Vorarlberg ein und sagte: „Stadtregionen sind die Modelle der Zukunft, der Schlüssel liegt darin, Geld und Ressourcen zu bündeln, indem kleine und mittlere Städte gestärkt werden, die wichtige Versorgungsaufgaben für die Region wahrnehmen, nur so kann regionale Wertschöpfung gelingen“, sagte Häupl.

Häupl ging auch auf das Thema Digitalisierung ein und sagte in Bezug auf die „Wissensgesellschaft“: „Der freie Zugang zu Informationen macht die Informationen noch nicht zu verwertbarem Wissen, wir brauchen die Bildungseinrichtungen, Kindergärten, Schulen, Universitäten vor allem dafür, zu lernen, wie aus Wissen verwertbares Wissen wird. Und – im Sinne eines humanistischen Ansatzes – soziale Wesen zu formen, die in der Lage sind, kritisch zu denken und eigenverantwortlich zu handeln.“

Häupl verwies in seiner Rede auf die gute Zusammenarbeit des Österreichischen Städtebundes auf europäischer Ebene und erwähnte dabei das Projekt LOGON und die Kooperation mit dem RGRE, dem Rat der Gemeinden und Regionen Europas. Häupl war selbst sechs Jahre lang Präsident des RGRE.

Häupl erwähnte, dass er zuletzt auch einen 3-Jahresvertrag mit BACID (Building Administrative Capacity in the Danuberegion) unterzeichnete, er gehe davon aus, dass der Österreichische Städtebund weiterhin ein aktiver Partner für die internationalen Schwesternverbände sein werde.

Häupl ging ausführlich auf die Europäische Union ein, deren „Grundwerte noch immer unumstößlich“ seien. Das Solidaritätsprinzip, das auf europäischer Ebene zunehmend in Frage gestellt wird, gelte aber auch innerhalb Österreichs als wichtigstes Prinzip unseres Sozialstaates. Er kritisierte die Vorschläge der Bundesregierung für die Reform der Bedarfsorientierten Mindestsicherung: „Wir müssen darüber reden, wie Menschen in den Arbeitsmarkt zurückkommen oder wie sie fit gemacht werden für den Arbeitsmarkt in Österreich, aber spielen wir nicht die Armen gegen die Ärmsten aus, das ist einfach unwürdig in einem Land wie Österreich“, sagte Häupl. Und weiter: „Kürzen wir nicht bei Deutschkursen, investieren wir in Bildung, Ausbildung und Forschung, das sind die wichtigsten Investitionen in die Zukunft“.

Häupl dankte zuletzt namentlich Hannes Swoboda und Johannes „Gio“ Hahn in Vertretung für das Europäische Parlament und der Europäischen Kommission dafür, dass „wir Städte auf gleicher Augenhöhe kommunizieren durften“.

Die Eröffnung des 68. Städtetages in Feldkirch war für Michael Häupl sein Abschied als Präsident. Er war seit 1995 – damals als Nachfolger von Helmut Zilk – Präsident des Österreichischen Städtebundes. Seine Rede beendete er daher mit den Worten: „Danke für die letzten 23 Jahre, ich habe enorm viel gelernt, dafür bin ich dankbar. Ich verabschiede mich, es war eine gute Zeit!“

 

 

Van der Bellen und LH Wallner bei der Eröffnung
Bei der Eröffnung betonte der gastgebende Bürgermeister Wilfried Berchtold die Bedeutung des Humanismus - nicht nur in der 800 jährigen Geschichte der Stadt, sondern auch für die heutige Gesellschaft: “Äußerer Wohlstand bedingt nicht inneres Wohlbefinden”, so Berchtold. Er beobachte, dass “Die Gesellschaft Risse bekommt und der Zusammenhalt zerbröselt”. Berchtold weiter: “Wir haben eine gemeinsame Verantwortung um das Wohl der Menschen, die wahren Werte liegen im Miteinander. Achtung statt Ächtung, Ausgleich statt Ausgrenzung”, appellierte Berchtold an die Anwesenden.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen nannte in seiner Rede vier Punkte: die Europäische Union und ihre Zukunft, die Klimakrise, die Digitalisierung sowie Wirtschaft und Politik. Zu Europa sagte er, dass China in wenigen Jahren mit seinem Sozialprodukt die USA überholen werde. Die Frage sei, wie die USA reagieren werden und wie Russland damit umgehen werde. Wichtig sei daher eine gemeinsame europäische Außenpolitik. In einigen europäischen Ländern sei der “kleinkarierte Nationalismus wieder en vogue”, die EU sei aber “keine Selbstverständlichkeit, der Brexit ist passiert”. Van der Bellen: “Ich sehe die Notwendigkeit eines neuen Miteinanders.”

Als größte Herausforderung bezeichnete der Bundespräsident die “Klimakrise” und fragte: “Tun wir genug?” Gefordert seien wir alle.

“Wie wird die Welt in zehn, zwanzig Jahren aussehen”, fragte Van der Bellen beim Thema Digitalisierung. Als Beispiel nannte er den Hamburger Hafen, der 24 Stunden vollautomatisch laufe und “keinen Menschen mehr braucht”. Außerdem sei Estland “Europameister der Digitalisierung”. Vieles, wie etwa der Gang zum Finanzamt, würden bereits mit einer Karte funktionieren. Doch dürften “Daten nicht in falsche Hände” geraten, denn dann “hört sich der politische Widerstand auf”.

Zu Wirtschaft und Politik sagte er, dass es darauf ankäme, wie die Fragen gestellt würden. Als Beispiel nannte er Interviews, die in Deutschland und Frankreich geführt wurden. Hier antworteten die BürgerInnen auf die Frage “Was ist das größte Problem?” mit “Migration”. Bei Problemen in ihrem eigenem Alltag antworteten sie hingegen mit Jobsicherheit oder Einkommen. Laut Van der Bellen könnte das Problem sein, dass sich die “Politik von den Problemen der Menschen zurückgezogen” habe. “Gegen die politische Verlassenheit muss etwas getan werden”, so der Bundespräsident abschließend.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner meinte, dass die “enge Partnerschaft zwischen Ländern, Städten und Gemeinden intensiviert werden soll”. Entscheidende Fragen für die Entwicklung der Gesellschaft seien für ihn Europa und die Zukunft der Pflege. “Die Frage der Pflege zu Hause gehört besprochen und geklärt, wir wollen nicht, dass diese Frage ausgesessen wird”, so Wallner.“Wenn Städte und Gemeinden die Zukunft der Pflege oder die Finanzierung und den Ausbau der Kinderbetreuung auf ihre Agenda setzen, weil wichtige Vereinbarungen mit dem Bund auslaufen, so haben sie in mir einen Mistreiter”, versprach Wallner bei der Eröffnung des 68. Städtetages.

Weitere Grußbotschaften kamen von Gewerkschafter Christian Meidlinger und Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl.

     

Arbeitskreis 2 diskutierte mit Schöbi-Fink und Nekula
Arbeitskreis 2 hat am 7. Juni das Thema Schulische Nachmittagsbetreuung mit unter anderem Vorarlbergs Landesrätin Barbara Schöbi-Fink und Kurt Nekula, Sektionschef im Bildungsministerium behandelt.

Folgende Problemfelder standen im Mittelpunkt:
Laut der neuen OECD-Studie “Education at a Glance” müsse dem frühen Bildungsabbruch massiv entgegengewirkt werden, da die Zahl der Jugendlichen, die nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung sind, leicht auf 13 Prozent angestiegen sei.

Wie Ressourcen im Schulsystem am effektivsten genutzt werden, ist Teil eines OECD-Projekts, an dem Österreich beteiligt ist. Auch über diese Frage wurde im Arbeitskreis diskutiert.

Die ganztägige Schule steht für Chancengerechtigkeit. Wie diese ausgebaut, gefördert und finanziert werden soll, war ebenso Gegenstand der Diskussion. Der Hintergrund:Derzeit erfolgt die Basisfinanzierung der Ganztagsschulen (GTS) aufgrund einer Art 15a B-VG Vereinbarung. Diese Förderungen laufen nur bis zum Schuljahr 2018/19 und sollen bereits ab dem Schuljahr 2017/18 durch Förderungen im Rahmen des Bildungsinvestitionsgesetzes (BIG) ergänzt bzw. ab 2019/20 ersetzt werden. Dort seien nur noch Zweckzuschüsse pro zusätzlicher Schülerin oder zusätzlichem Schüler pro wöchentlichem Betreuungstag vorgesehen. Bestehende Gruppen sind finanziell nicht abgedeckt. Die einzige weitere Finanzierungsquelle ist eine derzeit noch vage Absichtsbekundung im FAG-Paktum, die Aufgabenorientierung im Bereich Pflichtschule (6-15 Jahre) als weiteres Pilotprojekt ab 1.1.2019 umzusetzen.

Landesrätin Barbara Schöbi-Fink sagte:”Durch die ganztägige Betreuung können die SchülerInnen nicht nur auf hohem Niveau ausgebildet werden, sondern wird auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglicht.” So seien die Schülerzahlen von 7704 SchülerInnen im Schuljahr 2010/11 auf 11457 SchülerInnen im Schuljahr 2017/18 gestiegen. Sie plädierte für ein gemeinsames Auftreten gegenüber dem Bund für eine weitere Sockelfinanzierung. Die Gemeinden dürften mit der weiteren Finanzierung und Erhaltung der bestehenden Gruppen und Klassen nicht allein gelassen werden.

Kurt Nekula, Sektionschef im Bildungsministerium betonte, dass der Bund gerade dabei sei, die Schulautonomie auszubauen. Wesentlicher Teil sei die “Ressourcenflüsse” transparent” zu gestalten. Von 2011 bis heute habe der Bund 1 Milliarde Euro in Ganztagesschulen investiert, bis 2032 kämen knapp 800 Millionen Euro dazu. In Zukunft müsse aber auch die Qualität - was passiert in der Schule - verbessert werden.

Der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Salzburg, Bernhard Auinger:“Wir haben in Salzburg derzeit 35 Pflichtschulen, davon wird in 30 Schulen schulische Nachmittagsbetreuung angeboten, das sind im heurigen Schuljahr 2.6000 Schülerinnen und Schüler. Das Ziel muss daher die Ganztagesschule sein.”

Mathias Burtscher, Industriellenvereinigung Vorarlberg, schloss sich der Stadt Salzburg an. Er nannte mehrere Gründe für die Ganztagesschule: “die Erhöhung des Bildungsniveaus, mehr Chancengerechtigkeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.”

OECD-Bildungsexperte Thomas Radinger sagte, dass die Bildungsausgaben in Österreich im internationalen Vergleich sehr hoch seien, die Herausforderung sei aber, die Mittel effizient einzusetzen. Er empfiehlt daher, die Bund-Länder-Verflechtung “anzugehen”. Die beschlossenen Bildungseinrichtungen seien ein erster Schritt dazu, es komme jetzt aber auf die Art der Umsetzung an.

     

Arbeitskreis 3 diskutierte mit Berchtold und Müller
Arbeitskreis 3 widmete sich der zunehmend an Bedeutung und Beachtung gewinnenden Zusammenarbeit von zentralen Orten mit ihrem ländlich geprägten Umland und ging dabei insbesondere der Frage nach, wie man Kooperation und Kommunikation noch besser gestalten kann.

Die Zusammenarbeit des stadtnahen Umlands mit seinem regionalen Versorgungszentrum wird in dynamisch wachsenden ebenso wie in ländlich geprägten Regionen zunehmend zu einem Schlüsselelement für eine wettbewerbsfähige, ressourcenschonende und bodensparende Siedlungsentwicklung .

„Wie kann zwischen Städten und mittelgroßen bzw. Kleingemeinden eine funktionierende Kooperationskultur entwickelt werden? Was sind die politischen und organisatorischen Herausforderungen dabei?“

Die Erfahrungen aus der Region Vorderland Feldkirch zeigen, dass neben einer guten organisatorischen Struktur und Aufgabenteilung vor allem eine „Kooperationskultur“ im Miteinander erarbeitet werden muss, die den gemeinsamen Lebensraum in den Mittelpunkt stellt.

„Die Stadt Feldkirch trat im Jahr 2010 der Regio Vorderland-Feldkirch als ordentliches Mitglied bei und beteiligt sich auch an zahlreichen anderen Kooperationen als aktiver Partner.“ So der Bürgermeister von Feldkirch Wilfried Berchtold.“ Ausschlaggebend dabei ist die Erkenntnis, dass das Entwicklungspotential der Region nur dann voll ausgeschöpft werden kann, wenn Städte und Gemeinden über die Gemeindegrenzen hinaus agieren. Oberste Maßgabe für uns ist die Lebensraumperspektive: Die Aktivitäten, Herausforderungen und Sorgen der Menschen enden eben nicht an den administrativen Grenzen der Gemeinden. Gewisse Themenbereiche – wie Mobilität und Verkehr – können überhaupt nur noch regional gelöst werden.“ so Berchtold weiter.

Gerade bei Kooperationen über Stadtgrenzen hinweg sind die „unterschiedlichen Geschwindigkeiten“ zwischen den kleinen und großen Gemeinden in der Region immer Thema der Zusammenarbeit.

„In der Regio Vorderland-Feldkirch wird zwischen großen und kleinen Gemeinden ein Miteinander auf Augenhöhe gelebt. Der Stadt Feldkirch mit rund 35.000 Einwohnerinnen und Einwohnern steht am anderen Ende des Spektrums die Berggemeinde Viktorsberg mit einer Bevölkerung von 400 Menschen gegenüber. Die Abstimmung der gemeinsamen Interessen ist bei so einer Vielfalt nicht immer ganz einfach. Am Ende lohnt sich dieser Aufwand aber, da wir dadurch unseren Lebensraum zum Wohl der Bürgerinnen und Bürger weiterentwickeln können”, fasst Werner Müller, Bürgermeister der Gemeinde Klaus und Vizepräsident des Vorarlberger Gemeindeverbandes als Obmann der Regio Vorderland-Feldkirch die Erkenntnisse aus der Kooperation zusammen.

Ähnliche Erfahrungen gibt es auch im Zuge der Umsetzung des „Zukunftsraums Lienzer Talboden“ – einer Entwicklungsstrategie für 15 Gemeinden, die u.a. gemeinsame Wirtschaftsstandortentwicklung, interkommunale Wohnstandortentwicklung und eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Mobilität und Verwaltung verfolgt.

Speziell vor den Vorhang geholt wurde beim Städtetagsarbeitskreis die Errichtung einer gemeinsamen Breitbandinfrastruktur („RegioNet“). „Mittlerweile kooperieren wir äußerst erfolgreich in den Bereichen Raumordnung, Infrastruktur und Entwicklung mit den Umlandgemeinden und funktionieren mehr und mehr als Stadtregion”, so die Lienzer Bürgermeisterin und Landtagsabgeordnete Elisabeth Blanik.

Neben der Frage, was Regionen im Inneren zusammenhält, legte der Arbeitskreis ein besonderes Augenmerk auf die Rolle und die direkten und indirekten Auswirkungen der übergeordneten Rahmenbedingungen.

Landesstatthalter und Raumordnungsverantwortlicher Karl-Heinz Rüdisser stellte im Arbeitskreis das „Raumbild Vorarlberg 2030“ vor: „Das Raumbild Vorarlberg soll ein Leitbild zur räumlichen Entwicklung des ganzen Landes sein. Wir sehen interkommunale Kooperation als Schlüssel, um allen BewohnerInnen der Region Daseinsvorsorge langfristig zur Verfügung stellen zu können.“ Um die Kooperation der Gemeinden zu fördern, werden im Land Vorarlberg gemeindeübergreifende Planungen konsequent höher gefördert als Planungen einzelner Gemeinden.

Beim „Kooperationsraum-Modell“ werden räumliche Entwicklungskonzepte für Teilräume des Rheintals erstellt, die auch verbindlich sein sollen. Als weiterer Baustein soll eine verbindliche regionale Abstimmung bei regional bedeutsamen raumplanerischen Entscheidungen rechtlich verankert werden.

Ebenfalls im Arbeitskreis diskutiert wurde das neue steiermärkische Landes- und Regionalentwicklungsgesetz und die bis Mai auf dessen Basis eingereichten Regionalentwicklungspläne. Die Vizebürgermeisterin der Stadt Judenburg und Landtagsabgeordnete Gabriele Kolar berichtete in ihrer Funktion als Vorsitzende der Region „Obersteiermark West“ über die Vorzeigeprojekte dieser aus 34 Gemeinden bestehenden Region der Bezirke Murau und Murtal.

„Unter dem Schlagwort „Kraft – das Murtal“, wollen wir gezielt Impluse zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts setzen”, sagt Kolar. Dieses Unterfangen geht Hand in Hand mit einer Regionalinitiative zur Beschäftigung von Frauen und der Breitbandinitiative der Region „Obersteiermark West“. „Wenn wir den jungen Frauen in der Region attraktive Kinderbetreuungseinrichtungen anbieten und uns auch den Herausforderungen im Bereich Pflege stellen, leisten wir einen wichtigen Beitrag zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie und schaffen es so, die jungen Familien langfristig in der Region zu halten“, so Kolar weiter.

Die TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussion zeigten einerseits, dass österreichischen Stadtregionen hier bereits viel vorzuzeigen haben.

Gleichzeitig waren sich alle auch darüber einig, dass Städte Kristallisationspunkte einer Entwicklung bleiben müssen, die das Ziel verfolgt, Einrichtungen der Daseinsvorsorge und somit Lebensqualität langfristig in der Region zu halten.
EU-Förderungen waren und sind oftmals ein Anlass und Anreiz für interkommunale Kooperationsprojekte – diese wichtige Rolle sollen sie auch nach 2020 beibehalten.

     

Allgemeine Informationen:
http://www.staedtetag.at

 

 

 

 

 

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