Schulterschluss gegen Ausbaupläne im AKW Dukovany

 

erstellt am
06. 06. 18
13:00 MEZ

Anschober, Sima und Pernkopf:Gravierende Sicherheitsprobleme bei Grenzüberschreitender UVP thematisiert
Dukowany/Linz/St. Pölten/Wien (rk) - Nur 32 km von der österreichischen Grenze entfernt, steht das tschechische Atomkraftwerk Dukovany, das - trotz massiver Probleme und ungelöster Sicherheitsfragen - um 2 weitere Reaktoren erweitert werden soll. Niederösterreich, Oberösterreich und Wien machen nun gemeinsam mobil: im Rahmen einer grenzüberschreitenden Umweltverträglichkeitsprüfung bringen die Bundesländer am 6. Juni ihre Einwände bei der in Wien stattfindenden öffentlichen Erörterung vor.

Rudi Anschober, zuständiger Landesrat in Oberösterreich: „Schon die bestehenden vier Reaktoren des Typs WWER 440/213, Druckwasserreaktoren zweiter Generation aus sowjetischer Entwicklung ohne Schutzhülle, machen immer wieder Probleme. So wurde Ende Dezember wieder ein Reaktor wegen Reparaturarbeiten abgeschaltet, immer wieder gibt es außerplanmäßige Abschaltungen wegen kaputter Rohrleitungen oder Generatoren.“

LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (NÖ): „Die Uralt-Reaktoren sind am Ende ihrer ursprünglich geplanten Laufzeit angekommen, dennoch wurde das Betriebsende bis in die 2030er Jahre verschoben. Die Atomkraft ist keine nachhaltige Energieform, Tschechien soll sich vielmehr an uns ein Beispiel nehmen und auf sichere, erneuerbare Energie umsteigen. 100 Prozent Strom aus erneuerbarer Energie ist möglich, in Niederösterreich haben wir dieses Ziel schon erreicht. Ich mache unseren tschechischen Nachbarn heute ein Angebot: Wir helfen Tschechien gerne, Wind- und Wasserkraft, Photovoltaik und Biomasse auszubauen und dafür aus der Atomkraft auszusteigen.“

Wiens Umweltstadträtin Ulli Sima: „Jetzt geht es den Betreibern darum, den grenznahen Standort mit zwei weiteren Reaktoren mit einer elektrischen Gesamtleistung von bis zu 2400 MW zu erweitern. Dukovany steht nur 85 Kilometer von unserer Stadt entfernt, zusätzliche Reaktoren verdoppeln die Gefahr von Unfällen, die auch dramatische Auswirkungen auf Wien haben können.“

Erst am Montag wurde beim Anti-Atom-Gipfel im Wiener Rathaus mit NGOs und VetreterInnen aller politischen Parteien eine Resolution zu Dukovany unterzeichnet. „Darin werden verstärkte Anstrengungen zur Schließung der bestehenden Reaktoren am Standort Dukovany eingefordert und im Falle absehbarer staatlicher Subventionen der Tschechischen Republik – analog zu Hinkley Point und Paks – eine Klage gegen die Bewilligung der Staatsbeihilfen durch die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof“, berichtet Sima, die sich für den Schulterschluss zwischen den Bundesländern und den NGOs bedankt.

Gravierende Probleme des AKW Dukovany

  • Gefahr durch Parallelbetrieb: Die geplante Errichtung neuer zusätzlicher Reaktoren am Standort, die im aktuellen Verfahren sehr ungenau definiert sind, würde eine Gefährdung Österreichs vergrößern. Bei Parallelbetrieb der alten und neuen Reaktoren tritt jedenfalls eine Erhöhung des Risikos ein.
  • Kühlwassermangel: Besonders kritisch ist die Versorgung mit ausreichend Kühlwasser am Standort Dukovany. Trotz des fortschreitenden Klimawandels und der unsicheren Prognosen für die zukünftigen Niederschläge hat sich der Betreiber nur unzureichend und sehr optimistisch mit dieser für die Betriebssicherheit essentiellen Frage beschäftigt. Höhere Risiken durch zu geringe Kühlwasserkapazitäten sind jetzt schon durch den Klimawandel zu befürchten- und würden durch zusätzliche Reaktoren noch massiv verschärft. Schon jetzt wird auf Grund der knappen Wassermengen im Fluss Jihlava das im AKW entstehende radioaktive Wasserstoffisotop Tritium über Verdampfung abgeleitet und nicht wie sonst üblich verdünnt über das Wasser.
  • Erdbebengefahr: Schon bei den bestehenden Reaktoren musste wegen der Erdbebengefährdung nachgerüstet werden. Dass ein solcher Standort daher aus Sicht der Erdbebengefährdung nicht optimal sein kann, ist evident.
  • Mangelnde Wirtschaftlichkeit: Die beiden AKW-Neuprojekte Hinkley Point C und Paks 2 zeigen, dass Kernenergie wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist. Dieser Umstand hat in jüngster Zeit nicht nur zum Quasi-Bankrott von KKW-Errichtern (AREVA, Toshiba/Westinghouse) geführt, sondern auch zur Schließung der Atomsparte innerhalb langjährig in diesem Bereich tätiger Unternehmen (Siemens). Auch in Tschechien werden nach der gescheiterten Ausschreibung zu Temelin immer mehr Stimmen laut, die eine staatliche Finanzierung der Neubauten verlangen.

Europaweite Vernetzung gegen Atomkraft
Landesrat Anschober: „Wir haben jetzt die historische Chance, den Grundstein für ein Europa ohne hochriskante Atomkraft zu legen – indem wir absolut unwirtschaftliche Neubau-Projekte stoppen und klare Laufzeitbeschränkungen europaweit festlegen. Ich habe dazu die Allianz der Regionen für einen europaweiten Atomausstieg gegründet – als Antwort auf die immer noch starke Atomlobby in der EU. Mittlerweile sind Regionen mit rund 50 Millionen EinwohnerInnen in der Allianz vertreten. Als Arbeits-Standort wurde zuletzt Oberösterreich festgelegt – wir sind somit noch stärker die Antiatom-Drehscheibe Europas. Am 12.Juli wird das Europäische Gericht voraussichtlich über die von mir initiierte Nichtigkeitsklage gegen die Subvention des britischen AKW-Projektes Hinkley Point entscheiden. Dieses Grundsatzurteil könnte der Einstieg in den europaweiten Atomausstieg werden. Denn ohne Subventionen keine neuen AKW in der EU - und damit auch kein Ausbau von Dukovany, da neue AKW völlig unwirtschaftlich sind."

Sima fordert angesichts der aktuellen Ausbaupläne einmal mehr einen europäischen Atom-Ausstieg und verweist dazu auf das von ihr initiierte europäische Städtenetzwerk Cities for a Nuclear Free Europ: „Es ist unverantwortlich, den Ausbau von AKW weiterzutreiben! Wien arbeitet gemeinsam mit allen Bundesländern und vielen Städten in Europa intensiv für einen europäischen Atomausstieg und den Ausbau erneuerbarer Energien“, so Sima.

Pernkopf: „Das AKW Dukovany liegt nur 32 Kilometer von der niederösterreichischen Landesgrenze entfernt und gefährdet Österreich bei einem Unfall. Den Ausbau lehnen wir strikt ab, 64.000 Unterschriften aus Niederösterreich unterstreichen diese klare Haltung.“

 

 

 

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