Bischöfe an Regierung: EU-Ratsvorsitz
 für soziale Ziele nützen

 

erstellt am
13. 06. 18
13:00 MEZ

Regierungsmotto "Ein Europa, das schützt" muss soziale Dimension im Blick haben und nicht nur für Menschen in Europa sondern auch Schutzsuchende gelten
Mariazell/Wien (kap) - Für eine soziale Europäische Union, die nicht nur ihre eigenen Bürger schützt, sondern auch Menschen auf der Flucht Sicherheit bietet, plädieren die österreichischen Bischöfe. In einer Erklärung zum Abschluss der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz in Mariazell haben die Bischöfe die anstehenden österreichischen EU-Ratsvorsitz zum Anlass genommen, der Regierung einige grundlegende Weisungen mit auf den Weg zu geben. So mahnen die Bischöfe beispielsweise einmal mehr konkrete Schritte zu einem gemeinsamen EU-Asylsystem ein. Eine sozial stabile solidarische Union müsse jedenfalls Priorität haben gegenüber einer "billigeren" Union.

Viele Menschen fühlten sich gegenwärtig von globalen Entwicklungen und Umwälzungen bedroht und befürchteten einen sozialen Abstieg. Von der Politik erhofften sie sich ausreichend Schutz und Sicherheit, heißt es in der Erklärung. Vor diesem Hintergrund habe die österreichische Bundesregierung ihren Ratsvorsitz unter das Motto "Ein Europa das schützt" gegestellt, zeigen die Bischöfe Verständnis, halten zugleich aber fest: "Es wird von den Verantwortungsträgern abhängen, ob dieses Leitwort die politischen und gesellschaftlichen Kräfte dazu befähigt, Ängste zu nehmen und anstehende Probleme zu lösen."

So wichtig die wirtschaftliche Weiterentwicklung und Umgestaltung der Europäischen Union sein mag: Ein "Europa, das schützt" müsse die soziale Dimension im Blick haben, fordern die Bischöfe und weiter wörtlich: "Es geht um eine gute Vorbereitung junger Menschen auf einen gewandelten Arbeitsmarkt, faire und menschenwürdige Arbeitsbedingungen und einen gerechten Lohn, die soziale Absicherung bei Krankheit und Arbeitslosigkeit sowie eine ausreichende Versorgung im Alter." Noch immer gebe es innerhalb der EU Regionen und Bevölkerungsgruppen, die von manifester Armut betroffen sind. Europäische Förderprogramme könnten dabei helfen, Armutsmigration zu überwinden, Menschenhandel zu unterbinden und ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Für Asyl und Integration
Das Motto "Ein Europa, das schützt" dürfe aber nicht nur für jene Menschen gelten, die in der EU leben, sondern auch für jene, "die persönlich verfolgt sind oder deren Leben bedroht ist und die daher in der EU Zuflucht suchen", halten die Bischöfe fest. Schutz meine nicht nur die Aufnahme dieser Menschen in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union und eine qualitätsvolle Prüfung der Asylanträge, sondern vor allem auch die Integration jener Personen, die bereits Asyl erhalten haben. "Integration muss vom ersten Tag an beginnen und Menschen in die Mitte der Gesellschaft bringen", heißt es wörtlich in der Erklärung.

Vom österreichischen Ratsvorsitz erhoffen sich die Bischöfe konkrete Schritte zu einem gemeinsamen Asylsystem der EU. "Es braucht eine konsequente politische Strategie zur Eindämmung der vielen regionalen Konflikte, der Hauptursache für Fluchtbewegungen. Gefordert sind Maßnahmen zum Ausgleich der wirtschaftlichen Ungerechtigkeit, die ganze Staaten in die Verelendung treibt", so die Bischöfe. Weit mehr als bisher müsse dafür getan werden, "dass Menschen außerhalb Europas Möglichkeiten bekommen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen". Die Zukunft Europas entscheide sich nicht an den Fluchtrouten, sondern in den Flüchtlingslagern im Nahen Osten und in den Krisenregionen Afrikas.

Westbalkan im Blick
Anerkennung zollen die Bischöfe der Regierung dafür, dass sie ihr Augenmerk auf die Stabilität in der Nachbarschaft und besonders in den Ländern im westlichen Balkan bzw. ehemaligen Jugoslawien legen will. Dieses Anliegen teile die Regierung mit den österreichischen Bischöfen, die bei ihrer letzten Vollversammlung mit den Bischöfen von Bosnien-Herzegowina in Sarajewo zusammengetroffen sind. Der künftige Beitritt dieser Länder sei eine "konkrete Hoffnungsperspektive vieler Menschen hin zu einem friedlichen Zusammenleben". Es bedürfe deshalb noch größerer politischer, wirtschaftlicher und kultureller Anstrengungen, um diese Länder an die Europäische Union heranzuführen.

Leben schützen und fördern
"Die Stimme für das Leben darf nie verstummen." Mit diesen Worten haben sich die heimischen Bischöfe einmal mehr für eine humane Kultur des Lebens in Österreich ausgesprochen. In einer Erklärung zum Abschluss der Sommervollversammlung der Bischofskonferenz unterstreichen sie die unbedingte christliche Pflicht, Leben zu schützen und zu fördern: "Daher sind Christen Freunde des geborenen wie auch des noch nicht geborenen Lebens, Freunde des entfalteten Lebens ebenso wie Freunde des Lebens mit Behinderung und schließlich ganz umgreifend Freunde des zeitlichen und des ewigen Lebens."

Eine humane Kultur des Lebens bemesse sich daran, wie sehr es einer Gesellschaft gelingt, das Leben von Menschen besonders dort zu schützen, wo es am verletzlichsten ist: ab dem Zeitpunkt der Empfängnis und in seiner letzten Phase vor dem natürlichen Ende. Die Bischöfe danken in ihrer Erklärung allen kirchlichen, kirchennahen und gesellschaftlichen Initiativen, "die schwangeren Frauen, Müttern und ihrem Umfeld Hilfe und Beratung bei ihrem Ja zum Leben anbieten".

Diese Angebote könnten freilich noch besser und zielgerichteter sein, wenn es in Österreich - so wie in fast allen europäischen Ländern -gesicherte Informationen zu Schwangerschaftsabbrüchen und ihren Ursachen gäbe, mahnen die Bischöfe: "Noch immer warten die vor über vierzig Jahren von der Politik angekündigten 'flankierenden Maßnahmen' auf ihre Umsetzung." Die Bischöfe betonen ihre Unterstützung für alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte, "die sich dafür einsetzen und damit das ungeborene Leben schützen und fördern wollen".

Frieden und Hilfe für Syrien
Zu Solidarität mit der notleidenden syrischen Bevölkerung hat die Österreichische Bischofskonferenz aufgerufen. "Sieben Jahre Krieg sind genug!", so die Bischöfe wörtlich in einer Erklärung: "Das Leid der Betroffenen ist unerträglich und schreit zum Himmel." Das Ausmaß der Zerstörung - seelisch wie materiell - sei unbeschreiblich. Syrien brauche keine Waffenlieferungen, "sondern Frieden und eine gerechte politische Lösung". Darin seien die Großmächte genauso gefordert, wie die regionalen Mächte und die Konfliktparteien im Land.

Ein dauerhafter Friede werde nur auf Basis der Menschenrechte und Religionsfreiheit sowie einer gerechten wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung möglich sein, so die Bischöfe. Sie erinnern daran, dass sich die österreichische Bundesregierung im Koalitionsvertrag dazu bekannt habe, sich international gegen die Verfolgung religiöser Minderheiten - insbesondere christlicher Minderheiten - und für eine Friedenslösung im Nahen Osten einzusetzen. Die Bischöfe appellieren deshalb an die Regierung, "diesen Ankündigungen konkrete politische wie auch humanitäre Taten folgen zu lassen". Zugleich bitten sie alle Menschen guten Willens in Österreich, der notleidenden Bevölkerung in Syrien solidarisch beizustehen.

 

 

 

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