Schaulustigen droht künftig
 Geldstrafe von bis zu 500 Euro

 

erstellt am
22. 06. 18
13:00 MEZ

Innenausschuss gibt grünes Licht für Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz
Wien (pk) – Schaulustige, die Rettungseinsätze behindern oder Handyfotos von Unfallopfern schießen, müssen künftig mit einer Geldstrafe von bis zu 500 € rechnen. Bei besonders erschwerenden Umständen droht "Gaffern" sogar einwöchige Haft. Der Innenausschuss des Nationalrats hat am 21. Juni einhellig eine entsprechende Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz beschlossen. Es sei sinnvoll, wenn die Exekutive die Möglichkeit habe einzuschreiten, sind sich die Abgeordneten einig. Geld- bzw. Haftstrafen drohen allerdings erst, wenn man sich trotz Abmahnung nicht an Anordnungen hält.

Kurzfristig eingefügt wurden in die SPG-Novelle noch weitere Bestimmungen, die lediglich die Zustimmung der Koalitionsparteien erhielten. Dabei geht es um die Ermächtigung der Exekutive, den öffentlichen Raum rund um Botschaftsgebäude und andere völkerrechtlich unter besonderem Schutz stehende Objekte im Falle einer besonderen Gefährdungslage künftig per Video zu überwachen und auf diese Weise personenbezogene Daten zu ermitteln.

Genehmigt hat der Innenausschuss darüber hinaus ein Abkommen mit Ungarn, das eine Ausweitung der polizeilichen Zusammenarbeit mit dem östlichen Nachbarstaat zum Inhalt hat. Ein Antrag der NEOS betreffend die Befolgung von Anordnungen des UN-Menschenrechtsausschusses wurde hingegen abgelehnt. Vertagt wurden die Beratungen über einen Antrag der Liste Pilz, der auf die Weiterfinanzierung bestehender Gewaltschutz-Schulungen für PolizeischülerInnen abzielt.

Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz soll Vorgehen gegen Gaffer erleichtern
Mit der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz ( 194 d.B. ) wird die Exekutive ausdrücklich ermächtigt, unbeteiligte Dritte vom Ort des Geschehens wegzuweisen, wenn diese Hilfeleistungen behindern oder die Privatsphäre jener Menschen unzumutbar beeinträchtigen, die vom Unfall betroffen sind. Wer sich trotz Abmahnung nicht an die Anordnungen der Polizei hält, riskiert eine Geldstrafe von bis zu 500 €. Bei Vorliegen erschwerender Umstände kann alternativ auch eine Freiheitsstrafe von bis zu einer Woche bzw. im Wiederholungsfall von bis zu zwei Wochen verhängt werden.

Immer wieder komme es vor, dass Schaulustige bei Verkehrsunfällen oder anderen Unglücksfällen Einsatzkräfte behindern, wird die Gesetzesinitiative begründet. Bei Unfällen zähle aber oft jede Sekunde. Zudem gelte es, die Privatsphäre der Unglücksopfer und anderer Beteiligter zu schützen. Es sei eine Zumutung für die Rettungskräfte und pietätlos gegenüber den Betroffenen, was hier manchmal passiere, bekräftigte Innenminister Herbert Kickl im Ausschuss.

Ergänzend zur Gesetzesnovelle will Kickl bewusstseinsbildende Maßnahmen setzen. So sei man mit der Asfinag im Gespräch über eine Informationskampagne im Bereich der Autobahnen.

Die Novelle wurde von den Abgeordneten einhellig begrüßt. So sprachen etwa Werner Herbert (FPÖ), Werner Amon (ÖVP), Alfred Noll (PILZ) und Stephanie Krisper (NEOS) von einer sinnvollen Maßnahme. Es sei zweckmäßig, Schaulustige vom Unfallort wegzubringen. Neben einer ergänzenden Bewusstseinskampagne hält ÖVP-Abgeordneter Karl Mahrer aber auch organisatorische Maßnahmen für erforderlich, um die Exekutive auf die Umsetzung des Gesetzes vorzubereiten. In Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen unmittelbar nach der Kundmachung der Novelle im Bundesgesetzblatt.

Videoüberwachung soll auch präventiven Charakter haben
Die mittels ÖVP-FPÖ-Abänderungsantrags in die SPG-Novelle eingefügten neuen Befugnisse zur Videoüberwachung werden damit begründet, dass Österreich völkerrechtlich verpflichtet sei, bestimmten Objekten einen besonderen Schutz zukommen zu lassen. Neben Botschaftsgebäuden betrifft das etwa Kriegsgräber und Denkmäler der Alliierten. Wenn sich aufgrund einer ortsbezogenen Risikoanalyse ein Bedarf an besonderen Schutzmaßnahmen ergibt, dürfen die Objekte demnach künftig durch Einrichtungen zur Bild- und Tonaufzeichnung gezielt gesichert werden, wobei die Daten auch für die Verhinderung bzw. Aufklärung anderer Straftaten und für Fahndungszwecke verwendet werden können. In jedem Fall ist der Rechtsschutzbeauftragte des Innenministeriums einzubeziehen.

Ausdrücklich gegen die neuen Bestimmungen sprach sich Alfred Noll (PILZ) aus. Er kritisierte insbesondere, dass die Videoaufzeichnungen auch für andere Zwecke als für den Schutz der Objekte verwendet werden könnten. Auch die SPÖ und die NEOS waren vorerst noch skeptisch. Sie müsse den Abänderungsantrag erst prüfen, sagte Stephanie Krisper (NEOS). Maurice Androsch (SPÖ) hält es nicht für ausreichend geklärt, wer die Daten sammle und wer diese bekomme.

Innenminister Kickl bekräftigte, dass eine Videoüberwachung nur im Falle einer besonderen Gefährdungslage durchgeführt werde und auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken sei. Überdies sei das Material grundsätzlich nach 48 Stunden zu löschen. Die Videoüberwachung sei auch klar ersichtlich zu machen und habe damit auch präventiven Charakter. Als Beispiel für einen Anwendungsbereich nannte er das "Russen-Denkmal" in Wien, das in den vergangenen Jahren mehrfach beschädigt wurde.

Österreich und Ungarn wollen polizeiliche Zusammenarbeit verbessern
Einstimmig hat der Ausschuss weiters ein bilaterales Abkommen mit Ungarn ( 150 d.B. ) gebilligt, das eine Verbesserung der polizeilichen Zusammenarbeit zwischen Österreich und Ungarn zum Ziel hat. Konkret geht es darum, den seit Juni 2006 geltenden Vertrag zwischen den beiden Ländern über die Zusammenarbeit bei der Vorbeugung und Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in etlichen Punkten zu adaptieren und an neue rechtliche Entwicklungen sowie aktuelle Anforderungen an die Polizeiarbeit anzupassen. Die Regierung erwartet sich davon eine weitere Steigerung der Effizienz bei der Vorbeugung, Verhinderung und Aufklärung strafbarer Handlungen.

Unter anderem geht es im vorgelegten Protokoll um die Frage der grenzüberschreitenden Nacheile bei der Verfolgung einer Person, die Erleichterung gemischter Streifendienste, grenzüberschreitende Kontrollen in Zügen und Schiffen, die Bereitstellung von Deckkennzeichen und die Durchbeförderung abgeschobener Personen über das Hoheitsgebiet des jeweils anderen Staates. Außerdem werden neue Bestimmungen zur Gewährleistung der Sicherheit im Straßenverkehr, zur Korruptionsbekämpfung und betreffend die Zusammenarbeit zur Verhinderung und Aufklärung von Finanzvergehen in den Vertrag aufgenommen. Präzisiert werden überdies die Bestimmungen zur Löschung und Richtigstellung von Daten.

Da durch den Vertrag auch Länderkompetenzen berührt werden, benötigt dieser auch die Zustimmung des Bundesrats.

NEOS für Befolgung von Verfügungen des UN-Menschenrechtsausschusses
Vom Innenausschuss abgelehnt wurde eine von den NEOS beantragte Änderung des Fremdenpolizeigesetzes ( 238/A ). Stephanie Krisper wollte damit eine rechtliche Grundlage dafür schaffen, Zwangsmaßnahmen gegenüber Fremden wie Abschiebungen aufgrund von Verfügungen des UN-Menschenrechtsausschusses (HRC) auszusetzen. Konkret sollen "Empfehlungen einer vorläufigen Maßnahme" durch den HRC die gleiche Bindungswirkung entfalten wie entsprechende Empfehlungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR).

FPÖ-Abgeordneter Philipp Schrangl sieht keine Notwendigkeit für gesetzliche Änderungen, nicht nur, weil der HRC als Institution nicht unumstritten sei, sondern vor allem deshalb, weil er keine gerichtlichen Funktionen habe. Daher könnten seine Entscheidungen keine Bindungswirkung haben. In Österreich sei der Schutz der Menschenrechte bereits ausreichend gesetzlich und institutionell verankert. Auch die Zulässigkeit von Zwangsmaßnahmen werde immer wieder gerichtlich überprüft. Innenminister Herbert Kickl bekräftigte diese Argumentation und sagte, eine solche rechtliche Bestimmung, wie sie die NEOS fordern, käme einem "Gold Plating" gleich.

Bisher sei Österreich den so genannten "Interim Measures" des UN-Menschenrechtsausschusses (HRC) in der Regel mit dem Argument nicht nachgekommen, dass die rechtliche Basis für eine Bindungswirkung fehle. Nun habe man diese Argumentation offenbar geändert, kritisierte Krisper. Nach Meinung führender Völkerrechtsexperten wäre Österreich als Vertragsstaat des Internationalen Pakts über die bürgerlichen und politischen Rechte sehr wohl an die einstweiligen Verfügungen gebunden. Der HRC sei im Unterschied zum UN-Menschenrechtsrat ein Expertengremium. Krisper konnte sich mit ihren Argumenten aber nicht durchsetzen. Unterstützt wurde der Antrag nur von den Oppositionsparteien, während die ÖVP-FPÖ-Mehrheit ihn ablehnte.

Gewaltschutz: Liste Pilz urgiert Weiterfinanzierung von Polizeischulungen
Ein von Abgeordneter Stephanie Cox von der Liste Pilz eingebrachter Antrag ( 267/A(E) ) zielt drauf ab, die Zusammenarbeit zwischen den Frauenhäusern und der Polizei bei der Schulung angehender PolizistInnen in bewährter Manier fortzusetzen. Alfred Noll (PILZ) kritisierte im Ausschuss, dass eine seit 20 Jahren erfolgreiche Kooperation aufgekündigt werde und externe ExpertInnen Schulungen in der Polizeigrundausbildung nur noch unentgeltlich abhalten können, bei gleichzeitiger Reduzierung der Stundenzahl von 16 auf 12.

Auch Irene Hochstetter-Lackner (SPÖ) unterstützte den Antrag und meinte, dem Thema Gewalt in der Familie dürfe keinesfalls ein geringerer Stellenwert beigemessen werden als bisher. Wie die Liste Pilz fürchtet sie insgesamt negative Auswirkungen der Maßnahme auf die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Opferschutzeinrichtungen. Die Vernetzung mit den Frauenhäusern sollte jedenfalls weiterbestehen.

ÖVP-Abgeordneter Karl Mahrer betonte, die Schulungen zum Thema Gewaltprävention seien auch ihm ein besonderes Anliegen. Allerdings betreffe der Antrag nur ein Modell, das ausschließlich in Wien angewandt worden sei. Unterdessen gebe es auch ein bundesweites Modell in Form eines modularen Kompetenztrainings, das einen starken Fokus auf Praxisbezogenheit lege und insgesamt 40 Stunden umfasse. Darin seien weiterhin 16 Stunden dem Thema Gewalt in der Privatsphäre gewidmet, es gebe also keine Stundenkürzungen. Derzeit evaluiere die Task-Force zur Reform des Strafrechts bei Sexualdelikten und bei Gewalt gegen Frauen und Kinder alle Präventionsmaßnahmen. Er sei dafür, deren Ergebnisse abzuwarten, bis dahin könne der Antrag vertagt werden. Die Vertagung wurde mehrheitlich angenommen.

Auch Innenminister Kickl unterstrich, es herrsche Konsens darüber, wie wichtig die Präventionsarbeit bei häuslicher Gewalt sei. Man habe keine Stunden in der Polizeiausbildung gekürzt, unterstrich er.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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