Finanzminister Löger plant derzeit keine Pensionsreform

 

erstellt am
27. 06. 18
13:00 MEZ

Budgetausschuss diskutiert Nationales Reformprogramm, Situation der Eurozone und Budgetvollzug
Wien (pk) - Nationale Reformen standen am 26. Juni im Mittelpunkt der Sitzung des Budgetausschusses. Die Debatte zum Nationalen Reformprogramm 2018 wurde von den Abgeordneten unter anderem dazu genutzt, die künftige Finanzierung des Pensionssystems und der Pflege sowie die Verteilung der Steuerlast zu thematisieren. Eine Pensionsreform zur Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters plane die Regierung in dieser Legislaturperiode nicht, so Finanzminister Hartwig Löger. Zunächst gelte es, das faktische Pensionsantrittsalter zu steigern. Ziel sei auch, die betriebliche und private Vorsorge zu stärken. Zur Abschaffung des Pflegeregresses meinte er, der Beschluss im Vorjahr sei überhastet getroffen worden, bis Anfang 2019 wolle er die offene Frage zur Gegenfinanzierung der Länderausgaben aber klären.

Für eine umfassende Entlastung des Faktors Arbeit, die gerade Kleinstverdienenden zugutekommt, traten SPÖ und Liste Pilz ein, wobei die Budgetsprecher Kai Jan Krainer und Bruno Rossmann auch mehr Einsatz von der Regierung bei der Armutsbekämpfung verlangten. Löger betonte daraufhin, sich zur Unterstützung von Personen, die nicht arbeiten können, zu bekennen. Letztendlich solle jedoch die eigene Arbeitsleistung als Basis für ein gutes Leben dienen.

Außerdem informierte Finanzminister Löger über den Stand der Euro-Krisenländer, speziell über Griechenland. Nach der kürzlich beschlossenen Auszahlung der letzten Hilfstranche der Euroländer werde das Land wieder in der Lage sein, sich selbst am Finanzmarkt zu refinanzieren, ist er optimistisch.

Nationales Reformprogramm zeigt Handlungsfelder auf
In den Nationalen Reformprogrammen berichten die EU-Mitgliedsländer der Europäischen Kommission jährlich über ihre Strategie für nachhaltiges Wachstum und den Umsetzungsstand der länderspezifischen Kommissionsempfehlungen, erläutert der parlamentarische Budgetdienst. Die Reformprogramme sind Teil des Europäischen Semesters zur haushaltspolitischen Überwachung und Koordinierung im Rahmen der Wachstumsstrategie "Europa 2020" der Europäischen Union. Aus Sicht von ÖVP-Abgeordneter Maria Theresia Niss bietet das aktuelle Regierungsprogramm eine gute Grundlage für den Wachstumspfad und sie nannte die Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern und den Ausbau der Primärversorgung im Gesundheitswesen als Beispiele geplanter und teilweise schon umgesetzter Maßnahmen.

In ihren Einschätzungen zum letzten Jahr stellte die Europäische Kommission tatsächlich fest, Österreich habe im Gesundheitsbereich einige Fortschritte erzielt. Begrenzte Verbesserungen erkennt die Hüterin der Verträge in puncto Kompetenzbereinigungen bei den Finanzierungs- und Ausgabenverantwortlichkeiten, während sie im Pensionssystem keine Fortschritte sieht ( III-148 d.B.), wie NEOS-Budgetsprecherin Karin Doppelbauer genauso monierte. Doppebauer kritisierte, ungeachtet der längeren Pensionsbezugsdauern verfüge Österreich weiterhin über ein Pensionssystem, das auf nicht einzuhaltenden Zinssätzen fuße, also nicht nachhaltig sei.

Die Empfehlungen der Europäischen Kommission für das Jahr 2018 stellen die Einhaltung des mittelfristigen Haushaltsziels 2018 sowie die Verbesserung ganztätiger Kinderbetreuungsangebote in den Vordergrund. Geht es nach der Kommission, so gehören außerdem die Bildungsergebnisse junger MigrantInnen verbessert und Hindernisse im Dienstleistungssektor abgebaut sowie die Digitalisierung von Unternehmen gefördert. Weiters zählt die langfristige Tragfähigkeit des Langzeitpflegesystems aus Kommissionssicht zu Österreichs Herausforderungen, erschließt sich aus der Analyse des Budgetdiensts.

Opposition mahnt umfassende Steuerentlastung ein
Liste-Pilz-Budgetsprecher Bruno Rossmann zeigte sich ebenfalls besorgt über die langfristige Finanzierung der Pflege, die angesichts der demographischen Entwicklung immer mehr an Bedeutung gewinne. Weniger Handlungsbedarf macht er dagegen bei den Pensionen aus, widersprach er Doppelbauer, denn bis 2070 werde im Aging-Report nur ein Anstieg von 0,5 Prozentpunkten des BIP bei den Pensionsleistungen vorhergesagt. Die größte Bedeutung misst Rossmann der Kommissionsempfehlung bei, die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit zu senken und er drängte wie Kai Jan Krainer (SPÖ) auf Umschichtungen hin zu "weniger wachstumsschädlichen" Vermögensabgaben, etwa im Rahmen der Grundsteuer. Beim Finanzausgleich mit den Bundesländern vermisst Rossmann eine ausgabenorientierte Gestaltung.

Hinsichtlich Armutsbekämpfung sieht Kai Jan Krainer (SPÖ) die Regierung auf dem falschen Weg. Mit der bedarfsorientierten Mindestsicherung habe man ein Instrument geschaffen, das ein Sinken der Armut in Österreich trotz internationaler Finanzkrise sicherstellte, prognostizierte Krainer bei Kürzungen dieser Leistung einen neuerlichen Armutszuwachs hierzulande. Seine Parteikollegin Gabriele Heinisch-Hosek sieht ebenfalls "die Zukunft nicht rosig". Als frühere Bildungsministerin prangerte sie Mittelkürzungen beim Ausbau der Ganztagsschulen, Kindergärten und –krippen an, zumal mit dem angekündigten 12-Stunden-Arbeitstag noch mehr Frauen aufgrund fehlender Kinderbetreuung aus der Erwerbstätigkeit verbannt würden.

Löger: Arbeit soll sich lohnen
Eine "Trendwende" habe die Regierung gesetzt, sagte wiederum Finanzminister Löger in Bezug auf die Lastenverteilung in Österreich. Der Armutsgefährdung wirke man mit einer fairen Leistungsgestaltung entgegen, sodass Wirtschaftswachstum und die eigene Arbeit ein gutes Leben sicherstellen können. In diesem Zusammenhang mahnte Löger auch mehr Transparenz bei der Mittelvergabe ein. Solidarische Leistungen sollten nur jenen zuteilwerden, die sie wirklich benötigen. Dementsprechend ziele das neue Modell der Mindestsicherung darauf ab, Menschen zur Arbeit zu aktivieren, anstatt sie in der Leistungsabhängigkeit zu belassen. Mit der Zielsetzung, dass Erwerbsarbeit sich lohnen soll, arbeite sein Haus auch an einer Steuerentlastungsreform mit Augenmerk speziell auf kleine und mittlere Einkommen.

Für eine Anhebung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters macht der Finanzminister derzeit noch zu wenig parteiübergreifenden Konsens in Österreich aus. Die Möglichkeit der Altersteilzeit solle jedoch auf eine Annäherung des faktischen an das gesetzliche Antrittsalter hinwirken. Zur Kritik am Bildungsbudget meinte er, Kürzungen gebe es hier keine, lediglich die Schwerpunktsetzungen seien im Sinne der Effizienz und Effektivität – etwa bei der Sprachförderung - verschoben worden. Bei den von Rossmann aufgeworfenen Punkten Grundsteuer und Finanzausgleich verwies Löger auf laufende Gespräche im Finanzministerium.

Breiten Raum gab Finanzminister Löger der künftigen Pflegefinanzierung. Inwieweit die 2017 beschlossene Abschaffung des Pflegeregresses durchdacht war, darüber war er vielfach uneins mit dem ehemaligen Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), der im Ausschuss festhielt, unter seiner Ägide sei die Pflegereform umfassend geplant gewesen. Insgesamt ließ Stöger kein gutes Haar an den Plänen der Regierung: Der 12-Stunden-Arbeitstag stehe einer altersgerechten Arbeit entgegen, die Neuregelung der Altersteilzeit ermuntere keineswegs zum späteren Pensionsantritt. Der Bericht zum Nationalen Reformprogramm wurde schließlich nur von ÖVP, FPÖ und NEOS zur Kenntnis genommen

Griechenland gerüstet für Eigenfinanzierung am Finanzmarkt
Von einer durchwegs positiven Entwicklung berichtete Finanzminister Löger von den Euro-Krisenländern in detaillierten Berichten (14/BA und 15/BA), die der Ausschuss einstimmig annahm. Die Rückzahlungsrisiken Irlands und Portugals seien gering. Spanien habe erneut eine frühzeitige Rückzahlung an den ESM geleistet. In Zypern entwickle sich die Wirtschaft positiv, wenn auch weiterhin Herausforderungen bestünden. Griechenland habe Ende März große Teile der vierten Tranche aus dem ESM-Programm ausbezahlt bekommen. Mit den insgesamt 15 Mrd. € könne sich das Land wieder eigenständig am Finanzmarkt kapitalisieren, erklärte Löger im Ausschuss. Eine nachhaltige Überprüfung der von Athen eingeleiteten Reformen sei unter den Euroländern vereinbart worden. Bruno Rossmann (PILZ) sprach allerdings den Euroländern ab, nur aus Gründen der Solidarität Griechenland aus der Krise geholfen zu haben. Immerhin hätten die Finanzhilfen der letzten acht Jahre an Griechenland vor allem der Stabilisierung des Bankensystems im Euroraum gedient, wohingegen die griechische Bevölkerung durch die Austeritätspolitik mit Not und Elend konfrontiert gewesen sei. Folglich brach er eine Lanze für einen Schuldenschnitt.

ÖVP-Abgeordneter Franz Hörl und FPÖ-Mandatar Maximilian Lindner brachten noch Überlegungen zur Umstrukturierung des ESM und zur Schaffung eines Eurozonenbudgets zur Sprache. Finanzminister Löger zufolge stehen derartige Reformvorhaben erst am Anfang, die Weiterentwicklung der Fiskalkapazitäten würde auf europäischer Ebene jedoch laufend diskutiert.

Löger: Auflösung der Arbeitsmarktrücklage ist Maastricht-wirksam
Die Debatte verlagerte sich im weiteren Verlauf der Sitzung auf den aktuellen Budgetvollzug. Den Abgeordneten lagen dabei Berichte des Finanzministers an den Budgetausschuss über die Entwicklungen in den ersten Monaten des Jahres vor (13/BA, 18/BA), die jeweils mehrheitlich gegen die Stimmen der Liste Pilz zur Kenntnis genommen wurden. Demnach wird sich die Auflösung der Arbeitsmarktrücklage mit 170 Mio. € auf den Maastricht-Saldo auswirken, informierte Hartwig Löger. Die geplanten Sozialausgaben liegen um 271,3 Mio. € bzw. um 8,7% über den Ausgaben des Vorjahres. Aufgrund der Einigung zwischen Bund und Ländern zur Finanzierung der Abschaffung des Pflegeregresses soll es 2018 Mehrauszahlungen von bis zu 240 Mio. € im Bereich Soziales geben.

Kaum Veränderung verzeichnet das Defizit gegenüber dem Vorjahr in den Monaten Jänner bis April, es liegt weiterhin bei -4,8 Mrd. €. Sowohl die Auszahlungen als auch die Einzahlungen waren höher als 2017. Bei den Auszahlungen schlagen sich höhere Ausgaben in den Bereichen Pensionsversicherung, Bundesvermögen und Finanzierungen zu Buche. Dabei kam es bei der Pensionsversicherung zu einem Sondereffekt durch die Verrechnung des Überweisungsbetrags der Bank Austria. Beim Bundesvermögen wurde die Verrechnung der Ausfuhrförderungen umgestellt. Die höheren Einnahmen werden vom Finanzministerium hauptsächlich auf öffentliche Abgaben, den Bereich Arbeit sowie die Untergliederung Bundesvermögen zurückgeführt.

SPÖ-Abgeordnete Karin Greiner sprach im Zusammenhang mit der Auflösung der Arbeitsmarktrücklage von einem Risiko für den Budgetvollzug. Der Finanzminister erklärte, die Rücklage sei in Förderungsmaßnahmen umgewidmet worden. Seitens des Budgetdienstes des Parlaments bestätigte Helmut Berger, dass sich Maastricht-Ergebnis durch die Maßnahme verschlechtern werde. Die von Bruno Rossmann (PILZ) thematisierte vorzeitige HETA-Ausschüttung in der Höhe von 1,6 Mrd. € wiederum sind, wie der Finanzminister mitteilte, bereits in die Maastricht-Kriterien eingerechnet. Im Übrigen geht Löger nicht davon aus, dass bereits dieses Jahr das Null-Defizit erreicht werden kann. Für 2019 sei aber ein administrativer Überschuss von 540 Mio. € zu erwarten, meinte er.

Ebenfalls mehrheitlich ohne die Stimmen der Liste Pilz passierte ein Ressortbericht über die Genehmigung von Mittelverwendungsüberschreitungen sowie über zugestimmte Vorbelastungen im 1. Quartal 2018 den Ausschuss (16/A). Die Abgeordneten konnten daraus entnehmen, dass nicht finanzierungswirksame Mittelverwendungsüberschreitungen von 595,56 Mio. € genehmigt wurden. Der Rücklagenstand per 31. März 2018 betrug 15,72 Mrd. €. Die größten Überschreitungen gab es im Bereich Wirtschaft mit insgesamt 369,03 Mio. € (Personal- und Prozesskostenrückstellungen, Forderungsabschreibungen, Mindererträge aus der Veräußerung von Anlagen etc.) und bei Familien und Jugend (68,47 Mio. €) für den Aufwand aus Vorperioden.

Im ersten Quartal 2018 wurde auch eine Vorbelastung in der Höhe von 269.000 € im Bereich Umwelt, Energie und Klima genehmigt. Diese wird auf die Betrauung des Umweltbundesamtes mit der fachlichen Bewertung und Mitwirkung an den Aufgaben zur Erfassung, Untersuchung und Sanierung von Verdachtsflächen und Altlasten sowie der Einrichtung des Verdachtsflächenkatasters und des Altlastenatlasses zurückzuführen.

SPÖ will Beteiligungscontrolling und Ausgliederungsbericht zusammenführen
Die SPÖ strebt eine Zusammenführung der Berichtspflichten an den Budgetausschuss vor. Konkret will Markus Vogl den Beteiligungs- und Finanzcontrolling-Bericht mit dem Ausgliederungsbericht zusammenführen. Dazu müssten börsennotierte Aktiengesellschaften künftig einem Beteiligungscontrolling unterliegen sollen ( 187/A). Diese sind derzeit gesetzlich ausgenommen, da die Kennzahlen im Ausgliederungsbericht zu finden sind. Geht es nach Vogl, so unterliegen künftig jene Gesellschaften, die die erforderlichen Zahlen bereits im Rahmen der gesetzlich vorgesehenen Melde- und Veröffentlichungspflichten veröffentlicht haben, dem Beteiligungscontrolling.

Die Initiative wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ vertagt, zumal es, wie Wolfgang Klinger (FPÖ) zu bedenken gab, zunächst noch um die Klärung einiger offener rechtlicher Fragen geht.

Unterausschuss beschäftigt sich mit Beteiligungs- und Finanzcontrolling
In einem Unterausschuss werden sich die Abgeordneten mit Berichten des Finanzministers über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2018 bzw. wirkungsorientierte Folgenabschätzung 2017 beschäftigen. Erörtert wird dabei auch ein Antrag der SPÖ auf Wiedervorlage des Berichts zur Wirkungsorientierung 2016 (228/A(E)). Bezüglich eines Ressortberichts über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrollings zum Stichtag 30. September 2017 lag den Abgeordneten bereits der Bericht des Unterausschusses vor, der nun einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Markus Vogl (SPÖ) merkte in diesem Zusammenhang positiv an, dass sich die ausgelagerten Unternehmen insgesamt gut entwickelt haben und die Beschäftigung gestiegen ist.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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