Bautenausschuss debattiert über leistbares Wohnen

 

erstellt am
27. 06. 18
13:00 MEZ

SPÖ-Antrag zu Mietrechtsreform und Bürgerinitiative für leistbares Wohnen vertagt
Wien (pk) - Mit einer Aktuellen Aussprache mit Justizminister Josef Moser eröffnete der Bautenausschuss seine Sitzung vom 26. Juni. Im Mittelpunkt standen die Pläne der Bundesregierung im Mietrecht und zur Förderung des Wohnbaus bzw. des Wohnungseigentums. Moser kündigte an, dass ein Mietrechtskonvent und eine parlamentarische Enquete sich im zweiten Halbjahr 2019 mit den großen Fragen des Interessensausgleiches zwischen MieterInnen und VermieterInnen befassen werden. Einzelmaßnahmen für leistbares Wohnen könnten schon vorher umgesetzt werden.

Um Mietrechtsfragen ging es auch im weiteren Verlauf der Sitzung. So drängt die SPÖ in einem Antrag auf eine umfassende Reform des Mietrechts. Der Ausschuss befasste sich auch mit einer Bürgerinitiative, die unter dem Titel "Billiger wohnen jetzt! Junges Wohnen muss bezahlbar werden!" das Grundrecht auf leistbares Wohnen einfordert. Nach Vorstellung der InitiatorInnen soll dazu ein Universalmietrecht mit klaren Vorgaben für die Mietpreisbildung beitragen. Beide Punkte wurden von ÖVP und FPÖ im Hinblick auf einen geplanten Mietrechtskonvent vertagt.

Bundesminister Moser: Enquete zu Mietrecht im zweiten Halbjahr 2019 geplant
In der Aussprache mit den Abgeordneten stellte Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz Josef Moser den Fahrplan seines Ressorts zur Umsetzung des Regierungsprogramms vor. Für das zweiten Halbjahr 2019 ist ein Mietrechtskonvent geplant, der sich mit den Fragen eines zeitgemäßen Mietrechts befassen wird. Sein Ressort werde einen Vorschlag erarbeiten, der selbstverständlich vorher noch breit debattiert werden soll. Moser stellte dazu auch eine parlamentarische Enquete in Aussicht.

Die Themen, die diskutierte werden sollen, reichen laut Moser von marktkonformen Mieten in Alt- und Neubauwohnungen, dem Interessensausgleich von MieterInnen und VermieterInnen bis zur Ausgestaltung des MieterInnenschutzes. Grundsätzlich soll der Fokus darauf liegen, das Angebot auf dem Wohnungsmarkt durch Neubau und Sanierung zu erhöhen. Dabei sei Nachhaltigkeit eine Zielvorgabe, das bedeute, dass der Schwerpunkt bei der Sanierung und Erhaltung von Gebäuden und einer optimierten Flächennutzung liegen soll.

Was die Mietverhältnisse betrifft, so werde geprüft, ob in bestimmten Fällen auch kürzere Mietverträge als drei Jahre möglich sein sollen, etwa dann, wenn Sanierungen eines Hauses anstehen oder für Personen, die eine Wohnung kurzfristig für eine Ausbildung brauchen, kündigte Moser an. Das soll Leerstände vermeiden helfen. Eine Frage, der man sich widmen wolle, sei auch der so genannte "Mietadel", also die Möglichkeit für Verwandte, in bestehende günstige Mietverträge einzusteigen.

Weitere Themenkomplexe sind für Moser die Frage, ob es neue Regelungen für den Einbau von Photovoltaikanlagen braucht und die Möglichkeit der raschen Meinungsbildung und Entscheidungsfindung bei Eigentümergemeinschaften. Damit sollte laut dem Justizminister vermieden werden, dass einzelne Eigentümer wichtige Entscheidungen blockieren. Eine Neuregelung braucht es laut Moser auch bei den Lagezuschlägen. Laut einem neuen OGH-Urteil muss das unmittelbare Wohnumfeld dafür herangezogen werden. Derzeit prüfe sein Ressort, ob einzelne Maßnahmen in diesen Bereichen schon vor der Enquete gesetzt werden können. Dazu sei bereits eine Arbeitsgruppe eingerichtet worden.

Im Verlauf der Aussprache wurden einige der angesprochenen Punkte mit den Abgeordneten weiter vertieft. ÖVP-Mandatar Johann Singer verwies darauf, dass das Regierungsprogramm langfristige Mietverhältnisse fördern wolle. Auch er sieht kurzfristige Mieten als Möglichkeit, Leerstände zu vermeiden. Moser bekräftigte, dass geprüft werde, in welchen Fällen man auch kürzere Mietverträge zulassen könne. Im Fokus werden auch kleine und mittelständische Betriebe sein, um Betriebsübergaben zu erleichtern, teilte der Minister ÖVP-Abgeordneter Johanna Jachs mit. Gedacht sei an eine Regelung für MieterInnen von Geschäftslokalen, die analoge Konditionen wie Haupterben erhalten sollen.

Die Frage der Entscheidungsfindung von Eigentümergemeinschaften sollte auch baulichen Maßnahmen zugutekommen, die etwa den Breitbandausbau, Energieeffizienz und neue Energieträger betreffen, sagte Moser in Richtung von Abgeordnetem Gerhard Deimek (FPÖ). Es müsse verhindert werden, dass bestandsverbessernde Maßnahmen mutwillig blockiert werden.

Die SPÖ-Abgeordneten Petra Wimmer und Selma Yildirim wies auf die Problematik der steigenden Mieten hin. Personen mit einem durchschnittlichen Einkommen könnten sich so keine Wohnung leisten, auch der Erwerb von Wohnungseigentum, den die Regierung offenbar in den Mittelpunkt ihres Programms stelle, sei für viele Menschen unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen nicht möglich. Ruth Becher (SPÖ) wies darauf hin, dass unterdessen 70 Prozent der Mietverträge befristet werden, dieser Entwicklung müsse man etwas entgegensetzen. Klaus Uwe Feichtinger sah eine Mitverantwortung für steigende Grundstückpreise bei spekulativen Investments ausländischer AnlegerInnen, hier müsse etwas getan werden.

Kritik von Becher und Feichtinger, das Regierungsprogramm bringe vor allem die Interessen der Immobilienwirtschaft zum Ausdruck, wies Abgeordneter Singer (ÖVP) dezidiert zurück. Das Programm drücke langjährige Forderungen der beiden Koalitionspartner aus, sagte er.

Bundesminister Moser betonte in diesem Zusammenhang, er sehe seine Aufgabe nicht darin, die Wünsche einzelner Gruppen durchzusetzen, sondern einen gerechten Interessensausgleich zu schaffen. Auch wenn es um den so genannten "Mietadel" gehe, so gehe es nicht darum, die Rechte von MieterInnen zu beschneiden, wie Feichtinger offenbar befürchte. Allerdings müsse man genau überlegen, welcher Personenkreis sinnvollerweise in alte Mietverträge zu günstigen Konditionen einsteigen können soll.

Wolfgang Zinggl (PILZ) sah die Regierung säumig bei der Umsetzung der baukulturellen Leitlinien des Bundes. Hier gebe es noch keine Bewegung. Auf seine Frage, ob die für 2018 angekündigte Enquete zur Baukultur noch aktuell sei, verwies Moser auf die Zuständigkeit des Bundeskanzleramts. Der Minister stimmte Zinggl zu, dass die Bauordnungen und die Flächenwidmungspläne ein wichtiger Faktor für die Verhinderung von Zersiedlung sind. Aus seiner Sicht wäre hier auch ein Ansatz, um Bauen günstiger zu machen, doch seien hier Länderkompetenzen betroffen. Die Arbeitsgruppe in seinem Ministerium sei bereits tätig, sie solle bereits im September zu Entscheidungen über einzelne Maßnahmen im Baurecht kommen, selbstverständlich im Einvernehmen mit den Ländern.

Gerald Loacker (NEOS) sah es als wichtig an, das Angebot an Wohnungen zu erhöhen. Er sah dabei die Leistungen der gemeinnützigen Wohnbauträger kritisch, hier müsste die Aufsicht besser wahrgenommen werden. Das Angebot der so geschaffenen Wohnungen komme oft nicht bei denen an, die sozialen Wohnbau brauchen. Für Loacker wäre es denkbar, wenn gemeinnützige Wohnbauträger auch einkommensabhängige Mieten verlangen könnten.

Bundesminister Moser sagte, das Problem des Leerstandes gebe es auch im sozialen Wohnbau. Wenn Wohnungen von Personen gehalten werden, die sich auch Wohnungen zu Marktpreisen leisten könnten, so sollte es nicht so sein, dass diese dann ausziehen müssten, denn dadurch würde man soziale Ghettos schaffen. Für Moser sind einkommensabhängige Mieten jedoch durchaus denkbar.

SPÖ drängt auf umfassende Reform des Mietrechts
Ein neues Universalmietrecht soll die umfassende Wohnrechtsnovelle schaffen, die SPÖ-Abgeordnete Ruth Becher als Initiativantrag eingebracht hat ( 15/A). Die Änderungen zum Mietrechtsgesetz und Wohneigentumsgesetz sollen ein möglichst einheitliches, transparentes und leicht anwendbares Mietrecht schaffen, erläuterte Becher. Dieser gehe davon aus, dass der Markt alleine die Frage des leistbaren Wohnens nicht regeln könne und Vorgaben brauche. Grundsätzlich soll es sich um ein flexibles System handeln, mit dem leistbares Wohnen gesichert werden kann. Der Vorschlag sehe keine starren Obergrenzen vor, vielmehr soll der Mietpreis sich an der gebotenen Leistung, also der Ausstattung der Wohnung, orientieren. Selbstverständlich sei ihre Fraktion bereit, Details zu diskutieren.

Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ im Ausschuss vertagt. Die Modernisierung des Mietrechts ist ein heikles Thema und von verschiedenen Werten geprägt, betonte Michaela Steinacker (ÖVP). Sie kann den Überlegungen zwar einiges abgewinnen und möchte sie auch im geplanten Mietrechtskonvent weiter beleuchten. Im Interessenausgleich zwischen Eigentumsbeschränkung für VermieterInnen und dem Grundbedürfnis nach leistbarem Wohnen sei aber die Frage der Verhältnismäßigkeit und der fairen Balance von zentraler Bedeutung. Gesetzliche Einschränkungen erreichen aus Sicht von Steinäcker die Grenze, wenn etwa der Erhalt des Hauses nicht mehr möglich ist. Eine Deckelung von Mieten könnte am Ende auch zu einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit für VermieterInnen und zu geringerer Bautätigkeit führen, gab sie zu bedenken. Demgegenüber sinken mit einem guten Angebot am Markt samt Auswahlmöglichkeiten die Preise automatisch, zeigte sich Steinacker überzeugt. Als Erste mit dabei ist sie jedenfalls, wenn es um Transparenz und Nachvollziehbarkeit geht, betonte die ÖVP-Abgeordnete. Günstige Wohnung sollten darüber hinaus jenen zur Verfügung stehen, die sie tatsächlich brauchen.

Hinsichtlich der Ziele für ein anwenderfreundliches und zeitgemäßes Mietrecht liegen alle Positionen nah beieinander, so Philipp Schrangl (FPÖ), die Wege dahin seien aber verschieden. Der Antrag würde auch beim geplanten Mietrechtskonvent eine gute Diskussionsgrundlage darstellen, argumentierte er für eine Vertagung.

Gerald Loacker (NEOS) beurteilte den Ansatz der Vorlage negativ. Hier werde der Fokus alleine auf private VermieterInnen gelegt. Das Mietrechtsmodell der SPÖ würde es für private EigentümerInnen unattraktiv machen, in den Wohnbau zu investieren, oder auch alte Bausubstanz zu erhalten, und das Angebot nur weiter verknappen. Das Problem liege aber in der zu geringen Treffsicherheit des sozialen Wohnbaus, der die Hälfte des Wohnungsangebotes abdecke.

Wolfgang Zinggl (PILZ) sah die Vereinheitlichung des Mietrechts als richtigen Ansatz. Befristete Mietverhältnisse sollten nicht noch weiter gefördert werden, kurzfristige Mietverträge würden ein "Mietnomadentum" schaffen, mit negativen Folgen.

Mietobergrenzen und gesetzliche Beschränkungen seien schon jetzt ein alltägliches Thema in Österreich, argumentierte Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ) mit Verweis auf den gemeinnützigen Wohnbau für den Vorschlag. Rechtspolitisch überlegt werden müsse auch, ein neues Mietrecht verständlich für MieterInnen zu formulieren. Der erwähnte Eingriff in Eigentumsrechte mit Interessenabwägung sei alltäglich und legitim, zumal auch öffentliche Gelder fließen, schloss sich Selma Yildirim (SPÖ) dem an. Angesichts eklatant hoher Mieten etwa in Hochschulstädten hält die SPÖ-Abgeordnete es jedenfalls für problematisch, eine Preisbildung nur an Nachfrage und Angebot zu überlassen, die Politik müsse regulierend eingreifen.

Bürgerinitiative unter dem Motto "Billiger wohnen jetzt"
Für leistbares Wohnen als Grundrecht setzt sich auch eine Bürgerinitiative ( 16/BI) ein. Die derzeitige Situation sei dadurch geprägt, dass die Mietpreise vor allem in den Großstädten ständig steigen und für junge Leute praktisch unleistbar geworden sind. Um dieser besorgniserregenden Entwicklung entgegenzuwirken, schlagen sie unter anderem die Einführung eines Universalmietrechts (Basismiete von maximal 5,5 € pro Quadratmeter plus klare Regelung der Zu- und Abschläge), die Einführung einer Leerstands- und Zweitwohnsitzabgabe, sowie die Wiedereinführung der Zweckwidmung der Wohnbaufördermittel vor. Die Forderungen wurden seitens ÖVP und FPÖ vertagt.

Die Initiative geht aus Sicht von Klaus Uwe Feichtinger (SPÖ) in die richtige Richtung. Leistbares Wohnen für junge Menschen ist für ihn ein zentrales Thema und umfasst auch die Frage, ab wann sich junge Menschen vom "Hotel Mama" lösen können. Wohnen leistbarer zu gestalten ist das Ziel aller, unterstrich dazu Norbert Sieber (ÖVP). Die Initiative fordere aber etwa auch die Wiedereinführung von HausmeisterInnen, was nicht unbedingt zu Verbilligung führe. Sieber beantragte die Vertagung, all diese Themen sollen beim geplanten Mietrechtskonvent diskutiert werden. Johanna Jachs (ÖVP) unterstrich ihren Einsatz für leistbares Wohnen und erwähnte als mögliches Vorbild Starterwohnungen zu erschwinglichen Preisen im oberösterreichischen Freistadt.

Das Mietrechtsgesetz zu vereinfachen und zu verschlanken, ist Markus Tschank (FPÖ) das grundsätzliche Anliegen, ein Teil davon müsse auch die Förderung sozial Schwächerer sein. Aber auch er bezweifelt, dass eine Wiedereinführung von HausmeisterInnen zu Einsparungen führt. Grundsätzlich als Skandal bezeichnete er, wenn Gutverdienende extrem niedrige Mieten bezahlen, hier sei ebenso anzusetzen.

Während die geforderte Leerstandsabgabe aus Sicht von Gerald Loacker (NEOS) ein abzulehnender Eingriff in das Eigentumsrecht wäre, kann er einer Abgabe für Zweitwohnsitze einiges abgewinnen. Diese befinden sich Loacker zufolge oft an Orten mit hohen Preisen, wo sich selbst Einheimische keine Wohnung mehr leisten können. Dort könne steuernd eingegriffen werden, etwa indem man für Gemeinden mehr Freiraum schaffe, diese Abgabe einzuheben. Hinsichtlich Betriebskosten, die im öffentlichen Bereich massiv höher als im privaten seien, sieht Loacker die öffentliche Hand gefordert.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at

 

 

 

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