Größte Reform der Zweiten Republik
 oder großartiger Marketing-Gag?

 

erstellt am
19. 09. 18
13:00 MEZ

Erste parlamentarische Debatte über Sozialversicherungsreform im Gesundheitsausschuss
Wien (pk) - Zu einem ersten harten Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition in Sachen Umbau der Sozialversicherung kam es am 18. September im Gesundheitsausschuss des Nationalrats. Bei der als zweiter Punkt auf der Agenda stehenden Aktuellen Aussprache ging es fast ausschließlich um den der ÖVP und FPÖ am vorigen Freitag präsentierten Gesetzesentwurf, der u.a. eine Reduktion der Sozialversicherungsträger von 21 auf 5, die Schaffung einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), die Umwandlung des Hauptverbands in einen "schlanken Dachverband" und mehr Aufsichtsrechte für das Ministerium vorsieht.

Ziel des Sozialversicherungs-Organisationsgesetzes (SV-OG) sei es, alle möglichen Rationalisierungspotentiale auszuschöpfen, um eine nachhaltige Absicherung der Finanzierung des Gesundheitssystems zu gewährleisten, unterstrich Ministerin Beate Hartinger-Klein. Ausgehend von 10% Einsparungen bei Personal- und Sachaufwand im Verwaltungsbereich der Sozialversicherung ab 2023 könnten ohne Veränderung des Leistungsniveaus in einem Zeitraum von vier Jahren insgesamt 350 Mio. € erzielt werden. Laut der Studie der London School of Economics seien sogar bis zu 1,2 Mrd. € möglich. Hartinger-Klein appellierte an die Opposition, die Menschen nicht mit unrichtigen Behauptungen zu verunsichern. Sie garantiere, dass keine Selbstbehalte eingeführt und keine Beiträge erhöht werden. Auch an den Eckpfeilern der Pflichtversicherung und der Selbstverwaltung werde nicht gerüttelt.

Massive Kritik an den Plänen der Regierung übte SPÖ-Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner, die u.a. die Machtverschiebung in Richtung ArbeitgeberInnen bei den Gebietskrankenkassen anprangerte. Sowohl sie als auch NEOS-Vertreter Gerald Loacker bezweifeln, dass die Versicherten von den vorgeschlagenen Maßnahmen in Form der propagierten "Patientenmilliarde" profitieren werden; dies sei eine Mogelpackung. Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) zeigte auf, dass die Einsparungen erst ab 2023 greifen werden.

Zuvor stand noch der Lebensmittelsicherheitsbericht 2017 ( III-164 d.B.) auf der Tagesordnung, der einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Trotz einer grundsätzlich positiven Bilanz – die Zahl der als gesundheitsschädlich eingestuften Proben konnte von 0,5% auf 0,4% gesenkt werden sahen einige oppositionelle Abgeordnete noch Handlungsbedarf.

Opposition beklagt Aushöhlung der Selbstverwaltung und Machtverschiebung hin zur Wirtschaft
Im Gegensatz zu den Vorgängerregierungen habe die ÖVP-FPÖ-Koalition den Mut, die "größte Reform der Zweiten Republik" im Bereich der Sozialversicherung in die Wege zu leiten, erklärte Bundesministerin Beate Hartinger-Klein. Im Sinne des Grundsatzes "gleiche Beiträge für gleiche Leistungen" werden u.a. die neun Gebietskrankenkassen zur einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zusammengeführt. Außerdem komme es zu einer Fusion der Sozialversicherungsanstalten der gewerblichen Wirtschaft und der Bauern sowie der Beamten und der Eisenbahner. In Summe gebe es künftig fünf statt 21 Träger, hob die Ressortchefin hervor. Als weitere Ziele führte sie eine Aufgabenbündelung, schnellere Entscheidungsstrukturen, ein einheitliches Beschaffungswesen sowie eine bessere Koordinierung der Maßnahmen an.

Die Sozialdemokraten hätten sich immer für eine zeitgemäße Weiterentwicklung des Sozialversicherungssystems ausgesprochen, konstatierte Abgeordnete Pamela Rendi-Wagner (SPÖ). Man habe daher auch eine Grundlagenstudie bei der London School of Economics in Auftrag gegeben, um eine fundierte Basis für einen solchen Modernisierungsprozess zur Verfügung zu haben. Die Ergebnisse zeigten, dass es vor allem zwei große Herausforderungen gibt, nämlich die Fragmentierung des Systems sowie die ungleichen Versicherungsleistungen. Bedauerlicherweise würden die Pläne der Regierung diesen Ergebnissen in keiner Weise Rechnung tragen. Das System werde stattdessen komplexer und weniger effizient, befürchtete sie, außerdem kenne niemand die Höhe der Fusionskosten. Man schaffe drei Klassen von Krankenkassen, wobei jedoch die Versicherungsanstalten der Selbstständigen und Bauern sowie der Beamten und Eisenbahner nicht angetastet werden, kritisierte Rendi-Wagner. Die versprochene "Patientenmilliarde" sei ihrer Meinung nach eine Mogelpackung, die jeder Grundlage entbehre. Stattdessen komme es zu einem Aderlass in Richtung Wirtschaft, was dazu führen wird, dass schon im Jahr 2019 85 Mio. € in der ÖGK fehlen werden.

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ist der Auffassung, dass der Entwurf verfassungswidrige Elemente enthalte; die SPÖ werde das nicht hinnehmen. Verena Nussbaum (SPÖ) machte darauf aufmerksam, dass für private Sanatorien zusätzlich 14,7 Mio. € ausgeschüttet werden sollen.

Gerald Loacker (NEOS) ortete eine Machtverschiebung hin zu den ÖVP-Funktionären in den Kassen. Die bisher "schwarzen" Träger bleiben fest in ÖVP-Hand, die Beamten dürften noch die "roten" Eisenbahner "schnupfen". Außerdem sei nur dort, wo die "Roten" etwas mitentscheiden können, ein Rotationsprinzip vorgesehen. Das "Geilste" sei jedoch seiner Meinung nach der Fit-und-Proper-Test für die FunktionärInnen, der aber nur für jene gelte, die von der Arbeiterkammer entsandt werden. Während z.B. ein Betreiber eines Würstelstands seine Eignung nicht nachweisen müsse, sei dies für einen Bilanzbuchhalter verpflichtend.

Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) beklagte, dass es keine Information darüber gibt, wie hoch die Kosten der Fusion sein werden. Außerdem greifen die Einsparungen laut Entwurf erst ab dem Jahr 2023 und summieren sich dann bis 2026 auf etwa 350 Mio. €. Kritik übte sie auch daran, dass Senioren- und BehindertenvertreterInnen keine Stimmrechte in der Hauptversammlung haben werden. Generell bemängelte die Abgeordnete die Aushöhlung des Selbstverwaltungsprinzips.

Seit 30 Jahren werde darüber debattiert, wie man das Sozialversicherungssystem reformieren könne, erinnerte ÖVP-Abgeordnete Gabriela Schwarz. Sie sei daher froh, dass die Regierung nun wichtige Maßnahmen im Sinne der Versicherten ergreift. Abgeordneter Johann Höfinger (ÖVP) erkundigte sich danach, wie es mit den Gesundheitsreformprojekten weitergeht. Seine Fraktionskollegin Martina Diesner-Wais sprach vor allem die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum an.

Die Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger sei ein ganz wichtiger Schritt, weitere werden noch folgen, kündigte Abgeordneter Gerhard Kaniak (FPÖ) an. Es sei klar, dass Fusionen Kosten verursachen, aber diese würden sich sicher bald amortisieren. Was die AUVA angeht, so sei es richtig, für mehr Transparenz bei den Finanzströmen zu sorgen.

Hartinger-Klein sieht zahlreiche Rationalisierungspotentiale
In Bezug auf die Kritik von Rendi-Wagner warf die Ministerin der SPÖ vor, dass sie es in den letzten Jahren zugelassen habe, dass die PatientInnen in den ambulanten Bereich und hin zu den WahlärztInnen verschoben wurden. Der Regierung sei es ein wichtiges Anliegen, die Rolle des Hausarztes zu stärken und Anreize zu schaffen, damit mehr MedizinerInnen in die ländlichen Regionen gehen. Auch am Instrument der Zielsteuerung-Gesundheit, also der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherung, soll weiter festgehalten werden. Nicht abgeschafft werde die Regionalisierung, betonte die Ministerin, das Gegenteil sei der Fall. Es soll etwa ein medizinischer Leistungskatalog ausgearbeitet werden, der auf die Bedürfnisse vor Ort eingeht. Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger werde durch einen schlanken Dachverband ersetzt, der ausschließlich gemeinsame Interessen der Versicherungsträger wahrnimmt und übergreifende Aufgaben koordiniert.

Was die Eignungstests für Kassenfunktionäre angeht, so sollten diese grundsätzlich für alle gelten, meinte die Ministerin. Detaillierte Vorgaben könne sie per Verordnung festlegen. Hartinger-Klein verteidigte die zusätzlichen Mittel für die Privatspitäler: Eine Studie von Professor Haber kam zu dem Ergebnis, dass eine Anpassung der Entgelte notwendig sei. Weiters ging die Ministerin auf den Ausbau der Tele-Rehab sowie den Innovationsfonds ein, der mit 100 Mio. e dotiert ist.

Lebensmittelsicherheitsbericht 2017: Anteil der gesundheitsschädlichen Proben weiter gesunken
Im Jahr 2017 wurden 47.625 Betriebskontrollen durchgeführt und 28.026 Proben begutachtet, informierte Ministerin Beate Hartinger-Klein anlässlich der Debatte über den Lebensmittelsicherheitsbericht 2017. Insgesamt lag die Beanstandungsquote bei 17,5%. Als häufigste Beanstandungsgründe wurden erneut Kennzeichnungsmängel und zur Irreführung geeignete Informationen angeführt. Es zeige sich, dass der risikobasierte Ansatz bei der Planung und Durchführung der amtlichen Lebensmittelkontrolle geeignet sei, Schwachstellen aufzudecken und die Sicherheit bestmöglich zu garantieren.

FPÖ-Mandatar Gerhard Kaniak zeigte sich erfreut darüber, dass die Beanstandungsquote bei den als gesundheitsschädlich eingestuften Proben von 0,5% auf 0,4% gesenkt werden konnte; bei Planproben betrug sie lediglich 0,2%. Aufgrund der hohen Anzahl an Kennzeichnungsmängel sei es sinnvoll, auf das Prinzip Informieren statt Strafen zu setzen. Er regte zudem an, im nächsten Jahr einen Schwerpunkt auf die Untersuchung von Spielzeug zu legen. Auch Abgeordnete Martina Diesner-Wais (ÖVP) hob die guten Ergebnisse hervor. Sie würden beweisen, dass es in Österreich ein hohes Niveau an Lebensmittelsicherheit gebe.

Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ) drängte auf eine rasche Verbesserung bei der Kennzeichnung von verarbeiteten Lebensmitteln. Derzeit könnten die KonsumentInnen nicht erkennen, ob etwa Eier aus Käfighaltungen in den Speisen enthalten sind. Auch Abgeordneter Markus Vogl (SPÖ) sprach dieses Problem an und gab zu bedenken, dass eine Lösung derzeit am Widerstand der Wirtschaftskammer scheitere. Schon jetzt könnte nämlich jeder Importeur von Eiern nachvollziehen, welche Haltungsform bei der Produktion zur Anwendung gekommen ist. Handlungsbedarf sah er auch bei den Themen Trinkwasser und Nanomaterialien. 10% der Trinkwasserproben auf Berghütten wurden beanstandet, führte er etwa ins Treffen. SPÖ-Mandatar Philip Kucher forderte endlich konkrete Taten in Bezug auf das Thema Glyphosat. Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) machte darauf aufmerksam, dass es bei Kindernährmitteln eine hohe Beanstandungsquote gab.

Die Sicherheit der Lebensmittel in Österreich habe für sie oberste Priorität, betonte Beate Hartinger-Klein, die zudem eine Weiterentwicklung der heimischen Standards sowie eine Verbesserung der Kennzeichnung wie z.B. bei vegetarischen und veganen Produkten anstrebt. In Arbeitsgruppen sollen entsprechende Lösungsvorschläge erarbeitet werden. Was die EU-Ebene betrifft, so werde sie den österreichischen Ratsvorsitz zum Anlass nehmen, um eine Road-map in Sachen Ernährungssicherheit zu initiieren. - Bei der Abstimmung wurde der Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen.

   

Opposition steuert eigene Reformvorschläge bei
Die von der Regierung geplante Reform der Sozialversicherungen beherrschte den Gesundheitsausschuss des Nationalrats auch nach der Aussprache mit Ministerin Beate Hartinger-Klein. Die SPÖ tritt mit zwei Anträgen gegen die angedachten Einsparungen bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt AUVA trat auf, außerdem setzt sich SPÖ-Gesundheitssprecherin Pamela Rendi-Wagner für eine Leistungsharmonisierung bei den Krankenversicherungen ein. Zum Abbau von Privilegien im Krankenversicherungswesen und zur Ankurbelung des Wettbewerbs in diesem Bereich schlägt NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker mehrere Maßnahmen vor, die ebenfalls auf gleichwertige Leistungsansprüche abzielen. Mit transparenten Qualitätsmessungen wollen die NEOS überdies das stationäre sowie das ambulante Leistungsniveau heben. Die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ vertagten jedoch alle Oppositionsanträge und argumentierten dies vor allem mit der auf Regierungsebene bereits angestoßenen Sozialversicherungsreform.

Vertagt wurden von der Ausschussmehrheit weiters ein SPÖ-Vorstoß zur Umsetzung des Aktionsplans Frauengesundheit und ein Antrag der Liste Pilz, den Verkauf von Welpen im Zoofachhandel zu unterbinden. Breiten Raum in der Ausschussdiskussion nahm die von rund 470.000 BürgerInnen unterschriebene Don’t Smoke-Petition ein, die auf ein allgemeines Rauchverbot in der Gastronomie abzielt. Die Regierungsfraktionen wollen für eine Entscheidung darüber das Ergebnis des Anfang Oktober anlaufenden Volksbegehrens abwarten.

SPÖ warnt vor Einsparungen bei der AUVA
Eine Lanze für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) brechen die SozialdemokratInnen in zwei Anträgen ( 163/A(E) , 210/A(E) ). Antragstellerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) weist darin nicht nur auf die Bedeutung der AUVA zur Versorgung und finanziellen Entschädigung verunfallter oder an Berufskrankheiten leidender ArbeitnehmerInnen hin, sondern auch darauf, dass Betriebe sich durch den Arbeitgeberbeitrag von 1,3% der Beitragsgrundlage an die AUVA gegen Schadenersatzforderungen absichern. Eine Absenkung des Beitragssatzes auf 0,8%, die vor allem Großkonzernen zugutekomme, sei strikt abzulehnen, so Rendi-Wagner, denn die daraus resultierenden Einsparungen von fast 500 Mio.€ würden wichtige Bereiche der AUVA wie Angebote zur Prävention und Rehabilitation treffen, was ihre Parteikollegin Verena Nussbaum am Beispiel der geminderten Unterstützungsleistungen für Fahrradprüfungen für Volksschulkinder festmachte.

Liste-Pilz-Gesundheitssprecherin Daniela Holzinger-Vogtenhuber machte aus ihrer Entrüstung keinen Hehl, Beitragssenkungen für Unternehmer anzudenken, ohne Klarheit über die künftige Leistungsfinanzierung zu haben. Ihr Bereichskollege von den NEOS, Gerald Loacker, nutzte die Gelegenheit, Einsparungen bei der AUVA durch eine verpflichtende Unfallversicherung der Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber bei einer von ihnen frei gewählten Versicherung zu propagieren.

Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein verdeutlichte daraufhin, die beabsichtigte Reorganisation der Verwaltungsstrukturen in der Unfallversicherungsanstalt in Form einer Betriebsgesellschaft, wo Aufgaben vom Facility Management bis zum Einkauf gebündelt würden, werde zur im Regierungsplan dargestellten Aufwandsreduktion führen. Zusätzliche Ausgabenminderungen ergäben sich durch Kooperationen der AUVA mit Versicherungsträgern in den Bundesländern. Keinesfalls werde es dagegen Einsparungen bei den Leistungen geben, im Gegenteil sollten Maßnahmen wie das Traumanetzwerk zwischen Bund, Sozialversicherungen und Ländern zu erheblichen Verbesserungen für die PatientInnen führen. "Eine Auflösung der AUVA ist vom Tisch" bestätigte Hartinger-Klein gegenüber den Abgeordneten Angela Fichtinger (ÖVP), Gerhard Kaniak und Peter Wurm (beide FPÖ), die die SPÖ-Anträge als nicht mehr stimmig werteten. Ob die AUVA zur Einsparungszwecken auch auf Rücklagen zurückgreifen muss, wie Rendi-Wagner in den Raum stellte, liegt Hartinger-Klein zufolge in der Entscheidungshoheit der Selbstverwaltung.

An ihre Pläne zur Harmonisierung der Leistungen aller Krankenversicherungsträger erinnerte die ehemalige Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner ihre Nachfolgerin Beate Hartinger-Klein in einem weiteren Antrag ( 276/A(E) ). Der 2017 gestartete Reformweg sei unbedingt fortzusetzen, lautet Rendi-Wagners Appell. Trotz der aktuellen Reformvorschläge der Regierung würden nämlich viele Ungleichheiten bei den Versicherungen wie Selbstbehalte und unterschiedlich hohe Zuschüsse weiter bestehen. In diesem Sinn spricht die Sozialdemokratin der Reform auch ab, ein Jahrhundertprojekt zu sein und zur allgemeinen Leistungssteigerung beizutragen.

NEOS fordern mehr Solidarität und Wettbewerb bei Krankenversicherungen
Keineswegs würden mit der aktuellen Reform alle Ungerechtigkeiten bei den Krankenversicherungen ausgeräumt, finden ähnlich wie die SozialdemorkatInnen auch die NEOS. Ihr Gesundheitssprecher Gerald Loacker prangert in seinem Antrag ( 286/A(E) ) an, Versicherte der Krankenfürsorgeanstalten (KFA) würden im Vergleich zu normalen Versicherten massive Privilegien weiter genießen. Immerhin müssten die für öffentlich Bedienstete eingerichteten KFA keine beitragsschwachen Gruppen wie etwa Arbeitslose, MindestsicherungsbezieherInnen oder AsylwerberInnen versichern, könnten also Vermögen anhäufen. Vor diesem Hintergrund kritisiert Loacker, die Regierung wolle diese gesetzlichen Krankenversicherer überhaupt nicht in die Reformpläne einbeziehen.

Falls die Zusammenlegung der Unselbständigen-Träger die KFA nicht mitumfasst, solle ein sogenannter Risikostrukturausgleich installiert werden, urgiert Loacker ein Krankenversicherungs-Solidaritätsstärkungs-Gesetz, beruhend auf von den Trägern nicht beeinflussbaren Faktoren wie Einkommen, Demographie, Morbidität oder Hochkostenfälle. SPÖ-Mandatar Philip Kucher kritisierte ebenso, die Regierung räume Ungleichgewichte in der Gesundheitsversorgung nicht aus, die Reform sei "mutlos". Gemeinsam mit Abgeordneter Martina Diesner-Wais (ÖVP) wies Ministerin Hartinger-Klein jedoch auf verfassungsrechtliche Hürden hin – von den Länderkompetenzen bis zur Selbstverwaltung der Sozialversicherungen –, die eine Leistungsharmonisierung inklusive der KFA erschwerten.

Bei der Organisation der Krankenkassen sehen die NEOS die Schweiz als Vorbild. Diese sei bei den Eidgenossen ebenso wie in Deutschland und Holland auf mehr Wettbewerb ausgerichtet, wie Gerald Loacker in seinem Antrag auf ein "Krankenversicherungs-Wettbewerbsstärkungs-Gesetz (KVWStG) darstellt ( 287/A(E) ). Entscheidend sei dabei, die Beiträge an die regionale Versorgung anzupassen, sagte er in der Debatte, in der Abgeordnete Gabriela Schwarz (ÖVP) aber vor einer Gefährdung des Solidaritätsprinzips durch Wettbewerb zwischen den Kassen warnte.

Bessere Qualitätssicherung in Spitälern und Ordinationen in Aussicht
Ebenfalls das Schweizer Modell empfiehlt Loacker in Sachen Transparenz bei medizinischen Behandlungen und Operationen ( 234/A(E) ). Anstatt der hierzulande für Krankenhäuser als Qualitätsindikatoren angeführten Durchschnittswerte und Aufenthaltszahlen gebe es in der Schweiz eine standortbezogene Veröffentlichung der Qualitätsindikatoren. An der Qualitätsmessung im ambulanten Bereich bemängelt der NEOS-Abgeordnete, dass das derzeit damit betraute Tochterunternehmen der ärztlichen Standesvertretung (ÖQmed) nicht unabhängig agiere und keine Indikationsvergleiche heranziehe, weswegen die Ergebnisse in Frage zu stellen seien. Österreich brauche aber zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens eine umfassende, vergleichbare und standardisierte Qualitätsmessung im intra- wie extramuralen Bereich ( 314/A(E) ). Bei den übrigen Ausschussmitgliedern erhielt Loacker für seinen Vorstoß in Sachen Qualitätssicherung durchaus Zustimmung, wenn auch ÖVP-Mandatar Josef Smolle für Vorsicht plädierte, Daten aus einzelnen Spitalsabteilungen vorschnell zu veröffentlichen. Man könnte damit die hierzulande erst wachsende "Fehlerkultur" konterkarieren.

Ihr Haus sei gemeinsam mit der Ärztekammer und dem Patientenanwalt dabei, Informationen über die Behandlungsqualität transparenter zu machen, erläuterte daraufhin Gesundheitsministerin Hartinger-Klein. Etwa durch die Weiterentwicklung der Internetseite www.kliniksuche.at. Außerdem plane man eine verpflichtende Qualitätssicherung für Ordinationen.

Frauengesundheit: Hartinger-Klein will Thema mit GesundheitsreferentInnen der Länder diskutieren
Die Umsetzung des 2017 fertig gestellten "Aktionsplans für Frauengesundheit" auf Bundes- und Länderebene forderte im weiteren Verlauf der Sitzung SPÖ-Gesundheitssprecherin Rendi-Wagner von Ministerin Hartinger-Klein ein ( 300/A(E) ). Diese kündigte an, demnächst bei der Konferenz mit den LandesgesundheitsreferentInnen das Thema erörtern zu wollen. Gemeinsam mit zahlreichen ExpertInnen hat das Gesundheitsministerium Rendi-Wagner zufolge letztes Jahr ein umfassendes Konzept entwickelt, um genderspezifische Aspekte in der Prävention und Gesundheitsversorgung zu beachten, gerade hinsichtlich Chancengerechtigkeit, psychosozialer Gesundheit und der Vermittlung eines positiven Selbstbildes. Petra Wagner (FPÖ) hob in diesem Zusammenhang den vorjährigen einstimmigen Beschluss des Nationalrats für den Aktionsplan hervor, dessen Implementierung in den Ländern schon begonnen habe.

Liste Pilz: Welpenverkauf einen Riegel vorschieben
Für ein striktes Verkaufsverbot von Welpen ( 108/A ) macht sich die Liste Pilz stark. Die im Zoofachhandel angebotenen Tiere würden häufig aus nicht nachvollziehbaren ausländischen Quellen stammen, so die Argumentation. Zudem gebe es keine Informationen über Herkunft oder Haltungsbedingungen der Elterntiere, und die Sozialisierung der Hunde werde im Geschäftsumfeld beeinträchtigt. Daniela Holzinger-Vogtenhubers Plädoyer, im Interesse des Tierschutzes der Forderung von 52.000 BürgerInnen zu folgen und den Welpenhandel zu verbieten, konnte Josef Riemer (FPÖ) einiges abgewinnen. Er verwies jedoch auf laufende Gespräche mit verschiedenen Interessensträgern, die laut Ministerin Hartinger-Klein "ehestbald" zu einer Lösung führen würden.

Opposition unterstützt Nichtraucherschutz-Petition
Unterstützt von Abgeordneten der SPÖ, der NEOS und der Liste Pilz kam auch die von der Österreichischen Krebshilfe initiierte Online-Petition "Don´t Smoke, das Nichtraucherschutzgesetz muss bleiben" ( 1/PET ) in den Gesundheitsausschuss. Ziel des Forderungskatalogs ist die Wiederbelebung der 2015 im Nationalrat beschlossenen Tabakgesetznovelle, die ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai 2018 vorsah.

Die Opposition wertet die heuer im Februar von ÖVP und FPÖ beschlossene Rücknahme des 2015 von der damaligen rot-schwarzen Regierung ausverhandelten und beschlossenen NichtraucherInnenschutzgesetzes als gesundheitspolitischen Rückschritt. 13.000 Tote durch aktiven und passiven Tabakkonsum führte Rendi-Wagner als Hauptargument für ein Rauchverbot in der Gastronomie an, Gerald Loacker (NEOS) befand, Österreich habe sich mit der letzten Tabakgesetznovelle zur "Lachnummer in Europa" gemacht. Besonders die ArbeitnehmerInnen in der Gastronomie hätten nun darunter zu leiden, kritisierte er unisono mit Daniela Holzinger-Vogtenhuber (PILZ), die zudem auf die Situation von Lehrlingen in diesem Bereich hinwies.

Österreich verfüge über das strengste Nichtraucherschutzgesetz der Welt, hielt für die FPÖ Peter Wurm entgegen. Tabakwaren dürften nur mehr an über 18-Jährige verkauft werden, das Rauchen im Auto mit einem Kind sei ebenso verboten wie der Zigarettenkonsum an Schulen und Universitäten. Ministerin Hartinger-Klein verwies außerdem auf ihre Verordnung, wonach Lehrlinge nicht länger als eine Stunde in rauchigen Räumen tätig sein dürfen. Wünschten sie aufgrund der Rauchbelastung einen Wechsel des Arbeitsplatzes, hätten sie dabei vom Arbeitgeber und der Wirtschaftskammer Unterstützung zu erhalten. Letztlich sprach sich Hartinger-Klein aber wie die Regierungsparteien dafür aus, die Ergebnisse des laufenden Volksbegehrens abzuwarten.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at
http://www.eu2018parl.at

 

 

 

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