Asyl: EU peilt schnellere Verfahren an

 

erstellt am
10. 10. 18
13:00 MEZ

Kickl im EU-Unterausschuss: Solidarität in Form des Verteilungsmechanismus ist gescheitert
Wien (pk) - Das Asylwesen in der Europäischen Union war am 9. Oktober im EU-Unterausschuss des Nationalrats neben dem Außengrenzschutz ein weiteres zentrales Thema in der Diskussion über die EU-Migrationspolitik. In diesem Zusammenhang kamen auch Pläne der EU für ein strengeres Rückführregime illegaler MigrantInnen zur Sprache. Ziel der Europäischen Kommission im Asylbereich ist, durch gezielte Unterstützung der Mitgliedstaaten die Verfahrensdauer zu verkürzen.

Die Diskussion um die Solidarität in Europa und einen Verteilungsmechanismus sei gescheitert, hielt Innenminister Herbert Kickl in seinem Statement grundsätzlich fest. Man könne nicht gegen den Willen der Staaten und ihrer Bevölkerung handeln. Deshalb halte er es für einen vernünftigen Ansatz, die Frage der Solidarität in mehrere Komponenten aufzusplittern, nämlich in den Außengrenzschutz, in eine effizientere Rückführung und in Verträge mit Drittstaaten.

Grundlage für die Ausschussdebatte waren zwei Legislativvorschläge der Europäischen Kommission, die beim Europäischen Rat in Salzburg am 19./20. September 2018 präsentiert wurden. Beide Vorschläge sind gemeinsam mit dem Verordnungsentwurf zur Ausweitung der Kompetenzen von Frontex Teil eines umfassenden Gesamtpakets Asyl.

Wie Innenminister Herbert Kickl den Ausschussmitgliedern darlegte, soll die Asylagentur mit größeren Kompetenzen ausgestattet werden, um Asylverfahren rascher abzuwickeln. Bei diesen Kompetenzen handle es sich aber um reine Unterstützungskompetenzen in allen Stufen des Asylverfahrens, wie er mehrmals unterstrich. Die Entscheidung bleibe beim jeweils durchführenden Land. Auch was die Rückführungen betrifft, so sei es notwendig, die betreffenden Personen bei einem negativem Asylbescheid rasch außer Landes zu bringen. Dieser Richtlinienvorschlag stehe im engen Zusammenhang mit dem erweiterten Mandat von Frontex.

Wie die ersten Diskussionen darüber gezeigt haben, fallen die Initiativen der Kommission auf breite Zustimmung bei den Mitgliedstaaten, berichtete der Innenminister. Es gebe aber noch Ergänzungswünsche, etwa die Einrichtung von Rückkehrzentren in Drittstaaten und die wechselseitige Anerkennung von Rückkehrentscheidungen. Auch bei diesen Vorhaben zeigte sich Kickl optimistisch, dass noch in diesem Jahr eine allgemeine Ausrichtung im Rat zustande kommt.

Asylagentur soll bei Migrationsmanagement helfen
In ihrem Verordnungsvorschlag zum technischen und operativen Ausbau der Asylagentur der Europa¨ischen Union (Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen, EASO) sieht die EU-Kommission eine gezieltere Unterstützung der Mitgliedstaaten beim Migrationsmanagement vor. So würde die Agentur auf Ersuchen eines EU-Landes das gesamte administrative Verfahren bei Asylfällen übernehmen, besonders bei Verfahren fu¨r internationalen Schutz und bei der Durchfu¨hrung der Dublin-Verordnung. Von sich aus zum Einsatz käme die Agentur im Einvernehmen mit einem Mitgliedsland, falls dessen nationales Asyl- und Aufnahmesystem erhöhtem Druck ausgesetzt ist.

Mit juristischer Hilfe bei Rechtsbehelfen stünde die Agentur ebenfalls zur Verfügung, wenn sie von den nationalstaatlichen Gerichten dazu aufgefordert wird. Die Entscheidung über Einzelanträge bliebe dabei in der Zuständigkeit des jeweiligen Mitgliedstaats. An Hotspots für Flüchtlinge und in kontrollierten Zentren wäre die Agentur mit eigenen Teams unterstützend tätig, wobei auch ExpertInnen der Europäischen Grenz- und Küstenwache, von Europol und anderen EU-Agenturen beigezogen würden. Ziel ist in allen Bereichen, die zügige Bearbeitung von Asylanträgen sicherzustellen, Rückstände zu vermeiden und unerlaubte Weiterreisen vom EU-Ankunftspunkt aus zu verhindern.

Bei einem derartig umfassenden Einsatz ihrer Teams würde die Agentur zwischen 2018 und 2027 zusätzliche Mittel in der Höhe von 55 Mio.€ jährlich benötigen, geht aus dem Verordnungsentwurf hervor. Damit die Agentur langfristig ihren Auftrag im Rahmen des vorgeschlagenen erweiterten Mandats erfu¨llen kann, mu¨ssten insgesamt 320,8 Mio.€ fu¨r den Zeitraum 2019-2020 und 1,25 Mrd.€ fu¨r den Zeitraum 2021-2027 bereitgestellt werden. Unter anderem ergibt sich der Mehraufwand aus der nötigen technischen Infrastruktur, beispielsweise zum Abgleich von Fingerabdruckdaten, und durch die Entsendung zusa¨tzlicher Asyl-Unterstu¨tzungsteams wie AsylexpertInnen, Zeitarbeitskräfte und DolmetscherInnen. Abgesehen davon soll es laut Kommission aber nicht mehr Personal als die bereits 2016 vorgeschlagenen 500 Vollzeitäquivalente bis 2020 geben.

Effektivere Rückführungen geplant
Eine effektivere und vor allem kohärente Rückführpolitik in der Europäischen Union will die EU-Kommission mit neuen Verfahren erreichen, die schon an der Grenze die rasche Abschiebung von Personen, deren Asylantrag negativ beschieden wurde, ermöglichen. Weiters sollen Vorschriften zum Erlass von Rückkehrentscheidungen bzw. über Rechtsbehelfe dagegen klarer und wirksamer geregelt werden. So gibt es im entsprechenden Richtlinienentwurf der Kommission Fristen für die Einlegung von Rechtsmitteln und die behördlichen Entscheidungen darüber. Keine Fristen sind allerdings für freiwillige Ausreisen vorgesehen, vielmehr soll es in diesen Fällen finanzielle und materielle Unterstützung für die Betroffenen geben.

Grundsätzlich mehr Klarheit erwartet sich die Kommission mit den neuen Bestimmungen bei der Zusammenarbeit zwischen illegalen MigrantInnen und den zuständigen nationalen Behörden. Dazu gehören laut Kommission auch neue Regelungen zur Schubhaft. Zum einen solle die Inhaftnahme bereits nach Führung eines Asylverfahrens an der Grenze möglich sein, zum anderen müsste die Haftdauer an die Durchfu¨hrung von Ru¨ckkehr- und Ru¨cku¨bernahmeverfahren mit Drittstaaten angepasst werden, ohne sie unnötig in die Länge zu ziehen. Die EU-Grenz- und Küstenwache soll Mitgliedsländern bei Rückführungsverfahren und -maßnahmen ebenfalls unter die Arme greifen.

Im Zusammenhang mit den Rückkehrvereinbarungen merkt die Kommission in ihrem Entwurf an, dass hier die Bereitschaft der Herkunftsländer eine große Rolle spielt. Die EU-Visumpolitik empfiehlt Brüssel als Instrument zur Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Ru¨ckfu¨hrung und Ru¨cku¨bernahme mit Drittla¨ndern. Weiters drängt die Kommission darauf, ausreichend Maßnahmen zur Fluchtverhinderung zu setzen. Trotz aller Anstrengungen für ein wirksameres Abschiebesystem in den letzten Jahren sei nämlich zwischen 2016 und 2017 die Ru¨ckkehrquote in der EU von 45,8% auf lediglich 36,6% gesunken.

Kickl: Österreich ist Best Practice Modell und wird Asylagentur nicht brauchen
In der Diskussion wurden die Vorlagen vor allem von Regierungsseite explizit befürwortet. So sprach Karl Mahrer (ÖVP) von einer massiven Unterstützung der Bemühungen der Regierung im Hinblick auf mehr Effizienz bei den Asylverfahren und bei der Rückführung. Es werde damit auch mehr Rechtssicherheit geschaffen, zeigte er sich überzeugt. Ebenso begrüßten die FPÖ-Abgeordneten Robert Lugar und Reinhard Eugen Bösch die Kommissionsvorschläge. Das Motto des österreichischen Ratsvorsitzes "Ein Europa, das schützt", habe bereits erhebliche Wirkung gezeigt, wie man an den vorliegenden Initiativen der EU-Kommission erkennen kann, meinte Bösch.

Auch in Österreich sei das System wesentlich effizienter geworden, berichtete Kickl und wies gegenüber den SPÖ-Abgeordneten Angela Lueger und Doris Margreiter darauf hin, dass die Dauer für Asylverfahren nun durchschnittlich sechs Monate betrage. Der Flaschenhals liege beim Verwaltungsgericht mit rund 30.000 offenen Verfahren. Während sich Anfang 2017 noch 78.000 Menschen in der Grundversorgung befunden hätten, liege man mit Stand 1. September 2018 bei 48.000 Personen. Österreich könne derzeit mit seinem System ein Best Practice Modell für die EU bieten, sagte der Innenminister. Deshalb werde es auch die Asylagentur nicht brauchen. Selbstverständlich sei das Innenministerium aber bemüht, ständig an der Qualität weiterzuarbeiten.

Schnellere Asylverfahren bedeuten auch weniger Kosten, sagte Kickl und stellte klar, dass es eine klare Trennung geben müsse, zwischen denjenigen, die Schutz brauchen und denjenigen, die sich eine bessere wirtschaftliche Situation erhoffen. Die vorgesehenen verkürzten Fristen dürften selbstverständlich nicht auf Kosten der Grundrechte gehen, hielt er des Weiteren fest.

Die Asylagentur werde auch verstärkt bei der Erstellung von Leitlinien für die Rückführung eingebunden. Österreich habe bislang mit 26 Staaten Rücknahmeabkommen abgeschlossen, dazu kommen 17 Abkommen, die von der EU vereinbart wurden sowie Sonderabkommen mit einigen Ländern. Kickl räumte in diesem Zusammenhang ein, dass die Abkommen das Eine, die operative Durchführung das Andere seien. Durch das stärkere Mandat von Frontex und der Asylagentur werde man aber auch die Rückführungen effizienter durchführen können, hielt er gegenüber den Abgeordneten Stephanie Krisper (NEOS) und Alma Zadic (PILZ) fest. Was die sogenannten Ausschiffungsplattformen betrifft, würden derzeit zahlreiche Gespräche geführt, die außerordentlich sensibel seien.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at
http://www.eu2018parl.at

 

 

 

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