UniCredit Bank Austria Konjunktur-
 einschätzung 2019/20

 

erstellt am
06. 12. 18
13:00 MEZ

Wirtschaftsabschwächung setzt sich fort, Konjunktur erreicht 2020 Tiefpunkt mit Rezession in den USA – Weltwirtschaft verliert bis 2020 deutlich an Tempo
Wien (bank austria) - „Die USA drücken der Weltwirtschaft derzeit ihren Stempel auf und das wird auch 2019 und 2020 so bleiben“, ist UniCredit Bank Austria Chefökonom Stefan Bruckbauer überzeugt und ergänzt: „Drei Gründe sind für den bestimmenden Einfluss der USA auf die globale Wirtschaftsentwicklung ausschlaggebend: Die bereits laufende geldpolitische Verschärfung, der sich abzeichnende Konjunkturabschwung in den USA und die zunehmend protektionistische US-Wirtschaftspolitik.“

Wirtschaftliche und politische Ereignisse aus den USA bestimmen
Die Unsicherheiten durch die Kehrtwende der USA zu einer protektionistischen Handelspolitik haben zwar bisher kaum zählbaren Niederschlag in realen Wirtschaftsdaten gefunden, allerdings haben die atmosphärischen Störungen die Konjunkturstimmung weltweit negativ beeinflusst. Die aktuellen Einkaufsmanagerindizes zeigen eine stagnierende Auftragsentwicklung im globalen Handel. Das wird sich in weiterer Folge auf die Investitionsbereitschaft ungünstig auswirken. In Kombination mit der seit 2015 laufenden geldpolitischen Wende in den USA mit höheren Zinsen und niedrigerer Liquidität kommen insbesondere die Schwellenländer unter Druck. Die US-Notenbank Fed wird die Bilanzverkürzung weiter vorantreiben und den Zinsanhebungszyklus vorerst noch fortsetzen. Bis Mitte 2019 werden die Leitzinsen voraussichtlich in drei weiteren Trippelschritten von 25 Basispunkten auf bis zu 3 Prozent angehoben werden. Danach allerdings könnte sich mit dem Ende des längsten Konjunkturaufschwungs der amerikanischen Geschichte die US-Notenbank zu einer erneuten Wende in der Geldpolitik gezwungen sehen und der US-Leitzinssatz könnte 2020 das Jahr wieder bei 2,25 Prozent beenden.

„Die US-Wirtschaft wird 2019 an Schwung verlieren und voraussichtlich sogar in eine – wenngleich auch nur milde und kurze – Rezession zur Jahresmitte 2020 abrutschen. Dazu tragen ausufernde fiskalische Impulse bei, aber auch die schwächere Investitionsdynamik aufgrund des niedrigeren Ölpreises sowie der Außenhandel angesichts eines stärkeren US-Dollars“, meint Bruckbauer. Die Erwartung ist, dass das Wirtschaftswachstum in den USA im Jahresdurchschnitt 2020 auf nur 0,7 Prozent zurückgehen wird, nach 2,4 Prozent 2019.

Wachstum der Weltwirtschaft könnte 2020 deutlich auf 2,7 Prozent sinken
Die Folgen sind in einem geringeren Weltwirtschaftswachstum zu sehen, das sich vorerst insbesondere in den Schwellenländern zeigen wird und einen Rückgang des globalen Wachstums von 3,4 Prozent 2019 auf nur noch 2,7 Prozent 2020 bringen dürfte. Der Euroraum wird dem globalen Abschwung dank einer robusten Inlandsnachfrage vorerst noch standhalten können. Die nachlassende Unterstützung durch die lockere Geldpolitik und der Rückgang im globalen Handel können durch niedrigere Ölpreise und den günstigeren Kurs des Euros teilweise aufgefangen werden.

„Das Jahr 2019 wird im Euroraum von einer weiterhin guten Konjunkturentwicklung gekennzeichnet sein, wenn auch das Wirtschaftswachstum von 2 Prozent 2018 auf 1,7 Prozent 2019 abnehmen wird. Der Rückgang im Jahresdurchschnitt ist aber hauptsächlich einem statistischen Überhang geschuldet, während das Wachstumstempo in den einzelnen Quartalen weitgehend unverändert zu 2018 sein wird. Erst 2020 wird die globale Abschwächung auf die europäische Wirtschaft spürbar durchschlagen und nur noch ein Wirtschaftswachstum von 1,1 Prozent im Euroraum zulassen“, erwartet Bruckbauer.

Konjunkturabschwächung lässt kaum Bewegung bei den Zinsen in Europa zu
Infolge der Abschwächung der Konjunkturerholung wird sich im Euroraum kaum Inflationsdruck aufbauen, zumal der Euroraum auch 2020 sein Wachstumspotenzial nicht erreichen wird. Die Inflation ist im Euroraum in den vergangenen Monaten nur bedingt durch den höheren Ölpreis auf 2 Prozent im Jahresvergleich gestiegen. „Mit der Talfahrt des Ölpreises und vor allem der Konjunkturabschwächung, die sich 2020 unter dem Einfluss der (handels-)politischen Unsicherheiten, dem Abschwung in den USA und den weniger günstigen Finanzierungsbedingungen intensivieren wird, könnte sich für die Europäische Zentralbank das Zeitfenster zur Normalisierung der Geldpolitik rasch wieder schließen“, sagt Bruckbauer und ergänzt: „Nach der Beendigung des Wertpapierkaufprogramms mit Ende 2018 könnten sich die Möglichkeiten für Zinsanhebungen der EZB auf eine Rückführung des Einlagenzinssatzes auf Null bzw. auf eine einmalige Anhebung des Reposatzes auf 0,25 Prozent zu Beginn des Jahres 2020 beschränken.“

Die Phase niedriger Zinsen wird somit in Europa voraussichtlich noch längere Zeit bestehen bleiben. Die Geldmarktzinsen werden nur langsam im Jahresverlauf 2020 aus dem negativen Bereich kommen und der Aufwind bei den langfristigen Kapitalmarktzinsen wird mit der Konjunkturabschwächung ab Mitte 2019 abflauen. Für die EZB wird in diesem konjunkturellen Umfeld daher die Liquiditätsversorgung der Banken durch Sondermaßnahmen wieder in den Vordergrund rücken. Eine Verlängerung der bestehenden zielgerichteten längerfristigen Finanzierungsgeschäfte (TLTRO) dürfte nach Einschätzung der Ökonomen der UniCredit Bank Austria ins Haus stehen.

Die Zinsdifferenz zwischen den USA und Europa hat den Wechselkurs des Euros gegenüber dem US-Dollar 2018 unter Druck gebracht. Erst ab Mitte 2019 wird sich der Trend zu einem stärkeren US-Dollar bei 1,08 für einen Euro umkehren. Die Konjunkturabschwächung in den USA und das abnehmende Zinsdifferenzial bietet dann wieder Unterstützung für den Euro in Richtung 1,20 US-Dollar für einen Euro zum Jahresende 2020.

Konjunkturhöhepunkt ist auch in Österreich deutlich überschritten
„In Österreich ist das Wirtschaftswachstum 2018 auf 2,7 Prozent gestiegen. Der schwungvolle globale Handel hat die österreichischen Exporte beflügelt. Zusammen mit der von einer weiterhin sehr kräftigen Investitionstätigkeit und der höchsten Konsumdynamik seit einem Jahrzehnt angetriebenen Binnenkonjunktur führte dies zum höchsten BIP-Anstieg seit der Erholung im Jahr 2011 unmittelbar nach der Finanzkrise“, meint UniCredit Bank Austria Ökonom Walter Pudschedl.

Der Konjunkturhöhepunkt wurde jedoch früh im Jahr 2018 erreicht. Seit dem Frühjahr hat sich das Wachstumstempo spürbar verlangsamt. Die Verunsicherung durch die protektionistische US-Handelspolitik hat sich auch in Österreich auf die Exportstimmung geschlagen, worunter die Investitionsdynamik zu leiden begann. Nur der private Konsum hat, gestützt auf die hohe Beschäftigungszunahme und reale Lohnsteigerungen, anhaltend Stärke gezeigt.

Der aktuellen UniCredit Bank Austria Konjunkturindikator liegt mit 3,2 Punkten zwar deutlich unter den Höchstwerten rund um den Jahreswechsel 2017/18, übersteigt aber weiterhin deutlich das langjährige Mittel und signalisiert, dass die österreichische Wirtschaft eine hohe Dynamik ins Jahr 2019 mitnehmen wird.

Die Inlandsnachfrage wird wieder die treibende Kraft der österreichischen Wirtschaft sein, auch wenn sich die Konsumdynamik und vor allem das Investitionswachstum verlangsamen dürften, zumal sich die Finanzierungsbedingungen zu verändern beginnen und der Optimismus unter den Unternehmern – ausgenommen am Bau – bereits abgenommen hat. Die Abschwächung der Weltwirtschaft wird 2020 – verstärkt durch die erwartete moderate Rezession in den USA – die heimische Exportwirtschaft vor steigende Herausforderungen stellen.

„Österreich begegnet der globalen Abschwächung mit einer soliden Binnennachfrage, insbesondere einer anhaltenden Stärke des Konsums, und wird für die kommenden zwei Jahre die Wachstumsdynamik sowohl im Euroraum als auch in Deutschland übertreffen. Nach fast 2 Prozent 2019 erwarten wir für 2020 ein Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent. Damit wird der Anstieg des BIP erstmals seit vier Jahren Hochkonjunktur wieder knapp unter Potenzial zu liegen kommen“, meint Pudschedl. 2019 wird die österreichische Wirtschaftsleistung erstmals die Marke von 400 Milliarden Euro überschreiten. Im globalen Ranking dürfte Österreich damit auf Rang 27 vorrücken und den Iran, der mit knapp 80 Millionen Einwohnern fast die zehnfache Bevölkerung aufweist, hinter sich lassen.

Der private Konsum wird 2019/2020 eine entscheidende Rolle bei der Abfederung der ungünstigen externen Einflüsse auf die heimische Konjunktur übernehmen, trotz einer leichten Verlangsamung der Dynamik nach dem stärksten Anstieg des Konsums seit über einem Jahrzehnt um 1,9 Prozent im Jahr 2018. Die weitere Verbesserung der Arbeitslosenquote auf 7,5 Prozent und die höhere Lohndynamik werden 2019 dazu beitragen. 2020 ist bei einem moderateren Beschäftigungsanstieg aufgrund des weiter steigenden Arbeitskräftepotenzials mit keinem weiteren Rückgang der Arbeitslosenquote zu rechnen.

Der Inflationsdruck bleibt daher überschaubar, zudem dürfte der Ölpreis die Teuerung in Österreich entlasten. „Nach einer Teuerung von jeweils 2,0 Prozent im Jahr 2018 und 2019 gehen wir für 2020 von einem Rückgang der Teuerung auf durchschnittlich 1,8 Prozent aus. Damit wird die Teuerung das zwölfte Jahr in Folge über dem Vergleichswert im Euroraum liegen. Von 2009 als Startpunkt gesehen wird sich bis 2020 insgesamt ein Inflationsaufschlag von 6 Prozentpunkten gegenüber dem europäischen Durchschnitt aufbauen“, meint Pudschedl.

Für das Konjunkturszenario der UniCredit Bank Austria bestehen eine Reihe von Risiken. Neben dem Handelskonflikt zwischen den USA und China ist auch die Gefahr einer harten Landung der chinesischen Wirtschaft nach einer zu starken Kreditausweitung gegeben. Auf europäischer Ebene könnten politische Spannungen im Vorfeld der Europawahlen in unterschiedlichen Ländern das Klima in Europa zusätzlich belasten. Nicht zuletzt wird der Ende März 2019 anstehende Brexit, der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union, wirtschaftliche Nachteile für das Vereinigte Königreich, den Euroraum und Österreich bringen, deren Ausmaß heute noch nicht bekannt ist.

 

 

 

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