Nationalrat verordnet 29 SpitzenpolitikerInnen
 eine weitere Nulllohnrunde

 

erstellt am
13. 12. 18
13:00 MEZ

Gehälter im öffentlichen Dienst steigen 2019 um durchschnittlich 2,76%
Wien (pk) - Für 29 SpitzenpolitikerInnen wird es auch im kommenden Jahr eine Nulllohnrunde geben. Das hat der Nationalrat in seiner Sitzung vom 12. Dezember auf Initiative der Regierungsparteien einstimmig beschlossen. Demnach wird die automatische Valorisierung der Bezüge unter anderem für den Bundespräsidenten, die Regierungsmitglieder, die drei NationalratspräsidentInnen und die Klubobleute zum zweiten Mal in Folge ausgesetzt. Für die übrigen Politikerbezüge gilt hingegen die gesetzliche Inflationsanpassung von 2%, im öffentlichen Dienst werden die Gehälter sozial gestaffelt zwischen 2,51% und 3,45% steigen.

Eingebettet ist die Nulllohnrunde für einzelne SpitzenpolitikerInnen in einen Fünf-Parteien-Antrag , der unter anderem ein höheres Spesenlimit für Mitglieder von Untersuchungsausschüssen und MandatarInnen mit Behinderung bringt. Zudem ermöglicht eine ergänzend dazu mit Stimmenmehrheit beschlossene Novellierung des Parlamentsmitarbeiterinnen- und Parlamentsmitarbeitergesetzes auch den Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat, einen persönlichen Mitarbeiter bzw. eine persönliche Mitarbeiterin zur Unterstützung ihrer parlamentarischen Tätigkeit zu beschäftigen.

Kritik an der Nulllohnrunde für SpitzenpolitikerInnen kam von NEOS-Abgeordnetem Nikolaus Scherak. Es sei Vizekanzler Strache unbenommen, auf einen Teil seines Gehalts zu verzichten, meinte er, insgesamt handle es sich aber um einen reinen "Marketingschmäh", mit dem man den ÖsterreicherInnen Sand in die Augen streue. Schließlich bringe die Initiative der Regierungsparteien maximal Einsparungen von 150.000 € pro Jahr, während die gleichzeitige Valorisierung der Parteienförderung Zusatzkosten für das Budget von 1,6 Mio. € verursache. Hier und bei den Wahlkampfkosten gilt es seiner Auffassung nach anzusetzen.

Das wollte Wolfgang Gerstl (ÖVP) allerdings nicht so sehen. Beim Verzicht auf die Bezugserhöhung gehe es nicht um Einsparungen, sondern darum, ein klares Zeichen zu setzen, hielt er Scherak entgegen. Damit werde unterstrichen, dass die Bundesregierung für die Menschen arbeite. Markus Tschank (FPÖ) hob hervor, dass die neue Spesenregelung am Leistungsgedanken anknüpfe, und bedankte sich bei den ParlamentsmitarbeiterInnen für ihre wertvolle Arbeit.

Scharfe Kritik an Schadenersatzklage der FPÖ gegen die Republik
Seitens der SPÖ nutzte Peter Wittmann die Debatte insbesondere dazu, um die von der FPÖ eingebrachte Klage gegen die Republik Österreich in Zusammenhang mit der Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl 2016 durch den Verfassungsgerichtshof scharf zu kritisieren. Die Schadenersatz-Forderung in der Höhe von 3,4 Mio. € sei "unanständig" und zeuge vom "moralischen Verfall" der Regierungspartei, meinte er. Auch NEOS-Abgeordneter Scherak kann dieser Klage wenig abgewinnen. Um zu verhindern, dass letztlich die freiwilligen WahlbeisitzerInnen zum Handkuss kommen, brachte Wittmann einen Entschließungsantrag ein, der auf einen vorsorglichen Verzicht von Regressforderungen abzielte, dieser fand bei der Abstimmung jedoch keine Mehrheit.

Strache: Freiwilligen WahlhelferInnen droht keine Regressforderung
Vizekanzler Heinz-Christian Strache wertete es in seiner Stellungnahme als ein gutes Zeichen, dass PolitikerInnen, deren Bezug weit über dem Durchschnittsgehalt der ÖsterreicherInnen liegt, auf bis zu 400 € monatlich verzichten. Ein Kürzung bei der Parteienförderung, wie von den NEOS gefordert, hält er hingegen nicht für sinnvoll. Schließlich sei es wichtig, dass die Parteien unabhängig von großen Spendern und Unternehmen bleiben.

Was den Antrag der SPÖ betrifft, ist für Strache klar, dass keinem einzigen freiwilligen Wahlhelfer eine Regressforderung droht. Schließlich seien es die Wahlbehörden bzw. die beamteten BehördenleiterInnen und nicht die WahlhelferInnen, die für die ordnungsgemäße Durchführung einer Wahl die Verantwortung tragen. Diese hätten auch die unrechtmäßige vorzeitige Öffnung von Kuverts veranlasst. Auch für die fehlerhaften Briefwahlkuverts würden die Behörden verantwortlich sein. Angesichts der Bedeutung der korrekten Abwicklung von Wahlen, würde der FPÖ gar nichts anderes übrig bleiben, als Schadenersatz einzuklagen, machte der Vizekanzler und FPÖ-Chef geltend.

Ähnlich wie Strache argumentierte auch FPÖ-Abgeordneter Tschank. Seiner Ansicht nach würden sich die Organe der FPÖ des Verdachts der Untreue aussetzen, würden sie keine Schadenersatzklage einbringen. Das stellte SPÖ-Abgeordneter Wittmann allerdings umgehend in Abrede. KandidatInnen für die Bundespräsidentenwahl würden von einem Personenkomitee aufgestellt, die FPÖ verlange das Geld nun aber für sich, argumentierte er.

Dienstrechts-Novelle bringt einige Neuerungen für den öffentlichen Dienst
Mit Stimmenmehrheit haben die Abgeordneten die 2. Dienstrechts-Novelle 2018 beschlossen. Sie enthält nicht nur den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst, sondern bringt auch einige Neuerungen für BeamtInnen, Vertragsbedienstete und RichterInnen. Dazu gehören etwa eine Flexibilisierung von Telearbeit, der Ausbau von "Fachkarrieren", die Beschleunigung von Aufnahmeverfahren im Exekutivdienst und neue Einsatzmöglichkeiten für RichteramtsanwärterInnen. Außerdem wird der neuen Behördenstruktur im Schulbereich, Stichwort Bildungsdirektionen, Rechnung getragen sowie die Aufnahme von Verwaltungspersonal für den beim Bundeskanzleramt eingerichteten ExpertInnen-Think-Tank ohne Ausschreibung ermöglicht. Die Gehälter im öffentlichen Dienst steigen um durchschnittlich 2,76%, das belastet das Budget mit rund 375 Mio. €.

Mitberücksichtigt bei der Abstimmung wurde ein Abänderungsantrag, mit dem jedoch lediglich Redaktionsversehen beseitigt werden. Ein Entschließungsantrag der NEOS fand hingegen keine Mehrheit. Er hatte unter anderem die Abschaffung der bezahlten Mittagspause im öffentlichen Dienst zum Ziel.

NEOS kritisieren Privilegien im Öffentlichen Dienst
Massive Kritik am Dienstrechtspaket kam von Gerald Loacker (NEOS). Vizekanzler Strache habe sich von der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst über den Tisch ziehen lassen, ist er überzeugt. Wie schon in der Vergangenheit würden zahlreiche Verbesserungen im Arbeitsrecht der Privatwirtschaft im Öffentlichen Dienst nachvollzogen, ohne dass der Öffentliche Dienst gleichzeitig auf alte Privilegien wie etwa die bezahlte Mittagspause verzichte. Strache habe es wie seine VorgängerInnen verabsäumt, mit Gegenforderungen in die Verhandlungen mit der Gewerkschaft zu gehen. Auf besondere Kritik stößt bei Loacker, dass BeamtInnen, die mit einer Anschlusskarenz die normale Elternkarenz verlängern, künftig bis zu sechs Monate dieser Anschlusskarenz für die Pension angerechnet bekommen. Damit werde es ihnen erleichtert, in Korridorpension zu gehen.

Ausdrücklich begrüßt wurde die Dienstrechts-Novelle hingegen von Friedrich Ofenauer (ÖVP) und seiner Fraktionskollegin Gertraud Salzmann, die von wegweisenden Bestimmungen sprachen. Die Bediensteten im Öffentlichen Dienst würden ihr Bestes geben und Wertschätzung verdienen, betonte Ofenauer und zeigte sich in diesem Sinn auch mit dem Gehaltsabschluss zufrieden.

Aufregung um Änderungen im Ausschreibungsgesetz
Grundsätzliche Zustimmung fand das Gesetzespaket inklusive des Gehaltsabschlusses auch bei der SPÖ und bei der Fraktion JETZT. Alfred Noll (JETZT) stellte trotzdem die Ablehnung der Sammelnovelle durch seine Partei in Aussicht und nannte als Grund dafür die darin enthaltene Änderung des Ausschreibungsgesetzes. Damit ermögliche man die "Durchpolitisierung" des Verwaltungsapparats beim Bundeskanzler und beim Vizekanzler, kritisierte er. Dass KabinettsmitarbeiterInnen von der Ausschreibungspflicht ausgenommen sind, sei verständlich, so Noll, nun werde diese Bestimmung aber auf einen größeren Personenkreis ausgedehnt. Damit erhalte die Regierung die Möglichkeit, zumindest im Bundeskanzleramt und im Verwaltungsapparat des Vizekanzlers "Politkommissare" zu installieren.

Der Kritik von Noll schlossen sich auch Peter Wittmann und Angela Lueger (beide SPÖ) an. Der Wortlaut des Gesetzes ermögliche es dem Bundeskanzler und dem Vizekanzler, parallel zur Beamtenstruktur Abteilungen einzurichten, die nicht der Ausschreibungspflicht unterliegen. Damit konterkariere man auch die Ankündigung, im System zu sparen, erklärte Wittmann.

Wolfgang Gerstl (ÖVP) hält die Kritik der Opposition allerdings für unbegründet. Anders als die Vorgängerregierung wolle die nunmehrige Regierung verstärkt nationale und internationale ExpertInnen in die Regierungsarbeit einbeziehen, sagte er. Diese würden ehrenamtlich arbeiten, aber einen Unterstützungsapparat benötigen. Gerstl ritt in diesem Zusammenhang auch heftige Attacken gegen die SPÖ, der er vorwarf, in der Vergangenheit über Leiharbeitsverträge unzulässiger Weise die eigene Partei gefördert zu haben. Auch Werner Herbert (FPÖ) ortet eine Fehlinterpretation des Gesetzes durch die Opposition.

Für die übrigen Punkte der Dienstrechts-Novelle signalisierte SPÖ-Abgeordnete Angela Lueger Zustimmung durch ihre Partei. Das Gesetz enthalte viele positive Punkte, auch bei den Gehaltsverhandlungen habe man ein positives Ergebnis erzielt. In Richtung Abgeordnetem Loacker merkte Lueger an, der Staat funktioniere nur dann gut, wenn es einen guten öffentlichen Dienst gibt.

Namens der FPÖ bedankte sich Werner Herbert bei Vizekanzler Strache für den Gehaltsabschluss. Es handle sich um einen der besten Abschlüsse für den öffentlichen Dienst in den vergangenen Jahren. Für die Kritik Loackers am öffentlichen Dienst zeigte Herbert hingegen ebenso wenig Verständnis wie sein Fraktionskollege Christian Lausch. Man könne das Arbeitsrecht des öffentlichen Dienstes nicht mit jenem der Privatwirtschaft vergleichen, schließlich müssten BeamtInnen bis zu 13 Stunden durchgehend arbeiten und würden am Ende ihres Arbeitslebens auch keine Abfertigung bekommen, sagte er. Lausch wies darauf hin, dass etwa in der Justizwache wegen der Personalnot gar keine echte Mittagspause möglich ist.

Strache: BeamtInnen leisten großartige Arbeit
Die Regierung sei bei den Gehaltsverhandlungen nicht über den Tisch gezogen worden, widersprach auch der für den öffentlichen Dienst zuständige Vizekanzler Heinz-Christian Strache NEOS-Abgeordnetem Loacker. Vielmehr habe man am Ende von drei Verhandlungsrunden ein für beide Seiten zufriedenstellendes, gerechtes Ergebnis erzielt. Mit diesem werde auch die angebrachte Wertschätzung für den öffentlichen Dienst zum Ausdruck gebracht. Schließlich würden die BeamtInnen immer wieder großartige Arbeit leisten.

In Richtung Abgeordnetem Loacker hielt Strache fest, dass die bezahlte Mittagspause für BeamtInnen in einem gesamthaften Kontext zu sehen sei. Er wies in diesem Zusammenhang etwa auf verpflichtende 13-Stunden-Dienste und viele All-In-Verträge hin. Auch die Anrechnung von bis zu sechs Monaten Anschlusskarenz für die ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit ist für ihn kein Privileg. Man beseitige damit einen bestehenden Nachteil und schaffe mehr Geschlechtergerechtigkeit, schließlich könnten Frauen im öffentlichen Dienst erst mit 62 Jahren in Pension gehen und nicht wie in der Privatwirtschaft mit 60.

Die Änderung im Ausschreibungsgesetz habe er, wie im Verfassungsausschuss versprochen, nochmals geprüft, versicherte Strache. Weder die Dienstrechtsabteilung noch der Verfassungsdienst halte diese aber für bedenklich. Es sei klar normiert, dass sich die Ausnahme von der Ausschreibungspflicht ausschließlich auf Angelegenheiten der Regierungspolitik beziehe und damit Abteilungen und Gruppen, die für bestimmte Sachmaterien in einem Ressort zuständig sind, nicht umfasse. Betroffene MitarbeiterInnen seien in der Vergangenheit durch Leiharbeitsverträge "versteckt" worden.

Gegenüber SPÖ-Abgeordneter Lueger stellte Strache klar, dass die Kundmachungspflicht für Jobinserate in der Wiener Zeitung mit der gegenständlichen Novelle nicht gestrichen werde. Man müsse die Wiener Zeitung zuerst neu aufstellen, bevor man diese Pflicht beseitige, hielt er fest.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
https://www.parlament.gv.at
http://www.eu2018parl.at

 

 

 

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