Faßmann: Verhandlungen über
 EU-Forschungsprogramm bereits weit fortgeschritten

 

erstellt am
15. 03. 19
13:00 MEZ

Minister kündigt dem Wissenschaftsausschuss einen Erstentwurf des Forschungsfinanzierungsgesetzes für Anfang Mai an
Brüssel/Wien (pk) - Mit den Perspektiven der österreichischen Wissenschaft im europäischen Forschungsraum befasste sich der Wissenschaftsausschuss des Nationalrats in seiner Sitzung vom 14. März. Neben der Jahresvorschau des Wissenschaftsressorts auf EU-Vorhaben bot eine aktuelle Aussprache mit Bundesminister Heinz Faßmann Gelegenheit, über Entwicklungen in der Hochschulbildung und aktuelle Gesetzesvorhaben zu sprechen. Ein wesentlicher Faktor dabei sind die Mittel, die im kommenden EU-Rahmenprogramm für Forschung zur Verfügung stehen werden. Die Verhandlungen zum Rahmenprogramm "Horizon Europe" sind dabei laut Wissenschaftsminister Faßmann während der österreichischen Ratspräsidentschaft sehr erfolgreich geführt worden. Ein Unsicherheitsfaktor ist der bevorstehende Brexit. Für den Fall, dass dieser in ungeordneter Form eintritt, hofft der Wissenschaftsminister auf den raschen Abschluss von Abkommen, die dem Vereinigten Königreich als Drittstaat eine weitere Teilnahme an den Forschungs- und Austauschprogrammen ermöglichen.

In einer aktuellen Aussprache äußerte sich der Bundesminister zu bevorstehenden Gesetzesvorhaben im Wissenschaftsbereich. So soll eine Novelle des Universitätsgesetzes auch auf Fragen wie Kettenverträge und Rechnungswesen der Universitäten bei Unternehmensbeteiligungen eingehen. Anfang Mai soll ein erster Entwurf für ein Forschungsfinanzierungsgesetz vorliegen.

Europäischer Bildungsraum soll 2025 vollendet sein
In seiner einleitenden Stellungnahme zum Bericht über aktuelle EU-Vorhaben (III-255 d.B.) wies Bundesminister Heinz Faßmann darauf hin, dass während der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 wesentliche Fortschritte beim nächsten EU-Rahmenprogramm für Forschung sowie beim Austauschprogramm Erasmus erzielt werden konnten. Aus seiner Sicht war die Ratspräsidentschaft damit sehr ertragreich.

Unter dem rumänischen Ratsvorsitz wird ein besonderer Fokus auf dem Aufbau des Europäischen Bildungsraums und den Themen Mobilität und Fremdsprachenerwerb, Inklusion und Exzellenz liegen, ist dem Bericht des Bildungsministeriums zu entnehmen. "Exzellenzpartnerschaften" im Hochschulbereich und in der Berufsbildung sind ebenso Teil des Arbeitsprogramms der EU-Kommission für 2019. Neben Schlussfolgerungen des Rats zur Weiterbildung im Erwachsenenalter will der rumänische Vorsitz Empfehlungen zur Elementarpädagogik erarbeiten.

Nach 77,4 Mrd. € für "Horizon 2020" möchte die Europäische Kommission dem Forschungsprogramm "Horizon Europe" zwischen 2021 und 2027 nicht weniger als 100 Mrd. € zuteilen, um Wissen und Bildung als Motor gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklung in der Europäischen Union zu stärken.

Ein gewisser Zeitdruck, um das Nachfolgeprogramm des laufenden Horizon 2020 vorzubereiten, sei aufgrund des Termins der Wahlen zum Europaparlament kommenden Mai entstanden, teilte Bundesminister Faßmann den Abgeordneten mit. Ein endgültiges Verhandlungsergebnis ist erst nach der Festlegung des mehrjährigen Finanzrahmens, also frühestens Mitte 2020, zu erwarten. An Neuerungen im anvisierten "Horizon Europe" nannte Faßmann die Schaffung des "European Innovation Council" (EIC) zur Förderung von hochriskanten Innovationen mit Marktpotenzial sowie zur Ankurbelung des Wachstums kleiner und mittelgroßer hochinnovativer Unternehmen.

Bereits 2017 bekannten sich die EU-Staats- und Regierungschefs zur Etablierung eines Europäischen Bildungsraums bis 2025, in dem Lernen, Studieren und Forschen nicht von Grenzen gehemmt werden. Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen beziehungsweise von Qualifikationen, die Zusammenarbeit im Bildungsbereich und vermehrte Mobilität seien Kernpunkt dieser sehr wichtigen Vision, unterstrich Faßmann.

Für die Mobilitätsförderung, insbesondere die Zukunft des Austauschprogramms Erasmus+ in Hinblick auf den näher rückenden Brexit, interessierten sich insbesondere die Abgeordneten Martina Kaufmann (ÖVP), Melanie Erasim (SPÖ) und Gerhard Deimek (FPÖ). Für die Fortführung des Programms ab 2021 habe der Rat unter österreichischem Vorsitz eine Einigung erzielt, erklärte Faßmann. Das künftige Programm Erasmus+ solle noch "inklusiver" werden, indem die Mobilität von SchülerInnen und der Austausch in der Berufsbildung sowie die Teilnahme von Personen aus benachteiligten Verhältnissen verstärkt gefördert wird. Hinsichtlich der finanziellen Ausstattung des erweiterten Programms verwies er auf den noch nicht finalisierten mehrjährigen EU-Finanzrahmen, wobei Faßmann von einer Aufstockung ausgeht. Noch Spielraum sieht der Minister bei der Teilnahme von Lehrlingen. Derzeit seien es weniger als 900 Lehrlinge jährlich. Hier müsse man überlegen, wie eine Steigerung erreicht werden kann.

Die Abgeordneten Philip Kucher (SPÖ) und Alfred Noll (JETZT) erkundigte sich nach den widersprüchlichen Auffassungen über die Gewichtung der Kohäsionselemente und der Exzellenzförderung, die sich zwischen den Mitgliedsstaaten bei den Verhandlungen zum EU-Rahmenprogramm gezeigt haben. Faßmann erläuterte, dass vor allem die osteuropäischen Staaten auf einen entsprechenden Anteil an Mitteln aus dem Rahmenprogramm drängen und deshalb eine sie begünstigende Quotierung wünschen. Das stehe jedoch im Widerspruch zur Wettbewerbsprinzip, wonach Exzellenz bei der Projektförderung ausschlaggebend sein soll. Eine Lösung, die in Diskussion sei und die er für überlegenswert halte, bestehe darin, bei Einreichungen gleicher Qualität eher Forschungsgruppen aus Osteuropa zu bevorzugen.

Stephanie Krisper (NEOS) bezog ihre Fragen auf die für das kommende Forschungsprogramm geplante "missionsorientierte Forschungspolitik". Faßmann hielt fest, dass er den Ansatz, Forschung so zu betreiben, dass daraus ein Nutzen für die Menschen und ein gesellschaftlicher Mehrwert entsteht, für sinnvoll halte. Die Universitäten hätten darauf auch schon mit der Einrichtung von Professuren reagiert.

Aussprache über aktuelle Fragen im Wissenschafts- und Forschungsbereich
Weitere Fragen des Wissenschafts- und Forschungsstandorts wurden in einer aktuellen Aussprache mit Bundesminister Heinz Faßmann thematisiert. Anknüpfend an den Bericht über EU-Vorhaben Österreich hielt der Minister fest, dass Österreich sehr deutlich von den Forschungsprogrammen profitierte und bei den bewilligten Einreichungen weiterhin deutlich über dem EU-Durchschnitt liege. 2018 hat die österreichische Forschungscommunity dem Ministerium zufolge die Milliardengrenze an eingeworbenen EU-Fördermitteln überschritten. Viele Erfolge verbuche Österreich auch bei Ausschreibungen des Europäischen Forschungsrats im Rahmen des Programms.

2018 seien die Leistungsvereinbarungen 2019-2021 mit den Universitäten abgeschlossen worden. Hier bestehe eine gute Gesprächsbasis und man habe mit den Universitäten zukunftsweisende Konzepte für den optimalen Einsatz der Mittel entwickelt. FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker erkundigte sich in diesem Zusammenhang nach den zusätzlichen Professuren, die an den Universitäten finanziert werden sollen. Faßmann verwies auf den laufenden Prozess der Ausschreibungen, der die Universität vor einige Herausforderungen stelle. Grundsätzlich sollen die Professuren interdisziplinäre Felder abdecken und gesellschaftlich relevante Bereiche bearbeiten, wie Digitalisierung oder Klimawandel, und zudem zur Profilbildung der Universitäten beitragen.

Eine kritische Anmerkung zum Rechnungswesen der Universitäten brachte Alfred Noll (JETZT) ein. Der Rechnungshof habe in einem Prüfbericht auf einige Fälle von fehlender Transparenz in der Abrechnung zwischen Universitäten und Beteiligungsunternehmen hingewiesen. Hier müsse es mittels Leistungsvereinbarungen zwischen Universitäten und Unternehmen klare Vorgaben geben. Faßmann hielt dazu fest, dass sein Ressort sich mit den Feststellungen des Rechnungshofs derzeit sehr ernsthaft auseinandersetze. Vor allem dann, wenn Unternehmensbeteiligungen eine relevante wirtschaftliche Größe hätten, werde das in das Rechnungswesen der Universitäten integriert werden müssen. Dieser Punkt werde jedenfalls in der nächste Universitätsgesetz-Novelle Berücksichtigung finden.

Alois Rosenberger (ÖVP) erkundigte sich nach dem Stand der Vorbereitungen der angekündigten neuen Strategie für Forschung, Technologie und Innovation, der FTI-Strategie 2030. Die Bundesregierung wolle die für heuer angekündigte Novelle zur FTI-Strategie eng an die Prioritäten des EU-Forschungsraums koppeln, etwa hinsichtlich des Nutzens öffentlicher Ausgaben für die Forschung und des freien Arbeitsmarkts für Forschende, teilte Faßmann dazu mit. Auf einem FTI-Gipfel der Bundesregierung am 7. Mai wolle man die Ergebnisse des Diskussionsprozesses, der vom BMVIT geleitet werde, präsentieren. Ein wichtiges Element werde auch das Forschungsfinanzierungsgesetz sein, das sein Ressort vorbereite. Ein erster Entwurf solle bis zum erwähnten Gipfel Anfang Mai vorliegen.

SPÖ-Abgeordnete Sonja Hammerschmid wies darauf hin, dass aktuelle Pläne des FWF zur Beendigung von etablierten Programmen der Frauenförderung in der wissenschaftlichen Community für erhebliche Beunruhigung sorgen. Man befürchte, dass das nichts weniger als ein Ende der Frauenförderung in der Forschung bedeuten werde. Faßmann teilte dazu mit, dass nach den Informationen, die er erhalten habe, von einem Ende der Frauenförderung keine Rede sein könne. Vielmehr sollen vier bestehende Programme in zwei neuen Programmschienen aufgehen, einem Early Post Doc und einem Advanced Post Doc Programm. Dabei werde aber auch eine Quote unterlegt, die einen Frauenanteil von 50% bei der Vergabe sicherstellen solle. Aus seiner Sicht sei das eine Weiterentwicklung der Frauenförderung.

Katharina Kucharowits (SPÖ) bedauerte, dass der Bund seit 2011 keine Heimförderung für den Bau von Studierendenheimen mehr vergeben habe, und wollte wissen, ob der Minister diese wieder aufnehmen wolle. Faßmann hielt dazu fest, dass es den Ländern möglich sei, Förderungen zu vergeben. Da auch die Wohnbauförderung Ländersache sei, halte er diese Regelung für sinnvoll. Zur Problematik der Kettenverträge an den Universitäten, die Kucharowits ebenfalls ansprach, sagte Faßmann, ein neues Dienstrecht, das Teil der kommenden UG-Novelle sein solle, werde diese Frage zu lösen versuchen. Man müsse einerseits verhindern, dass Kettenverträge zu lange vergeben werden, anderseits dürfe man sie im Sinne der Entwicklungschancen für den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht zu sehr einschränken.

FPÖ-Abgeordneter Hannes Amesbauer wies auf sinkende Zahlen von Neuinskribierenden an den Universitäten hin und wollte wissen, wie Faßmann diesen Trend beurteile. Der Wissenschaftsminister erklärte, der Zeitraum sei noch zu kurz, um sagen zu können, ob es sich um einen tatsächlichen Trend handle oder um kurzfristige Entwicklungen, die sich aus der derzeitigen Hochkonjunktur oder geburtenschwächeren Maturajahrgänge erklären lassen. Man werde die Entwicklung jedenfalls weiter beobachten, ein Sinken der Zahl der Studierenden sei aus seiner Sicht nicht wünschenswert, sagte Faßmann. Als positiver Trend sei aber zu vermerken, dass im selben Zeitraum auch die Zahl der Studienabschlüsse gestiegen sei.

 

 

 

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