Österreichische Erfinder für den
 Europäischen Erfinderpreis 2019 nominiert

 

erstellt am
07. 05. 19
13:00 MEZ

Die Preisträger werden am 20. Juni auf einer Galaveranstaltung in Wien bekanntgegeben
München (epo) - Das Europäische Patentamt (EPA) gab am 7. Mai die Finalisten, die für den Europäischen Erfinderpreis 2019 nominiert sind, bekannt. Darunter befinden sich auch Erfinder aus Österreich: Die Unternehmer Klaus Feichtinger und Manfred Hackl sind als eines von drei Erfinderteams in der Kategorie „Industrie“ nominiert. Der Experimentalphysiker Maximilian Haider ist einer von drei Finalisten in der Kategorie „Lebenswerk“. Der Preis, der am 20. Juni in Wien verliehen wird, ehrt den Genius und die Kreativität von Erfinderinnen und Erfindern sowie Erfinderteams aus Europa und der ganzen Welt. Er wird bereits zum 14. Mal vergeben und würdigt deren Verdienste um den Fortschritt in Wissenschaft und Technik sowie ihre Bedeutung für unseren Alltag und für das Wirtschaftswachstum in Europa.

Die beiden Erfinder und Unternehmer Klaus Feichtinger und Manfred Hackl haben mit ihrem Ansatz das Kunststoffrecycling revolutioniert: Ihre Technologie bereitet Abfälle zu hochwertigen Kunststoffpellets auf, die das Ausgangsmaterial für neue Produkte bilden. Feichtinger und Hackl verstehen sich selbst als Pioniere der Kreislaufwirtschaft: ein Konzept, das darauf zielt, Abfall zu minimieren und Ressourcen immer wieder zu nutzen. Die österreichischen Erfinder fördern diesen Ansatz mit ihrer Innovation, die immer weitere Arten von Kunststoffabfällen recycelbar macht. Heute sind mehr als 6 000 ihrer Maschinen in 108 Ländern im Einsatz und produzieren jährlich über 14,5 Millionen Tonnen Kunststoff-Pellets. Ihre Technologie wird über EREMA vermarktet, eine Tochter der EREMA Group GmbH, die Hackl und Feichtinger mehrere Jahre gemeinsam leiteten. Die Firma ist Weltmarktführerin für Systeme und Technologien im Bereich des Kunststoffrecycling.

„Die Technologie von Feichtinger und Hackl schließt den Kreislauf beim Kunststoffrecycling. Die Erfinder haben einerseits die Effizienz der Verwertung gesteigert und andererseits ein besseres Endprodukt entwickelt. Das ist für die Wirtschaft eine gute Nachricht“, sagte EPA-Präsident António Campinos bei der Bekanntgabe der Finalisten des Europäischen Erfinderpreises 2019.

Dank Maximilian Haider konnte ein 60 Jahre altes Forschungsproblem in der Elektronenmikroskopie gelöst werden: Seine Erfindung – eine Art elektromagnetische Korrekturlinse für Elektronenstrahlen – sorgt für schärfere Bilder: Es gelang ihm, die Bildauflösung im Transmissionselektronenmikroskop (TEM) um den Faktor 5 zu verbessern. Damit ist es heute sogar möglich, einzelne Atome abzubilden. Deshalb können beispielsweise Halbleiterkristalle in atomarer Auflösung betrachtet werden. Mikrochip-Herstellern verschaffte dies die Möglichkeit, die Größe von Komponenten in mobilen Geräten zu reduzieren. Haider ist nominiert für die Entwicklung des weltweit ersten Korrektivsystems für das Elektronenmikroskop, das zu den wichtigsten Forschungsinstrumenten in der modernen Wissenschaft und der Nanotechnologie gehört. Seine „Korrekturlinsen“ kommen heute in 90 Prozent aller TEMs weltweit zur Anwendung.

„Haiders Erfindung hat dazu beigetragen, dass Elektronenmikroskopie heute bis auf die atomare Ebene möglich ist. Diese Leistung förderte wiederum den Fortschritt in der Materialwissenschaft“, sagte EPA-Präsident António Campinos über die Nominierung Haiders für den Europäischen Erfinderpreises 2019. „Seine Arbeiten und sein Unternehmen prägen seit Jahrzehnten die Elektronenmikroskopie.“

Innovative Lösungen als treibende Kräfte für eine besseren Zukunft – die Erfindungen aus Österreich im Einzelnen
Das Recycling von Kunststoffen ist ein ständig wiederkehrendes Thema in der Industrie. Die Aufbereitung gestaltet sich hier jedoch komplex, da jede Art von Kunststoffpolymer ein spezifisches Verfahren erfordert, um daraus verwertbares Material herzustellen. Daher konzentrierten sich die österreichischen Erfinder Klaus Feichtinger und Manfred Hackl besonders darauf, den Recycling-Prozess so innovativ und effizient wie möglich zu gestalten. Dafür entwickeln und bauen sie Maschinen, mit deren Hilfe die Industrie Kunststoffabfälle aufarbeiten und als wertvolle Ressource wiederverwenden kann.

Ihre Anlagen transportieren den Kunststoffabfall über Förderbänder, schneiden, mischen, erhitzen, trocknen und verdichten ihn. Ein Schneidverdichter dient als Zwischenspeicher, bevor das Material im Extruder plastifiziert, homogenisiert und gereinigt wird. Das zentrale Element in diesem Prozess ist Hackl und Feichtingers patentierte „Counter-Current“-Technologie: Sie bewegt das Material entgegengesetzt zum Durchfluss des Extruders – somit kann in kürzerer Zeit mehr Kunststoff bewältigt werden. Darüber hinaus ist die Verarbeitung auch bei niedrigen Temperaturen möglich. Das führt insgesamt zu mehr Durchsatz in der Produktionslinie und zu besserer Qualität. Die „Counter-Current“-Technologie steigert die Produktivität und ermöglicht auch, bisher nicht verwertbaren Abfall zu nutzen – beispielsweise stark bedruckte Kunststofffolien von Konsumgüterverpackungen.

Feichtinger und Hackl haben fast ihre gesamte berufliche Laufbahn der effizienten und technisch ausgereiften Aufbereitung von Kunststoffen gewidmet. Hackl ist bis heute CEO der EREMA Group GmbH, während Feichtinger, kürzlich von der Position des CEOs zurückgetreten, sein Know-how als Manager im Bereich des geistigen Eigentums und der neuen Technologien einbringt.

Gemeinsam halten die beiden Erfinder 37 europäische Patente auf ihre Recycling-Erfindungen.

Das Elektronenmikroskop gibt es seit mehr als 60 Jahren. Es zählt weltweit zu den in Wissenschaft und Forschung am Häufigsten verwendeten Instrumenten. Sein Prinzip: Es bündelt Elektronenstrahlen an Stelle von Licht. Deshalb können Elektronenmikroskope Objekte abbilden, die für optische Mikroskope zu klein sind. Allerdings verursachten die Strahlen von geladenen Elektronenteilchen noch vor 20 Jahren Bilddeformationen, die ihre Auflösung einschränkten. Der deutsche Physiker Otto Scherzer entwickelte zwar bereits in den 1940er Jahren eine Theorie zur Lösung dieses Problems, diese konnte aber aufgrund des damaligen Stands der Technik nicht umgesetzt werden.

Erst Maximilian Haider fand in den 1990er Jahren den Weg, sie zur praktischen Anwendung zu bringen. Sein weltweit erstes Korrektivsystem gleicht die inhärenten Verzerrungen aus und reduziert die Unschärfe der Mikroskopbilder. 1997 stand seine Technologie für die Anwendung im Transmissionselektronenmikroskop (TEM) zur Verfügung und ermöglichte eine Rekordauflösung von 0,12 Nanometern. Erstmals konnten einzelne Atomlagen in Halbleiterkristallen identifiziert werden. Diese hohe Auflösung war damals ein Durchbruch für Wissenschaft, Elektronenoptik und für alle Materialwissenschaftler. Im Jahr 2015 erreichte Haider die bisher unübertroffene Auflösung von 0,043 Nanometern – eine Strecke kleiner als der Radius eines Wasserstoffatoms!

Maximilian Haider wurde 1950 im oberösterreichischen Freistadt geboren machte eine Ausbildung als Optiker und studierte an der Universität Kiel und der TU Darmstadt Physik. Für seine Doktorarbeit beschäftigte er sich mit dem Thema Überwindung der Auflösungsgrenze der Elektronenmikroskopie. Nach seiner Promotion im Jahr 1987 setzte er seine Arbeit an der Korrekturtechnologie am Europäischen Molekularbiologischen Labor (EMBL) in Heidelberg fort, wo er schließlich die Elektronenmikroskop-Gruppe leitete.

Heute ist Maximilian Haider Professor für Elektronenoptik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Das Unternehmen CEOS, das er bereits 1996 mit den deutschen Physikern Harald Rose und Joachim Zach gegründet hatte und immer noch als leitender Berater unterstützt, bietet Komponenten für 90 Prozent aller heute auf dem Markt befindlichen Transmissionselektronenmikroskope an. In Zusammenarbeit mit führenden Mikroskop-Anbietern, darunter JEOL, Philips, Hitachi, Thermo Fisher Scientific und ZEISS, definiert es die Grenzen der Technologie immer wieder neu, und Forscher profitieren von noch schärferen und besseren Bildern.

Seine Erfindungen wurden mit 11 Patenten geschützt.


Über den Europäischen Erfinderpreis
Der Europäische Erfinderpreis ist einer der prestigeträchtigsten Innovationspreise Europas. Er wurde 2006 vom EPA ins Leben gerufen und ehrt einzelne Erfinder und Erfinderteams, deren Erfindungen Lösungen für einige der drängendsten Probleme unserer Zeit darstellen. Die Finalisten und Gewinner werden von einer unabhängigen Jury bestehend aus internationalen Größen aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Akademie und Forschung ausgewählt, welche die Vorschläge auf deren Beitrag zum technischen Fortschritt, zur gesellschaftlichen Entwicklung, zum wirtschaftlichen Wohlstand und zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa hin überprüft. Der Preis wird in fünf Kategorien bei einer Gala-Veranstaltung verliehen, die dieses Jahr am 20. Juni stattfinden wird. Der Gewinner des Publikumspreises wird von der Öffentlichkeit aus den 15 Finalisten im Vorfeld der Verleihung über ein Online-Voting auf der EPA-Website gewählt. Abgestimmt werden kann bis zum 16. Juni 2019.

Über das Europäische Patentamt
Das Europäische Patentamt (EPA) ist mit fast 7 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine der größten europäischen Einrichtungen des öffentlichen Dienstes. Der Hauptsitz ist in München; Niederlassungen gibt es in Berlin, Brüssel, Den Haag und Wien. Das EPA wurde gegründet, um die Zusammenarbeit europäischer Staaten im Patentwesen zu fördern. Über das zentrale Erteilungsverfahren beim EPA können Erfinder auf der Grundlage einer einzelnen Patentanmeldung Patentschutz in bis zu 44 Ländern (mit einem Markt von rund 700 Millionen Menschen) erlangen. Das EPA gilt überdies als die weltweit bedeutendste Behörde für Patentrecherchen und Patentinformation.

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.epo.org/

 

 

 

 

 

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