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			 Umbruch und Neuorientierung in der Buchgestaltung in Österreich 1840-1940 von 28. Juni
			bis 22. September 2019 in der Albertina 
			Wien (albertina)  -Während die Fotografie heute fast jede Art von Publikation dominiert, gerieten die
			Ursprünge dieses Zusammenwirkens in Vergessenheit: Der Weg des Fotos ins Buch gestaltete sich lang und war
			von zahlreichen technischen Problemen begleitet, umso erstaunlicher sind die unterschiedlichen kreativen Lösungsvorschläge
			der Pioniere. Originalfotografien, Probedrucke oder Buchmaquetten (originale Buchentwürfe)  zum großen
			Teil aus den Sammlungen der Albertinaeröffnen einen neuen Blick auf einen bisher unbeachteten Aspekt österreichischer
			Kulturgeschichte, der durch vielfältige Querverbindungen zwischen wissenschaftlicher Neugier, industriellen
			Interessen, künstlerischen Experimenten und einer dem Projekt Aufklärung verpflichteten Bildungspolitik
			gekennzeichnet ist. 
			 
			In der Ausstellung mit rund 300 Exponaten aus den Jahren von 1840 bis 1940 entwickelt sich ein außergewöhnliches
			Panorama innovativer Leistungen entlang von Prachtbänden und Werbebroschüren, Reiseberichten und wissenschaftliche
			Atlanten, Künstlerentwürfen und Industriedokumentationen. Ein breites Spektrum früher Fotobände
			in Österreich präsentiert hier erstmals faszinierende Kombinationen aus überzeugender Fotografie,
			raffinierter Buchgestaltung und handwerklicher Perfektion. 
			Die Publikation der Ausstellung verfolgt den Weg des Fotos ins Buch weiter: auf 240 Seiten eröffnen sich
			anhand von umfassenden Texten und maßstabsgetreuen Faksimiles spannende historische Relationen zwischen Text,
			Bild und Buchobjekt. 
			 
			Das Aufkommen der Fotografie 1839 inspirierte bereits ihre frühesten Kommentatoren zu vielversprechenden Zukunftsvisionen,
			die das Medium von Beginn an mit dem Buch in Verbindung brachten. Man verglich die Erfindung der Fotografie mit
			der des Buchdrucks, als die massenweise Vervielfältigung der Lichtbilder noch in weiter Ferne lag. Man sah
			das revolutionäre Potential nicht nur in der detailgetreuen Abbildung ohne menschliches Zutun, sondern auch
			in der maschinellen Reproduzierbarkeit, deren Entwicklung aber noch in den Kinderschuhen steckte. 
			 
			Dennoch war die Suggestion der fotografischen Abbildung als authentisch und untrüglich so groß, dass
			man auch im gedruckten Buch nicht auf das neue Medium verzichten wollte. Man behalf sich mit Abbildungen nach Fotografien,
			also Lithografien oder Holzstichen. 
			 
			Ab 1857 erschienen Bücher mit eingeklebten Fotografien zur Illustration der Texte. Die Auftraggeber stammten
			vor allem aus der innovativen Wissenschaft und der expandierenden Industrie, es gab aber auch privat produzierte
			Bände als luxuriöse Erinnerungsstücke. Von Auflagenhöhen, wie sie die Druckerpresse ermöglicht
			und damit eine Revolution der Verbreitung von Schriften eingeleitet hatte, war dies weit entfernt und sollte dies
			auch bleiben. 
			 
			Es folgen Jahrzehnte von institutionell betriebenen Versuchen, die Fotografie druckfähig zu machen und damit
			das "Ei des Kolumbus" (Ludwig Schrank, 1864) zu finden. In dieser Phase entwickelten sich Edeldruckverfahren,
			die hochwertige Bildreproduktionen erlaubten und damit den von allen Forschern langgehegten Wunsch erfüllten,
			umfassende Bildatlanten mit detaillierten fotografischen Abbildungen zu publizieren und auf diese Weise authentisches
			vergleichsmaterial für die Forschung zu schaffen. 
			Die definitive "Professionalisierung" des Fotodrucks in Österreich fand an der Graphischen Lehr-
			und Versuchsanstalt unter Direktor Josef Maria Eder statt. Ihr ist der Schwerpunkt der Ausstellung gewidmet. Rasch
			wurden fotografische Bilder in die raffiniert gestalteten Bücher des Wiener Jugendstils einbezogen. 
			 
			1914 wurde in Leipzig die Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik veranstaltet, für die
			Josef Hoffmann einen Österreichpavillon entwarf und damit die Bedeutung des Buchgewerbes in der Monarchie
			in zeitgemäßer Form feierte. Der Erste Weltkrieg, durch den die Ausstellung vorzeitig endete, brachte
			zwar noch ein eigenes Genre illustrierter Bände hervor, markierte aber zugleich das Ende der Ära der
			Prachtausgaben. 
			Eine weitere Verbesserung der Möglichkeiten, Fotografien zu drucken erlaubte in der Zwischenkriegszeit endlich
			die Produktion kostengünstiger Bildbände. Erstmals wurden farbige Schutzumschläge mit fotografischen
			Motiven entworfen - und damit eine gänzlich neue Ära auf dem Büchermarkt eingeleitet. Zugleich löste
			sich die Fotografie aus ihrer Funktion als begleitende Textillustration oder als Speicher "authentischer"
			Sachinformation. Sie gewann im avantgardistisch gestalteten "Fotobuch" eine neue Qualität: Hier
			wurden die Lichtbilder bewusst aneinander gereiht oder gegenübergestellt, in klarem Miteinander zwischen Bild
			und Text sind die Fotografien etwa im Jubiläumsband der Wiener Werkstätte (1929) oder in Stefan Kruckenhausers
			Du schöner Winter in Tirol (1937) in bisher ungeahnter Qualität zu erleben. 
			 
			Die Fotosammlung der Albertina 
			Die Gründung einer eigenen Fotosammlung innerhalb der Albertina liegt genau zwanzig Jahre zurück
			und lässt sich geradezu als Auftakt für die bis heute fortgesetzte, kontinuierliche Erweiterung und Erneuerung
			der Aufgabengebiete dieser traditionsreichen Institution ansehen. 
			Inzwischen kann die Albertina auf eine Erfolgsgeschichte mit mehr als 30 gezeigten Fotoausstellungen zurückblicken,
			doch vielleicht noch beeindruckender ist die Zahl der seither erworbenen Fotografien, die mit etwa 115.000 angesetzt
			werden kann - wobei der wesentliche Grundstock in der Übernahme der historischen Sammlungen der Höheren
			Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt als Dauerleihgabe bestand. 
			 
			Als integraler Teil dieser international einzigartigen Zusammenstellung von außerordentlichen Beispielen
			aller künstlerischen und technischen Möglichkeiten dieses Bildmediums wurde auch die etwa 30.000 Bände
			umfassende Fachbibliothek in die Albertina transferiert. Wie die Zeichnungen und Druckgrafiken des Hauses und inzwischen
			auch seine Gemälde und Skulpturen unterschiedlicher Provenienz waren und sind die Fotografien und Apparate
			Teil eines übergreifenden Projekts der Digitalisierung und Veröffentlichung der Sammlungen der Albertina,
			die das Ausstellungs- und Katalogprogramm wesentlich ergänzen. 
			 
			In den letzten Jahren wurde dank der Initiative und Unterstützung des Photoinstituts Bonartes in Wien auch
			der Buchbestand aufgearbeitet. Was bisher nur in einem hand- oder maschinengeschriebenen Zettelkatalog verzeichnet
			und der Nutzung durch wenige Eingeweihte vorbehalten geblieben war, ist nun über den digitalen österreichischen
			Bibliothekskatalog aufrufbar und im Studiensaal der Albertina öffentlich zugänglich. 
			Im Zuge der vollständigen Durchsicht der Bücher, Broschüren und  Zeitschriften erschloss sich der
			ungeheure Reichtum dieser bereits 1886 gegründeten Spezialbibliothek, der vor allem für die Frühzeit
			der Fotografie als weltweit einzigartig angesehen werden kann. 
			 
			Die Sammlung beinhaltet nicht nur seltene Schriften zu allen Teilbereichen der nach einer kurzen experimentellen
			Phase zum führenden Bildmedium aufgestiegenen Technik, sondern auch einen umfassenden Bestand von mit Lichtbildern
			illustrierten Büchern, der vom Prachtband bis zur Firmenbroschüre, von wissenschaftlichen Werken über
			Reiseberichte bis zu künstlerisch gestalteten Fotobüchern reicht. 
			 
			Beispiele daraus werden nun erstmals vorgestellt und damit ein wesentlicher Aspekt der historischen Sammlungen
			der Albertina insgesamt in neues Licht gerückt, in die von  Beginn an Kunstwerke, Kunstreproduktionen und
			mit grafischen Illustrationen ausgestattete Publikationen Eingang fanden und so eine Gesamtschau der Entwicklung
			der visuellen Kultur ermöglichen. 
			 
			Wie sich diese Kultur durch den Einsatz des technischen Bildmediums seit Mitte des 19. Jahrhunderts gewandelt hat
			und damit ein neues Zeitalter anbrach, ist das Thema der Ausstellung. Als von Pionieren mit trotz aller anfänglichen
			Schwierigkeiten mit Verve betriebenes Projekt der sich beschleunigenden Aufklärung begonnen, erwies sich das
			fotografisch illustrierte Buch seit der Einführung innovativer Drucktechniken als der entscheidende Wendepunkt
			zur modernen Informationsgesellschaft mit breiter Zugänglichkeit zu Wissen aller Art.
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